Verkehrsprojekte

  • Die Wirkungen werden schon untersucht. Langfristig und umfassend von der TU Dresden in den SrV-Reihen.


    Lokal gesehen sind die Auswirkungen der Radstreifen weit mehr als nur verkehrlich. Vor allem halten Sie den fahrenden MIV knapp 2 m mehr auf Distanz zum Fußweg, was für Passanten angenehmer ist und damit das zu Fuß gehen dort attaktiv-->er macht. Davon profitiert auch der Einzelhandel.


    Die Schumannstraße zeigt deutlich, dass es zwar ein paar Jahre dauern kann und sich die Rad-Nutzung sukzessive mehr durchsetzt. Dass die Bahnen deswegen leerer geworden sind, bleibt spekulativ. Die exakten Vergleichszahlen, so man sie hätte, müssten um die Pandemie bereinigt werden (also 2019 enden), den schlechter werdenden Gleiszustand mit Langsamfahrstellen berücksichtigen, die Gesamtsituation Anschlüsse Bus Bahnen rundherum einkalkulieren, das Fahrzeugmaterial in seiner Attraktivität vergleichen, die investiven Verbesserungen wie Haltestelle S-Bf Möckern beachten, die Umfeldverbesserungen wie Möckernscher Markt, usw usw, Nicht zu ignorieren, die steigende Nutzung der S3 und S1, welche teilweise überschneidende Einzugsgebiete hat.


    Allein diese Aufzählung macht deutlich, dass der Gesamtgewinn aus besserem Radverkehr und besseren Einkaufsbedingungen im Vergleich zu etwaigen Rückgängen im ÖPNV ausgerechnet deswegen viel größer ausfällt. Das Magistralenmanagement Schumannstr. hat als Feedback der Händler dort auch ein Positives. Ob das auch die IHK mitbekommen hat?

  • Das oben gebrachte Argument der dezentralen Struktur sehe ich schon. Es fahren eben zu viele AN von zu vielen kleinen Orten, die unmöglich engmaschig erschließbar sind. Auch in 50 Jahren wird mein Arbeitsweg von 04626 Schmölln, OT Mohlis NICHT regelmäßig vom ÖPNV angedient, schon gar nicht in die nächste Großstadt. Und selbst wenn, würde ich nicht drauf warten 3x am Tag mit sechs anderen Leuten in einem Kleinbus wie in einer Marschrutka zum nächsten Bahnhof gebracht zu werden. Das Thema Elektromobilität wird sich wohl breiter durchsetzen, bis es aber bei meinem Untersatz ankommt, dauert es mangels Budget sicher noch 10 Jahre. Auch dann werde ich auf Zugang und Stellplatz in der Stadt angewiesen sein, um nicht arbeitslos zu werden. So einfach ist das. Es ist ein Zwangspunkt. Das ist Überleben an dem Ort, wo mich der liebe Gott nun mal hingesetzt hat, keine Bequemlichkeit. Ob das nun bezuschusst wird oder nicht, ist für mich sekundär. Ich muss Auto fahren, egal wie teuer es ist. In meinem Wohnort gab es mal einen Gasthof, einen Laden und eine Post. Alles das exisitiert nicht mehr. Die nächsten Lebensmittel werden 5km entfernt verkauft, das einzig "Öffentliche" in unserem Ort ist die Strassenbeleuchtung. Überlegungen welche Linien wo fahren, sind allesamt da allesamt hinfällig. Ich gebe zu, dass man die Zugänglichkeit und Attraktivität für Radverkehr verbessern kann, das ist aber ein Thema für die Stadt und ihr Umland. Ich lebe im ländlichen Raum. Radverkehr ist etwas für Wahnsinnige, die sich vom Traktor mit immer monströseren Ackerbaugeräten totfahren lassen wollen, ÖPNV existiert eigentlich nicht oder fährt leer herum, weil Taktung und Fahrzeiten am Bedarf vorbeigehen. So fährt der Schulbus 6.50 Uhr leer ab, alle Schüler werden per Auto 7.40 in die Schule chauffiert. Die Autofahrt stellt die einzige Möglichkeit her, von einem seit Jahrzehnten nur abgebauten und vernachlässigten Raum in eine prosperierende Zone zu gelangen, wo überhaupt die Generierung eines nicht-prekären Einkommens auch nur denkbar ist.

  • ^Das Auto will auch niemand abschaffen. Bei der Diskussion hier ging es vordergründig um das Nebeneinander konkurrierender Interessen in der Großstadt Leipzig. Es wird künftig mitunter eben eher der Weg um die Stadt außen herum sein, der attraktiver ist. Natürlich wird das Auto auch künftig für einen Teil der Bevölkerung unverzichtbar bleiben. Nicht jeder kann - auch so mancher Stadtbewohner - aus Alters- oder Gesundheitsgründen den ÖPNV nutzen, wie er das vielleicht gerne möchte. Das Pendeln von 30 km pro Strecke bei Wind und Wetter zur Arbeit tagtäglich mit dem Fahrrad hat meinen ausdrücklichen Respekt, der Personenkreis wird aber eine Minderheit bleiben. Wer anderes behauptet, steht sehr weit ab der Realität. Was die E-Mobilität anbetrifft, ist absehbar, dass die Preise für diese Fahrzeuge sinken, die Entwicklung zeichnet sich doch bereits ab und sie wirkt disruptiv.

  • Auch dann werde ich auf Zugang und Stellplatz in der Stadt angewiesen sein, um nicht arbeitslos zu werden. So einfach ist das.


    So einfach ist es dann doch nicht. Bevor du dich Kündigen lässt, wirst du sicherlich abwägen inwiefern alternative Pendelmethoden (bspw. bis vor die Tore der Stadt fahren und dann mit dem ÖPNV bis zum Arbeitgeber) für dich Sinn ergeben oder ob du den

    Ort, wo mich der liebe Gott nun mal hingesetzt hat


    verlassen wirst. Beides wird für dich zu Einbußen der Lebensqualität führen, weswegen ich deinen Unmut verstehe. Wenn wir aber über die Interessen der Großstadt und deren Verkehrsplanung sprechen dann gilt es rational weil ökonomisch zu argumentieren. Und da fallen schlussendlich Kleinstgemeinden hinten runter. Gerade auch weil sie wahrscheinlich grundsätzlich aussterben werden und Investitionen in die Infrastruktur dieser Gemeinden ökonomisch quasi nie zu rechtfertigen sind.

  • Ich bin ein Somewhere, kein Anywhere. Daß solche defätistischen Scheinlogiken wie "Aussterben" nicht eintreten, da bin ich mir sehr sicher. Allein schon wegen des Kinderreichtums gerade in unserem Ort und dem Zuzug von Gleichgesinnten. Die Großstadt hat für das Umland eine dezidiert dienende Funktion und hat ihre Infrastruktur entsprechend zu planen und offen zu gestalten, dass eine ökonomische Teilhabe sinnvoll möglich ist (nämlich schnell abends auch wieder heimzukommen).

  • Lichtwark - die Großstadt dient dir mit ihrem ÖPNV, über den du, nachdem du dein Auto am Bahnhof Altenburg geparkt ist, sicher auch deinen Arbeitsplatz erreichen kannst (bei, nach einem kurzen Vergleich, wohl kaum längerer, dafür produktiv nutzbarer Gesamtfahrtzeit). Mehr kannst du auf Dauer nicht erwarten, aber keine Angst, da gewöhnst du dich schon noch dran.

  • ^^^Also mal ganz ehrlich, die Bevölkerungsentwicklung und die Altersstruktur ganz besonders im Raum um Altenburg sprechen doch für sich. Seit Jahrzehnten geht es demografisch nur in eine Richtung: Abwärts. Aussterben ist vielleicht nicht das adäquate Wort, aber in diese Richtung geht es nun mal leider. Und aus diesem Blickwinkel muss ich epospecht völlig recht geben: Ab irgendeinem Punkt lohnt sich die Aufrechterhaltung der Infrastruktur ökonomisch schlichtweg einfach nicht mehr. Dann heißt es entweder Umzug näher an die Stadt heran oder mit den Gegebenheiten arrangieren und so verfahren, wie es DaseBLN beschreibt.

  • Die Diskussionen zu den aussterbenden Kleinstgemeinden und der unwirtschaftlichen Aufrechterhaltung ihrer Infrastruktur kann man sich gerne sparen, das ist durch nichts untermauert. Im Gegenteil, das lohnt sich nach einer Analyse des Bundesinnenministeriums schon dann nicht mehr, wenn mehr als 13 Haushalte auf 18 Gebäuden verteilt leben (Link). Man kann auch gerne mal gegenüberstellen, wie hoch die Investitionen in den Großstädten sein müssten, um auch nur 100.000 Einwohner mehr aufzunehmen. Da der Wanderungsüberschuss in die Oberzentren nachgelassen hat und in der sächsischen Pampa Eigenheimstandorte auf große Nachfrage stoßen, gibt es sicherlich lohnenswertere Themen.

  • Ach was, die Abgesänge kommen zu früh. Wurde übrigens vor 20 Jahren über Leipzig genauso erzählt, als es noch als rußschwarzes Jammertal ohne DHL und BMW dastand. Ohnehin denke ich als Landbewohner in langen Zyklen. Nach dem Dreissigjährigen Krieg hatte Mageburg noch 450 Einwohner. Der Mensch und seine Sturheit ist zäher als politische Moden oder ökologische Tagesdiskussionen.


    Entscheidend wird sein, nach wie vor hinreichend Autoverkehr zuzulassen, um die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt mit ihrere überregionalen Anziehungskraft zu erhalten. Dazu gehört Eventtourismus (40000 Zuschauer bei RB, 15000 bei Arena-Konzerten, 200000 bei großen Messeveranstaltungen) und das unkomplizierte Einpendeln aus der Breite des Umlands, nicht nur aus einigen gut angeschlossenen Mittelstädten. Aus meiner Sicht sind die Diskussionen zur Beförderung von Rad- und Fussverkehr zu einseitig aus Einwohnerperspektive gedacht, obwohl die Stadt nur das ist, was sie ist, weil sie verkehrlich immer sehr offen und zugänglich war. Leipzig ist historisch gesehen eben nichts weiter als eine sumpfige Waldlichtung, an der jemand angefangen hat, zwei mal im Jahr Rummel abzuhalten. In diesem Spannungsfeld bewegt man sich im immer noch vergleichsweise struktur- und einkommensschwachen Leipzig nach wie vor, so dass die Zugbrücken nicht hochgezogen gehören.

  • Ach was, die Abgesänge kommen zu früh. Wurde übrigens vor 20 Jahren über Leipzig genauso erzählt, als es noch als rußschwarzes Jammertal ohne DHL und BMW dastand. Ohnehin denke ich als Landbewohner in langen Zyklen. Nach dem Dreissigjährigen Krieg hatte Mageburg noch 450 Einwohner. Der Mensch und seine Sturheit ist zäher als politische Moden oder ökologische Tagesdiskussionen.


    Entscheidend wird sein, nach wie vor hinreichend Autoverkehr zuzulassen, um die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt mit ihrere überregionalen Anziehungskraft zu erhalten. Dazu gehört Eventtourismus (40000 Zuschauer bei RB, 15000 bei Arena-Konzerten, 200000 bei großen Messeveranstaltungen) und das unkomplizierte Einpendeln aus der Breite des Umlands, nicht nur aus einigen gut angeschlossenen Mittelstädten. Aus meiner Sicht sind die Diskussionen zur Beförderung von Rad- und Fussverkehr zu einseitig aus Einwohnerperspektive gedacht, obwohl die Stadt nur das ist, was sie ist, weil sie verkehrlich immer sehr offen und zugänglich war. Leipzig ist historisch gesehen eben nichts weiter als eine sumpfige Waldlichtung, an der jemand angefangen hat, zwei mal im Jahr Rummel abzuhalten. In diesem Spannungsfeld bewegt man sich im immer noch vergleichsweise struktur- und einkommensschwachen Leipzig nach wie vor, so dass die Zugbrücken nicht hochgezogen gehören.

    Dass die Abgesänge auf die Großstadt zu früh kamen ist sicher richtig, ob sie auch in Bezug auf Klein- und Mittelzentren überholt sein werden, muss sich zeigen, da fehlt uns allen die funktionierende Glaskugel. Viele Faktoren spielen eine Rolle, darunter Kosten und Verfügbarkeit von Wohnraum im Zentrum wie in der Peripherie und demgegenüber Kosten und Machbarkeit des Pendelns (von bspw. sich ändernden Arbeitsmodellen bei vielen - nicht allen - Berufen abgesehen).

    Pendelbewegungen wird es immer geben, aber wie oben ausgeführt ändert sich die Art und Weise und es wird vermutlich künftig nicht mehr möglich sein, Einpendeln per Auto jedem/r Einzelnen zu ermöglich - es ist auch ökologisch wie logistisch nicht sinnvoll, denn es verschwendet Platz und andere Ressourcen (Platz der bspw. benötigt wird um die Stadt grüner zu machen, damit sie in Zeiten von steigenden Temperaturen kühler wird).

    Zum Thema Dienen: die Großstadt dient nicht dem Umland genauso wenig wie das Umland von Gnaden der Großstadt exisitert. In der Großstadt gibt es Einrichtungen (Krankenhäuser, Kultur) und Leistungen, die es auch ohne das Umland gäbe (die Leipziger können das Gewandhaus auch so auslasten). In keinem Fall jedoch sollte es so sein, dass bspw. die Bevölkerung der Stadt (hier 600.000 Leipzigerinnen und Leipziger) dem zahlenmäßig nicht größeren Umland einen bestimmten Lebensstil ermöglicht und dafür auch in Form von blockierten Flächen, Erschließungskosten oder eben insb. Lärm- und Schadstoffemission sowie einem erhöten Verkehrsunfallrisiko die Kosten trägt. Überhaupt geht es hier nicht darum das eine gegen das andere Lebensmodell auszuspielen, jedoch ist die Entscheidung an einem bestimmten Ort zu leben und einem anderen zu arbeiten eine individuelle für die nicht die Allgemeinheit die Kosten tragen sollte. Und ich muss Dir weiter widersprechen: eine Stadt sollte schon den dort lebenden Menschen ein gesundes und sicheres Umfeld bieten.

    Beschränkung von individuellem Pendelverkehr gibt es zudem andernorts seit Jahrzehnten - ich war 2003 in Trondheim (ca. 180.000 Einwohner) und die hatten schon damals eine City-Maut. In Deinem Fall ist das Parken in Altenburg eine völlig zumutbare Lösung (kannst auch bis Borna, Neukieritzsch oder Markkleeberg fahren).

    Zu Deinem letzten Punkt: ja, Verkehr war für Leipzig immer entscheidend. Das hat aber nichts mit Sumpf und Rummel zu tun sondern mit der Kreuzung von Via Regia und Via Imperia.

  • @ Lichtwark


    Abschnittsweise scheinen die "Argumente" die Kompetenz zu übersteigen oder du versuchst mit naseweiser Naivität zu hinterfragen, wo nichts zu hinterfragen ist. Gerade so, als ob ein Orchester keinen Dirigenten bräuchte, es haben ja alle ihre passenden Noten. Verkehr und seine eigenen, soziologischen und städtebaulichen Auswirkungen sind nicht so eindimensional, wie du uns weismachen möchtest. Das sind vielschichtige Wechselwirkungen. Längst wissenschaftlich erforscht.


    Wie Ivar richtig schrieb, geht es nicht um das Ausspielen von Stadt- oder Landbevölkerung. Sondern es sind banale mathematische und physikalische Grenzen, welche du sprengen willst. Ich kann verstehen, dass der Ausgangspunkt, das Leben in einer kleinen Gemeinde, hinsichtlich Verkehrsmittelwahl eine gewisse Sorglosigkeit bietet. Das eigene Fahrzeug steht immer bereit, auf oder direkt vor dem Grundstück und jedes größere Familienmitglied hat sein eigenes. Die Kosten werden entweder stillschweigend getragen oder als Schimpferei "denen da oben" in ihrer Höhe angelastet. Straßen sind auch immer frei, Lärm und Schadstoffe spielen ob der rechnerischen Einzelfälle auf dem Beispieldorf keine Rolle. Ge- und Erlebte völlige Unabhängigkeit.


    Genau diese wollen die Stadtverwaltungen ihren Einwohnern auch bieten. Lange Zeit wurden Straßen über Straßen gebaut, selbst in der autoarmen DDR vielspurig, platz- und raumgreifend und geschichtsvernichtend (Hochstraße Halle/Saale, Leipziger Ring). Die niedrige KfZ-Besitzquote von 150 bis 180KfZ/1.000 Ew. kannten weder Parkplatzprobleme oder Staus. Selbst die Stellflächen an den Wohnhochhäusern reichten dicke und dreifach.


    Dann setzte die automobile Freiheit ein, ein schönes Werbeversprechen und nahm statt bot den Städtern die Freiheiten. aus 180KfZ/1.000Ew. wurden 300, dann 400 und in Leipzig sind "bescheidene" knappe 500 wenig im dt. Vergleich. Nun reichten weder die Stellflächen (Mathamtisch-Physikalisch) noch die Fahrstrecken. Wie immer; wenn das Wasser zu spärlich fließt, dreht man den Wasserhahn auf. Straßenbau, Maximilianallee, Permoser Str. Travniker Str. Adenauerallee usw. kamen hinzu und waren erstaunlicherweise so schnell verstopft wie sie breiter wurden. Klar: Abfließendes Wasser (Metapher Wasserhahn) staut sich an den Engstellen. Und diese bleiben. Egal, ob und wo und wie man Fahrbahnen markiert, mehr als der Abstand zwischen den Häusern ist nicht da. Braunschweig hatte mal mehr draus gemacht, da halfen die Allierten vorher und bombten die Häuser kurzerhand beiseite. Das geht jetzt nicht mehr. Oder - Gedankenexperiment! - Angenommen es ginge, stadtweit lauter vielspurige Fahrstraßen zu etablieren. Dann würde es an den Parkflächen scheitern. Wasser staut sich immer an Engstellen.


    Denn:

    Die Verkehrsmittelwahl muss zweigeteilt betrachtet werden. Der Binnenverkehr der Leipzigerund der Ein-/Ausströmende Verkehr von/ins Umland.

    Die Verkehrsmittelwahl findet bei der Hälfte der Menschen unbewusst (nicht) statt - es wird ein Mittel genommen, egal, ob es sinnhaft ist oder nicht (@ Lichtwark, das ist dein Muster). Die andere Hälfte der Menschen wählt bewusst aus. Merke: Es geht nicht um eine ideologische Tabuisierung von KfZ-Verkehr, sondern es findet bereits eine bewusste Wahl statt. Die Gründe dafür teilen sich wieder in objektive und subjektive Gründe. Davon viele.


    Nun muss eine Stadt beide Teile der Verkehrsteilnehmer irgendwie bewältigen, die eigenen Einwohner und alle Einströmenden. Die Einwohner können tatsächlich durch Attraktivierung oder Unattraktivierung von Rahmenbedingungen in ihrer Verkehrsmittelwahl beeinflusst werden. Dabei erreicht man eben erst mal pauschal nur die Hälfte der Wechselnden / Wählenden.


    Den Teil der Einpendler muss eine Großstadt in der Gestalt berücksichtigen, dass eine allgemeine Erreichbarkeit gegeben ist. Leipzig hat nach wie vor ein radiales Netz von zahlreichen Straßen bis ins Zentrum, welches mit über 10.000 Parkplätzen, welche selten alle gleichzeitig voll sind, völlig ausreichend ausgestattet ist. Auch sind alle anderen Punkte erreichbar. Der Zeitbedarf ist unterschiedlich, denn hier kommt die garstige Mathematik ins Spiel. Wenn nur ein einzelner KfZ-Nutzer sein Ziel aufsucht, kann ganz normal nach den Straßenbedingungen gefahren werden. Wollen jedoch viele Nutzer gleichzeitig das gleiche oder ähnliche Ziele erreichen, können sie nur hintereinander und bei mehrspurigen Straßen in Kolonnen hintereinander fahren. Mehr geht nicht. Rechnerisch nicht, weil Zusammenstoßen nicht erlaubt ist. Das bedeutet IMMER, dass es in Zeiten gleicher Zielwahl vieler stockt und staut. Ob das ein Fußballspiel ist oder Berufsverkehr ist egal - die Menge der KfZ-Fahrenden richtig sich nach der Attraktivität. Sind alle Straßen bestens ausgebaut, nutzen viele das Auto, schaut es generell nicht so dolle aus, nutzen es weniger. Der Effekt am Ziel (Beispiel Fußballstadion) bleibt der gleiche: Es staut sich und dauert bis zu 2 Stunden, bis allein der Parkplatz geräumt ist. Eine Attraktivierung des KfZ-Netzes ändert an den Effekten nichts, hebt nur das Level an.


    Das Level ist ein Umstand, welchen die Stadt beeinflussen und ggf. begrenzen MUSS. Denn das Level ist maßgebend für den Schadstoffausstoß aller Art. Und dieser kostet bei Überschreitung der gesundheitsgefährdenden Grenzwerte den Kommunen richtig viel Geld.


    Die Verkehrsmittelwahl der einströmenden KfZ-Fahrer beeinflusst unter dem Anspruch, für sich selbst die mobile nötige Freiheit gefühlt alternativlos gewählt zu haben die gesamten Lebensfreiheiten der Stadtbewohner. Denn Ansprüche wie saubere Luft und Platz zum Leben, Erholen, Wohnen und Arbeiten sind Güter, welche nicht verhandelbar sind und die einströmende Menge beeinflusst dann die verkehrliche Freiheit gleich welcher Verkehrsmittelwahl der Stadtbewohner, wenn die einströmenden für Stau und Behinderung und eine zwingend nötig geglaubte Flächenverteilungsungerechtigkeit sorgen. Dieser Konflikt darf von einer Stadtverwaltung nicht auf Kosten der eigenen Bevölkerung ausgefochten werden, sondern es muss als Grenze der Belastbarkeit angesehen werden.


    Die von dir geglaubte Unattraktivität der Großstadt tritt damit nicht ein. Zürich zum Beispiel dosiert den Zulauf (andere Städte auch) und bei aller freien Meinung ist Zürich eine sehr attraktive prosperierende Stadt. Denn: Die Lösung ist nicht im angeblichen Attraktivitätsverlust zu suchen sondern in der gefühlten und bislang erlebten Alternativlosigkeit der Verkehrsmittelwahl. Hier muss das Auswählen gefördert und geübt werden. Dann lösen sich die Probleme nämlich mathematisch-physikalisch in Luft auf.

  • Die Großstadt hat für das Umland eine dezidiert dienende Funktion und hat ihre Infrastruktur entsprechend zu planen und offen zu gestalten, dass eine ökonomische Teilhabe sinnvoll möglich ist (nämlich schnell abends auch wieder heimzukommen).


    Das finde ich ein sehr lustiges Argument, was man oft im Zusammenhang mit "Stadtflüchtigen" hört: In der Großstadt ist es zu laut, zu unsauber (Luft), zu hektisch. Deshalb zieht man auf das Land und sorgt als MIV- Einpendler dafür, dass dies auch so bleibt. Gleichzeitig erwartet man von den "Großstädtern" dass dies so in Kauf genommen wird und beschwert sich über Stau, zu enge Straßen und zu wenige (kostenlose) Parkplätze...


    Denken viele "Großstädter" so, endet dies in einem Teufelskreis. Die Stadt tut gut daran, diese Rahmenbedingungen zugunsten der "Großstädter" zu ändern.

  • Die Diskussionen zu den aussterbenden Kleinstgemeinden und der unwirtschaftlichen Aufrechterhaltung ihrer Infrastruktur kann man sich gerne sparen, das ist durch nichts untermauert. Im Gegenteil, das lohnt sich nach einer Analyse des Bundesinnenministeriums schon dann nicht mehr, wenn mehr als 13 Haushalte auf 18 Gebäuden verteilt leben (Link)

    Mit Verlaub, aussterben bedeutet nicht aktiv aufgeben. In deinem Link wird durchgerechnet was es kosten würde die Häuser der aufgegebenen Gemeinde aufzukaufen. So wird es natürlich nicht kommen. Das wäre ja auch hanebüchen.


    Man darf bei den Infrastrukturkosten nicht vergessen, dass wir mit der Wende ein einmaliges Investitionsprogramm hatten das so nie wieder kommen wird. Die nächste Sanierungswelle werden die Gemeinden und die Anwohner (Straßenbaubeiträge) vorrangig selbst stemmen müssen. Und das wird sich kaum eine Gemeinde leisten können. Die Folge sind Investitionsstau, Wegzug, sinkende Haus/Grundstückspreise und Überschuldung der Gemeinden.


    Man kann auch gerne mal gegenüberstellen, wie hoch die Investitionen in den Großstädten sein müssten, um auch nur 100.000 Einwohner mehr aufzunehmen.


    In Bezug auf Infrastruktur spricht deine eigene Quelle von einem Verhältnis von 1:10.

    Bei Baugrundstücken sieht die Sache natürlich nicht mehr so rosig aus.


    Es darf aber auch nicht das Ziel sein alles auf wenige Großstädte zu konzentrieren. Aber Kleinstgemeinden sind einfach vollkommen unrentabel.

  • Man darf bei den Infrastrukturkosten nicht vergessen, dass wir mit der Wende ein einmaliges Investitionsprogramm hatten das so nie wieder kommen wird. Die nächste Sanierungswelle werden die Gemeinden und die Anwohner (Straßenbaubeiträge) vorrangig selbst stemmen müssen. Und das wird sich kaum eine Gemeinde leisten können. Die Folge sind Investitionsstau, Wegzug, sinkende Haus/Grundstückspreise und Überschuldung der Gemeinden.

    Was für ein Weltuntergangsszenario. Auch die kreisangehörigen Gemeinden sind aktuell gut finanziert, schon von Deinem Ausgangspunkt des Investitionsstaus kann keine Rede sein. Selbstverständlich muss sich keine Kommune ausschließlich selbst finanzieren, sondern wird wie auch die Großstädte mit Schlüsselzuweisungen vom Freistaat versorgt, deren Verteilung man jederzeit anders gestalten kann (Stichwort "Reichensteuer" für finanzstarke Kommunen). Straßenausbaubeiträge sind in Sachsen eher eine Ausnahme.


    Viel wichtiger für die kleineren, eigentlich aber alle Kommunen wäre es, endlich die vielen Forderungen nach dem Abschaffen des Förderprogrammwildwuchses aufzugreifen und den Gemeinden nach einem noch detailliert auszuarbeitenden Schlüssel mit Schwerpunkt auf die Einwohnerzahl die Mittel zur eigenen Verwendung zuzuweisen. Es ist ein völliger Wahnsinn, dass sich die Verwaltungen vorrangig damit beschäftigen müssen, Förderanträge zu schreiben, zu prüfen, Dokumente nachzureichen und Genehmigungen zu erteilen, wenn man vor Ort in der Zwischenzeit selber hätte entscheiden und Aufträge hätte vergeben können.

    In Bezug auf Infrastruktur spricht deine eigene Quelle von einem Verhältnis von 1:10.

    Bei Baugrundstücken sieht die Sache natürlich nicht mehr so rosig aus.

    Meinst Du den Blödsinn mit der Wasserleitung? Mir ging es darum, dass es in Städten mit starkem Zuzug wie Leipzig doch jetzt schon massive Wachstumsschmerzen gibt. Wo es an Grundstücken, Wohnungen, Kindergärten, Schulen, Verkehrswegen, Parkplätzen etc. fehlt, wäre weiter anhaltendes Wachstum mit gigantischen Investitionsbedarfen und natürlich auch weiter explodierenden Mieten verbunden. Im ländlichen Raum ist all das schon vorhanden. Und wenn dort die Einwohnerzahl etwas zurückgeht, reißt man halt schnell und kostengünstig irgendeinen DDR-Altneubau ab.

  • ^ das ist schon ziemlich absurd und vor allem keinerlei Zukunftsperspektive. Ist es sicher, dass es sich hier nicht um Planungsebenen handelt da die oben genannten Dinge im Kohle-Ausstieg stehen? Ich meine soll das ein Witz sein?

  • Also wenn die S6 über die Messe fährt, könnte es dann nicht sein, dass man dann über Merseburg und Leuna nach Naumburg fährt? Ja, eine direkte und schnelle Anbindung sieht anders aus.....

  • Das ist kein Witz. Das ist die offizielle Ausschreibung. Mehr kommt nicht. Ab 2030 wird MDSB II neu vergeben. Aber das wird außer S2 für Leipzig wahrscheinlich nichts in Richtung S-Bahn ergeben, da NASA Magdeburg federführend ist. So, und nun erklären wir den Pendlern doch mal wieder, welche tollen Alternativen es doch zum Auto gibt... Sorry, aber das konnte ich mir nicht verkneifen, denn dieser Zustand wird bis 2037 so festbetoniert...