Hotellerie Berlin

  • Natürlich sind das schöne Meldungen, lebt Berlin inzwischen ja hauptsächlich vom Tourismus. Bezeichnenderweise stellen beinahe alle Bauprojekte im Innenstadtbereich zur Zeit Hotelprojekte dar.
    Und hier setzen meine Zweifel ein: die Hotel der Motel-One Kette, Sol Melia in der Friedrichstraße, die Hostels, die gerade in der Spandauer Vorstadt aus dem Boden schießen - keines dieser Gebäude setzt architektonische Akzente - im Gegenteil: sie verschandeln das Stadtbild, werden aber in Kauf genommen, weil sie noch MEHR Touristen in die Stadt holen. und schließlich stehen die Investoren nicht Schlange. Also nimmt die Stadt, was kommt. Das ist in städteplanerischer Sicht fatal.


    Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber wenn ich mir anschaue, was die letzten Jahre für Bauten in Berlin hervorgebracht haben, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Es sind nicht nur die Billig-Hotels (das neue Meininger am Hbf ist ein trauriger Höhepunkt dieser Entwicklung :nono:), sondern auch Gebäude wie das Alexa und das Spreedreieck. Mir fällt wirklich kein sehr neues oder im Bau befindliches Gebäude ein, wo ich sage kann: Ja, das ist mal anspruchsvolle Architektur (außer dem neuen Gebrüder-Grimm-Zentrum vielleicht).
    Berlin verramscht sich zur Zeit. Vergibt die letzten Brachflächen im Innenstadtbereich an profithungrige Investoren, die ihre 08/15-Kästen überall in der Stadt hinklotzen.
    Manchmal kommt es mir so vor als seien der Stadt die Visionen ausgegangen. Frankfurt hat seine Hochhäuser, Hamburg seine Hafencity, aber Berlin??? Klar, da gibt es den Potsdamer Platz, das Regierungsviertel mit vielen gelungenen Bauten, aber das alles ist auch schon wieder 10 Jahre alt.
    Hat man allen städteplanerischen Ehrgeiz nun begraben, frei nach dem Motto (um wieder zum Ausgangsthema zurückzukommen): "die Touristen kommen ja auch so!" :confused:

  • Leider gibt die derzeitige Marktsituation nicht mehr her. Berlin muss also fast alles nehmen was kommt.


    Vielleicht hofft man ja darauf, dass anspruchsvolle Architektur entsteht, wenn der gesamte Innenstadtbereich mit billigen Klötzen vollgeklatscht wurde.


    So schlecht finde ich die Projekte der vergangenen Jahre nicht. Ich halte bspw. den Umbau der Galeria Kaufhof am Alexanderplatz, das UEB an der Friedrichstraße, die Townhouses, etc. für relativ gut gelungen.

  • Bei den Dingen, die derzeit in Bau sind sollte man sich mit der Beurteilung schon noch etwas zurückhalten. Wie sollten denn in der Spandauer Vorstadt die "Knaller" aussehen? Die müssen sich ja irgendwie in die vorhandene Bebauung einfügen. Die Vorbildfunktion von Hamburg und Frankfurt ist leider überhaupt nicht erkennbar. Hoch und Wasser kann ja wohl nicht der Maßstab sein.

  • Ich verstehe das Geplapper von dieser ganzen Marktsituations-Sache in Berlin überhaupt nicht. Vor wenigen Jahren wurden fast nur Luxus-Hotels in Berlin gebaut und alle haben sich beschwert das keine "normalen" 3-Sterne Hotels gebaut werden. Jetzt sind es gerade ein paar mehr Ho(s)tels..
    Im Wohnungsbau werden fast ausschliesslich Luxus-Wohnungen realisiert..oder Altbauten aufwendig saniert..
    Das Zoofenster ist im Bau (mit Hotel der gehobenen Klasse), Falkoniergasse startet bald, der Leipiger Platz wird von Orco ab Frühjahr mit einem riesen Budget bebaut und soll gehobenen Ansprüchen genügen..
    An der Marktsituation liegt "schlechte" Architektur in Berlin bestimmt nicht.
    Das Alexa so geworden ist wie es geworden ist liegt nicht am Budget sondern am Architekten und der Stadt -die hatte nämlich einen Wettbewerb veranstaltet wo genau dies raus kam..
    Genau wie sie bei der Fassadengestaltung des Spreedreiecks mit am Tisch sass..
    Rund um Unter den Linden führen nämlich auch die Vorgaben und die Genehmigungsstrategie des Senats zu den immer gleichen Kisten..

  • Japher:


    Nein, das sehe ich nicht so (zumindest nicht so extrem).


    Natürlich gibt es viele Bauprojekte, und dass dabei nicht immer Toparchitektur (zumal die Geschmäcker ja auch unterschiedlich sind) herauskommt, ist normal.


    Betrachten wir mal die Townhäuser auf dem Friedrichswerder: Bei ca. 50 individuellen und unterschiedlichen Häusern ist klar, dass dabei nicht zu 100% allen gefallende Ergebnisse realisiert werden können. Objektiv betrachtet, ist der überwiedgende Teil dieser Häuser positiv zu bewerten (sagen wir mal, von "interessant" über "gelungen" bis "toll"). Dennoch wird von manch einem nur an den wenigen nicht so gelungenen Häusern rumgemäkelt - anstatt den Blick für's Ganze zu wahren.


    Bei den Hotels ist es nunmal so, dass 1 bis 2 Sterne-Absteigen kaum immer anspruchsvolle Architektur bieten können. Und manch ein wirklich schäbiger Kasten ist leider tatsächich auch dabei. Aber eben nicht nur. Und das ewige Rummosern am Spreedreieck, zumal es ja noch gar nicht fertig ist, kann ich auch nicht nachvollziehen.


    Und ob in F/M alle Hochhäuser, bzw. in HH alle Gebäude der Speicherstadt, so toll sind, würde ich doch mal ganz gewaltig bezweifeln. Auch da ist viel Durchschnitt oder sogar Mist dabei.


    Ich z. B. finde die von dir gelobte Grimm-Bibliothek nicht soo prickelnd. Aber auch da muss man (und auch ich) das fertige Ergebnis erst mal abwarten.


    Die Touris kommen sicher nicht zuallererst wegen der Hotel-Architektur, sondern u. a. wegen der Vielfalt, dem Kulturangebot, der sichtbaren Geschichte, der rasanten Entwicklung, den günstigen Preisen und und und.


    Und zu den Hostels/Hotels in der Spandauer Vorstadt und Umgebung: Das Wombats in der Alten Schönhauser finde ich z. B. durchaus gelungen.

  • Die Stadthäuser auf dem Friedrichswerder habe ich bei meinen Überlegungen vergessen. Im großen und ganzen ist das wirklich ein gelungenes Projekt! (@ Schwede: Hast du eine Ahnung, wann mit der Falkoniergasse begonnen wird? Auf einen Baubeginn warten wir nun ja schon seit Jahren...)


    Ansonsten bleibe ich aber bei meiner negativen Bilanz. Die Bauprojekte der letzten beiden Jahre sind hauptsächlich misslungen. Natürlich wird es niemals Projekte geben, die alle überzeugen. Aber was in letzter Zeit gebaut wurde hat nun wirklich keine Maßstäbe gesetzt.
    Ich plädiere nicht dafür, die Hafencity und die Hochhäuser Frankfurts zu kopieren, aber was Berlin in meinen Augen zur Zeit fehlt ist eine richtiger Masterplan, der das Bauen in der Stadt fit für die Zukunft macht. Es gibt das Planwerk Innenstadt, das aber nur sehr halbherzig umgesetzt wird. Ansonsten wird hier und dort mal was gebaut, mehr schlecht als recht und niemand erwartet sich von den anstehenden Projekten wie der Bebaaung des Hbf-Umfelds oder der geplanten Hochhäuser am Alex etwas wirklich spektakuläres. Was ich sagen will: Ich vermisse bei allen Akteuren den Willen und den Ehrgeiz anspruchsvolle, stadtbildprägende Architektur zu erreichen (die ja nicht unbedingt unbezahlbar sein muss)


    Nexus 6: Mehr erwarte ich ja nicht, als dass sich die Gebäude in der Spandauer Vorstadt in die Umgebung einfügen. Aber genau das tun viele moderne Bauten ja nicht!


    (jetzt habe ich eine Diskussion ausgelöst, die eigentlich in einem anderen Thread diskutiert werden sollte - vielleicht kann man es dorthin verschieben?)

  • Sicherlich gibt es eine ganze Reihe gelungener Entwürfe und auch schon realisierter Projekte. Leider aber auch einen Großteil, bei dem das nicht der Fall ist (subjektiv muss ich sagen, dass das leider der größere Teil ist). Insbesondere fällt mir zunehmend negativ auf, dass viele Gebäude sich fast gar nicht oder nur sehr wenig in ihre unmittelbare Umgebung einfügen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Architekten ihre Ideen einfach durchsetzen und es hinterher einfach als "Kontrast zur Umgebung" verkaufen - egal wie es aussieht. :nono:
    (ich weiß, natürlich reden die Bauherren mit den Kosten im Blick auch mit)


    Ich selber habe (subjektiv) das Gefühl, dass es in Berlin inzwischen so viele Kontraste gibt, dass ich froh bin, wenn ich mal ein halbwegs "harmonisches" Ensemble sehe - ohne das irgendwo gleich wieder was radikal anderes dazwischen steht....


    Edit: Zwei Leute, ein ähnlicher Gedanke - und das auch noch gleichzeitig
    Zufall :D

  • Ende des Hotelbooms?


    Entsprechend eines Artikels des Tagesspiegels / PNN von heute, scheinen die Umsaetze der Spitzenhotellerieufgrund weniger Geschaeftsreisender eingebrochen zu sein. Die Auslastungsquote im Adlon ist bslw. um 15% gesunken.
    Mal sehen, ob das auch Auswirkungen auf geplante und sich im Bau befindliche Hotelprojekte hat.


    Quelle: PNN vom 14.05.2009

  • ^^ Immer diese handgepickten Zahlen und der dazugehörige Alarmismus im Boulevardstil.


    Die Touristenzahlen für Berlin sind erstaunlich stabil in der Krise. Im März 2009 gabe es ein Plus (!) an Gästen von 4,2 % ggü dem Vorjahr. Die Zahl der Inlandsgäste stieg um 7,7 %, die der Auslandsgäste sank um 2,1%, insbesondere aus den Krisenländern. Die Zahl der Übernachtungen ging um 1,9 % zurück, die Übernachtungsdauer ist mit 2,2 Tagen etwas kürzer als im Vorjahresmonat bei 2,3 Tagen.


    Die Belegung bei den Spitzenhotels ist zw. Januar und April ggü dem Vorjahr um 4% gesunken, bei den 3- und 4-Sterne-Hotels um 2%.


    Details:
    http://www.property-magazine.d…ebernachtungen-18862.html
    http://www.ad-hoc-news.de/berl…se/Marktberichte/20228580

  • Kann doch nichts dafuer, wenn ich unreflektiert die Daten der BZ...aeh...der MoPo uebernehme. Bin doch auch nur ein gutglaeubiger Deutscher - und da weiss man ja: Was in der BILD steht, muss stimmen! ;)

  • Die neuen Hotels können kommen. Mitten in der Wirtschaftskrise steigen die Besucherzahlen und Übernachtungen in Berlin. Die Zahl der Inlandsgäste stieg um 8,4 Prozent, die der Auslandsgäste ging um 2,9 Prozent zurück ggü dem Vorjahresmonat. Es reisten 32,7 % der Gäste aus dem Ausland an. Das macht im Mittel ein Plus von 4,4% mehr an Gästen als im Mai 2008.


    Für den Zeitraum Januar bis Mai ergab sich ebenfalls ein Plus ggü dem Vorjahreszeitraum, so daß 2009 ein Rekordjahr werden könnte. Es gab 1,3% mehr Gäste und 1,1% mehr Übernachtungen, wobei die Anzahl der Inlandsbesuche stieg und die Zahl der Auslandsbesuche etwas sank. Besonders aus GB und den USA kommen weniger Auslandsgäste, also den Mutterländern der Krise.


    Da die Auslandsgäste primär mit dem Flugzeug kommen, könnte dies den Flughafen BBI etwas entlasten.


    Meldung des stat LA (pdf)

  • Die Immobilienhzeitung griff das Thema gestern auch auf. Insgesamt hat man ja (auch hier in verschiedenen Threads von diversen Usern) immer wieder gelesen das doch die Frage ist, wann der Markt gesättigt ist. Es sind soviele Hotels in Berlin im Bau, dass selbst mit Wachstum der Tourismuszahlen ggf. eine Stagnation der Auslastung bzw. sogar eine Verringerung der Auslastung zu rechnen ist. Dies hängt natürlich auch von der Entwicklung BBI und der Tourismuszahlen in nächster Zeit allgemein ab. Die IZ schreibt auch, das gerade neue Ketten in europäischen Metropolen (London, Barcelona, Berlin) ausgetestet würden. Diese starten dann auch noch mit einer agressiven Preispolitik was dazu führt das neben den Übernachtungsquoten natürlich auch die Zimmerpreise so gering bleiben das sich die Rentabilitätsfrage stellt. Gleichzeitig führen niedrige Bettenpreise natürlich zu mehr Touristen. Insgesamt spannendes Themenfeld.

  • Berlin hat mehr Hotelbetten als ganz New York-City, bitte das nicht vergessen, die Übernachtungspreise liegen bei etwa 50% des Durchschnittes europäischer Metropolen.

  • Soweit ich gelesen habe liegt die durchschnittliche Zimmerauslastung in Berlin bei 71% und der durchschnittliche Zimmerpreis bei 82€ (ob in- oder exklusive Mehrwertsteuer?).


    Es ergibt jedenfalls durchschnittlich 1746€ pro Monat Warmmiete für ein kleines Zimmer. Das dürfte auch nach Abzug von Steuern, Buchungsspesen und Reinigungskosten ect. noch attraktiver sein als stattdessen Singlewohnungen zu bauen.


    Beiträge 16 + 17 themenspezifisch von dort hierher verschoben.
    Bato

  • Ufologe: Kannst du die Behauptung belegen, dass es in Berlin mehr Hotelbetten gibt als in New York? Das scheint mir nämlich merkwürdig, falls es stimmt.

  • Ich dachte eher an harte Fakten. Diese Berichte nennen die Quellen auch nicht - irgendjemand hat diese Behauptung in den Raum gestellt und alle Schreiben von einander ab. Ich fände es wie gesagt merkwürdig, wenn NYC weniger Hotelbetten hätte (wir reden hier über den Knotenpunkt der Weltwirtschaft und dreimal so viele Einwohner). Vielleicht hat man nur Manhattan betrachtet oder man hat hier 'Hotelbetten' mit 'Hotelräumen' vergleichen oder so was.