^^ Warum ist es denn ein Problem, wenn eine Seite des Platzes stark befahren ist und die andere Seite ruhig ist? Soll der Lärm sich gleichmäßig verteilen? Und warum?
Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums
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"Vielerlei Traditionen, vielerlei Geschichten. Zum historischen Zentrum Berlins in seiner gewordenen Gestalt".
"Das historische Zentrum Berlins wirft Fragen auf: Welcher Teil der Geschichte kann als "wertvoll" gelten? Wie funktioniert das Nebeneinander von barocker Spandauer Vorstadt und Alexanderplatz? Was heißt "historisch" und für welche Strukturen gilt dies Attribut?"Also so an sich wars ganz interessant, wenngleich etwas langatmig. Allerdings sind eben diese Fragen wie, was wertvoll ist oder was als historisch gilt nicht wirklich behandelt und das Nebeneinander von Spandauer Vorstadt und RF auch nicht. Es begann am Frankfurter Tor, die Karl-Marx -Alle runter bis zum Alex und dann ein paar Ansichten vom RF von oben und unten, von hinten und von vorne. Wieso ist welches Haus so hoch, hat es diese fassade und steht da, wo es steht. Alles in allem durchaus interessant, aber...
Naja, dann noch ein paar Fragen/Anmerkungen ausm Publikum. Kurz dieselbe Diskussion, wie hier Bebauung ja oder nein, wieso, wieso nicht? Der Ostalgiker kam wieder mit dem Argument, dass man keine mittelalterlichen Strukturen neu schaffen könne, worin er auch gleich vom Fachmann (allerdings von nem anderen) korrigiert wurde, dass es dabei nicht um Fachwerkhäuser ginge.
Die Veranstaltung in der Bauakademie war sicher aufschlussreicher... -
Kommt Zeit, kommt Rat
Was sind für dich denn die Kritierien für eine legitime Stadtgeschichte?
Das ist eine berechtigte Frage - und ein guter Diskussionsstil. Man kann seine Argumente ja nicht jedes Mal mit 10 Klauseln und Paragraphen flankieren.
Natürlich ist erst einmal jede Geschichte "legitim" bzw. faktisch vorhanden.
Der sozialistische Städtebau und die Kriegszerstörungen stellen aber einen traumatischen und illegitimen Teil der Stadtentwicklung dar. Der meiner Meinung nach zu recht korrigiert wird. Der sozialistische Städtebau stellt keine organische, demokratisch legitimierte Weiterentwicklung der Stadt dar, sondern eine veritable Zerstörung und Vergewaltigung.
Allerdings würde es eine erneute Vergewaltigung der Stadt bedeuten, wenn man das sozialistische Ergebnis nicht auch ein Stück weit akzeptieren würde.
Deshalb verwende ich auch immer Begriffe wie Dialektik, Ganzheitlichkeit und Pragmatismus, die meine Position am besten zusammenfassen. Es gilt also wegzukommen von der "traumatischen" Haltung. Man sollte nicht immer ständig alles zur Disposition stellen.
Meiner Meinung nach hat das sozialistische Berlin also ein gewisses Existenzrecht, das aber nicht ewig währt. Ich finde es auch blödsinnig, in naher Zukunft am funktionierenden RF etwas zu bebauen. Kleinere Veränderungen wären okay.
Aber man will doch nicht allen Ernstes die Liebknecht-Riegel oder die Rathauspassagen als "Default" setzen. Das ist für mich persönlich unfaßbar, wie man diese Bauten zum Maßstab machen kann.
Die Stadt ändert nun mal fortwährend ihre Qualität. Ich sage nur Pariser Platz, Potsdamer Platz, Leipziger Platz, Schloß usw.
Wir erleben sozusagen eine modifizierte Rückkehr zum alten Berlin. Und irgendwann wird die Zeit kommen, in der auch das Rathausforum nicht mehr so zu ertragen ist, wie es ist.
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Fuer mich wirkt Deine Argumentation wie der ideologisch motivierte Wunsch nach Geschichtsbereinigung. Batos Frage hast Du uebrigens (leider) nicht beantwortet.
Das einzige, was den nachgefragten Kriterien in deiner Antwort nahe kommt, ist:
Der sozialistische Städtebau stellt keine organische, demokratisch legitimierte Weiterentwicklung der Stadt dar [...]
Das gilt auch fuer alle Bauten vor 1918 - muss alles weg weil nicht demokratisch legitimiert?
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Das gilt auch fuer alle Bauten vor 1918 - muss alles weg weil nicht demokratisch legitimiert?
Leider hast du den vorangehenden, wichtigeren Satz ignoriert... Der bis zum heutigen Tage vorherrschende Zustand ist eben vor allem deshalb nicht legitimiert, weil er das Resultat einer gewaltsamen Zerstörung ist und keinesfalls eine gewachsene, geplante Weiterentwicklung darstellt. Hier geht es zunächst mal tatsächlich um eine Wiederbelebung eines toten Teils der Stadt.
Ich frage mich immer wieder, über welche großartigen Zeugnisse sozialistischen 'Städtebaus' hier überhaupt diskutiert wird? Sowohl Rathausforum, als auch MEF bestehen zum ganz überwiegenden Teil aus weiten, unbebauten Flächen - da gibt es schlichtweg überhaupt keine erhaltensfähige Bausubstanz . -
Also jetzt sind gewaltsame Zerstörungen einer Stadt ein Argument für den Nachbau des Vorherigen?
Dies haben unsere Vorfahren meist anders gesehen: nach gewaltsamen Zerstörungen der Städte durch Brände wurden diese normalerweise neu und anders, dem entsprechenden Zeitgeschmack und Sicherheitsansprüchen, aufgebaut.
Die beiden Blöcke der Rathauspassagen setze ich als Massstab, da ich nicht sehe, das sie in den nächsten 50 - 100 Jahren verschwinden werden. Die Wohnungen sind sehr beliebt, Wohnraum ist mehr und mehr gefragt. Die Häuser sind also profitabel. Diese gegen kleine Blöcke mit weniger vermarktbaren Fläche(da weniger Geschosse) abzureissen ist Unsinn.
Ich sehe eher einen stetigen Umbau der Blöcke im Sockelbereich. Deren Baustrucktur lässt Modifikationen gut zu.
Auch der Fernsehturm wird nicht verschwinden.
Der Rahmen ist also vorgegeben, die "Füllung" muss sich, vom Volumen, danach richten.
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Ich fand das gestern im Vortrag auch etwas...Als ein Gast sagte, dass eben die Berliner die FLäche als Wüste empfänden (was wohl auch in der Veranstaltung in der Bauakademie vom Publikum bemängelt wurde?) meinte Herr Hillmann, er sei Kunsthistoriker, deswegen müsse er es gut finden, so in etwa. Ich wollte fragen, was er denn dazu sagen würde, wenn er den Kunsthistoriker in sich mal abschalten würde und sich einfach als Passant dort aufhielte. Wie würde er es dann empfinden. Aber ich hab mich nicht getraut . Aber da sieht man auch etwas, dass die "intellektuelle Elite" es eben als erhaltenswert empfindet, und nicht darauf einzugehen scheint, wie es der Durchschnittsbürger empfindet. Das RF wurde als Naherholungsgebiet mitten in der Stadt und eben neues Zentrum beschrieben, also muss es auch den Anwohnern besser gefallen, als z.B. ein neues Quartier auf der Fläche.
Wieso ist eine Wiederbebauung überhaupt ein Schritt zurück? Nach 50 Jahren wär es doch etwas neues oder anderes. Ideologie mal außen vor; wie du schon sagst, Städte haben sich doch dauernd geändert...Der eine Herrscher hat hier was abgerissen, um eine Uni zu bauen, der nächste, um für Sichtachse/Via triumphalis auf sein Schloss, dann Baut die Stadt statt mittelalterlicher Kaschemmen ein Rathaus, ehem Feuchtgebiete werden trockengelegt für neue Bauten oder alles plattgemacht wird für ein "Naherholungsgebiet", weil die bisherige Situation aus absolutistischer Zeit statt. Wieso sollte es dann dieses mal verboten sein, die Ideen eines niedergegangenes Systems oder veralteter Ideen (autogerechte Stadt) ebenfalls zu überholen?
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tel33
Und leider hast du die vorangehenden Beiträge ignoriert. Dort schrieb ich u.a., dass die Entscheidung eine dermaßen große Fläche nicht zu überbauen auch eine stadtentwicklungspolitische Maßnahme darstellen kann. Es steht dir frei dieses ganze Ensemble aus Fernsehturm + Fußbebauung mit beidseitiger Plattenbauflankierung und nach Südwesten vorgelagerter Grünanlage als Schrott abzustempeln. Aber man kann auch mal akzeptieren, dass es hier Foristen gibt die das anders sehen ohne jedesmal aufs Neue deren Ansichten mit Nichtargumenten zu torpedieren nur um das letzte Wort zu haben.Hier wurden schon viele Vorschläge gemacht wie das Areal bebaut werden könnte (vielleicht machst du auch mal einen). Bisher gab es kaum Vorschläge die auf breitere Zustimmung trafen. Insbesondere beim Rathausforum scheiden sich die Geister. Ich tue mich hierbei sehr schwer Gebäudemassen so zu verteilen ohne, dass das Areal fragmentiert wirkt. Allerdings gehe ich auch davon aus, dass das Lutherdenkmal im Originalzustand wiederhergestellt wird, die Fußbebauung des Fernsehturms und der Neptunbrunnen am bisherigen Platz bleiben sowie das Rathaus ein großflächiger Vorplatz. Auch mit einer Verschmälerung der Spandauer und KLS rechne ich nicht wirklich.
Aber wie sagte schon Platon: Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.Echter Berliner würde ich in der Hinsicht Recht geben, dass auch die Rathauspassagen und die Riegel entlang der KLS irgendwann vielleicht verschwinden werden. Wann das passiert steht noch in den Sternen. Könnte auch sein, dass die Riegel in 15 Jahren deutlich mehr geschätzt werden als heute. Die Zukunft lässt sich halt schwer vorraussagen und auch Geschmäcker unterliegen einem ständigen Wandel.
Was die sozialistische Stadtentwicklung angeht habe ich eine andere Ansicht. Hier wurde schon oft erwähnt, dass Geschichte nur aus ihrer Zeit heraus beurteilt werden könne und nicht ex post. Das trifft m.E. auch auf die sozialistische Stadtplanung zu die im damaligen Kontext durchaus Sinn machte. -
@ tel33: Das ist ein nicht unbedeutender Teil gestaltenden Städtebaus: Die bewusste In-Beziehung-Setzung von Freiräumen und Baumassen. Es geht bei der Freifläche zwischen Fernsehturm und Spree nicht um dieses oder jenes Einzelobjekt, das es zu schützen oder zu beseitigen gilt, sondern um die Bewertung eines sinnfälligen Ensembles: Die Collage aus Marienkirche, als Symbol der sakralen Epoche und des jenseits orientierten Menschen, aus Rotem Rathaus, als Symbol der bürgerlichen Ära und des diesseits bezogenen Lebens, und aus Fernsehturm als Symbol des sozialistischen Staates und seiner Zukunftszugewandtheit.
Mit einer Bebauung des Rathausforums würde dieses geschichtliche Bild zerstört, ohne dass auch nur ein einziges Gebäude angetastet werden muss. Und deshalb ist die Diskussion darum auch so kontrovers, weil es eben um einen symbolhaft aufgeladenen Raum geht.
Auch ich würde dafür plädieren, zunächst die Maßstäblichkeit des zerstörten Zentrums an der alten, bürgerlichen Hauptachse zwischen Molken- und Spittelmarkt zurückzugewinnen, und der Antwort auf die Frage nach dem Rathausforum ein paar Jahre Zeit lassen. Möglich, dass sich eine Mehrheit dann davon leichter verabschieden kann als heute. Möglich aber auch, dass eine Mehrheit dann die Einzigartigkeit dieser geschichtlichen Collage höher bewertet als heute und diesen Freiraum neu zu schätzen weiß.
Im Übrigen möchte ich dafür plädieren, sich von der Vorstellung eines quasi natürlichen, organischen und daher grundsätzlich berechtigten Werdens einer Stadt und einer planerisch-rationalen und daher prinzipiell reversiblen Stadtbildung zu unterscheiden. Stadt entsteht immer mit Planung (zumindest hierzulande); nur geht es dabei mal ideologischer, mal pragmatischer zu. Am unterschiedlichen Charakter von Friedrichstadt und Scheunenviertel, die beide etwa zur gleichen Zeit angelegt worden sind (ab 1688 bzw. ab 1672), lässt sich das ganz gut erkennen. -
Auch wenns mir vorgestern nich so ganz klar war, ist mir gestern schon bewusst geworden, wieso man sich erst mal um den Molkenmarkt kümmert. Dem Gebiet liegte keine Idee zugrunde (außer die der autogerechten Stadt), sondern ist im Grunde nur der Hinterhof des südlichen Riegels.
Dennoch, verschwänden die Riegel (wann sei dahingestellt), könnte man die Bisherige Fläche besser an die Spandauer Vorstadt und den neuen Molkenmarkt anbinden. Man müsste nicht die breite, laute Spandauer Straße entlanglaufen oder durch diese total primitiven Passagen, sondern die Rosen-/Jüdenstraße sowie die in diesem Bereich nicht mehr existierenden, aber bei einer Neubebauung des Molkenmarktes neu entstehenden Neue Friedich-und Klosterstraße (ok, die gibts noch) und würde von versteckten Gassen lebendige Straßen (gern auch nur für Fußgänger). Das täte auch dem Molkenmarkt gut, der sonst weiterhin isoliert bliebe.
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Es steht dir frei dieses ganze Ensemble aus Fernsehturm + Fußbebauung mit beidseitiger Plattenbauflankierung und nach Südwesten vorgelagerter Grünanlage als Schrott abzustempeln.
Es wäre schön, wenn du mir nicht Dinge in den Mund legen würdest, die ich nie gesagt habe. Ganz im Gegenteil habe ich mich auch in diesem Thread häufig klar dazu geäußert:
http://www.deutsches-architekt…hp?p=350683&postcount=969
http://www.deutsches-architekt…hp?p=349340&postcount=918
http://www.deutsches-architekt…hp?p=348341&postcount=841
http://www.deutsches-architekt…hp?p=336393&postcount=754
http://www.deutsches-architekt…hp?p=324717&postcount=582
http://www.deutsches-architekt…hp?p=291841&postcount=424Gerne wiederhole ich mich also, dass man die paar bestehenden Bauwerke sehr wohl auch in eine künftige Bebauung einbinden sollte - überhaupt kein Problem.
Primär geht es aber tatsächlich um die Freiflächen, die ohnehin seit ihrer Existenz mehrfach umgestaltet wurden und somit ganz sicher keinen irgendwie gearteten historischen Anspruch haben.
Dies haben unsere Vorfahren meist anders gesehen: nach gewaltsamen Zerstörungen der Städte durch Brände wurden diese normalerweise neu und anders, dem entsprechenden Zeitgeschmack und Sicherheitsansprüchen, aufgebaut.Du irrst. Die grundsätzliche Struktur der Straßen und Plätze hat sich in Berlin, wie auch in allen anderen gewachsenen Städten seit der Frühzeit nicht wesentlich geändert. Natürlich wurden Gebäude immer wieder abgerissen und entsprechend zeitgenössisch neu errichtet - ein ganz normaler Kreislauf. Der hier erst durch den letzten Krieg bzw. die nachfolgende Umformung brutal unterbrochen wurde.
Du darfst auch davon ausgehen, dass eine Neubebauung des Areals gemäß dem aktuellen Zeitgeschmack durchgeführt wird - auch dies keine wirkliche Überraschung. -
Du irrst. Die grundsätzliche Struktur der Straßen und Plätze hat sich in Berlin, wie auch in allen anderen gewachsenen Städten seit der Frühzeit nicht wesentlich geändert. Natürlich wurden Gebäude immer wieder abgerissen und entsprechend zeitgenössisch neu errichtet - ein ganz normaler Kreislauf. Der hier erst durch den letzten Krieg bzw. die nachfolgende Umformung brutal unterbrochen wurde.
ich finde ja du irrst hier lieber tel33. so pauschal lässt sich das nunmal nicht behaupten. schaue ich mir an was mit der alten potsdamer strasse passiert ist, das knie, der lützowplatz, die haben ihre lage oder ihre funktion auch völlig verändert.. gerade im berliner westen sind ganze strassenzüge neu erfunden worden wie die lietzenburger strasse oder urania. es gibt dutzende weitere beispiele. auch verstehe ich dein argument der kriegseinwirkung als die herausgehobene ursache die einen stadtgrundrisskonformen wiederaufbau rechtfertigt, nicht. durch kriegseinwirkung sind über tausende von jahren städte zerstört worden. sie sind danach immer wieder anders, größer, schöner wiederaufgebaut worden. aber immer anders als vorher. oder sei es durch andere katastrophen. oder wie im fall paris durch baron haussmann der im 19. jahrhundert den stadtgrundriss wirklich auf den kopf gestellt hat und einen großen teil der mittelalterlichen stadt geopfert hat. keiner würde heute sagen, dass diese massnahme nicht zur attraktivitätssteigerung der französischen hauptstadt beigetragen hat und paris erst zu der metropole des 19. jahrhunderts werden liess. und letztendlich zu der stadt die heute schlechthin als schöne stadt angesehen wird. es ist eben der lauf der zeit der über die mitte berlins hinweggeweht ist und das ist eben auch ablesbar. das finde ich jetzt erstmal nicht so verdammungswürdig. wenn mann sich alte fotos vom modell des marx-engels-forums oder des ganzen bereichs ansieht, so sind die schon beeindruckend in ihrer städtebaulichen idee. die dann auch erkennbar wird. anstelle der sehr engen vorkriegsbebauung nun so eine großzügige freie urbane situation, die die mittelalterlichen gewalten in form von marienkirche, rathaus, palast/schloss inszeniert und erlebbar macht. mir ist kein anderes beispiel ausser vielleicht in brasilia bekannt wo städtische, staatliche, kulturelle funktionen so gut an einem platz ablesbar sind. nur muss dieser raum attraktiv erlebbar gemacht werden. kann man diesen bereich denn nicht auch als eine chance sehen? -
Erst einmal will ich mich bei Ben für seine ausdauernde Werbung für den Vortrag von Roman Hillmann bedanken. Ich habe mich dann doch entschlossen, diesen Vortrag zu besuchen, und ich muss sagen, dass mich der Vortrag angenehm überrascht hat. Roman Hillmann lieferte einen eineinhalbstündigen Vortrag auf höchstem fachlichen Niveau, in dem er sich mit dem Ostberliner Zentrumsband vom Frankfurter Tor bis zum Rathausforum beschäftigte. Im Mittelpunkt standen dabei der Ideengehalt der unterschiedlichen städtebaulichen Strukturen, den er anhand neuester Forschungsergebnisse analysierte. Sein Fazit war, dass es sich beim Marx-Engels-Forum / Rathausforum um ein herausragendes Ensemble des modernen Städtebaus handeln würde. Dieser Bereich wäre mittlerweile ein Stück historische Stadt, das in dieser Form in Europa einmalig wäre. Daher sollte dieses Ensemble unbedingt erhalten und möglichst komplett unter Denkmalschutz gestellt werden. Hillmann sprach sich für einen toleranten Umgang mit dem baulichen Erbe aus, der sowohl das moderne Erbe, wie das Rathausforum, als auch das vormoderne Erbe, wie die Spandauer Vorstadt, respektiert. Diese Vielfalt wäre eine Stärke Berlins.
Ich fand diesen Vortrag auch deshalb so interessant, weil bei Veranstaltungen der letzten Woche andere Experten, wie Kerstin Wittmann-Englert, Gaby Dolff-Bonekämper und Verena Pfeiffer, zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt sind. Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile ein Konsens über die Erhaltungswürdigkeit dieses Ensembles im Entstehen ist. Diese Entwicklung ist umso bemerkenswerter, weil all die genannten Experten aus den alten Bundesländern kommen und daher ostalgischer Neigungen völlig unverdächtig sind. Das früher oft gebrauchte Argument, nach denen die Verteidiger des DDR-Städtebaus Ostalgiker wären, die lediglich einen Phantomschmerz über den Verlust der DDR pflegen würden, hat offenbar mit der Realität nichts zu tun. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass sich die Debatte über diesen Stadtraum zunehmend aus den Schützengräben des Kalten Krieges oder ideologischer Gefechte um den modernen Städtebau löst und dadurch deutlich sachlicher wird. Zwar gab es auch im Publikum ein paar Leute, die diese alten Frontstellungen wieder aufmachen wollten. Ein Herr meinte zum Beispiel, dass der Vortrag von Roman Hillmann Margot und Erich Honecker sicher gefallen hätte. Aber diese Stimmen waren in den 1990er Jahren viel zahlreicher. Daher bin ich optimistisch, dass diese Debatte künftig an Niveau gewinnen wird.
Weiterhin hat Roman Hillmann darauf aufmerksam gemacht, dass es zur Geschichte dieses Stadtraums noch großen Forschungsbedarf gibt. Daher werden wir in den nächsten Jahren noch einiges an Forschungsergebnissen zu erwarten haben.
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schaue ich mir an was mit der alten potsdamer strasse passiert ist, das knie, der lützowplatz, die haben ihre lage oder ihre funktion auch völlig verändert..
Keine diese Gegenden entspricht auch nur ansatzweise einer 'über Jahrhunderte gewachsenen Stadt' - sie sind allenfalls das Resultat der Ausdehnung in Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.
Falls dir nicht klar ist, über welches Gebiet wir hier reden, findest du hier ein paar schöne Übersichtspläne:
http://www.google.de/imgres?q=…ed=1t:429,r:64,s:20,i:325
Du wirst sicherlich erkennen, dass die grundsätzliche Struktur der Stadt - ihre Brücken, Plätze, Wege und Leitbauten über viele Jahrhunderte hinweg relativ unangetastet blieben. Lediglich die Bebauung wurde natürlich unablässig den Bedürfnissen der Zeit angepasst. Auch Straßen wurden verbreitert, Kleinteiligkeit aufgegeben. Die tatsächliche Zäsur kam aber erst nach dem Krieg, als man sich ganz bewusst für einen Bruch mit der Geschichte entschied und die Vergangenheit durch Auslöschung ihrer Wahrzeichen ungeschehen machen wollte. -
das war schon klar, dass du mit den immer gleichen argumenten auf ausgerechnet diese meiner textpassage reagierst.
hast du auch argumente zu all den anderen punkten meines statements? es ist echt müssig sich so auseinanderzusetzen, ich habe versucht die von dir immer wieder eingeengte diskussion zu weiten. -
Ich fand diesen Vortrag auch deshalb so interessant, weil bei Veranstaltungen der letzten Woche andere Experten, (...) zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt sind. Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile ein Konsens über die Erhaltungswürdigkeit dieses Ensembles im Entstehen ist.
Ja, ein Konsens unter Experten. Die Experten sehen solche Räume als Forschungsobjekt, nicht aus Sicht eines "Betroffenen". Dem Ottonormalverbraucher sind solche durchaus raffinierten und interessanten Konzepte sicher meist nicht bekannt, nicht bewusst, wenn nicht sogar egal...Die haben andere Prioritäten. Die beiden älteren Herren (und andere, die ebenso oder auch anders denken) fragt niemand und wenn sie was sagen, werden sie mit nem "verständnisvollem" Lächeln abgetan.
@Arcadien
Wieso haben Lützowplatz und Potsdamer Straße ihr Lage verändert? Sie sind zwar nicht mehr ganz vollständig, aber immer noch an ihrem alten Ort. Das Knie, ist sicher nicht mehr dasselbe, aber die Funktion als Verkehrsknoten, der dieser Ort die letzte 300 Jahre war, hat der Ernst-Reuter-Platz beibehalten.
Eine Chance wofür? Ja, Lützowplatz, Lietzenburger Str./Urania uvm. wurden teilw. neu erfunden. Sollte man diese Sünden der 60er als Beispiel nehmen? Wenns so einfach ginge, wie es beim RF der fall ist, würde man das alles sicher ohne großes Zögern wieder rückgängig machen. Außerdem entsprechen die in ihrer Funktion als Verkehrsschneisen eher dem Molkenmarkt, als dem RF.Vielleicht sollten wir mal unsere eigene Ideenwerkstatt veranstalten :D!
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^^Der ganz überwiegende Teil deines Textes drehte sich um die These, dass Städte im Laufe ihrer Geschichte angeblich vollkommen umgeformt werden - habe ich das falsch verstanden? Das ist aber eben nicht der Fall. Ein einfacher Blick auf die Pläne genügt da eigentlich. Auch in Paris.
Dein Beispiel Brasilia ist eine klassische Retortenstadt - entstanden auf gerodetem Dschungelgrund, ohne jede historische Bedeutung. Du willst das nicht allen Ernstes mit einer Stadt vergleichen, die gerade ihr 775. Jubiläum begeht? -
eben ...dann empfehle ich dir mal einen plan von paris vor der umgestaltung von haussmann anzusehen und ihn mit einem plan nach der umgestaltung zu vergleichen.
selbst ein blinder wird den unterschied feststellen.
das beispiel brasilia habe ich allein aufgrund der zuordenbarkeit der funktion der gebäude angeführt. der platz der drei gewalten zum beispiel. aber wenn es dir nichts sagt ausser retortenstadt, bon.
wer nicht sehen will der kann auch nicht verstehen. -
Es wäre schön, wenn du mir nicht Dinge in den Mund legen würdest, die ich nie gesagt habe. Ganz im Gegenteil ...
Ich schrieb vom Gesamtensemble, du nennst einzelne für dich erhaltenswerte Bauwerke. Deine Aussage war, das Areal sei kein Zeugniss sozialistischen 'Städtebaus'. Ich sehe das anders (wie auch einige weitere Foristen) und habe es mehrfach begründet. -
Doing Gender? Doing Architecture!
Ich möchte mal etwas zu den von Klarenbach referierten "Experten" sagen, die bei der Diskussionsveranstaltung auftraten:
Gaby Dolff-Bonekämper setzte sich in ihrem Vortrag zunächst einmal mit aktuellen Strategien der Konstruktion von Stadtidentität auseinander und ging dann konkret auf den Ort ein. Sie betonte, dass Identitäten immer Zuschreibungen sind, die willkürlich veränderbar und interessengeleitet sind. Als Beispiel für eine solche willkürliche Konstruktion benannte sie die Vorstellung, dass der Stadtgrundriss die Identität einer Stadt ausmachen würde. Diese Vorstellung wäre sehr fragwürdig, weil der Stadtgrundriss nichts über wichtige Dinge aussagen würde, die für die Qualität der Stadt essentiell sind, wie die Höhe der Gebäude, ihre Gestaltung und ihre Nutzung.
Das ist so dermaßen schlimm falsch, daß es mir schon die Sprache verschlägt. Aus meiner Sicht sind das recht typische Aussagen einer fast schon dekadenten und abgehoben theoretischen Architekturkaste.
Hier wird so getan, als ob es bewußte Zuschreibungsprozesse gäbe, die völlig willkürlich und interessengeleitet seien. Natürlich sind Betrachtungen von städtischen Orten eine subjektive Sache.
Bei solchen Ausführungen kriege ich immer eine Art "Gender-Krätze", weil in diesem Metier ebenfalls so relativistisch und poststrukturalistisch dahergefaselt wird. Nach dem Motto: Es ist doch alles konstruiert, nichts steht (biologisch) fest.
Es gibt so etwas wie eine historische Matrix, DNA, die natürlich bedingt variabel und sich fortentwickelnd ist. Der richtige Standpunkt wäre vielmehr, daß die historische Stadtentwicklung eine sehr wichtige Determinante ist, sie aber auch keinen Selbstzweck darstellt.
Dann noch etwas zu der Sache mit dem Stadtgrundriß. Natürlich macht dieser die Identität einer Stadt aus. Und zwar in gehörigem Ausmaße. Die Frage ist nur, wie man, wenn dieser Grundriß mutwillig beschädigt oder zerstört wurde, nun mit dieser Situation umgeht.
Zu unser aller Glück sind diese relativistischen Blödsinnsthesen auch auf diese Dame übertragbar. Daß das Rathausforum auf ewig so erhalten bleiben sollte, ist glücklicherweise nur eine interessengeleitete Konstruktion. Mensch, was haben wir da für ein Glück, daß diese Dame uns darüber aufklärt.
Dann ging sie auf das Rathausforum ein. Dieser Ort wäre einerseits mittlerweile auch ein Stück historische Stadt, andererseits hätte er auch seine Qualitäten. Der Platz wäre bei gutem Wetter durchaus belebt. Auch die beiden Wohnscheiben an der Rathausstraße und Karl-Liebknecht-Straße wären der Größe des Platzes durchaus angemessen. Zudem wäre es ein großer Vorzug, dass dieses Gebiet ein nutzungsgemischtes Gebiet wäre. Hier würden viele Menschen wohnen, dies würde diesen Ort beispielsweise vom Ernst-Reuter-Platz unterscheiden. Vorschläge für eine Bebauung dieses Gebäudes mit kleineren Stadthäusern wären dagegen sehr problematisch, weil sie einerseits nicht den Proportionen der Bestandsgebäude entsprechen würden und weil sie andererseits auch Probleme bei der Nutzung aufwerfen würden.Es leugnet ja niemand, daß das Rathausforum okay ist. Es ist nicht die Banane (Brache zwischen Alex und Jannowitzbrücke)!
Das ist eben alles ästhetische Ermessenssache. Auch der größte Müll irgendeines Städtebaus ist historisch, wenn er nur ein paar Jahrzehnte alt ist. Entscheidend ist letztlich die ästhetische Bewertung.
Ich bin z.B. für den Erhalt der Stalinallee, trotzdem dieses Areal durchaus auch problematisch ist. Da fällt das Votum positiv aus. Negativ fällt es für den Abschnitt Karl-Marx-Allee 2 aus (zw. Strausberger Platz und Alex). Ganz einfach, weil dort Architektur gewordener Schrott steht und keine ernstzunehmende Ästhetik. Das darf ja jeder anders sehen.
Ob etwas tatsächlich erhaltenswert ist, hängt letztlich von der ästhetischen Beurteilung und vom Seltenheitswert ab. Platten haben wir in Ostberlin genug.
Eine Stadt ist außerdem auch nicht primär Museum.
Fazit: Man kann Identität nicht relativistisch wegphantasieren. Die historischen Stadtstrukturen haben ein viel größeres Gewicht als die relativ kurze sozialistische Epoche, die man nun nicht gerade als Krönung der Architekturkunst oder als normalen Fortgang der deutschen Geschichte bezeichnen kann.
Ich bin ehrlich gesagt fassungslos angesichts dieses stupiden Relativismus, der völlig die Bedeutung der historischen Strukturen unterschätzt, die eben nicht auf willkürlichen "Zuschreibungen" beruhen, sondern ihre Autorität einer langfristigen, jahrhundertealten Entwicklung und vor allem der "Reziprozität" verdanken.
Also ihrer Bezüglichkeit und Ganzheit. Wahrscheinlich hat die Dame noch nichts von historischer Entwicklung gehört oder mal einen Berliner Stadtplan angeguckt.
Mir geht es hier keineswegs darum zu behaupten, daß eine Bebauung von MEF und RF zwingend sei. Es ist lediglich töricht, die historischen Determinanten als bloße "Zuschreibungen" abzutun.
Von mir aus kann jeder ruhig für den dauerhaften Erhalt des Rathausforums sein, aber bitte nicht mit solch unverbindlichen Phrasen wie von dieser Dame.
Die Dame soll einfach mal komplett ihre Bude umräumen und dann willkürlich die Zuschreibungen ändern.