Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums

  • Hier wird offensichtlich nur das nötigste getan.


    Genau. Und jede Veränderung wird auf 20 Jahre ausgeschlossen, da die Europamittel ein Veränedrungsverbot mit enthalten. So kann man lustige neue Wettbewerbe machen ohne unter Veränderungsdruck zu geraten.

  • Berlin-Carré

    in Beitrag #1660 informierte MattSid, dass in die Markthalle am Alex (Berlin-Carré) ein Kaufland reinkommt.


    Mag sein, dass das bald passiert. Die Halle wird nämlich derzeit umgebaut:



  • Und wir können davon ausgehen, dass sie dort noch Jahrzehnte stehen werden. Sie sind ein Prestigeprodukt des DDR Städtebaus. Sie entsprechen einer ganz bestimmten Bauvorstellung und sind einfach ein Produkt ihrer Zeit und einer bestimmten architektonischen und gesellschaftlichen Vorstellung.


    Das sind zig andere Bauten überall in der Stadt auch und dennoch müssen sie bei Nichtgefallen bzw. ungenügender Funktionalität weichen - das ist das Grundprinzip der Moderne in der Architektur. Ich sehe jetzt wenig Unterschiede zu ähnlich schlimmen Riegeln bspw. am Zoo.

  • Dass Dir die Rathauspassagen nicht Gefallen, dürfte sie kaum zum Einsturz bringen. Dass dort in großem Stil Wohnungen leer stehen, ist mir unbekannt, von daher zieht auch das funktionale Argument nicht.

  • @ Ulgemax:
    Der Denkfehler liegt schon darin, dass tel33 einen DDR-Prestigebau mit Dutzendarchitektur gleichsetzt. Die Rathauspassagen sind eben gerade nicht ein Dutzendgebäude. Diesen Umstand muss man akzeptieren. Ob der Bau dem persönlichen Empfinden gefällt, ist ein ganz andere Frage.


    Bato, hatte ja zur Verbesserung des Alea einen guten Vorschlag gemacht, ein höherer Rotanteil würde den Bezug zum roten Mauerwerk der Umgebung gut darstellen.



    Haus der Mode an der Rückseite der Rathauspassagen, 1978
    Bundesarchiv Bild 183-T0809-0018, Berlin, RathausstraßeCC-BY-SA-3.0-de

    Einmal editiert, zuletzt von Kent ()


  • Die Rathauspassagen sind eben gerade nicht ein Dutzendgebäude. Diesen Umstand muss man akzeptieren. Ob der Bau dem persönlichen Empfinden gefällt, ist ein ganz andere Frage.


    Meiner Meinung nach ist dies ziemlich anmaßend, du erklärst andere Meinungen und Sichten für persönliches Empfinden und erklärst gleichzeitig deine Ansicht für einen Umstand, den man akzeptieren muss.


    Die Rathauspassagen zählen sicherlich zu der gehobeneren Gruppe der Plattenbauten, davon gibt es aber an der Wilhelmstraße, an der Alexanderstraße und co. ebenso etwas gehobenere Plattenbauten.


    Nüchtern betrachtet sehe ich in dem Bauwerk keine herausragende Leistung, weder schön, noch einzigartige Architektur, noch ein besonders respektvoller Umgang mit dem Rathaus. Ich habe die DDR nur in jungen Jahren miterlebt, aber mir scheint es so, als wenn du dem Bau aus ideologischen Gründen vorallem so einen hohen Wert zuschreibst.

  • @ Ulgemax:
    Der Denkfehler liegt schon darin, dass tel33 einen DDR-Prestigebau mit Dutzendarchitektur gleichsetzt.
    Haus der Mode an der Rückseite der Rathauspassagen, 1978
    Bundesarchiv Bild 183-T0809-0018, Berlin, RathausstraßeCC-BY-SA-3.0-de


    Ich habe schlechte Nachrichten für dich: Das Haus der Mode ist schon länger Geschichte... Und ja, ich halte das genannte Ensemble für architektonische Dutzendware. Ignoriert man das scheinbar unvermeidliche ideologische Bohei um diese Hütten, bleibt eben wirklich auch nicht viel mehr üblich, als bei jedem anderen Komplex aus jenen Tagen. Betongewordene Hässlichkeit.

  • Kinder haben oft eine entwaffnend unverstellte Sicht auf die Dinge. Bei der Debatte um den Abriß des PdR sagte der kleine Sohn einer Freundin einfach ganz spontan "Ist das ein Kaufhaus?", als eine alte Aufnahme des Gebäudes aus seinen besseren Tagen in einer Reportage gezeigt wurde.


    Und in der Tat, weder baulich noch gestalterisch und nicht einmal von der Raumaufteilung her unterschied sich der Bau besonders von einem x-beliebigen Kaufhaus aus der Nachkriegszeit irgendwo in einer westdeutschen Provinzstadt. Die meisten von denen wurden ja zwischenzeitlich schon wieder abgerißen und durch modernere "Malls" ersetzt. Da hat man auch keinen solchen Bohai drum gemacht bzw. war eigentlich froh, dass die wieder wegkommen.


    Und so ist es für mich auch mit diesen ach so tollen Prestigebauten aus der DDR Phase insgesamt. Das ist einfach alles ziemlich banal und simpel gehalten. Und fotokünstlerisch angehauchte, kontrastreichte schwarz/weiß Aufnahmen aus einer wohlwollenden Perspektive "pimpen" das in aller Regel ja sogar noch etwas. Ungewöhnlich ist teilweise höchstens die schiere Dimension, die schiere Baumasse bemessen in Tonnage des Betons und von LxHxB der vielen Quader. Und die Radikalität, mit der man in der Form großflächig neu gestaltet hat. Das alleine ist aber sicherlich kein Prädikat. Und es steht den jüngeren Generationen natürlich zu, jeweils neu zu bewerten, wie ihre Stadt aussehen soll - und dabei ggf. auch dem, was deren Eltern und Großeltern noch total toll fanden, keinen besonderen Wert beizumessen.


    So haben die es ja damals selbst auch gemacht, die historisierende Architektur ihrer Eltern und Großeltern als "bieder" usw. abgelehnt und den Wiederaufbau stattdessen in der Betonmoderne bestritten; das war ja eine bewusste Entscheidung. Und aus Modernisierern werden dadurch im Laufe der Zeit Bewahrer, wie man an den Debatten um den Ehrhalt der Nachkriegsmoderne in Deutschland schön ablesen kann. Inklusive nostalgischer schwarz/weiß Fotos. Schon eine Ironie, die Sache mit dieser "modernen" Architektur. Fehlt nur noch, dass sich mal ein Kreis von Bürgern bildet, der Rekonstruktionen von Plattenbauten und PdR fordert. Dann wäre der "Zyklus" abgeschlossen.


    Der Alex ist IMHO zwar nur noch ein Schatten dessen, was er in den goldenen 20ern mal war. Aber er ist der beste Alex, den wir seit dem Krieg hatten. Und... das ist vielleicht auch schon was.

  • Nüchtern betrachtet sehe ich in dem Bauwerk keine herausragende Leistung, weder schön, noch einzigartige Architektur, noch ein besonders respektvoller Umgang mit dem Rathaus. Ich habe die DDR nur in jungen Jahren miterlebt, aber mir scheint es so, als wenn du dem Bau aus ideologischen Gründen vorallem so einen hohen Wert zuschreibst.


    Es ging mir in der Diskussion nicht darum, die Rathauspassagen über den Klee zu loben. Mir ging es darum, dass man in der DDR Zeit mehr sich mit dem Genius Loci auseinandergesetzt als bei der Konzeption des Cubix und des Alexas. Das bedeutet, dass ich einen Vergleich dieser Bauten in Bezug auf dieses eine Kriterium angestrebt habe. In der Zeit der Entstehung der Rathauspassagen war dieser Bau schon extrem an sein Umfeld angepasst. Mit den heutigen Maßstäben würden auch die Rathauspassagen nicht als besonders angepasst gelten.
    Heute, wo wir ein völlig anderes Verständnis vom sog. "Bauen im Bestand" haben schneiden das Alea und das Cubix im Vergleich weit schlechter ab. Heute sind diese Anforderungen wesentlich höher, und ich sehe nicht, inwieweit das Cubix sich diesen Anforderungen im Ansatz beugt. Das Cubix ist schon fast ein Akt eines autistischen Architekturverständnisses. Bei den Möglichkeiten und Freiheiten die man heutzutage als Architekt hat!


    Architekten können ja immer nur so frei agieren, wie es ihnen der Bauherr zugesteht. Die Rathauspassagen wurden mit einer bestimmten Zielvorgabe erstellt. Auch das Alea und das Cubix wurden mit Zielvorgaben erstellt. Ich finde einfach, dass bei den Rathauspassagen mehr Rücksicht auf die Umgebung und den Ort gelegt wurde als beim Cubix. Wie gesagt, das ist alles relativ zu den Vorgaben die verwirklicht werden sollten. Man muss das alles in Relation sehen.


    Ich habe eure Argumentation schon verstanden. Ich möchte aber grundsätzlich zu bedenken geben, dass der Bau ein herausragender Bau der DDR ist. Natürlich wurde in der DDR auch viel auf Masse gebaut. Deswegen sind auch die Rathauspassagen im Vergleich zu den damaligen Bauten zu sehen.
    Wenn einem persönlich dieser Stil überhaupt nicht zusagt, ist das eine höchtspersönliche Entscheidung. Dagegen habe ich auch überhaupt nichts. Nur man sollte bei Vergleichen auch Maßstäbe wählen, die vernünftig sind. Und ich habe den Eindruck, dass hier bei der Kritik die Maßstäbe einfach nicht passen.


    Es ist sehr einfach, wenn man sagt, die Architekten hätten damals einen völlig anderen Bau erstellen sollen. Nur waren die Realität und die Umstände eine ganz andere. Man kann den Bau doch nicht ohne die damalige Geschichte und die damaligen Voraussetzungen beurteilen.


    Das ist natürlich auch eine Frage des Denkmalschutzes inwieweit die DDR Architektur erhalten werden sollte, und was schützenswert ist.


    Und bitte, jetzt nicht hier auch den Abriss des Palastes der Republik besprechen, wir vermischen sonst Themen.


    Nur ein kleiner Schocker. Ich habe hier ein Bild von einem Bau aus der Bundesrepublik. Auch dort wurde "modern" gebaut.
    Ich bin mir sicher, dass euch der gleiche Bau, wenn er von der DDR auf dem Schloßplatz verwirklicht worden wäre auch nicht gefallen hätte. Besonders gut passt er ja auch nicht zum Palais Schaumburg.
    Es ist also nicht so, dass der "böse" Osten extra häßlich gebaut hätte um die Leute zu ärgern. Wir haben es also mit einem bestimmten zeitgebunden Architekturverständnis zu tun.
    Es ist müßig jetzt aus allen Jahrhunderten und Epochen irgendwelche Lieblingsbauten damit zu vergleichen. Die Architekten der damaligen Zeit haben halt so getickt.

    Bundesarchiv B 145 Bild-F062200-0026, Bonn, Bundeskanzleramt.jpg


    Herrlich, wie das Bundeskanzleramt zum benachbarten Palais Schaumburg passt. Sowohl farblich als auch von der Kubatur, hübsch ;)

    Bundesarchiv B 145 Bild-F062200-0037, Bonn, Palais Schaumburg

  • Ich bin mir sicher, dass euch der gleiche Bau, wenn er von der DDR auf dem Schloßplatz verwirklicht worden wäre auch nicht gefallen hätte. Besonders gut passt er ja auch nicht zum Palais Schaumburg.
    Es ist also nicht so, dass der "böse" Osten extra häßlich gebaut hätte um die Leute zu ärgern. Wir haben es also mit einem bestimmten zeitgebunden Architekturverständnis zu tun.


    Das hat doch nie jemand angezweifelt. Ich zweifle nur an, dass diese Bauten so unglaublich besonders wären, bloß weil sie für die klamme DDR eine vergleichsweise große finanzielle Anstrengung waren.


    Architektonisch ist das alte Bundeskanzleramt übrigens ein "schlechtes" Beispiel für extra häßliche Architektur der alten Bundesrepublik. Denn zumindest in der bekannten Frontansicht "duckt" sich der niedrige Baukörper ja regelrecht in das begrünte Grundstück. Sozusagen steingewordenes westdeutsches Understatement und politische Sachlichkeit (war ja auch das Staatsverständnis, siehe der dritte Bundespräsident der Bundesrepublik, der mit den Worten zitiert wird "Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!"). Sieht man ja auch sonst in Bonn, zB das Bundestagshochhaus, was man kaum zweckmäßiger hätte gestalten können. Keinerlei Repräsentationsgetue (was ich erfrischend finde und in der "Berliner Republik" schon etwas vermisse).


    Diese riesigen Solitäre direkt neben dem Roten Rathaus sind dazu ein krasser Gegenentwurf. Sie kommen zwar architektonisch und bautechnisch nicht gerade raffiniert und edel daher, aber dafür so richtig klotzend. In meinen Augen sind das einfach schlecht gemachte Gebäude. Ganz simpel. Und darum nicht dauerhaft erhaltenswert. Ich will auch nicht "Tabula Rasa" machen, wenn das im bisherigen Tempo mit dem Wandel rund um den Alex weitergeht, sukzessive, bin ich ja schon vollkommen zufrieden. Nur wenn dann mal eine Generalsanierung ansteht, dann bin ich zB für einen Abriß und eine Neugestaltung, ggf. auch mit einer ansprechenden Freifläche (Stadtpark), damit das Rote Rathaus wieder stärker als Solitär und ganz für sich wirken kann (umgekehrt kann man gerne das unmotiviert gestaltete Marx Engels Forum bebauen; unter Beachtung der Traufhöhe und einer gewissen Kleinteiligkeit natürlich).


    Denn das ist auch sowas, was mich an dem DDR Städtebau stört. Das Rote Rathaus wird fast in einen toten Winkel gedrängt. Das kann man vermutlich durchaus auch als politisches Statement der DDR Führung verstehen, nach dem Motto "in Berlin regieren nicht Bürger und deren Vertreter, sondern die Partei". Damit ist eine ganz andere Message verbunden gewesen, als zB mit dem gezeigten Kanzleramt, was sich bewusst nicht in den Vordergrund drängt und in der Bescheidenheit und Funktionalität genauso ein Hochschulgebäude aus der selben Bauzeit hätte sein können. Dieses Farbbild macht das etwas deutlicher: http://de.wikipedia.org/wiki/B…ndeskanzleramt_200702.jpg


  • Es ist also nicht so, dass der "böse" Osten extra häßlich gebaut hätte um die Leute zu ärgern. Wir haben es also mit einem bestimmten zeitgebunden Architekturverständnis zu tun.


    Nun, genau darum ging es doch. Die Hässlichkeiten der Moderne werden überall auf der Welt nach Ablauf ihres Mindesthaltbarkeitsdatums abgerissen und durch andere, dem Zeitgeist entsprechende Hütten ersetzt. Das ist quasi systemimmanent. Auch in Berlin. Warum also sollte für DDR Hinterlassenschaften eine Ausnahme gemacht werden? Ich würde es verstehen, wenn es sich tatsächlich um architektonisch herausragende und wegweisende Objekte handeln würde (von denen es ja wirklich einige gibt) - das kann ich bei diesen Bauten aber auch mit viel gutem Willen nicht erkennen.

  • Solange diese Bauten auch weiterhin die Interessen der Besitzer als auch der Bewohner erfüllen wird es wohl kaum zu einem Abriss kommen.


    Und wenn man in 20 Jahren zu dem Schluss kommt, dass die Gebäudesubstanz dermaßen intakt ist, dass eine abermalige Sanierung Abriss und Neubau vorzuziehen ist, werden wir es wohl selbst nicht mehr erleben, dass die Bauten irgendwann mal abgerissen werden.


    Ich hätte statt der Rathausplatten auch gerne andere Gebäude in Dimensionen die sich an der Traufhöhe des Rathauses orientieren. Derzeit ist aber vor allem auf politischer Ebene ein Abriss kaum durchsetzbar.

  • Die Hässlichkeiten der Moderne werden überall auf der Welt nach Ablauf ihres Mindesthaltbarkeitsdatums abgerissen und durch andere, dem Zeitgeist entsprechende Hütten ersetzt. Das ist quasi systemimmanent. Auch in Berlin. Warum also sollte für DDR Hinterlassenschaften eine Ausnahme gemacht werden?


    Also ich bin ja auch kein Freund der DDR-Architektur, aber eins muß man doch sagen und seinen Polemik-Modus etwas temperieren:


    1. Der Bau hat durchaus auch Qualitäten
    2. Es ist ein repräsentativer und prestigeträchtiger DDR-Bau
    3. Er verleiht dem Ort eine gewisse historische Authentizität. Für mich würde es eine starke Entfremdung ausmachen, wenn er verschwände. Das gilt für das Berlin-Carrè schon etwas weniger.
    4. Er entwickelt angesichts der Verwestlichung der Gegend immer mehr Kultcharakter. Dieser Effekt trifft auf viele nicht sanierte authentische DDR-Bauten im Ost-Zentrum zu.


    Kurzum, ich erzähle hier ja immer etwas von Dialektik und Ganzheitlichkeit. Von mir aus kann man den Bau in 40 Jahren abreißen. Er erfüllt heute aber noch wichtige Funktionen. Für mich stellt er ein gutes Stück Berliner Heimat dar.


    Nicht zuletzt droht uns irgendein Schrott, wenn man jetzt abrisse. Diese realpolitischen Faktoren sind doch alle bekannt. Deshalb verstehe ich diesen Abrißwaschzwang nicht. Er ist einfach destruktiv in dieser Rigorosität - und er widerspricht einfach dem natürlichen Empfinden und dem Bedürfnis nach Heimat.


    Der Bau ist zehnmal ausdrucksstärker als irgendwelche Ost-Platten an der Lichtenberger Straße oder so. Man schneidet sich selbst ins Fleisch, wenn man jetzt die Passagen abrisse.


    Ich mag die Passagen, sie sind als so ein krasser egalitärer Wohnbau im dichtesten Zentrum auch etwas Besonderes. Ich zähle sie eher zur klassischen Moderne als zum normalen DDR-Plattenbau-Schrott. Wie dem auch sei, ich verstehe diese Abrißdestruktivität nicht. In 30 Jahren gerne, aber doch nicht jetzt. Der Bau hat in vielerlei Hinsicht noch seinen Wert - und das sollte auch die Abriß-Fraktion bedenken.

  • Die Rathauspassagen werden - je weniger andere DDR Bauten noch stehen - mehr und mehr zum ideologischen Symbol sei es für Identifikation, untergegangener Heimat, oder humanes Wohnen in der Stadtmitte oder moderner Städtebau - je nachdem was gerade opportun ist.


    In dieser Form ist das ein Phänomen und ich habe ich es noch nie wahrgenommen, dass - oftmals banalste - Architektur stellvertretend für ideologische Auseinandersetzungen instrumentalisiert wird.

    In Deutschland hatten wir in den letzten hundert Jahren so ziemlich jede Regierungsform durch, aber weder das Kaiserreich, noch die Weimarer Republik, von der Nazidiktatur ganz zu schweigen bis über die frühe Bundesrepublik, wurden so erbitterte Auseinandersetzungen über Abriss von Gebäuden, die stellvertretend für eine Regierungsform, bzw. Ideologie standen debattiert wie in den letzten 24 Jahren bei DDR Bauten. Und je weniger davon übrig sind, desto härter naturgemäss die Debatten. Rationalen Argumenten sind die Befürworter nicht zugänglich, da diese nicht angenommen werden, das Ganze spielt sich auf einer anderen Ebene ab, mehr einer Emotionalen wie bei Echter Berliner oder rein Ideologischen wie bei vielen anderen oder einer Mischung aus beiden.


    Das grösste Übel der Rathauspassagen - neben der verfehlten Kubatur - ist meiner Meinung nach die völlige Ausrichtung auf das Marx Engels Forum und dessen Abschottung, das gleiche wurde ja auch auf der Nordseite errichtet.
    Um den Stadtkern wieder erlebbar und durchlässig zu gestalten, bräuchte es allerdings einen Archtektur, die dies dann auch umsetzt. Durch den Bau des unseligen Parkhauses an der Rückseite wurden ja schon Fakten geschaffen, die es nochmals erschwerden, da was zu verändern.


    Alle Diskussionen über die Bebauung des MEF sind für mich immer im Zusammenhang mit der Einbindung des angrenzenden Stadtraums zu sehen, und das kann nur gelingen, wenn die Durchlässigkeit zum Klosterviertel im Süden und im Norden zum Hackeschen Markt auch baulich berücksichtigt wird.


    Ich denke da wird die nächsten Jahre nicht allzuviel passieren weil die Aufgaben für die Stadtplanung zu komplex sind und zuviele unterschiedlichste Interessen vereint werden müssten. Ich denke Frau Lüscher hat mit Ihren 2o Jahren, die das noch dauern wird die Sachlage realistisch eingeschätzt.

  • In Deutschland hatten wir in den letzten hundert Jahren so ziemlich jede Regierungsform durch, aber weder das Kaiserreich, noch die Weimarer Republik, von der Nazidiktatur ganz zu schweigen bis über die frühe Bundesrepublik, wurden so erbitterte Auseinandersetzungen über Abriss von Gebäuden, die stellvertretend für eine Regierungsform, bzw. Ideologie standen debattiert wie in den letzten 24 Jahren bei DDR Bauten.


    Die ideologischen Auseinandersetzungen in Deutschland waren von 1848 bis 1968 gewiss sehr viel heftiger als in der gemütlichen Zeit seit der Wende. Wir waren eben nur nicht dabei.


    Der Frankfurter Häuserkampf Anfang der 1970er war vermutlich auch heftiger als die heutigen Auseinandersetzungen mit den letzten Hausbesetzern der linksradikalen Szene in Berlin. Damals ging es ja auch um Abriss oder Erhaltung der alten Häuser und heute eher um die Frage wie stark die Miete durch eine Renovierung steigen würde.




    Und je weniger davon übrig sind, desto härter naturgemäss die Debatten. Rationalen Argumenten sind die Befürworter nicht zugänglich, da diese nicht angenommen werden, das Ganze spielt sich auf einer anderen Ebene ab, mehr einer Emotionalen wie bei Echter Berliner oder rein Ideologischen wie bei vielen anderen oder einer Mischung aus beiden.


    Jeder hält sich und seine Meinung für vernünftig und die Gegner für egoistisch, verblendet, ewig gestrig, zu emotional oder zu emotionslos usw. usf.

    Einmal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Jeder hält sich und seine Meinung für vernünftig und die Gegner für egoistisch, verblendet, ewig gestrig, zu emotional oder zu emotionslos usw. usf.


    Das ist sicherlich richtig, deswegen sollte man auf die Bebauung mal ohne jegliche Brille drauf schauen.

    Meiner Ansicht nach würde doch in jeder anderen Stadt weltweit eine solche Bebauung als Schandfleck und Sanierungs-/Abrissgebiet eingestuft werden. Ebenso sieht doch keiner diese Gebäude nur deswegen als hässlich an weil er etwas gegen Kommunisten/Sozialisten hat, da ähnliche Gebäude auch unter anderen politischen Prämissen gebaut wurden.


    => Es besteht also Handlungsbedarf ... allerdings ist da m.E. noch Zeit, da
    1. Berlin aktuell genug Baustellen hat
    2. Die Neugestaltung nicht im Hauruckverfahren stattfinden sollte

  • Meiner Ansicht nach würde doch in jeder anderen Stadt weltweit eine solche Bebauung als Schandfleck und Sanierungs-/Abrissgebiet eingestuft werden.


    Nunja, die große Mehrheit der Städte weltweit liegt in eher armen Regionen und überall dort würden die Klagen über die mangelnde Schönheit des Gebäudes wohl eher als Luxusproblem gesehen.

  • Interessant, dass gerade die Diskussionsteilnehmer die das Ideologie-Argument am lautesten in den Raum werfen sich am meistem der Beschäftigung mit dem Objekt der Kritik verweigern. Gerade diese Verhaltensweise läßt die Frage offen, ob nicht gerade diese "Verneinung" der Ideologie selbst ein Akt der Ideologie-Produktion ist.
    Sollte nicht dann auch die Forderung nach einem Abriss des Alea und des Cubix genauso laut und deutlich formuliert werden wie die Forderung nach der Beseitigung der Rathauspassagen? Immerhin wäre dies zumindest der Gleichbehandlung von Bauten aus verschiedenen Epochen die in eine bestimmte städtebauliche Idealvorstellung nicht passen. Das Cubix entspricht sicherlich nicht dem Schönheitsideal der Bauten aus dem Jahr 1850.


    Müssen wir dann aber nicht auch thematisieren, inwieweit die Umbauten der Nachwendephase die Rathauspassagen verschlechtert haben? Sind nicht genau die genannten Kritikpunkte der Kritiker erst durch den Anbau eines Parkhauses und groß angelegte Umbauten entstanden / bzw. massiv verschärft worden. Können wir auf das Parkhaus nicht guten Gewissens verzichten? Auch wurde die DDR-Lichtreklame entfernt, die ein wesentlicher Bestandteil des Architekturerlebnisses war. Heute wissen wir, dass die Lichtreklame der DDR ein sehr interessantes Feld darstellt Vergleich Spiegel-Artikel und Fachbuchempfehlung.


    Man kann ja die ursprüngliche Architekturidee eines Hauses auf Stelzen gar nicht mehr nachempfinden, weil das Erdgeschoss mit dieser Ladenzeile zugebaut wurde. Der architektonische Gesamteindruck und die Gestaltungsidee wurden somit massiv verschlechtert. Das sind Fakten, die eine Debatte über das Denkmalschutzverständnis auslösen müssen.
    Ich bin der Meinung, dass man einen Rückbau der Nachwendeumbauten zumindest diskutieren muss.