Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums

  • Jockel, das Erdgeschoss der Kirche ist aus dem 13. Jahrhundert - daher der Niveauunterschied. Das hat mit der DDR nichts zu tun. Den Niveauunterschied gab es vor 1945 auch schon.


    Da muß ich dir leider wiedersprechen.


    Zitat-Anfang
    Die Freiflächen des Fernsehturms werden auf dem Bauschutt der Kriegszerstörungen und späteren Sprengungen aufgebaut. Die St. Marienkirche verschwindet optisch in einer Senke.
    Zitat-Ende


    Hier der Link dazu mit Bildern: http://www.stadtentwicklung.be…de/geschichte/index.shtml


    Ich meine in einem anderen Artikel (weiß leider nicht mehr wo) gelesen zu haben daß es sich dabei um bis zu 1,5 Meter Höhenunterschied handelt.


    Es sind mir auch keine Bilder bekannt die den Höhenunterschied vor der DDR-Umgestaltung dokumentieren.
    Da ich mein Wissen nur aus dem Internet habe (und da stehen nicht immer die wirklichen Fakten) lasse ich mich allerdings gerne eines besseren belehren.


    Leider scheint meine These (ob richtig oder nicht) keine Auswirkung auf das Ergebnis der Grabungen zu haben.
    Ich würde es wirklich sehr schlimm finden wenn es keine Rückbesinnung auf den originalen Sockel mehr gibt.


    Wobei Sockel doch sehr untertrieben ist, das komplette Denkmal war ein Gesamtkunstwerk.
    http://images.zeno.org/Ansichtskarten/I/big/AK01441a.jpg



    P.S.: Hat die evangelische Kirche überhaupt auch eine Meinung dazu?



    Gruß, Jockel HB

  • DNA hin oder her, ich denke wir können aus eigener Anschauung die Tendenz von Neuberlinern bestätigen, das Berlinbild welches sie seinerzeit überhaupt erst angezogen hat (maßgeblich also Szenekieze bzw. das Chaos der 90er) als repräsentativ und auch erhaltens- und verteidigenswert erachten. Dabei war das natürlich stets nur ein kleiner Ausschnitt. Das "echte, normale" Berlin sind die Wohngegenden Spandaus und Lichtenberg, ist das großstädtische Charlottenburg oder auch Schätzchen wie die Pfaueninsel mit ihrer 20 m Fährstrecke. Dass sich die Bourgeoisie vom "DDR Chic" auf eine morbide Art angezogen fühlt ist ebenso evident, siehe irgendwelche "Szenelokale" mit einem Honecker-Portrait an der Wand, angesichts derer man höchstens wohlwollend einen unbedarften Umgang mit Geschichte und Verletzungen zahlreicher "Sozialismusverlierer" attestieren könnte.


    Ich habe Verwandtschaft in beiden seinerzeit geteilten Hälften Berlins und daher auch dadurch sicherlich eine ganz andere, unumwunden dankbare, Sichtweise zB auf die Wiedervereinigung. Mein Opa war Offizier bei der Bundeswehr, er war in der paradoxen Lage im Ernstfall auf seine deutschen Mitbürger, ja vielleicht sogar irgendwelche entfernten Verwandten, feuern zu müssen, dabei wollte er uns eigentlich nur davor beschützen, dass der Westen irgendwann "überrannt" wird. All diese Absurditäten der Teilungszeit sind einem selbstredend unmittelbarer, wenn man berliner Wurzeln hat. Man verbindet damit konkrete Umstände und Gesichter und nicht Politik und Geschichtsschreibung. Und so glücklich bin, in meinem bewussten Leben ohne die Mauer aufgewachsen zu sein - so hege ich rückblickend doch Groll gegen jene Statthalter Moskaus, die willfährig Teilung, Stasi, Willkürverhaftungen und Schießbefehl ersonnen und ihren Mitbürgern aufgezwungen hatten. Die Menschen gezielt als Person vernichtet haben, denen es nicht genügte "warm, satt und sauber" zu sein, sondern die ihren freien Gedanken freien Ausdruck verliehen und an der im Kern materialistischen Utopie des "Sozialismus" zweifelten und damit die Staatsräson angriffen. Oder einfach nur mit den Füßen abstimmen und als freie Menschen frei ihres Weges gehen wollten.


    Den Häschern dieser Menschen möchte ich den späten und anhaltenden Triumpf das Herz Berlins geprägt zu haben einfach nicht gönnen. Wenn ich diesen Politbüromief, der ja nur den Zweck der Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung hatte, nur schon sehe kann ich nicht anders, als all diese Assoziationen zu haben. Wenn ich so darüber nachdenke, dann meide ich diese Gegend sogar ganz bewusst. Sie hat bis heute etwas Unheimliches für mich bewahrt, ich krieg da regelrecht Beklemmungen. Und mal ehrlich, wer das MEF gestaltet hat wollte keine Heiterkeit verbreiten. Ich habe auch mit großer Genugtuung den Abriß des Parkhauses äh Palastes der Republik verfolgt und bin anschließend über die grüne Wiese an dessen Stelle getanzt (ja getanzt, es gab dumme Blicke, aber ich sah mich da etwas als Stellvertreter von jenen Verwandten, die diese neue Freiheit nicht mehr miterleben konnten und noch vor 1989 als Insassen von Honeckers großem Gefängnis beerdigt wurden, die hatten Zeit ihres Lebens keinen größeren Wunsch, als dass dieser Albtraum der Teilung und des "realexistierenden Sozialismus" endlich endet. Mir wäre selbst ein großer Parkplatz lieber als die jetzige Gestaltung mit RF/MEF.

  • Na ja, das ist ja ein bißchen polemisch. Bist du Westberliner?


    Jetzt fordere ich einen Geburtsnachweis für Ost- oder Westberlin. Das wird das nächste große Ding hier im Forum.


    Also ich bin DDR-Bürger, wie ich es immer trotzig ausdrücke. Das RF finde ich okay. Das muß nicht unbedingt bebaut werden. Da stört mich auch nicht, daß das die SED verbockt hat. Das finde ich ein bißchen übertrieben, da jetzt die ganze DDR mit zu verrechnen.


    Mich stört nur das MEF. Und mein Eindruck ist halt, daß da das alte Marienviertel hingehört in neuer Form.


    @Konschtantin: Ich habe auch die Info, daß die SED ca. einen Meter draufgetan hat und daher die Marienkirche ein bißchen souterrain ist. Sehe das aber nicht so als Problem an.

  • @Konschtantin: Ich habe auch die Info, daß die SED ca. einen Meter draufgetan hat und daher die Marienkirche ein bißchen souterrain ist. Sehe das aber nicht so als Problem an.


    Sorry daß ich jetzt darauf antworte, aber ich hatte das Thema angestoßen.


    Es ging nicht darum, daß das ein Problem sei.
    Ich hatte lediglich die Hoffnung damit verbunden, daß sich unter dem meterhohen Trümmerschutt doch noch mehr vom alten Denkmal befindet bzw. ausgegraben wird als vermutet und dadurch ein neues Nachdenken über das weitere Verfahren mit dem Denkmal einsetzt.



    Gruß, Jockel HB

  • Ja, ja ich verstehe ja die Hoffnung. Aber es ist (leider) alles Legende. Das tiefere Niveau der Mariekirche mit Sühnekreuz bestand schon vor 1945 - ebenfalls leider kam kein zusätzliche Trümmerschutt hinzu (auch wenn SenStadt, die es besser wissen könnten sich aber für Geschichte des Stadtkernes nicht interessieren, stets die Legende nachplappert). Die Referenz in der causa sind die Grabungen und die lichtvolle Diss von Dr. B. Goebel über den Stadtkern. Zu erwarten sind deshalb nur Fundamente.


    Weil ich vermeidlich ungleichzeitige Fotos so liebe ein Doppelshot von der Fernsehturmbaustelle:




    (C) akg-images

  • Also auf dem Areal wurde ganz gewiss kein Trümmerberg errichtet. Was noch übrig war, wurde bis auf die Keller abgetragen, verfüllt und dann lediglich mit Gehwegplatten belegt bzw. asphaltiert. Deshalb reicht für die archäologische Zeitreise im Grunde schon ein Spatenstich, wie man ja am Rathaus sehr gut sehen konnte.

  • (...) Den Häschern dieser Menschen möchte ich den späten und anhaltenden Triumpf das Herz Berlins geprägt zu haben einfach nicht gönnen. Wenn ich diesen Politbüromief, der ja nur den Zweck der Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung hatte, nur schon sehe kann ich nicht anders, als all diese Assoziationen zu haben. Wenn ich so darüber nachdenke, dann meide ich diese Gegend sogar ganz bewusst. Sie hat bis heute etwas Unheimliches für mich bewahrt, ich krieg da regelrecht Beklemmungen. Und mal ehrlich, wer das MEF gestaltet hat wollte keine Heiterkeit verbreiten. (...)


    Mhm - deine Gefühle kann ich vielleicht irgendwie nachvollziehen - aber das sind eher individuelle Gefühle. Nach meiner Meinung sollte sachlich über Für und Wider der Gestaltung diskutiert werden - und das beste Sachargument entscheidet dann... - Dafür wäre es wichtig, alle denkbaren Aspekte auf den Tisch zu legen und sachbezogen abzuwägen...
    Die Bauten der DDR dokumentieren einen untergegangenen Staat, eine vergangene Zeit, eine frühere Ideologie und Herrschaftssystem. Egal wie man dazu steht - es sind Zeitdokumente. Wenn man alles aus dieser Zeit tilgen möchte, gibt es keine originalen Zeitzeugnisse mehr - ein Vorgang, der eher an den Umgang Roms nach dem Sieg über Karthago ähnelt: alle Zeugnisse meines Feindes tilgen und Salz drüber streuen, sodass sich niemand mehr dran erinnert...

  • Es gibt Dinge, die kann man nicht vergeben. Man kann sie nur kognitiv verarbeiten und hinter sich lassen. Aber da hilft es bestimmt nicht, wenn solche Orte die schmerzhaften Kapitel der Vergangenheit immer wieder neu in Erinnerung rufen und wach halten. Ich will hier nicht weiter auf persönliche Details meiner Familie eingehen, aber ich werde den damals Verantwortlichen nie vergeben können, was Verwandten von mir im Namen der DDR angetan wurde - die nie dafür belangt wurden, heute großzügige Pensionen aus den Töpfen der Bundesrepublik beziehen und auch noch weitgehend unwidersprochen bei jeder Gelegenheit mit ihren "Genossen" von früher über die Bundesrepublik und ihre damaligen Opfer lästern können (mehr als einmal mitbekommen).


    Was ist mit den Leuten die sich nicht mehr erinnern wollen, die einfach froh sind, dass es vorbei ist und nach vorne schauen wollen? Spielen die keine Rolle? Medial tritt v.a. Ostalgie in Erscheinung und fast hat man inzwischen schon das Gefühl, dass die Mauer wirklich ein antifaschistischer Schutzwall gegen die marode BRD war und die DDR ein unschuldiges, reines Utopia war, so sehr wird fortlaufend verharmlost und relativiert. Für mich ist und bleibt die DDR ein Unrechtsstaat und ich kann nicht hinnehmen, dass deren Symbole der Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung bis heute den öffentlichen Raum prägen dürfen. Bei städtebaulicher Gestaltung, die von Anfang an auch politisch konzeptioniert und protegiert wurde darf man auch politisch argumentieren, meine ich.

  • Für mich ist und bleibt die DDR ein Unrechtsstaat und ich kann nicht hinnehmen, dass deren Symbole der Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung bis heute den öffentlichen Raum prägen dürfen.


    In der DDR gab es immerhin keine Obdachlosen, keine Prostitution, keine Drogensüchtigen und - toten, deutlich weniger Kriminalität und ein höheres Sicherheitsgefühl, wie es jüngst auch AfD-Chef Lucke anerkannt hat. Für mich persönlich ist daher die BRD ein Unrechtsstaat. Ich habe selten solch eine kranke und pathologische Gesellschaft erlebt wie die BRD mit ihrer auf Besitz, unfaire Konkurrenz und materiellen Erfolg fixierten Gesellschaft. Ich komme aber damit klar, daß ihre Bauwerke noch stehen.


    Opfer des Naziregimes mußten auch damit klarkommen, daß in Berlin noch viele der entsprechenden Bauwerke stehen.


    Also ich finde, du trägst hier ein bißchen dick auf, zumal du als Westberliner wohl wenig unter der SED gelitten hast und wenig von den positiven Seiten der DDR mitbekommen haben wirst. Ich hoffe, Ostalgie ist für dich nicht, wenn man objektiv gute Dinge über die DDR sagt. Oder sollte dies verboten werden?


    Nach deiner Logik müßte auch der Fernsehturm verschwinden, der Bonzenpenis. Oder die Weltzeituhr. Das RF ist verhältnismäßig gute DDR-Planung, während das MEF bebaut werden sollte, aber nicht weil es zur Staatsachse der DDR gehörte.


    Ich würde mich freuen, wenn man mir dummem Ossi meine sogenannte Ostalgie läßt und sich nicht gleich meinungsfrei empört über meine persönlichen Ansichten - oder sich in wüsten Unterstellungen ergeht, daß ich angeblich ein Unrechtsregime verteidigen würde. Manche Leute scheinen da eine sehr kurze Lunte zu haben und schnell gereizt zu sein.

  • ^ Ist das Dein Ernst?


    Ich wüsste dann aber nicht, was an der Aussage, dass Du ein Unrechtsregime verteidigst, eine Unterstellung sein soll.


    Die zunehmend politischen Diskussionen hier und bei der Garnisonkirche schlagen in ihrem Niveau inzwischen dem Fass den Boden aus. Ich frage mich, wie das Niveau wieder gehoben werden kann.


    Wobei ich die Forderungen bauliche Zeugnisse der DDR zu vernichten, weil es ein Unrechtsstaat war, für völlig falsch halte. Der Ansatz eines Umgangs mit der Geschichte durch Auslöschung, ist ahistorisch, totalitär und primitiv (die DDR selbst hat ihn natürlich zum Teil verfolgt). Ich finde leider viele Bauten der DDR-Zeit qualitativ schlecht und plädiere für Reparatur der Stadt. Ich schrieb es schon häufiger: Die Stalinalleebauten stellt auch hier kaum einer zur Disposition, obwohl sie für die schrecklichste Zeit des Kommunismus stehen, eben weil sie qualitativ überzeugen.

  • ^^Dieser Strang ist sicher nicht der Ort um über Unrechtsregime zu diskutieren, sowei das keine unmittelbare Relevanz auf Stadtplanung und Architektur hat. Aber solche Legenden wie "in der DDR gab es keine Prostition" oder "keine Drogentoten" oder Obdachlosen darf man nie unwidersprochen lassen.


    Ich weiss ja nicht woher du dein Wissen über die DDR beziehst aber die Aussagen sind nur zu halten, wenn man ausschliesslich das "Neue Deutschland" als Quelle heranzieht. Die Realität war anders, Prostitution und Drogenkonsum gehörten jedenfalls zum Alltag.


    Deine private Ansicht zum "Unrechtsstaat BRD" passte jedenfalls auch in das Propagandabild des DDR-Publizismus. Inwieweil diese doch recht verschrobene Ansicht über eine parlamentarische Demokratie einem bei der Neugestaltung des Rathausforums hlft vermag ich jedoch nicht zu erkennen.

  • Aber solche Legenden wie "in der DDR gab es keine Prostition" oder "keine Drogentoten" oder Obdachlosen darf man nie unwidersprochen lassen.


    Wieso darf man das nicht unwidersprochen lassen? Könnten diese Wahrheiten etwa das Weltbild mancher Leute erschüttern oder Ängste auslösen? Ich habe jedenfalls in der DDR noch nie Prostituierte, Drogensüchtige oder Obdachlose gesehen, im Unrechtsstaat BRD schon.


    Die DDR hatte noch viele weitere gute Qualitäten. Aber das alles scheint tatsächlich zu anspruchsvoll zu sein für einige Leute.


    Offenbar sind manche Leute derart verängstigt, wenn man diese Dinge nennt oder auf Mißstände in der heutigen oder westdeutschen Gesellschaft hinweist, daß ihnen nur der Fluchtweg bleibt zu unterstellen, man wolle die DDR als Ganzes verteidigen, obwohl man dies vorher verneint hat.


    Ich als Ossi finde es jedenfalls immer wieder lustig, was für gewaltige Ängste Westdeutsche und angepaßte Ostdeutsche haben, mal gewisse Dinge infrage zu stellen.


    Perversion und Gesellschaft

  • Ganz einfach: weil es nicht stimmt. Vielleicht machst du dir wenigsten mal die Mühe ein bisschen zu recherchieren, falls du es nicht - wie ich - selbst erlebt hast. Gibt auch noch einen schönen Literaturtipp für kalte Wintertage. Zum Thema Obdachlose ein kleiner Link zur fachkundigen Seite. Und natürlich der Klassiker. Zum Drogenthema als Ergänzung und etwas mehr.


    Tut mir leid, wenn ich da dein Weltbild erschüttern muss.


    Was das mit "gewaltigen Ängsten" zu tun haben soll ist mir unerfindlich. Und warum du jetzt irgendwelche abseitigen Websites zu Kindesmissbrauch postest ist mir auch nicht klar. Das ist hier ein Diskussionsforum zum Thema Architektur.

  • (...) Nach meiner Meinung sollte sachlich über Für und Wider der Gestaltung diskutiert werden - und das beste Sachargument entscheidet dann... - Dafür wäre es wichtig, alle denkbaren Aspekte auf den Tisch zu legen und sachbezogen abzuwägen... (...)


    Ich zitiere mich hier schon selbst... - aber ich bin eindeutig der Meinung, dass gefühlsmäßige oder ideologische Urteile an dieser zentralen Stelle der Stadt absolut keine positiven Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung hätten/haben. Vielmehr zeigt eine sachgerechte Analyse von funktionalen Potenzialen und Defiziten des Bestands die Veränderungs- bzw. Weiterentwicklungsbedarfe auf. Bei schlüssiger Argumentation und plausibler Analyse könnte mich jede Position überzeugen...
    Und - ich hoffe, dass es hier bei diesem Thema inhaltlich nicht so unterirdisch zugeht, wie bei der Garnisionskirche... - ich fänds sehr schade für das eigentlich wichtige Problem, das ansonsten nur zerredet und in ideologischen Grabenstellungen zerrieben würde...

  • Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

    @ Konstantin: Die meisten der genannten Links und das Buch kenne ich. Ich und meine bekannten DDR-Freunde und -Verwandten haben erstaunlicherweise trotzdem nie Obdachlose, Prostituierte oder Drogensüchtige zu Gesicht bekommen. Ein unglaubliches Rätsel. Ich vermute, daß die von dir angegebenen Links sehr erbaulich sind für Springer-Presse-Leser.


    Der Link zu Alice Miller beschreibt diverse Mißstände und Pathologien unserer sogenannten freiheitlichen Gesellschaft. Lies ihn doch einfach mal. Auch der zweite Teil ist sehr lesenswert.


    Die wenigen Frauen, die sich in der DDR z.B. aus Abenteuerlust prostituierten, taten dies wohl kaum für ihren Lebensunterhalt. Häufig bedienten sie auch Kunden aus Westberlin für begehrtes Westgeld. Du mußt mit dir selbst ausmachen, warum du so argumentierst wie oben und dies tatsächlich ernst nimmst.


    Es versteht sich von selbst, daß ich von harten Drogen, Beschaffungskriminalität etc. spreche. Alkohol und Zigaretten gab es auch in der freien Welt. Nun ja.


    Wenn sich Leute über das linke Gutmenschentum in der Garnisonkirchen-Diskussion zu Recht mokieren, so sollten sie so weise sein und in anderen Dikussionen nicht in rechtes Gutmenschentum verfallen - wie dies bei DDR-Diskussionen typisch ist. Hier vergewissert sich die Freie Welt häufig, wie grauenvoll die DDR angeblich war und wie toll man es doch in unserer freiheitlichen Gesellschaft mit ihrem schönen Konsum und all den wunderbaren Freiheiten hat.


    Wer sich nicht hinter dem Wort Demokratie versteckt, wird so einige Abgründe auch in unserer schönen Gesellschaft entdecken.


    Ich finde, daß Stadtstruktur sehr Richtiges gesagt hat. Ich hoffe, wir können es bei diesem kurzen Ausflug ins Politische belassen. Mir ging es darum, daß ich wie Stadtstruktur eine städtebauliche Diskussion nicht derart von politischen und persönlichen Motiven bestimmt wissen wollte.


    Und wie gesagt: Was ist mit Fernsehturm, Weltzeituhr, Stalinallee? Wollen wir hier der SED ihren späten Triumph gönnen? :)

  • ... also ich kann nur die Fachliteratur zitieren, die sich mit meinen eignen Erfahrungen und Erlebnissen deckt, die ich als Berliner in Ost-West-geteilter Familie gemacht habe. Das schliesst nicht aus, dass DDR-Bürger diese Erfahrungen nicht gemacht haben, schützt aber auch nicht vor Erkenntniszuwachs.


    Der Fernsehturm gehört sicher zu Berlin wie Bauten aus anderen Tagen auch, da kann man sicher über den Sockel diskutieren; der Turm als solches ist für mich ein Teil der Geschichte. Dies verhält sich auch mit Weltzeituhr und Stalinallee so.


    Der Unterschied dieser Bauten zum MEF und anderen Gebäuden aus DDR-Zeiten (z.B. das Rechenzentrum in Potsdam oder das Haus der Elektroindustrie an der Alexanderstraße ist, dass der FT etc. eine anspruchsvollem, urbane, mehrschichtige Entwicklung des Stadtkernes nicht verhindern. Der Stadtkern und das MEf leidet ja nicht unter zuvielen sondern unter zuwenig Zeitschichten. Und solange die Bauten eine historische Bedeutung und eine architektonische Qualität haben (und eben einer innenstadtangemessenen Stadtplanung nicht diametral entgegen stehen) gibt es keinen Grund die Gebäude nicht stehen zu lassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Ich habe jedenfalls in der DDR noch nie Prostituierte, Drogensüchtige oder Obdachlose gesehen, im Unrechtsstaat BRD schon. [...] Die DDR hatte noch viele weitere gute Qualitäten.


    Die Bundesrepublik als "Unrechtsstaat" zu bezeichnen, die DDR aber nicht, ist jenseits von Gut und Böse.


    Wenn die DDR so wunderbar gewesen wäre, wie Du es beschreibst, hätte sie ihre Bürger nicht mit Mauer und Selbstschussanlagen davon abhalten müssen, das Land zu verlassen. Ein freies Land wie die Bundesrepublik hindert seine Bürger nicht daran, jederzeit zu gehen.


    Im Übrigen ist nicht jede Ablehnung des MEF/RF in seiner jetzigen Gestalt ideologisch motiviert, wie Konstantin sehr richtig dargelegt hat.


    Was qualitativ gut an der DDR-Architektur war, soll man - wie im Falle der NS-Architektur auch - lassen, was qualitativ schlecht war, wird zwangsläufig durch Besseres ersetzt werden. Das MEF/RF ist m. E. von derart minderer städtebaulicher und architektonischer Qualität, dass sich niemand wundern kann, wenn nachgeborene Generationen diesen zentralen Stadtraum neu planen.

  • Wieso darf man das nicht unwidersprochen lassen? Könnten diese Wahrheiten etwa das Weltbild mancher Leute erschüttern oder Ängste auslösen? Ich habe jedenfalls in der DDR noch nie Prostituierte, Drogensüchtige oder Obdachlose gesehen, im Unrechtsstaat BRD schon.


    Die DDR hatte noch viele weitere gute Qualitäten. Aber das alles scheint tatsächlich zu anspruchsvoll zu sein für einige Leute.


    1. Prostitution gab es
    2. §249 => Gefängnis für Drogenkonsum oder Obdachlosigkeit
    3. Weitere Qualitäten über die DDR erzählen dir diese DDR-Bürger in einem Film der nicht veröffentlicht wurde:
    https://www.youtube.com/watch?v=YhMUVAbvzi8&feature=youtu.be

  • 1. Prostitution gab es


    In der DDR gab es bestimmt auch Ameisen, die sich die Zähne geputzt haben.


    Ganz genau wie im Westen. Das sollte man nicht verharmlosen oder verschweigen!


    Die pathetische Aufladung der Diskussion kam ja von Eisber. Und an ihn war die Frage auch gerichtet mit den restlichen Errungenschaften der DDR.


    Carlo Niemand hat behauptet, die DDR sei wunderbar gewesen. Die BRD habe ich aus polemischen Gründen als Unrechtsstaat bezeichnet, da der Begriff Nonsens ist. Wenn man die BRD in den Kategorien mißt, in denen die DDR progressiv war und Gutes vorzuweisen hatte, dann kann man sie durchaus als Unrechtsstaat bezeichnen. Es ist eine reine Abwehrvokabel.


    Ich wollte hier niemanden in Verunsicherung bringen durch den Hinweis auf positive Seiten der DDR. Sind die USA eigentlich ein Unrechtsstaat? Mir kommt das so vor. Aber vielleicht bin ich ja auch nur verblendet, weil ich mal Junger Pionier war.

  • ^ Gudster, jetzt mach aber bitte einmal einen Punkt. Ich mag hier in diesem Strang nicht über die USA als Unrechtsstaats diskutieren und auch nicht über entlegende Thesen zum Kindesmissbrauch, wie von dir gepostet. Ob du den Begriff "Unrechtsstaat" für Nonsens hälst oder nicht ist mir ebenso Pfeifendeckel. Wenn du ungebändigte Lust an der Provokation hast stecke dir ein Israelfähnchen ans Auto oder ans Fahrrad und sause ein paarmal die Karl-Marx-Straße runter - dann hst du dein Abenteuer. Vergiss nicht Bato eine Postkarte aus dem Urbankrankenhaus zu schreiben.


    Wenn Du aber hier offenkundig falsche, geschichtsverzerrende, die DDR bestensfalls verklärende, Faktenbehauptungen aufstellst muss man dem wiedersprechen. Gehts jetzt vielleicht wieder zurück zum Rathausforum?