Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Mh das versteh ich grad nicht so ganz.Die Petrikirche war beschädigt aber natürlich wiederaufbaufähig. Der Turm stand bspw. noch. Auch Kirchen die weitaus stärker beschädigt waren als St. Nikolai wurden wieder aufgebaut. Gleiches gilt ins andere Extrem, auch gut erhaltene abgerissen.

  • Der Hauptgrund warum die Kirche abgerissen wurde war, dass sie dem Ausbau der Gertraudenstraße im Wege stand. Dazu kam, dass niemand die Kosten für den Wiederaufbau tragen konnte/wollte.

  • Die DDR ließ die Nikolaikirche sicherlich auch wiederauferstrehen, weil ähnlich wie bei der Frauenkirche Dresden noch eine oberirdische Ruine vorhanden war. Durchaus ein Unterschied zu den rudimentären Fundamentresten der Petrikirche.


    Das mag aus technischer Sicht sicherlich hilfreich gewesen sein, ein wirklicher Grund ist es hingegen nicht. Letztendlich hat auch die Nikolaikirche nur Glück gehabt, zum Zeitpunkt der großen Abrisse nicht den Neuplanungen im Weg gewesen zu sein. Dass sie dann wiederaufgebaut wurde, liegt einzig an der stadtplanerischen Umorientierung in der Spätphase der DDR - einen 'Bedarf' im Sinne einer Nutzung als Kirche gab es natürlich niemals.

  • Weil hier die Errichtung der Getraudenstraße angesprochen wurde: warum wurde diese eigentlich zu Ostzeiten so dermaßen ausgebaut? Schaue ich auf den Stadplan von damals, führte sie doch geradewegs nach Westen ins Niemandsland (Genzgebiet Friedrichsstraße, Potsdamer Platz). Dafür solch eine Schneise, sogar mit Tunnel, wenn man den Beginn am Alex mit einbezieht.
    Oder war diese für die Hochhäuser auf der Fischerinsel gedacht? Dafür scheint sie mir abber etwas überdimensioniert, bezogen auf den Autoverkehr zu dieser Zeit.

  • ^^
    Das waren halt kurzgesagt die Vorstellungen der sozialistischen Stadt in Verbindung mit der autogerechten Stadt (gerade im Osten egal, ob diese nun gebraucht wurde oder nicht).
    Theorie 1: Hüben wie drüben war man in den 60ern städtebaulich einfach nur bescheuert oder freundlich ausgedrückt hochgradig traumatisiert - immerhin hatte eine gesamte Generation nen totalen Knacks weg wegen des Krieges....
    Theorie 2: Sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Städtebau war schon immer zerstörerisch. Ganze Altstadtviertel wurden etwa in Stockholm (auch ohne Krieg) dem Erdboden gleichgemacht.

  • @ baukunst



    städtebau im Bestand ist IMMER zerstörerisch.
    dazu braucht es keine Vorsilbe wie "sozialistisch" oder "sozialdemokratisch" oder "kapitalistisch".


    hat nicht jede gesellschaft, jede generation aufs neue das recht zu prüfen ob ihre baulichen strukturen noch zu ihr passen?



    ich finde die gertraudenstraße auch alles andere als reizvoll. rückbau kann hier nur besserung bringen. dabei muss es aber nicht zwangsläufig zu einem rückfall in das 19. Jahrhundert kommen. Bitte lasst hier beim Umabu ausreichend Platz für eine Straßenbahn! Und Bäume dürften auch nichts Schaden...



    d.

  • Theorie 2: Sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Städtebau war schon immer zerstörerisch. Ganze Altstadtviertel wurden etwa in Stockholm (auch ohne Krieg) dem Erdboden gleichgemacht.


    Um kurz auf das Thema Stockholm zu kommen: Es ist zwar nichts repräsentatives, aber in der neueren Biografie über Olof Palme wurde auch mehrmals nebenbei erwähnt, dass Stockholms Wohnbestand nach dem Krieg in einem schrecklich altmodischen und überholten Zustand war und die Leute ihr Leben in zugigen, schlecht geheizten, belüfteten, belichteten und beengten Wohnungen führen mussten. Ein Zustand der in Schweden einstimmig als zu verändern eingeschätzt wurde. Die moderne Stadtplanung sollte und hat dem anscheinend Abhilfe geschaffen. In den meisten Fällen fällt Altbestand den Planungen für eine Besserung der praktischen Nutzung zum Opfer, so war es z.B. auch in London als diese Stadt seine ersten breiten Hauptstraßen bekam anstatt des mittelalterlichen Gassen- und Sackgassengewirrs.

  • Ja, die Rücksichtslosigkeit, mit der in der Gründerzeit jahrhundertealte Quartiere überformt wurden, wird gern vergessen....


    Nein, gewiss nicht. Aber zwischen Überformen und Planieren besteht schon noch ein merklicher Unterschied...;)

  • Die allermeiste Bausubstanz wird im Laufe der Geschichte zerstört. Das ist der Lauf der Dinge. Auch die Petrikirche, die dann letztendlich der Getraudenbrücke weichen musste, war ja ein Neubau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts... Solange immer wieder neu errichtet wird, ist dies ein völlig normaler Vorgang in einer lebendigen Ansiedlung. Das ist hier aber eben nicht der Fall. Man hat ganz bewusst grundlegende Strukturen zerstört, um jegliche Erinnerung und kulturhistorische Kontinuität auszulöschen. Das kann und darf man nicht akzeptieren.

  • Halten wir aber mal fest, dass man damals gewissermaßen im Zugzwang war der explodierenden Bevölkerung ein Dach über dem Kopf zu geben und die Wohnqualität trotz allem unbefriedigend war. Rücksichtnahme auf den Städten vorgelagerte dörfliche Strukturen wäre da wohl mehr als realitätsfern gewesen. Heute ist das freilich anders. 1. bestehen unsere Städte im Schnitt überwiegend aus Bebauung die nicht älter als 70 ist, d.h. Verluste älterer Substanz wiegt ungleich schwerer als 18/1900 und 2. erleben wir keine Bevölkerunsgexplosion eher das Gegenteil....

  • hätten früheren generation ähnliche technische hilfsmittel zur verfügung gestanden wie in der zweiten hälfte des 20. Jahrhunderts, sie hätten sie wohl genutzt. Denn der Maßstab der Planierung nahm schon lange vor dem Krieg stetig zu.


    Für den Dom wurde der Vorgängerbau geschliffen, dem Kaiser Wilhelm Denkmal mussten die Häuser der Schlossfreiheit weichen, für das Stadthaus, das Polizeipräsisium am Alex oder die Reichsbank wurden dann schon ganze Quartiere abgerissen. Den Bau der U5 nutzte man schließlich schon für die Neuordnung der Straßen südlich des Alex. Die Pläne Speers von Berlin sahen dann schon flächenmäßige Abrisse und Neuordnungen vor.


    Wären die Wunden des Krieges nicht so heftig gewesen, man hätte wohl kaum so massiv in die Strukturen eingegriffen. Aus rechtlichen, aber auch praktischen Gründen. Die Zerstörungen boten den damaligen Planern eben eine einzigartige Chance und sie wurde für etwas neues genutzt.


    Heute hat man ja wieder die Chance das ganze umzugestalten. Das muss aber nicht immer auf "früher war alles besser" hinauslaufen.


    d.

  • Nein, Saxonia, das können wir nicht festhalten, weil es falsch ist.


    1. Die Bausubstanz ist keineswegs "nicht älter als 70". Baualterkarte


    2. Berlin hat seit Jahren einen Bevölkerungszuwachs. Die Mieten steigen. Manche sprechen sogar von Wohnungsnot.


    3. Die Wohnqualität war nicht überall "unbefriedigend", eher in Seitenflügeln und den Erdgeschossen der Höfe.

  • Ich sprach nicht nur von Berlin, schließlich wurde oben auch das Beispiel Stockholm angeführt. In Berlin von Wohnungsnot zu sprechen ist hingegen auch eine dufte Übertreibung:nono:

  • Kahlschlag an der Breiten Straße

    Vor dem (noch) verbliebenen Bauteil des ehem. DDR-Bauministeriums an der Breiten Str. werden/wurden die Bäume gefällt und geschreddert. Das Grundstück des bereits abgerissenen Bauteils wird planiert. Vielleicht sind es Vorbereitungen, um auch den Rest des hässlichen Entleins plattzumachen:







  • Nun, dann hoffen wir mal, dass diese weitere Freifläche auch zügig und in angemessener Weise re-urbanisiert wird...

  • Danke für die Bilder. Ich finde es um das ehemalige Bauministerium der DDR nicht schade und so eröffnen sich neue Möglichkeiten für dieses zentrale Stadtgebiet. Worüber ich allerdings gestolpert bin ist der Ausdruck vom "hässlichen Entlein" für das Gebäude. Im Andersens Märchen war das hässliche Entelein in Wirklichkeit ein prächtiger und wunderschöner Schwan.

  • Breite Straße - was kommt nun?

    Um den Bau ist es nicht schade und ich freue mich über den Abriss, da ich ihn als Zeichen für eine baldige Weiterentwicklung ansehe.


    Um die schönen Platanen ist es allerdings schon schade. Hoffentlich fallen sie nicht in diesen Tagen nur um einer jahrelangen Brache Platz zu machen.


    Der Senat für Stadtentwicklung verfügt über eine umfangreiche Darstellung des Bebauungsplanes mit Einordnugung in den historischen Kontext und interessanten Fotos. Link zur PDF: http://www.stadtentwicklung.be…lung_Bauzaun_Sept2oo9.pdf


    Dort ist auch dieser Plan zu sehen:

    Er sieht noch einiges an Abrissarbeiten vor. Ich hoffe auf eine kleinteilige Bebauung und frage mich in wie weit die historische Bebauung zumindest in ein paar Zitaten wieder erscheinen kann. Zudem würde ich mir eine Neugestaltung der Fischerinsel wünschen, die so zunehmend zu einem Fremdkörper wird.
    Ich bin sehr gespannt, was da kommt!

  • Der Bebauungsplan ist ja bekannt, Stand ist wohl immer noch 2009... Mich würde ja mal interessieren, ob das Ganze jetzt schon etwas konkretere Formen angenommen hat - also bereits jenseits stadtplanerischer Absichtserklärungen...