Neubebauung am Schinkelplatz/Werderscher Markt

  • Ich denke mal, den meisten ist klar, dass es auch gute moderne Gebäude (Definition erforderlich bitte) gibt. Allerdings beschränken die sich meist auf solitäre Großprojekte (Ministerien, Firmensitze, Museen, Türme) oder U-Bahn-Haltestellen. Solche kleineren Projekte sind i.d.R. eher deplatziert und fallen weniger durch "Harmonie" im Stadtbild auf, als eher durch Störung selbigen (s. "The Garden", ok, die Gegend ist wiederum auch nicht grad die dollste). In diesem Fall stört es weniger, aber es ist einfach mal stinklangweilig. Als Lückenfüller durchaus geeignet, als ganzer "Straßenzug" in der unmittelbaren Nachbarschaft - wie du schon sagst - total unangebracht. Die Alternative dazu heißt nicht automatisch Stuck und korinth. Säulen...

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  • @ Richard Neutra


    Vielleicht verstehe ich dich falsch, aber die "Urbane Reihenhaussituation" als Ursache dafür zu benennen, das Architekten an dieser Stelle per sé keine schönen Entwürfe präsentieren können, kann ich nicht teilen. Genau das ist nach meinem Dafürhalten die hohe Kunst, und nach der Pflicht auch die Kür für Architekten! In freier Landschaft etwas zu bauen, dass sich in Wald und Wiese, oder oft auch Küste und Wüste, einfügt, ist gar nicht so schwierig. Aber mit einem vorgegeben Baukasten an Materialien, Höhen, Tiefen, Formen, Farben etwas zu schaffen, das harmonisch zur gebauten Umgebung passt, ist nunmal nichts für Stümper. Trotzdem ist es möglich, Projekte aus Berlin und Leipzig zeigen das.

  • Die Aussage von Nordklinker stimmt schon irgendwie.
    Nicht umsonst werden fast überall die Altbauten geschütz wie Augäpfel der Stadt.
    Moderne Neubauten wirken (zumindest auf mich) oft wie austauschbare Lückenfüller ohne Charakter und werden in 100 Jahren wohl kaum noch zu bewundern sein.
    Und wenn ich mir die Visualisierung der (hoffentlich nicht) zukünftigen Schinkelplatzbebauung angucke muss ich an Vorstadtarchitektur aus den &0ern in Gelsenkirchen denken.
    Es gibt auch schöne Moderne oder Postmoderne Beispiele wie dan Bundeskanzleramt, aber wenn man das mit dem Hauptsitz der SPD in Berlin Vergleicht, sehe ich Nordklinkers These als bestätigt.

  • Ich finde, die besten Beispiele dafür, dass sich auch moderne Architektur in alte Strukturen einfügen kann, sind Gebäude wie am Dresdner Neumarkt oder wie für die Frankfurter Altstadt geplant. Reichen würde schon etwas kleinteiligeres und individuelleres, zB gemischt mit Backstein und helleren Materialien, evtl. noch variierend in der Höhe. Hier wäre einfach unglaublich viel möglich.


    Ich glaube zu viele Architekten und Stadtplaner interpretieren diese geforderte Zurückhaltung an besonderen Plätzen total falsch. Oft werden die Gebäude dann so schlicht, langweilig und hässlich, dass sie gerade dadurch auffallen. Warum soll man einen schönen Ort nicht einfach passend ergänzen, mit dem Ziel, ihn noch schöner zu machen? Der Grund ist wohl die Angst vor abstossenden modernistischen Auswüchsen, die es ja zur Genüge gibt. Aber so ist's halt auch keine Lösung. Da braucht man dann halt von vornherein fähige Architekten, die gibt's ja auch.

  • Johnny
    ich gebe allerdings zu bedenken und hoffe es inständigst, dass unter moderner architektur nicht der dresdner neumarkt und die frankfurter altstadt zu rechnen sind.
    moderne architektur spiegelt doch immer das wieder was gerade jetzt hier und heute technisch und ästhetisch angesagt ist und zwar international. so verstehe ich den begriff „modern“.
    vielleicht müsste man erstmal mit begriffsdefintion und wirrwarr aufräumen.

  • ^ Auch in der Frankfurter Altstadt und am Neumarkt in Dresden entstehen bzw. sind bereits Gebäude in moderner Gestalt entstanden. Das nimmt sich dann nichts zu einer Lückenbebauung in Altbau-Umgebung.

  • ^
    Wobei am Dresdner Neumarkt die Bauten allgemein nicht so "bullig" sind, wie in Berlin. Da kommt gefühlsmäßig auf 7 "alte" Bauten ein modern gehaltenes Gebäude, was die Gesamtwirkung (Reko) kaum trübt.


    Am Schinkelplatz ist das freilich eine andere Situation.

  • @Arca
    Manche hier betonen ja gern die Demokratie, in der wir leben. Wieso läufts dann in dieser Hinsicht wie bei Friedrich oder Wilhelm, die die Stadt nach ihrem Geschmack neu gestaltet haben. Vielleicht ist ja der Neo-Historismus (oder Neo-Art-deco oder oder) beim Gros des "ungebildeten Volks" grad angesagt, sprich modern, zumindest was die Gesamtwirkung angeht.
    Technisch lässt sich heutzutage auch unterirdisch mehr bauen, als früher. Sicher ne coole Sache...Ist es deswegen unmodern, ein Haus oberirdisch zu bauen? Glaube nicht..."Technisch angesagt", wer bestimmt das? Das kann man auch aufs Innenleben beziehen. Gegen 0-Energie-Häuser habe ich nichts...Glas und Beton sind keine Erfindungen der letzten Jahre. Was ist daran also modern? Destruktive Formen? Die hatte schon Picasso vor 80 Jahren drauf...Also nicht wirklich weniger unmodern, als Stuhlemmer etc. Und diese Entwürfe sind weder technisch noch ästhetisch modern oder interessant, sondern haben den Charme von sanierten Platten.

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  • Vielleicht ist ja der Neo-Historismus (oder Neo-Art-deco oder oder) beim Gros des ungebildeten Volk grad angesagt


    Wenn man die Arroganzbrille absetzt, dann gibt es für solche Empfindungen sicherlich auch andere Gründe als mangelnde Bildung.

  • Wenn man mal um die Ecke denkt, dann war das auch nicht wörtlich zu nehmen. Außerdem zählte ich dann auch dazu. Bin ja kein Stararchitekt o.ä. und bevorzuge das (vermeintlich) unmoderne. Habe vorsichtshalber "" hinzugefügt.

  • Wenn man mal um die Ecke denkt, dann war das auch nicht wörtlich zu nehmen. Außerdem zählte ich dann auch dazu. Bin ja kein Stararchitekt o.ä. und bevorzuge das (vermeintlich) unmoderne. Habe vorsichtshalber "" hinzugefügt.


    Danke.


    So wird die leise Ironie etwas deutlicher. ;)


    @topic: Mir persönlich gefallen die Entwürfe auch nicht. Bin zwar kein Berliner und muss das deshalb nicht dauerhaft ertragen, aber selbst als Gelegenheitsbesucher denke ich, dass der Platz doch durchaus würdigere Entwürfe verdient hätte, die sich der Geschichte des Ortes bewusst sind.

  • @ Richard Neutra


    Vielleicht verstehe ich dich falsch, aber die "Urbane Reihenhaussituation" als Ursache dafür zu benennen, das Architekten an dieser Stelle per sé keine schönen Entwürfe präsentieren können, kann ich nicht teilen. Genau das ist nach meinem Dafürhalten die hohe Kunst, und nach der Pflicht auch die Kür für Architekten! In freier Landschaft etwas zu bauen, dass sich in Wald und Wiese, oder oft auch Küste und Wüste, einfügt, ist gar nicht so schwierig. Aber mit einem vorgegeben Baukasten an Materialien, Höhen, Tiefen, Formen, Farben etwas zu schaffen, das harmonisch zur gebauten Umgebung passt, ist nunmal nichts für Stümper. Trotzdem ist es möglich, Projekte aus Berlin und Leipzig zeigen das.


    Ich schrieb:


    Das Problem ist hier nicht die kleinteilige Reihenhaussituation, sondern die Umgebung, die eine Anlehnung an die Formensprache erfordert. In diesem Kontext benötigt man einen guten Architekten, der mit modernen Mitteln klassische Formensprache glaubwürdig hervorbringen kann.


    Wenn ich das richtig sehe sind wir daher einer Meinung.

  • Ergänzend sollte nicht unerwähnt gelassen bleiben, dass Bauwerke der Moderne am ehesten großartig sein konnten, wenn sie sich frei entfalten konnten, d.h. nicht in eine urbane Reihenhaussituation gequetscht wurden. Die meiner Meinung nach beeindruckendsten Bauwerke der Moderne sind fast ausschließlich frei stehende Gebäude ...


    Ja, in einschlägigen Architekturzeitschriften werden gerne solitäre Bauten gepriesen, die noch ein Stück unberührter Natur verschwinden lassen. Der Haken ist, dass es diese raumextensive Lage nirgends in der Berliner Innenstadt gibt, an diesem konkreten Ort auch nicht. Danke für die vernichtende Kritik der Anwendbarkeit des bestimmten Stils an diesem bestimmten Ort, die ich mit Genugtuung so umfassend zitiere.


    Nur weil es irgendwelche Durchschnittsarchitekten von Heute nicht schaffen, an diesem Ort etwas Würdiges zu präsentieren, heißt das nicht, dass die moderne bzw. postpostmoderne Architektur (nämlich die unsere) nicht dazu in der Lage wäre.


    Die gängige Bezeichnung ist eher Neomoderne - so darf man zwischen der falschen Moderne und dem falschen Klassizismus wählen (dies als Hinweis wegen #188). Ich weiß nicht, was ein Genie für diesen Kontext entwerfen könnte, die vorliegenden und verlinkten Entwürfe bewerte ich wie Batō - ohne Mut in irgend eine Richtung, ohne Charakter und gerade deswegen negativ auffallend. Passender für diesen Ort fände ich sogar eine Neo-Auflage des ersten Bauwerks der Moderne, das sich zwischen ähnlichen wie in Berlin historischen Bauten gut behaupten kann und in schlichter Eleganz doch irgendwie klassizistisch wirkt - dieses Foto habe ich vor zwei Wochen gemacht:





    Wenn es schon unter #184 einen alternativen Gegenentwurf gibt, könnte das darüber ein Gegenvorschlag zum offiziellen Entwurf von mir sein. Dieselbe Begründung wie unter #184 und außerdem - mit Säulen, etwas Fassadendekor und Gesimsen passend zum historischen Kontext, aber doch einfach und nicht überladen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Ich hätte hier noch eine Ansicht auf den heutigen Schinkelplatz von der Zeit unmittelbar nach der Entstehung der Friedrichswerderschen Kirche anzubieten:



    Hier kann man gut erkennen, dass die Geschosshöhen damals variierten und eine einheitliche Bebauung offenbar erst nach 1871 erfolgte - schätze ich einfach mal so, aufgrund des neobarocken Stils des oft zitierten Bankgebäudes.


    Was ich bedauerlich finde, sind die rigiden Bauvorgaben seitens der Baupolitik. Würden die Geschosshöhen variieren, wäre die Schinkel-Kirche von der Spreeseite aus weitaus besser zu sehen. Ich würde außerdem behaupten, dass eine schlichte Glasfassade an der Stelle des geplanten Bürogebäudes passender wäre als die ornamentale Raufasertapete von Staab, die überhaupt keine Korrespondenz zur benachbarten Kommandantur herstellen kann. Ist natürlich rein subjektiv, aber einer der wenigen Bauten der Friedrichstraße aus den 90er Jahren, der mir bis heute gefällt, sind beispielsweise die Galeries Lafayette.


    Betrachtet man Schinkels Spätwerk, wird deutlich, dass er sich mehr und mehr vom Putzbau distanzierte und selbst für hohe Bauaufgaben wie Kirchen und Schlösser Backstein verwandte. Die Bauvorgaben der Politik an dieser Stelle kann ich demnach überhaupt nicht verstehen und finde sie zwar gutgemeint, aber reichlich unreflektiert. Da es aber Putzbauten sein sollen und anscheinend sowohl Glas- als auch Backsteinfassaden unerwünscht sind, würde ich für stärker durchgegliederte Fassaden mit Lisenen und Gesimsen plädieren. Auf diese Bauelemente hat sich auch Schinkel zum großen Teil berufen, um die Konstruktion nach außen zu verdeutlichen! Von einem Baumeister, der vollends auf Fassadengliederung verzichtete, kann also keine Rede sein. ( Klarenbach) Soweit ich mich erinnere, waren im Wettbewerb durchaus Kanditaten dabei, die diese Elemente aufnahmen. Meine Hoffnung also ist, dass der Bauherr den Mut hat, auf andere Wettbewerbsteilnehmer zurückzugreifen.


    Den Vorschlag, an dieser Stelle ein neobarockes Gebäude zu rekonstruieren, finde ich anbetracht der Wertung, die Schinkel diesem Stil bemaß, unbeholfen und darüber hinaus ziemlich unkreativ.

  • Hm, und wo stellt ne Glasfassade ne (sichtbare) Verbindung zur Kommandantur her? Der Wintergarten ist ja dann eher versteckt. Da wär ne bossierte Putzfassade, wie sie die Kommandantur zum Platz (und auch sonst) aufweist, verbindender.


    Meine Lieblingswerk von Schinkel ist ja sein Pavillon in Charlottenburg. Er ist simpel und schlicht (im Grunde ists der Entwurf ja auch), aber die Säulen und Gesimse geben der Fassade ne Struktur, ohne wirklich hervorzustechen, im Gegensatz zum Bankgebäude. Kann man sich nicht etwas mehr an ihm orientieren? Sone bisl mediterranes Flair wär in Spreeathen ja auch nicht fehl am Platze. Wenn ich mir mein Sommerhaus in der Toskana baue, wird dieser jedenfalls als Vorbild dienen ;).

  • ^^ Wie - du auch? :lach:


    Dieser Pavillion war schon immer - innen wie außen - mein Lieblings-Schinkel, mehr noch als die Villa in Tegel:


    Schlichte Einfalt, stille Größe


    Häuser in diesem Stil würden gut zum Schinkelplatz passen, natürlich mit mehr als zwei Etagen, das ist klar, besser auch mit einem erkennbaren Dach.
    Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah! :cool:

  • Jahresende soll es anscheinend mit den Bauarbeiten losgehen. Das erschließt sich zumindest aus diesem Artikel, wo berichtet wird, dass das Gauklerfest nur noch einmal im August rund um den Schinkelplatz stattfinden kann, weil dann gebaut wird.

  • ^
    Die Investoren haben den Baubeginn laut Berliner Zeitung auf's nächste Jahr verschoben. Schwierige Entscheidungsfindung welche Entwürfe nun realisiert werden sollen?


    Eine Neuigkeit gibt es noch zum Frankonia-Grundstück (weiß jemand genau um welches Grundstück es sich handelt?).
    Die Frankonia hat vor kurzem einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Dazu die Pressemitteilung:

    In bester Lage Berlins konnte die Projektgesellschaft Europrojekt GmbH mit den Gesellschaftern FRANKONIA Eurobau Immobilien GmbH und LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. den südlichen Teil des Neubaufeldes am Schinkelplatz vis-à-vis vom ehemaligen Berliner Schloss, das wieder aufgebaut werden soll, mit einer Grundstücksfläche von 2.685 qm erwerben. In direkter Nachbarschaft zum Grundstück befinden sich zudem das Kronprinzenpalais, die Friedrichswerdersche Kirche, das Auswärtige Amt, das Zeughaus sowie der historische Standort der Berliner Bauakademie, die nach den Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel ebenfalls wieder errichtet werden soll. Es gibt europaweit kaum Grundstücke in einer ähnlich prominenten Lage.


    Die Bebauung des Grundstücks gilt als „Schlussstein“ in der Komplettierung der ehemals zerstörten Stadträume des Friedrichswerder auf der Grundlage des Planwerks Innenstadt. Für die Neubebauung der Flächen ist eine gemischte Nutzung aus Wohnen und innerstädtischem Gewerbe vorgesehen. Die hervorragende Lagegunst des Baugrundstücks verlangt ein Architekturkonzept auf höchstem Niveau. Für das Wettbewerbsverfahren wurden jetzt 15 Architektenteams eingeladen, die die preußisch geprägte Baukultur des Standortes zeitgemäß und offen zu interpretieren wissen. Die internationale Zusammensetzung des Teilnehmerfeldes ist auch eine Referenz an den Standort vis-à-vis vom Auswärtigen Amt. Den differenzierten Bauaufgaben, die das Baufeld verlangt, werden unterschiedliche Architektenteams zugeordnet.


    Hoffentlich orientiert sich die Frankonia nicht am letzten Wettbewerb.