Immer nur ante bellum ist bei fortschreitender Geschichte ein schwer einzulösendes Versprechen. Zerstörungen, auch gewaltsame, können vielfältig sein: Krieg, Gewaltherrschaft oder bloßer Modernisierungswahn.
Das ist jetzt aber albern, Konstantin. Ich hab nicht gesagt "immer nur ante bellum", sondern wenn schon Reko, dann das was vorher da stand (also zumeist ante bellum). Die einschneidenden gewaltsamen Veränderungen waren Nazis, Krieg und DDR. Ich befürworte eh, alle Zeitschichten sichtbar zu machen, also Stadtreparatur und Reurbanisierung (beides mit "Re" also Wiederherstellung) unter Würdigung aller Zeitschichten. Ein paar (Zeitschichten) überspringen oder weglassen - um was wiederzugewinnen, was vor der gewaltsamen Zerstörung gar nicht mehr war, wie in diesem Fall - ist nur dem Geschmack geschuldet. In meinen Augen einem schlechten, weil er die "normale und natürliche" Entwicklung der Stadt und damit die De-Facto-Historie "verklärt". Dann mit bloßem Modernisierungswahn zu kommen - als weiteren vorgeschobenen Indikator, um sich ein Argument für das Weglassen einer Zeitschicht zu basteln - ist ... wir lassen mal "Disney", weil es in die falsche Richtung führt, sondern nennen es treffender "Gebrüder Grimm". Münchhausen würde aber auch gehen.
Die Frage, ob die Gebäude schon vor dem Krieg abgerissen wurden, dürften die Menschen, die sich hier aufhalten und die Gebäude nutzen werden, nur am Rande interessieren.
Das ist eine These, die ich nicht teile. Aber gehen wir mal davon aus, ich würde es tun: Neben Geschmacksfragen, die die Authenzitität einschränken und eben so biegen, wie man es gerne hätte, bringst du das wesentliche ins Spiel: die Menschen, die da wohnen (sollen). Wenn man so baut, nämlich anspruchsvoll - was es ja zugegebener Maßen ist - und historisierend - was es ja auch ist - wird es teuer. Das bedeutet: Es wohnen Menschen da, die das mit Preisen teuer bezahlen. Im Ergebnis hat man dann gar nichts - weder die Wiederherstellung des zuletzt bestehenden Urstandes noch bezahlbareren Wohnraum, den schlichte Neubauten auf gleichen Parzellen liefern. Aus meiner Sicht muss es drei bis vier Typologien geben für Mitte: Rekonstruktion, historisierend/zitierend (jeweils beides auf letzten Bestand, aufwendiger, teurer Wohnraum), revitalisierend (Würdigung des Bestands DDR-Moderne, günstigster Wohnraum) und Naubau (bezahlbar für möglichst viele, aber wahrscheinlich erst ab obere Mittelschicht) und das ganze bei Orientierung nach Vorkriegs-Parzellierung sowie Stadtgrundriss, dort wo es möglich ist und der alle Zeitschichten aufnimmt und sichtbar hält.