Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Immer nur ante bellum ist bei fortschreitender Geschichte ein schwer einzulösendes Versprechen. Zerstörungen, auch gewaltsame, können vielfältig sein: Krieg, Gewaltherrschaft oder bloßer Modernisierungswahn.


    Das ist jetzt aber albern, Konstantin. Ich hab nicht gesagt "immer nur ante bellum", sondern wenn schon Reko, dann das was vorher da stand (also zumeist ante bellum). Die einschneidenden gewaltsamen Veränderungen waren Nazis, Krieg und DDR. Ich befürworte eh, alle Zeitschichten sichtbar zu machen, also Stadtreparatur und Reurbanisierung (beides mit "Re" also Wiederherstellung) unter Würdigung aller Zeitschichten. Ein paar (Zeitschichten) überspringen oder weglassen - um was wiederzugewinnen, was vor der gewaltsamen Zerstörung gar nicht mehr war, wie in diesem Fall - ist nur dem Geschmack geschuldet. In meinen Augen einem schlechten, weil er die "normale und natürliche" Entwicklung der Stadt und damit die De-Facto-Historie "verklärt". Dann mit bloßem Modernisierungswahn zu kommen - als weiteren vorgeschobenen Indikator, um sich ein Argument für das Weglassen einer Zeitschicht zu basteln - ist ... wir lassen mal "Disney", weil es in die falsche Richtung führt, sondern nennen es treffender "Gebrüder Grimm". Münchhausen würde aber auch gehen.


    Die Frage, ob die Gebäude schon vor dem Krieg abgerissen wurden, dürften die Menschen, die sich hier aufhalten und die Gebäude nutzen werden, nur am Rande interessieren.


    Das ist eine These, die ich nicht teile. Aber gehen wir mal davon aus, ich würde es tun: Neben Geschmacksfragen, die die Authenzitität einschränken und eben so biegen, wie man es gerne hätte, bringst du das wesentliche ins Spiel: die Menschen, die da wohnen (sollen). Wenn man so baut, nämlich anspruchsvoll - was es ja zugegebener Maßen ist - und historisierend - was es ja auch ist - wird es teuer. Das bedeutet: Es wohnen Menschen da, die das mit Preisen teuer bezahlen. Im Ergebnis hat man dann gar nichts - weder die Wiederherstellung des zuletzt bestehenden Urstandes noch bezahlbareren Wohnraum, den schlichte Neubauten auf gleichen Parzellen liefern. Aus meiner Sicht muss es drei bis vier Typologien geben für Mitte: Rekonstruktion, historisierend/zitierend (jeweils beides auf letzten Bestand, aufwendiger, teurer Wohnraum), revitalisierend (Würdigung des Bestands DDR-Moderne, günstigster Wohnraum) und Naubau (bezahlbar für möglichst viele, aber wahrscheinlich erst ab obere Mittelschicht) und das ganze bei Orientierung nach Vorkriegs-Parzellierung sowie Stadtgrundriss, dort wo es möglich ist und der alle Zeitschichten aufnimmt und sichtbar hält.

  • ^ Na, das ist doch stark moralisierend. Nicht immer sind Veränderungen durch den Dreiklang "Nazis, Krieg und DDR" verursacht. Häufig war es, wie ich schon schrieb, einfach Modernisierungswahn (Kaiserzeit, Weimar) oder der Zug der Zeit, der mit dem Ziel der autogerechten Stadt das Eine oder Andere unter die Räder gebracht hat. Und ein Dachgeschossausbau wie beim Schoelerschlösschen war ja keine genuine Nazi-Barberei sondern etwas, dass es bei Barockbauten seit etwa 1800 immer wieder gegeben hat. Ich fürchte, da kömmt dein stark mit moralischen Komponenten und dem Willen zur Kategorisierung und Typisierung durchsetztes Weltbild durch die Fakten ins Rutschen.


    Was das Thema Authentizität betrifft, so gibt es sicher viel mehr Authentizitäten als nur diejenige des Materials. So nennen renommierte Denkmalpfleger noch die A. des Ortes, der Nutzung und - icht zuletzt - der Form - und stellen diese unterschiedlichen Akspekte auf eine Stufe. Ein noch so "authentischer Steinhaufen" kann einem nichts sagen, wenn man die anderen Dinge nicht sieht. Die Materialität, die z. Zt. zum Fetisch erhoben wird, ist nicht allein seligmachend.


    Die Idee, "alle Zeitschichten" zu zeigen ist ja - abstrakt - gut, kommt aber auch schnell an ihre Grenzen weil irgendwann eben entschieden werden muss, welche Zeitschicht der anderen vorgezogen wird. Das ist immer ein individueller Prozess und kein Dogma. Schau dir bitte solche Geschichtscollagen wie das Neue Museum an, dass eben kaum zu werten versucht zwischen dem Wasserschaden von 1957 und dem Bombentreffen von 1944 und dennoch an jeder Ecke wertet. Das Ergebnis ist ei didakdizierender Bau, der mit dem Ursprungsbau nur noch wenig zu tun hat.

  • Hm, ich finde es auch irgendwie seltsam, dort etwas hinzubauen, was eben noch länger weg ist, als Schloss, Marienviertel o.ä. und dann noch in modifizierter Form. Und - je nach dem, was weiter an der Breiten Str. gebaut werden soll - könnten diese Giebel irgendwie etwas lächerlich wirken. Die anderen hist. Bauten liegen ja ein paar Meter entfernt. Am Patriplatz direkt, wo ja noch einige schmale Altbauten stehen, würde es wohl auch besser wirken...Man sollte sich aber auf jeden Fall an der hist. Kleinteiligkeit orientieren.


    Eine Rückführung des Ermeler-Hauses fände ich erstrebenswerter und "logischer". Immerhin stand es nicht nur bis kurz nachm Krieg dort, nicht nur bis in die späten 60er - es steht sogar immer noch - nur woanders. Die Gegnerschaft könnte also nicht mal mit Begriffen wie Disneyland selber disqualifizieren. Ob sich das allerdings durchsetzen ließe, in Anbetracht seiner heutigen Funktion? Diese könnte man natürlich auch an der Breiten Str. weiter ausüben, aber am Wasser ist es natürlich idyllischer - vom Denkmalschutz mal wieder ganz abgesehen. Dass es beim heutigen Nachbarbau) ebenso gemacht wurde, war mir gar nicht bewusst.


    Wenn diese "Drei Schwestern" gebaut würde, sage ich aber natürlich nicht Nein ;).

  • ^ Na, das ist doch stark moralisierend. Nicht immer sind Veränderungen durch den Dreiklang "Nazis, Krieg und DDR" verursacht. Häufig war es, wie ich schon schrieb, einfach Modernisierungswahn (Kaiserzeit, Weimar) oder der Zug der Zeit, ...


    Wo ist denn das bitte moralisierend? Und Deine Umkehrschluss-Argumentation "Dreiklang" ist nach deiner Umkehrschluss-Argumentation "ante bellum" ein paar Posts zuvor absolut durchschaubar... Ich habe weder "immer" ante bellum noch "immer" Nazis, Krieg, DDR gesagt.... (Allerdings finde ich schon Veränderung und Zerstörung als Ergebnis totalitäter Regime ne andere Bewertungsebene als Veränderung im Monarchen-Reich und der Weimarer Republik...)


    Mit Deiner Argumentation "Modernisierungswahn" könnte man die halbe Friedrichsstadt plattmachen, Kotti und Mehringplatz abreißen und alles rund um Alex und Strahlauer Vorstadt (Karl-Liebknecht, Moll, Otto-Braun)... Nein, das überzeugt mich nicht, das sind schöngeistig vorgeschobene Argumente, um seinen eigenen Geschmack durchzudrücken. Zug der Zeit, Modernisierung nebst Wahn war und ist (auch noch heute) immer Teil der Stadtentwicklung und jedenfalls meinerseits bei Kaiserzeit und Weimar auch kein Problem. Und wir reißen ja jetzt auch nicht die Münze ab, weil es die Nazis gebaut haben. Aber ich finde, wir sollten doch bitte historisch korrekt reurbanisieren und neu bebauen und nicht, wie wir uns (oder Du Dir) das am liebsten geschmäcklerisch wünschen (wünschst).


    Die Idee, "alle Zeitschichten" zu zeigen ist ja - abstrakt - gut, kommt aber auch schnell an ihre Grenzen weil irgendwann eben entschieden werden muss, welche Zeitschicht der anderen vorgezogen wird.


    Das ist ganz einfach: Die letzte Zeitschicht vor Zerstörung, wenn man denn entscheidet, dass rekonstruiert oder historisierend neu bebaut wird.


    Schau dir bitte solche Geschichtscollagen wie das Neue Museum an, dass eben kaum zu werten versucht zwischen dem Wasserschaden von 1957 und dem Bombentreffen von 1944 und dennoch an jeder Ecke wertet. Das Ergebnis ist ei didakdizierender Bau, der mit dem Ursprungsbau nur noch wenig zu tun hat.


    Ein Bestandsbau, der restauriert oder revitalisiert wird wie auch der Alexanderbahnhof, kann natürlich alle Zeitschichten in sich bergen und auch gestalterisch offensichtlich äußern. Das hat aber nichts mit einem neuen Bau zu tun. Da vergleichst Du Äpfel mit Birnen.


    Mich hat diese Argumentation - im übrigen auch bei allen Planungen des Bürgerforums historische Mitte, von Parzellen vor der Kaiserzeit über Aufstellen der Gerichstlaube auf exakt orginaler Stelle (was mitten in einer Kreuzung ist) - nie überzeugt und wird es auch nicht. Mit dieser Argumentation tun sich die Befürworter einer historisch korrekten oder möglichst korrekt orientierten Reurbanisierung keinen Gefallen, weil sie sich angreifbar machen. Mit dem Ergebnis, dass ihr legitimes Grundanliegen weniger ernst genommen wird. Damit erreichen Sie genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich wollen: sie spielen den Modernisten und dem "aktuellen Modernisierungswahn" in die Hände!


    Ob die "Drei Schwestern" gebaut werden oder nicht, mal dahingestellt: netter Kitsch, der genauso wertvoll wäre wie drei moderne Neubauten in Klinker und Glas auf gleicher Parzellierung! Aber die Stadt so durchplanen oder gar so tun als sei es historisch legitim: Nee, sorry.

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  • Ich fürchte, da kommen wir nicht zusammen. Nach deinen Definitionen hat es seit 1989 überhaupt keine "historisch korrekte" Rekonstruktion gegeben: NIE ist "im Zweifel" der letzte Zustand vor Zerstörung rekonstruiert worden sondern immer wurde weggelassen, ergänzt, glattgezogen, erweitert. Deinen Traum einer "möglicht korrekten Reurbanisierung" musst Du dir auf einem anderen Stern erfüllen.


    Was Du als "Kitsch" empfindest ist zwar nachrichtlich interessant, wesentlich ist doch, dass der Rekonstruktionsansatz der "Drei Schwestern" - bis auf die Geschossigkeit - sogar drei unabhängig voneinander entstandenen und im Original überlieferten Darstellungen der Häuser entspricht. Da sind Gebäude auf deutlich dünnerer Basis rekonstruiert worden.


    Dass Ende des 19. Jahrhunderts die kaiserzeitliche Modernisierungswelle der Gründerzeit all dies zu einem großen Kaufhaus überformte ist doch nichts anderes als der Abriss des gut wiederaufbaufähigen Gebäude nach 1960 und die Überbauung mit dem DDR-Bauministerium. Ich kann da keinen Unterschied erkennen - Kulturzerstörung bleibt es in beiden Fällen.


    Und nochmal zur Gerichtslaube: Weitgehend original erhaltener Bau kommt auf Originalfundament - wo ist denn da der Kritikpunkt? Weil das selige Kaiserreich eine größere Kreuzung brauchte sind der Abbruch von 500 Jahren Stadtgeschichte okay? Nee, sorry, um deine Worte zu gebrauchen.


    Vielleicht aber wäre es sinnvoll, wenn Du deine "möglichst korrekt orientierte Reurbanisierung" anhand des Beispiels Breite Straße einmal darstellen könntest!

  • Ich fürchte, da kommen wir nicht zusammen. Nach deinen Definitionen hat es seit 1989 überhaupt keine "historisch korrekte" Rekonstruktion gegeben



    Wir können uns ja auch zweinig sein, kein Problem. Zum Thema: das ist zwar einerseits vollkommen korrekt, heißt aber noch lange nicht, dass es nicht geht und dass es nicht besser wäre. Und ich muss auch gar nicht so weit auf einen anderen Stern reisen: denn was in Frankfut /Main und auch Warschau geht, geht auch in Berlin. Nicht flächendeckend, vielleicht durchmischter, aber punktuell eben auch Voll- oder Fassadenrekos. Und ich bin da auch gar nicht allein, ich darf an der Stelle mal das Bürgerforum Historische Mitte / Benedikt Göbel als Befürworter von Voll-Rekos in der Berliner Mitte heranziehen:


    Zitat von Benedikt Goebel sinngemäß im Tagesspiegel

    Als Berliner (Teil-)Rekonstruktionen nennt er das Rote Rathaus, das Brandenburger Tor, das Ephraim-Palais, das Forum Fridericianum, Zeughaus, Oberbaumbrücke und viele andere. Aber natürlich auch das Schloss mit drei getreu in Maß, Form und Material wiedererrichten Fassadenseiten und Treppenhäusern; Ostflügel, Hofflügel, Eosanderhof werden in denkmalpflegerischem Kontext neu interpretiert. Er nennt auch die Warschauer Altstadt, die seit 1950 weitgehend originalgetreu rekonstruiert und so zum Unesco-Weltkulturerbe wurde! Nicht wörtlich zitiert aus dieser Quelle


    Und nochmal zur Gerichtslaube: Weitgehend original erhaltener Bau kommt auf Originalfundament - wo ist denn da der Kritikpunkt? Weil das selige Kaiserreich eine größere Kreuzung brauchte sind der Abbruch von 500 Jahren Stadtgeschichte okay?


    Weil es (auch heute 150 Jahre später) mitten auf der Kreuzung Spandauer/Rathaus stünde und es unmöglich macht, dass da Strassenbahnen vom Molkenmarkt kommend um die Ecke fahren in Zukunft, zumal da auch noch die U5-Haltestelle ist (falls man davon ausgeht, dass man nicht die einzige durchgehende Nord-Süd-Straße in Mitte vom Durchgangsverkehr sperrt und die Straßenbahn nicht wieder abschafft, weil es sie vor 1871 nicht gab).


    Straßendurchbrüche, größere Umplanungen und Verbreiterungen gab es in Mitte in den letzten 150 Jahren laufend (wie z.B. im Königreich/Rochstraße, Kaiserreich/Kaiser-Wilhelm-Straße, Weimarer Republik/Planung Vergrößerung Molkenmarkt, Nationalsozialismus/Verbreiterung Kaiser-Wilhelm-Straße und 1:1-Adaption der Weimarer Molkenmarktplanung als Gauforum, Sozialismus/Karl-Liebknecht und Staatsachse und aktuell auch in der Bundesrepublik/Lindenstraße zum Spittelmarkt). Alles rückbauen, versetzen, verschieben, wie es vor 1871 war? Ich hab es an andere Stelle schon gefragt: was machen wir denn dann mit dem Stadtbahnviadukt? (Die beiden Fragen sind übrigens rhetorisch)...


    Zurück zur Laube: Diese wurde 1871 in den Park Babelsberg versetzt. Sie nun da genau wieder hinstellen zu wollen, ist total weltfremd. Und es wäre auch nicht mehr das orginale Fundament, was Du so blumig beschreibst, weil die U5-Haltestelle Rathaus diese schon lange hingerafft hat. Ein ähnlicher Fall ist das Mendelssohn-Haus an der Spandauer. Das man das leicht korrigiert auch machen kann, zeigt das Ephraim-Palais. Ich fänds auch toller, wenn das 12 Meter weiter vorne wär (jetzt wärs ein Segen). Nu ist es aber so und ich befürworte nicht dessen Versetzung. Und zuletzt vielleicht auch mal Königskollonaden: 1910 versetzt in den Kleistpark, übrigens Alternativstandorte heftigst diskutiert (u.a. Uni und Opernplatz). Schön wäre, wenn sie wieder in die Mitte wandern, aber wie soll das am alten Standort gehen? IMHO: Gar nicht. Also bleiben sie (wie seit 100 Jahren) da oder wandern irgendwo anders in Mitte hin, z.B. Richtung Königstor, was ja wenigstens historisch Sinn machen würde, weil die Königskollonnaden ja überhaupt als königliches Entree Richtung Schloss/Mitte von der Königsstadt her kommend da hingesetzt worden sind (Konzeptioneller, historischer Kontext).


    Vielleicht aber wäre es sinnvoll, wenn Du deine "möglichst korrekt orientierte Reurbanisierung" anhand des Beispiels Breite Straße einmal darstellen könntest!


    "Historisch möglichst korrekt orientierte Reurbanisierung" - das betrifft zum einen Parzellen (mit Überarbeitungen) - und hier geb ich Dir recht, die Parzellenlösungen sind ok bei den "Drei Schwestern" - und zum anderen zusätzlich eben die Frage der Rekonstruktion (Voll oder Fassade) - und in letzterem Fall würde ich (persönlich) das nicht machen aus genannten Gründen, weil es weder Voll- noch Fassaden-Reko ist. Eine "aufgestockte" Version von Gebäuden unter dem Deckmantel der Reko neu bauen zu wollen, die weder dem Original noch der letzten Zeitschicht vor Krieg bzw. Platte entsprechen, halte ich eben dann für "Kitsch" (und um präzise zu sein, was ich damit meine: das ist historisch minderwertig, ein sehnsuchtartiger und übersprungsartiger Gefühlsausdruck, der sich nicht um das Wahre - wie es eben war - oder das Schöne - ohne falsche Referenz - bemüht, sondern den einfachen, sentimentalen und trivialen Weg wählt, um im übrigen effekthascherisch besser zu vermarkten und mehr zu verdienen. Die Nutzer, Käufer, Mieter zahlen im Zweifel mehr in der Annahme, es sei ja historisch und/oder sie zahlen mehr, weil die Investitionen vor dem Hintergrund des Vorgaukelns faktisch höher sind. Da sind an der Stelle u.a. Platte oder Neubauten mit Klinker, Glas oder andere moderne Materialien und Typologien ehrlicher und durch kleinteiligere Parzellierung dann in einen historischen Kontext gesetzt. An der Stelle würden sie Bewohner und Berliner auch nicht eine Identität vorgaukeln wollen als Häuser, die es in Berlin so niemals gab - sie wären wie sie sind; vielleicht einfach und aus Sicht einiger hässlich, aber sie würden wenigstens nicht so tun als ob und sie wären im Zweifel günstiger und damit der Wohnraum bezahlbarer. Ergo: Die "Drei Schwestern" sind nicht nur "Kitsch", sondern auch noch ein Marketing-Gag, um Kasse zu machen. Auf der Basis sollte Berlin nicht Stadtplanung in Mitte machen.)


    Wie immer das alles aus meiner Sicht :)


    PS: So wie ich das sehe, würden die "Drei Schwestern" nach B-Plan auch nicht auf historischem Fundament/Parzelle stehen, sondern durch Beseitigung der Krümmung Breite Straße verschoben?!? Ergo: Standort verschoben, Zeitschicht übersprungen, aufgestockt... = Die "Drei Schwestern" standen nie an der Stelle, die "Drei Schwestern" haben zuletzt an der Stelle nicht gestanden und die "Drei Schwestern" hat es in diesen Proportionen / in dieser Gestalt als Häuser in Berlin nie gegeben. Mir ist das zuviel Aber.

    6 Mal editiert, zuletzt von libero ()

  • Überhaupt nichts habe ich gegen Voll- oder Fassadenrekos. Was hat das damit zu tun? Nur taugen die genannten Beispiele nicht so viel, auch immer nur die halbe Wahrheit. Zu Rekos wie in Warschau oder (vielleicht) Frankfurt am Main kann sich Berlin ja nicht durchringen. Nach 1989 gibt es ausschließlich Teilrekos, die immer auch mit modernen Teilen kombiniert wurden (damit man die Kopie nicht mit dem Orginal verwechselt). Dazu gehört das Schloß genauso wie die Kommandantur.


    Das Palais Ephraim ist ein Fall der DDR-Rekos, zwar unter Verwendung von Oiginalteilen wieder aufgebaut worden, steht aber weder an seinem ursprünglichen Grundstück, noch in vergleichbarer städtebaulichem Kontekt, noch hat es die gleiche Nutzung wie vor der Abtragung. Zudem ist es "aufgebockt", mit erhöhtem Sockel und hat deshalb ganz andere Proportionen. Im Inneren herrscht der Charme der 60er, fremde Treppengeländer sind zusammen mit der Stuckdecke des Palais Wartenberg kombiniert - ein wilder Mischmasch, der überhaupt nicht zusammenpasst. So etwas will ich nicht.


    Was die Gerichtslaube betrifft bist Du falsch informiert: die Fundamente sind noch drin und noch nicht ergraben (wie auch im Bereich Molkenmarkt, dem ältesten Platz der Stadt. Die Straßenbahn kann genausogut die Spanaduer Straße runterfahren (der Regiermeister will eh' keine Straßenbahn vor dem RoRa). Das bekommt man hin, wenn man will.


    Natürlich sind die Drei Schwestern eine Fassadenreko, unter antizipierender ergänzung zweier Geschosse, wie sie auch auf alle anderen Gebäude drauf gekommen sind, die in der Nähe stehen. Dass sie dir nicht gefallen - einerlei.


    Beim Stadtbahnviadukt oderden anderen gefragten Orten wüsste ich nicht, dass dort freie Grundstücke sind. Es wird ja nichts abgerissen für die Drei Schwestern. Wäre die Stadtbahn fort dächten wir auch darüber nach die Vorgängerbauten wiederzuwinnen. Ist es aber nicht.


    Insofern: viel Erfolg bei deinem Kampf für Vollrekos! Meinen Segen hast Du!

    2 Mal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • also FFM in sachen reko zu erwähnen finde ich persönlich etwas weit hergeholt, denn der römer ist nun nicht unbedingt so vorzeigbar und die aktuellen pläne sind eben noch völlig ungebaut ...dann lieber dresden mit dem neumarkt und der frauenkirche. In berlin wurde in den letzten jahren kaum etwas rekonstruiert, die alte kommandatur ist nicht unbedingt ein erwähnenswertes glanzstück, aber immerhin zu den linden hin erträglich.


    ich persönlich fänd eine rekonstruktion der fassaden super, die strasse wurde ja bereits verengt, und ganz ehrlich, die ecke ist furchtbar, da stehen noch 2-3 vorkriegsbauten, der rest ist äusserst unansehnlich. es kann also definitiv nicht schlimmer werden. und ganz ehrlich, ich kann das wort "disney" bei jeder möglichen rekonstruktion nun langsam auch nicht mehr hören. als gäbe es sonst kein anderes argument mehr ausser disney....dann halt ne rekonstruierte fassade um hier und da ein bisschen identität der stadt wiederherzustellen. steht man vor der frauenkirche in dresden sagt auch keiner "boahhh....voll disney"....im gegenteil, da wird von stadtreparatur gesprochen, vom wiederauferstehen des alten elbflorenz...bla....

  • Überhaupt nichts habe ich gegen Voll- oder Fassadenrekos. Was hat das damit zu tun?


    Hab ich das irgendwo behauptet?


    Frankfurt am Main und auch Warschau sind insofern lautere Beispiele, da in beiden Fällen mehr oder weniger auf historischen Grundriss teilweise Vollrekos, teilweise Fassaden-Rekos und in Frankfurt mit Durchmischung Neubauten geplant bzw. realisiert werden bzw. worden sind. Man möge ja auch bitte mich nicht des Planeten verweisen, wenn die Beispiele nicht so weit weg sind. Dresden ist nochmal was spezielles. In Berlin wäre das in Mitte aber auch grundsätzlich möglich, ist aber anscheinend politisch nicht gewollt. Das halte ich für einen Fehler.


    Was die Straßenbahn und den Willen unseres Regierenden betrifft: Die Linie ist ja Bestandteil vom Stadtenwicklungsplan Verkehr 2025, also ist das alles Makulatur. Die wird da drüber laufen. Die Gerichtslaube gehört zentral mittig vor das Rathaus auf einen "Rathausplatz" oder von mir aus auch "Rathausforum" aus meiner Sicht. Hier mal Bilder dazu:




    (C) von mir, http://www.2bd1.net


    Und - ich weiß, es gehört nicht hierher, aber weil wir drüber gesprochen haben - die Königskolonnaden auf Moll Ecke Greifswalder/Otto-Braun (also am Königsstadtkarree) als "Kolonnadenplatz". Beides wären dann nicht die orginalen Standorte, aber eben die Originale im historischen Kontext (Gerichtslaube am alten und neuen Rathaus; Königskolonaden als Tor zur Königsstraße zwischen altem Standort und Königstor)




    (C) von mir, http://www.2bd1.net


    Natürlich sind die Drei Schwestern eine Fassadenreko, unter antizipierender ergänzung zweier Geschosse, wie sie auch auf alle anderen Gebäude drauf gekommen sind, die in der Nähe stehen. Dass sie dir nicht gefallen - einerlei.


    Ich hab nirgendwo geschrieben, dass sie mir nicht gefallen. Ich hab gesagt, es ist Kitsch, ich meine mich zu erinnern "schöner Kitsch". Das spielt aber auch gar keine Rolle. Ich halte die "Drei Schwestern" an der Stelle in dieser Form konkret für falsch. Für eine Stadtplanung Berlin Mitte flächendeckend ist es aus meiner Sicht nicht nur keine Referenz, sondern sogar kontraproduktiv.


    Insofern: viel Erfolg bei deinem Kampf für Vollrekos! Meinen Segen hast Du!

    Auch hier wieder, lieber Konstantin: Das ist ja ganz lieb, aber ich hab diesen Kampf weder ausgerufen noch vor. Meine Meinung ist und bleibt: Weitestgehend auf historischen Parzellen entscheiden a) neu oder b) Baustile/Gebäude zitieren (historisierend und/oder frei einer bestimmten festgelegten Berliner Mitte-Ikonografie folgend, die sich beispielsweise am Scheunenviertel und am letzten Mitte-Bestand orientiert, übrigens Platte inkludierend) oder c) Reko (das kann Voll oder Fassade sein). Wenn man auf der Parzelle denn letzteres entscheidet, dann aber bitte korrekt. Das bedeutet aber für Mitte viel weniger Rekos als die bis zu angedachten 160-190 vom Bürgerforum Historische Mitte zwischen Spreekanal und Stadtbahnviadukt, was ja Alt-Cölln und Alt-Berlin entspricht, weil auf Pseudo-Rekos verzichtet wird. Wie gesagt, bei den "Drei Schwestern" gibts mir zu viel Aber und daher finde ich das persönlich einen kontraproduktiven Beitrag bzw. ein Pseudo-Reko. Aber Danke für Deinen Segen. Den ich Dir selbstredend für die Verwirklichung der "Drei Schwestern" meinerseits zurückreiche. Es gibt größere Sünden.

    4 Mal editiert, zuletzt von libero ()

  • ^Zwei eingeschobene Geschosse in einer ansonsten historisch korrekten Reko am historiscehn Ort und mit der tradierten Funktion kritisieren aber mittelalterliche Gebäude in der Gegend rumschieben und in barocken Städtebau setzen. Da fällt mir nix mehr zu ein. Die Gerichtslaube ist doch kein Tempel des Apoll oder Mausoleum.


    Aber die Bilder haben auch ihr Gutes: so wird jedenfalls klar, was dir vorschwebt.

  • ^^ Wo setze ich bitte was in einen barocken Städtebau???.... Man Konstantin, nu hör mal auf mit Behauptungen, falschen Zitaten, falschen Umkehrschlüssen, rhetorischen Stilmitteln oder einfach nur schlechtem Argumentationsstil. Das hast doch gar nicht nötig.


    ^^ Das unterscheidet uns eben: Du willst was bauen, was es so noch nicht gab, stockst mal eben barocke Gebäude auf, verschiebst sie ein Tick, weil der B-Plan es anders nicht hergibt und überspringst eine Zeitschicht, weil du die zwischenzeitliche Überbauung persönlich als Vergewaltigung empfindest. Ergo: Am Ende ist alles ganz anders mit dem Schein einer Reko. Die "Drei Schwestern" kannst Du also eigentlich hinstellen wo du willst. Es bleibt Fake. Ich verschieb historische Bestandsbauten, die bereits verschoben wurden an neue Stellen, weil die alten ursprünglichen nicht mehr zur Verfügung stehen oder unter pragmatischen Gesichtspunkten viel zu viele Einschränkungen verursachen: es bleiben aber die original historische Bauten, die der Mitte nach 150 und 100 Jahren wieder zurückgeben werden (im Falle der Gerichtslaube in exakt 70 Meter Entfernung zum Orginalstandort).

  • Ein Gebäude, dass an einem RAND einer Straße stand in die zentrale Mitte eines Platzes zu stellen ist barocker Städtebau. Dem sind Planer wie Sergej Tchoban mit seiner strahlenformigen Achse auf das Rathaus auch schon erlegen. Man mag ja den großflächig-axialen Städtebau der Zeit Ludwig XIV. schön finden - mit einer Altstadt hat das nicht zu schaffen. Das gehört in die barocken oder klassizistischen Stadterweiterungen.


    Mit Beschimpfungen sollte man sich im übrigen hier zurückhalten. "Argumentationsstil" und "rhetorische Stilmittel" (richtig zitiert?) bitte ich auch mir zu überlassen. Jeder nach eigenen Kräften.

  • ^^Also Beschimpfungen waren das schon mal gar nicht und ich bitte dann vice versa auch Feststellungen mir zu überlassen... Selbst dieser Einwand der Beschimpfung, wo keine war, ist ein rhetorisches Stilmittel.... by the way.


    ^^Barock oder klassizistisch ist ja schon ein weites Feld, wenn dann die Gerichtslaube, die anstatt frei auf der Kreuzung stehend (Originalplatz) frei auf einem Platz stehend schon barock, klassizistisch oder Konstantins Gnaden nicht Altstadt-gerecht ist, seis drum. Tchoban, Ludwig, radial, axial aus einem Standort der Laube abzuleiten, ist imho nicht nur absurd, sondern imho auch lächerlich.


    Aber lass uns die anderen Bordmitglieder nicht mit Eitelkeiten langweilen. Schließlich gehts ja um Dein Projekt und da ist man dann eben zart besaitet und teilt gleichzeitig ganz gut aus.

    Einmal editiert, zuletzt von libero ()

  • Ich sehe die drei Schwestern schon vor meinem geistigen Auge. Ein Haus, drei Fassaden, natürlich kein Höhenunterschied bei den Geschoßen. Meine Meinung dazu. Entweder man rekonstriert sehr nahe am Orginal ( letzter Zustand oder am Erbauungsorginal ) oder man interpretiert völlig frei. Warum will man die schmalen Grundstücksbreiten berücksichtigen, es bei der Höhe aber nicht so genau nehmen ? Das Haus wirkt doch dann völlig anders. Wir befinden uns auch nicht mehr im Mittelalter bzw. Barock, insofern sehe ich auch wenig Anlaß, die Mitte unserer Stadt wieder an diesem Zeitalter auszurichten. Die Stadt inklusive ihrer Verkehrswege war damals für wenige zehntausend Einwohner ausgelegt.


    Gerichtslaube und Königskolonnaden bleiben bitte an ihren alten Standorten, im Park Babelsberg bzw. im Kleistpark haben sie sich sehr gut eingelebt.

  • Gerichtslaube und Königskolonnaden bleiben bitte an ihren alten Standorten, im Park Babelsberg bzw. im Kleistpark haben sie sich sehr gut eingelebt.


    ^^Dieser Meinung kann man sein. Sie ist legitim. Ich hab eine andere. Aber das wird dann auch an anderer Stelle irgendwann ausdiskutiert, glaub ich.

  • Interessant, was ein einziger Post vom 11.12. für Duskussionen auslösen kann. dabei handelt es sich doch nur um eine "Projektstudie" einer Konzeptentwickler-Agentur, die mich an das Frankfurter Altstadtprojekt erinnert und vermutlich nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar ist.


    Aber ich finde auch, dass Schupelius recht hat:
    Man sollte in der geschundenen Stadt Berlin eigentlich jede Gelegenheit nutzen, die Bausünden der Vergangenheit rückgängig zu machen und die Wunden des Krieges zu heilen. Im Falle der Breiten Strasse würde das allerdings in letzter Konsequenz u.a. heissen: Rekonstruktion des Kaufhauses Rudolph Hertzog und Rückversetzung des Ermelerhauses.

  • Das Kaufhaus Hertzog hatte ja die überkommenen Fassaden auch nur verändert übernommen und in einen Großkomplex eingebettet. Aber die klassisistischen Überformungen waren auch nicht schlecht und hatten die barocken Ohrenfaschen wie andere Details übernommen.


    Die Ermelerhaus-Fassade ist ja zu DDR-Zeiten an die Straße Neukölln am Wasser (heute Märkisches Ufer) versetzt und auf ein Hochparterre aufgepropft worden. d asieht es natürlich ganz anders aus. Ich denke zumindest sollte bei der Neubebauung dieser Parzelle kenntlich gemacht werden, z. B. wie beim Naturkundemuseum als Betonrelief.


    Da die gesamte Westseite der Breiten Straße neu bebaut werden soll gibt es noch ein paar andere Kandidaten: den Gründungsort der Vossischen Zeitung und auch die Scharrenstraßeseite war hübsch.

  • Der Tagesspiegel berichtete vor 10 Tagen, dass der Bund und das Land Berlin sich über einen Grundstückstausch auf dem Gelände des ehem. DDR-Bauministeriums an der Breite Straße geeinigt hätten.
    Dadurch könne das Areal kleinteilig bebaut werden.


    Mir ist allerdings nicht ganz klar welche Grundstücke da jetzt genau getauscht werden sollen.


    Bima-Verkaufschef Regeler hält dies jedoch für einen unökonomischen Umgang mit Ressourcen. Der Senat werde mit dieser Herangehensweise das Ziel günstigen Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen verlehren.
    Unabhängig davon beabsichtigt die BIMA den Verkauf ihrer Grundstücke zum Höchstpreis - dazu seien sie eh gesetzlich verpflichtet.


    Artikel Tagesspiegel

  • Das ist in der Tat mysteriös. Dem Land gehört ja nur der Streifen, der vorher Straße war (rot markiert), der Rest gehört dem Bund. Das Gestrichelte ist die heutige Bürgersteiglinie.


    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Anbau am Spreekanal

    Zuletzt #367


    Der Anbau ist äußerlich so gut wie fertig. Sieht ganz freundlich aus mit den weißen Fassaden, großen Fenstern und hellen Holzelementen, passt aber nicht so ganz zu den umgebenden Bestandsbauten:



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