Exakt. Die Mehrzahl amerikanischer Großstädte sind deutlich lebendiger. Was zum einen an der jüngeren Bevölkerung liegen mag, Stichwort "alterndes Europa", auch sind die Städte dort schlicht lauter - die Geräuschkulisse; bei uns gäb es da unablässig Gerichtsprozesse, wie ja selbst Kindergärten von Anwohnern wegen "Lärm" der spielenden Kinder verklagt werden. Auch die vielen Einwanderer die immer noch in ungeheuren Massen in die USA strömen beleben ebenso das Stadtbild immer wieder neu wie die sehr sozial und gastfreundlich eingestellten Amerikaner die ganz anders als die sauertöpfischen Europäer - trotz positiverem Klischee habe ich zB Briten auch nie freundlicher/höflicher erlebt als Deutsche - miteinander umgehen.
In Städten wie San Francisco oder Boston pulsiert das Straßenleben regelrecht. Mal hinfahren und anschauen anstatt vom "Hörensagen" Urteile fällen. Annähernd so offenen und freundlichen Umgang habe ich in Europa bisher lediglich in Süditalien und im Rheinland erlebt. Von der Vielfalt an Geschäften im Straßenbild ganz zu schweigen. Mag vielleicht auch daran liegen dass Amerikaner spendabel sind und "geiz" nicht als "geil" gilt - die bundesdeutsche Geizkultur erzwingt ja geradezu die Oligopolisierung des Einzelhandels, nur durch "Größenvorteile" lässt sich in diesem Wettbewerb bestehen.
"Sterile Malls" und tote Städte gibt es in den USA zwar auch, aber ebenso überall sonst. Wenn man jetzt natürlich das bunte Treiben in Köln mit Downtown Detroit vergleicht kann man seine Klischees schon bestätigt finden, wie immer wenn man danach "sucht". Frankfurt ist mit München und Stuttgart die einzige deutsche Stadt mit aufstrebender demographischer und wirtschaftlicher Zukunft und muss alles tun um auch eine junge Bevölkerung anzusprechen. Dazu dimmt man nicht die Beleuchtung und trägt wattierte Schuhsohlen, dazu ist man bunt und laut und lebendig und offen und heiter und auch ein bischen schrill. Man schreit die Lebensfreude in die Welt. Und wenn es schon um Identität gehen soll, wobei ich da immer nicht genau weiss was gemeint sein soll (Bayern ist bestimmt nicht "urdeutsch", ganz im Gegenteil, anderes Thema) dann ist Apfelwein und lautes Lachen doch bestimmt auch "hessischer" als besinnliche Grabesruhe.
Es gibt nichts bayrischeres als die "Liberalitas Bavariae", zu Deutsch "Leben und leben lassen". Identität kommt aus einer inneren Einstellung, nicht aus Lederhose hier und Blasmusik dort. Und wenn man aus dieser inneren Identität heraus die Welt gestaltet wird man sich auch so von anderen Kulturen unterscheiden und sich gegenseitig ergänzen. Aber das wollen die Bundesdeutschen, mit Ausnahme der Bayern die ja zu dieser BRD dazugehören, doch nicht. Kein Deutscher hat noch Nocken und Rauke gegessen, dann kamen diese mal als Reimport aus Italien als "Gnocchi" und "Rucola" und alle lieben es. Die meisten Deutschen leben doch in konstanter Selbstverleugnung was ihre Identität angeht, auch das ist eine Frage der inneren Einstellung keine von Städtebau. Zwei verschiedene Dinge die ich nicht vermischen würde.