Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Also vom "schwindenden Selbstbewußtsein der SED-Führung" kann ich am MEF nichts erkennen. Und "Fremdschämen" (Architektenkind) käme mir auch nicht in den Sinn, es sei denn ich würde eine angeblich bessere Form des Sozialimus verfechten (die noch nie gelungen ist).


    Aus meiner Sicht müsste das staatliche Minimalprogramm sein dieses Propagandabild zu kritisch zu kommentieren, nd zwar mehrsprachig.


    Die Frage ob nach der Fertigstellung der U-Bahn die Denkmalanlage wieder in den alten Zustand versetzt wird oder in ihrer komprimierten, jetzigen Form (unter Begleitung des Künstlers) verbleibt scheint ja nach wie vor unklar.

  • ^^ Wenn man von den paar Skulpturen absieht, derer Themen erst dann bewußt werden, wenn sie jemand beschreibt - die Blöcke rundum entspringen einer Zeit, in der ähnliche genauso in Ost wie in West gebaut wurden. Ich sage nur Köln-Chorweiler - da auf den letzten Seiten Paris erwähnt wurde, der Südrand der Innenstadt ist für ähnliche Blöcke berüchtigt. Die Gedanken dahinter wurden ab den 1970er Jahren genauso im Osten wie im Westen kritischer gesehen. Ich erinnere mich noch an die polnische Architekturzeitschrift Architektura aus den späten 1970er Jahren mit Entwürfen einer Warschauer Satellitenstadt mit Blockrandbebauung statt Zellen in postmoderner Architektur ähnlich jener, die hin und wieder für das MEF vorgeschlagen wird. Nur weil die Mittel knapp waren, wurde vor der Wende relativ wenig davon umgesetzt.


    So wundert mich geradezu, dass nach knapp 4000 Postings hier weiter Ideologie das Hauptthema bleibt. Es war der in Ost/West damals vorherrschende architektonische Zeitgeist, der heute weitgehend als Fehlentwicklung angesehen wird. Eine andere Frage, wann die Blöcke um das MEF ersetzt werden können - bereits oft war darüber die Rede, dass aufgrund der Finanzen, der Wohnsituation usw. (leider) nicht in den nächsten Jahren. Irgend etwas um eine Generation, 20-30 Jahre vielleicht. Irgendwann wird eine Generalsanierung fällig, bei der der Investor feststellt, dass sie sich nicht lohnt. In Hamburg stehen ab und zu Wohnblöcke der 1960er Jahre zur Disposition.


    Was das Innere betrifft - zwischen der Komplettbebauung und Komplett-Freilassen gab es hier hin und wieder den Vorschlag der flankierenden Verkleinerung des MEF beim Erhalt der Blickachse Fernsehturm-Schloss und des Belassens des Rathausforums.

  • Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie man aus diesem doch glasklaren Propagandadenkmal durch Relativierung etwas machen will, dass auch in einer Kölner Vorstadt entstanden sein soll. In dem 70er-Jahre Areal der Domstadt, das an Tristesse den meisten osteuropäischen Plattenbaugebieten in nichts nachsteht, wird weder Marx, Engels, Lenin oder Wilhelm Pieck gehuldigt, auch nicht die Zwangsvereinigung von SED und SPD gefeiert. Das sind eben nicht "ein paar Skulpturen" sondern es ist - so wie es unter Denkmalschutz steht und wiederherstellt werden soll - eine Denkmalanlage in der Größenordnung des Roten Platzes in Moskau.


    Dies einfach stets beiseite zu schieben, zu verdrängen und die Entgrenzungen des SED-Städtebaus durch Gleichsetzung mit Westdeutschland fortwährend in einem allgemeinen Welttrend aufgehen zu lassen ist absurd.


    Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: ich meine nicht, dass das Denkmal weg sollte. Es muss aber aus meiner Sicht räumlich begrenz und vor allem wissenschaftlich kommentiert werden, so wie man es mit allen baulichen Zeugen von Diktaturen macht.

  • ^ Auf den darüber verlinkten Skulpturbildern sehe ich weder Marx noch Engels; bei Bedarf könnte man sie innerhalb der MEF-Restfläche versetzen. Geht es jetzt um diese Skulpturen oder um die städtebaulich gesehene Gesamtanlage, die gerne etwas verkleinert (zugunsten der Bauten, die an die einstige Altstadt erinnern) werden könnte, in weiterer Perspektive lieber von Bauten wie das Hotel Radisson umgeben als von Blöcken, die sehr wohl auch im Westen ähnlich entstanden sind. Da war Bautechnologie entscheidend, nicht irgendwelche Ideologiefloskel, an die ohnehin kaum jemand glaubte (ja, ich habe den real existierenden Sozialismus erlebt, zuletzt als Student).

  • Aber ich sehe diesen Artikel eher als Beleg für meine These, dass das MEF auch in der DDR schon ein Stück postideologischer Städtebau war


    Kannst du das vielleicht noch anderweitig belegen? Saxonia zeigt ganz eindrücklich auf, was für ein Kuriositätenkabinett des DDR Agitprop das MEF war und ist. Um mir eine noch stärker ideologisch verkleisterte Grünanlage vorzustellen fehlt mir ehrlich die Fantasie. Somit ist das, liebes Architektenkind, wirklich eine sehr steile These.


    Davon abgesehen erlaube ich mir auch ästhetische Ansprüche an eine öffentliche Grünanlage zu stellen. Einen freudloseren Ort, als dunkle und überaus "hartleibig" dreinblickende Figuren, die auch nicht unbedingt von bildhauerischer Eleganz sind, die dazu noch inmitten eines im grauen Raster gepflasterten Platzes stehen, kann ich mir kaum vorstellen.


    Einen größeren Kontrast zwischen dem ja auch nicht übermäßig verschnörkelt gestalteten Lustgarten schräg gegenüber sowie dem MEF kann ich mir bzgl. einer Grünfläche rein ästhetisch auch kaum noch vorstellen.


    Das Areal ist einfach richtig häßlich und das ist eigentlich nach meiner Alltagserfahrung unter Berlinern und Berlin-Besuchern gigantischer Konsens. Man kann natürlich alles verbildet und vergeistigt zu kunsthistorischen Kleinoden hochjazzen. Außerhalb des Zirkels, der sich auch kontrastreiche s/w Aufnahmen von Plattenbauten an die Wohnzimmerwand hängt, wird aber kein Mensch in Berlin dem MEF eine Träne nachweinen, wenn es kurzerhand mit dem Bulldozer beseitigt und durch Lustgarten II ersetzt werden würde. Und nicht alles hat einen Denkmalwert einfach nur, weil es schon älter ist. Dabei ist das MEF ja nicht einmal alt. Es hat nicht einmal seinen 25. Geburtstag erlebt bevor es 2010 zur Baustelleneinrichtung für die U5 Baustelle eh in seiner Originalsubstanz zerstört wurde.


    Da irgend einen Denkmalwert reinzudeuten ist echt weit hergeholt. Wenn es die Baustelleneinrichtung nie gegeben hätte dann hätte man darüber ja sogar noch diskutieren können. Aber eine Rekonstruktion - das wäre dann ja notwendig! - eines grobschlächtigen Kuriositätenkabinetts spätsozialistischen Agitprop-Städtebaus? Ich halte es für eine Vergeudung von Steuergeld.

  • Hier mal noch die Pressemitteilung der GHB zum Abschluss des Bürgerbeteiligungsverfahrens.
    Die GHB erkennt das Verfahren nicht an. Moniert wird, dass deren städtebaulichen Visus unterdrückt wurden.


    So stellt sich die GHB aktuell eine Bebauung des Rathausforums vor:



    (C) GHB


    Ein Platz vor dem Rathaus entfällt, die Repräsentationsfläche der Rathausfront fällt nur noch minimal aus. Richtung Alex rücken die Baublöcke viel zu dicht an die FT-Fußbebauung und berauben sie so ihrer Wirkung.
    Die Marienkirche wird in einem Neubaublock versteckt und darf ihre Front fortan nur noch zu einer Hauptverkehrsstraße (KLS) zeigen.
    Auf dem MEF entstehen 5 Blöcke mit leicht barockem Stadtplatz in der Mitte.


    Für mich kein überzeugender Vorschlag, weder für's MEF und schon gar nicht für den Bereich oberhalb der Spandauer.

  • Find ich auch grottig. Gerade die wenigen historischen Leitbauten auf dem Areal werden von der G"H"B verdeckt. Dabei sollte man auf diese den Fokus der Entwicklung stellen.

  • Kannst du das vielleicht noch anderweitig belegen? Saxonia zeigt ganz eindrücklich auf, was für ein Kuriositätenkabinett des DDR Agitprop das MEF war und ist. Um mir eine noch stärker ideologisch verkleisterte Grünanlage vorzustellen fehlt mir ehrlich die Fantasie. Somit ist das, liebes Architektenkind, wirklich eine sehr steile These.


    Mit Belegen ist das so eine Sache, aber ich versuche es mal mit einer Analogie: Das Hermannsdenkmal, der Kyffhäuser oder ein beliebiger Bismarckturm sind gebauter Ausdruck des deutschen Nationalismus im 19. Jahrhundert. Es würde gar nichts bringen, die Krone auf dem Kyffhäuser-Denkmal durch – sagen wir – eine Büste von Thomas Mann zu ersetzen, denn jeder würde sofort erkennen, dass dieser Bau mit der Literatur Thomas Manns nichts zu tun hat. Da würde auch keine schwülstige Rede helfen, die das Gegenteil behauptet.


    Anders das MEF: Man tausche Marx und Engels gegen Wilhelm I., benenne die Plastiken um ("Die Schönheit deutscher Stämme", "Eisen und Blut schmieden das Reich", oder so) und schon hätte man ein 1a-Bismarckforum, ohne auch nur einen Baum fällen, einen Weg verlegen oder einen Pflasterstein herausreißen zu müssen.


    Das meine ich mit "äußerlich": Der Platz mit seinen Bäumen, Grünflächen und Wegebeziehungen ist politisch und historisch ziemlich neutral; die ideologische Aufladung erfolgt vor allem durch die Benennung und – am Rande – durch die ausgestellte Kunst. Denn, vom Marx-Engels-Denkmal abgesehen, muss man selbst der Kunst ihre Bedeutung erst andichten. Die gequälten Marmormänner könnten auch "Zeus siegt über die Titanen" heißen, und kein Passant würde stutzen. Oder man graviert ihnen einen Satz von Walter Benjamin ein: "Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein." Ja, unter diesem Titel würden sie mir, glaube ich, sogar ganz gut gefallen.


    Was den GHB-Vorschlag angeht, schließe ich mich Batos Kritikpunkten an. Dass man dem Fernsehturmsockel derart auf die Pelle rücken will, kann ich aus Traditionalisten-Perspektive zwar nachvollziehen. Ernstnehmen kann ich es aber nicht, sondern werte es als kalkulierte Frechheit gegenüber einem echten Denkmal der Moderne – eine Art stadtplanerischen Stinkefinger, der keine Perspektive auf Umsetzung haben wird (sähe nämlich nicht zuletzt sch**** aus ;)). Aus keiner Perspektive nachvollziehen kann ich die Entscheidung, den Platz vor dem Roten Rathaus auf einen verbreiterten Fußweg zu reduzieren. Auch hier geht der Plan des GHB auf Kosten eines der Wahrzeichen Berlins – diesmal aber auf Kosten eines seinerseits historischen. Die Visus auf der Seite sehen zudem aus wie Patzschkismus-Styroporismus im Touri-Gefälligkeits-Format.


    Zur Planung auf der MEF-Fläche kann ich sagen: Einverstanden mit der Wegeführung zwischen Liebknecht- und Rathausstraße, die Achse zwischen Fernsehturm und Humboldtforum fällt mir aber deutlich zu schmal aus, und eine Öffnung des Platzes hin zum Ufer gibt es auch nicht. Alles in allem also nichts, was mich hinter dem Ofen hervorlocken könnte...

  • Richtung Alex rücken die Baublöcke viel zu dicht an die FT-Fußbebauung und berauben sie so ihrer Wirkung.
    Die Marienkirche wird in einem Neubaublock versteckt und darf ihre Front fortan nur noch zu einer Hauptverkehrsstraße (KLS) zeigen.


    Das alles wollte ich gerade selbst schreiben - mit solchen Vorschlägen schreckt man nur von der Verkleinerung zu großer Fläche ab. Die optimale Lösung liegt irgendwo zwischen dem Ist-Zustand und diesem viel zu zusammengepferchtem Entwurf.


    Das hat Bato schon mal selber vor einigen 100 Postings visualisiert - ein Rathausforum ohne neue Bebauung (den großen Brunnen finde ich nett, selbst wenn er in einer Zeit entstanden ist, in der meine Eltern in den Läden kaum was kaufen konnten), auf dem eigentlichen MEF vier neue Baublöcke mit der Sichtachse FT-Schloß in der Mitte und einer Fußgängergasse quer. Wie breit diese ausfallen sollte, könnte man noch (lange) diskutieren. Diese Bebauung würde ich als Erweiterung des Nikolaiviertels ansehen - wie paarmal erinnert, auch dieses Viertel ist noch in der DDR entstanden, als die Mode auf autogerechte Städte mit überdimensionierten Weiten überall vorüberging. Auf dem verbliebenen Rathausforum könnte man genügend Platz für allerlei Skulpturen finden - laut Wikipedia und Google standen sie im Westen, auf dem MEF. Vielleicht könnte man sie irgendwo in die Wände der Rekonstruktionen einbauen, wenn sie nur eine Schauseite haben? (Gerne mit angebrachten Tafeln über die Geschichte daneben.)

  • Ich glaube der Entwurf ist recht strategisch gemeint. Man baue erstmal "Historische Tatsachen" um dann später die "Minderwertigkeit" des Rest anzukreiden, damit man die "unsäglichen" Plattenbauten endlich abreißen kann.
    :nono: Stumpfer Kindergarten.

  • ^...du liebe Güte, Du warst 10 Jahre alt als dieses Regime seinen Geist aufgab. Welche seelischen Schäden hast du doch gleich davongetragen, von diesem Regime, welche Entbehrungen musstest Du erbringen???? Keine Fischstäbchen, keine Kinderüberraschung? Mich erstaunt doch immer wieder mit welcher Vehemenz gerade Jüngere hier immer wieder diese ideologischen Schlachten schlagen wollen, die sie garnicht betreffen. Mach dich mal locker und setze dich wie Pumpernickel und ich für einen schönen Stadtgarten ein. .cool.


    ...Jetzt hast du deinen Beitrag nachträglich geändert und meine Tirade läuft ins Leere...doch ich erkenne versöhnliches, unter anderem was ich selbst mal vorgeschlagen habe. Den alten Stadtgrundriss in Form von Gartengestaltung, Beeten, Wegeführungen wieder erfahrbar machen. Einen grünen Stadtgrundriss eben auf einem grünen Forum, ergänzt durch einen Informationspavillion der nicht nur über die Historie des MEF/RF informiert sondern über die vollständige Geschichte dieses für Berlin so wichtigen Ortes über die Jahrhunderte hinweg. „Versöhnlich“ ist auch das Zauberwort an diesem Ort.


    Hmm, Ist zwar jetzt schon zwei Seiten her der Post, aber ich wollt doch nochmal fragen Camondo: Hast Du Dich auf mich bezogen?


    Ich habe im Prinzip gar nichts gegen Deinen bzw. Pumpernickels Vorschlag eines Stadtgartens... cool will auch ich bleiben:) Eine besondere Bedeutung dieses Innenstadtbereiches ist aber meiner Meinung nicht wegzudiskutieren. Ich selbst halte auch nichts von ideologischen Grabenkämpfen - es handelt sich aber einfach um ideologisch "vorbelastete" Orte. Da ist es meiner Ansicht wichtig eine geeignete Antwort drauf zu finden, sei es mit einem Skulpturengarten, der die "alten" Skulpturen integriert oder mit einer Rekonstruktion der infolge des U-Bahnbaus "dahingeschiedenen" Parkgestaltung des MEF.


    Eine Nachzeichnung des alten Stadtgrundrisses innerhalb des S-Bahnviadukts in der Umgebung des Rathausforums finde ich großartig! Hier ergeben sich tatsächlich Gemeinsamkeiten unserer Meinungen:)



    Was den Vorschlag der GHB angeht: Hier bin ich absolut Batos und Architektenkinds Meinung, dass die Bebauung viel zu nah an den Fernsehturm heranrückt. Eine Respektlosigkeit gegenüber diesem Berliner Wahrzeichen und für mich günstigstenfalls ein Beleg für fehlendes städtebauliches Einfühlungsvermögen..
    Dieser Ort ist von Wahrzeichen (Marienkirche, Rotes Rathaus, Fernsehturm..) geprägt und diese sollten m.A. hervorgehoben bleiben. Ein bisschen Altstadt dazwischenzukleben, auch wenn ich kein genereller Gegner von Rekos bin erscheint mir grotesk. Meiner Ansicht sollte man, wie von Camondo erwähnt, den alten Stadtgrundriss wieder lesbar machen - vielleicht mit Baumreihen, die auf den beiden Foren die Häuserwände nachzeichnen?


  • Das meine ich mit "äußerlich": Der Platz mit seinen Bäumen, Grünflächen und Wegebeziehungen ist politisch und historisch ziemlich neutral; die ideologische Aufladung erfolgt vor allem durch die Benennung und – am Rande – durch die ausgestellte Kunst.


    Der Platz ist vor allem eine städtebauliche Notlösung, geschaffen um die innerstädtische Grünbrache bis zur 750 Jahr-Feier etwas ansehnlicher aussehen zu lassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Ensemble nicht allzu lange Bestand gehabt hätte und irgendwann einer Erweiterung des Nikolaiviertels hätte weichen müssen. Stattdessen fiel das ganze in einen postsozialistischen Dornröschenschlaf und wird heute zu einem wichtigen Ensemble der DDR Baugeschichte hochstilisiert, was es natürlich nie war.

  • ^ Ich weiß nicht, was ein Youtube-Link beweisen soll, der mit dem Schriftzug "DDR-Propagandafilm" beginnt. Ich konnte nur ein paar Minuten aushalten (davon sah ich genug im ersten Teil des Lebens), doch in diesen wird ausführlich das Brandenburger Tor von Langhans aus dem Jahr 1790 vorgestellt - als besonders wichtige Sehenswürdigkeit. Es scheint, zur Entstehungszeit des Films (1970er Jahre?) erreichte man bereits einen Stand, in dem man stolz auf Baudenkmäler der Vor-Sozialismus-Zeit sein konnte. Tel33 mag Recht haben, dass man irgendwann auf einem Teil des Platzes das Nikolaiviertel erweitern würde - leider kann man darüber nur spekulieren.


    Wir leben aber in 2016, in vielen Städten gibt es Rekonstruktionsprojekte - Frankfurt, sogar Duisburg. Solche mit historischen Bürgerhäusern hat auch Berlin bitter nötig. Hier ist gerade der richtige Ort dafür, weil es gerade hier die historische Altstadt gab.

  • Ich meine man sollte erstmal die Fundamente der ehemaligen Altstadt ausgraben und dann nochmal darüber nachdenken was da nun stattdessen hinsoll. Wenn man sich Fotos aus der Nachkriegszeit ansieht standen einige Häuser noch völlig intakt da. In den sechziger Jahren hat man alles abgerissen und Erde darüber gekippt. Die Keller sind wahrscheinlich wie beim alten Rathaus noch da. Die Marienkirche war wie alle Kirchen in Altstädten nie freistehend sondern von enger Bebauung umgeben. Sie steht noch auf dem ursprünglichen Niveau, das sollte man wiederherstellen.

  • ^ Es geht doch nicht um die Namensvergabe von architektonischen Situationen/Gegebenheiten die man so nicht miteinander vergleichen kann.
    Eine Frage, warum ist der Schlossplatz in Stuttagrt so beliebt? Du weisst schon, diese große freie begrünte Fläche im Zentrum Stuttgarts, die sich vom Landtag bis zum Königsbau erstreckt. Lustgarten und MEF/RF. beides grüne Lungen im Zentrum einer Millionenstadt um die uns andere Metropolen beneiden und nach dem U-Bahnbau auch weiter beneiden werden.


    Camondo, du hast Glück, dass nicht allzu viele Stuttgarter die Berliner Forumsbeiträge verfolgen denn dein Vergleich zwischen dem MEF mit dem Stuttgarter Schlossplatz ist eine Beleidigung für alle Stuttgarter die ihre Stadt lieben und schätzen. Die einzige Schnittmenge die ich erkennen kann, ist die Tatsache dass das MEF auch eine Freifläche in einer Großstadt ist. Der Vergleich kann nicht anders als ein starkes Plädoyer für die Reurbanisierung des MEF betrachtet werden.


    Der Schlossplatz ist die gute Stube von Stuttgart und entstand, wie sollte es anders sein, in Zusammenhang mit dem Bau des (Neuen) Stuttgarter Schlosses in der zweite Hälfte des 18. Jhdt. Anders als in Berlin, wo Andreas Schlüter fünfzig Jahr früher für die radikale barocke Überhöhung des Renaissance-Schlosses das Vorbild eines Römischen Palazzos verwendete , wurde die Stuttgarter Residenz neben dem Alten Schloss nach Französischem Vorbild außerhalb der Altstadt errichtet und von weit in das Tal hineingreifenden Gartenanlagen flankiert.

    Der aktuellen Stuttgarter Schlossplatz wird von einer wertvollen Bausubstanz gerahmt: das wiederaufgebaute Rokoko Schloss mit Ehrenhof; das wiederaufgebaute Alte Renaissance Schloss; die wiederaufgebaute Alte Kanzlei aus dem 16. Jhdt.; der neue gläserne Kubus des Kunstmuseums, entstanden als Stadtreparatur an Stelle der unter Protest abgerissenen Ruine des Kronprinzenpalais und der danach brachial durchgebrochenen 6 spurigen Stadtautobahn; der wiederaufgebaute klassizistischen Königsbau mit Kolonnade (Referenz am Alten Museum?); der eindrucksvollen Königin-Olga-Bau vom Architekt Paul Schmitthenner aus den fünfziger Jahren und Schließlich das wiederaufgebaute Gebäude des Württembergischen Kunstvereins vom Architekt Theodor Fischer. Der Platz selber ist nach historischem Vorbild gestaltet mit Rabatten, Brunnen, Jubiläumssäule, Gusseiserner Musik-Pavillon, etc. Alles in 1a Pflegezustand, das beherrschen sie dort.
    Die angegliedert Altstadt mit Stiftskirche, Marktplatz, Schillerplatz, etc., ist in ihrer Substanz erhalten und im Grundriss ablesbar und gleichzeitig eine der stärkste Einzelhandelsflächen Deutschlands.

    Wie anders die Lage in unserem Berlin. Das Schloss wurde 1950 vom SED-Regime nicht wieder-aufgebaut sondern gesprengt um Platz zu machen für ein Aufmarschfeld. Der Lustgarten, das Pendant zum Stuttgarter Schlossplatz, war bereits von den Nazis einplaniert. Die historische Altstadt von Berlin wurde - obwohl noch in weiten Teilen wiederaufbaufähig- bis auf die Marienkirche und das Rathaus, restlos abgerissen. Nördlich und südlich des sog. MEF wurden Gebäuderiegel wie aus einem Ludwig Hilberseimer Lehrbuch der zwanziger Jahre errichtet. Schließlich folgte in den achtziger Jahren eine kleine Wende durch den Wiederaufbau des Nikolaiviertels in Post-Moderner Plattenbau-Optik.
    Der sozialistische Schmuckplatz ist bepflanzt mit Pappeln, die Wege sind asphaltiert. Verloren steht der ehemaligen Schlossbrunnen in der Freifläche. Die Pflege des Freiraums, auch bevor der Baumaßnahme der U5, jenseits von Gut und Böse.

    Statt Jubel über den Wiederaufbau des Schlosses oder Forderungen nach einer radikalen Wiederbebauung/-belebung des MEF um wieder ansehnliche, funktionierende Stadträume zu schaffen, werden die „Errungenschaften“ des sog. sozialistischen Städtebaus verteidigt als ob ein Unesco-Weltkulturerbe zur Disposition gestellt wird.
    Das Schöne überlassen wir gerne den Schwaben und Bayern, Berlin ist schließlich die Hauptstadt der Brüche. Der Bundestag, natürlich von schwäbischen und bayrischen MdBs dominiert, stellt großzügig Geld zu Verfügung um den Neptunbrunnen wieder dahin zu stellen wo er Sinn macht, Berlin verwehrt sich gegen Einmischung in Hoheitsthemen.


    Das die Stuttgarter trotzdem auf diese Stadt schauen, mit dem Blick von außen und mit Staunen, lässt sich hier nachlesen: http://www.stuttgarter-zeitung…eb-bea7-c646e943006d.html

  • Taxodium
    Ich habe selbst mal 2 Jahre in Stuttgart gelebt und gerade diese Vorzüge die du hier über den Stuttgarter Schlossplatz zu berichten weißt, genossen. Nichts anderes wollte ich ja auch sagen. Den Wert eben einer großen, von den Bürgern sehr geliebten Grün- und Gartenfläche hervorzuheben. Insofern hast du mich da wohl mißverstanden. Nur machst Du den Fehler den hier viele machen den Wert der Grün- und Gartenfläche nicht als solcher zu erkennen und wertzuschätzen sondern nur dadurch, von welchen bedeutenden Gebäude sie umstanden und eingefasst wird. Ich selbst habe das im Fall des MEF/RF hier auch schon getan, Es hilft bei der Beschreibung des Zentrums einer Stadt und ihrer unterschiedlichen Funktionen ungemein. Und ich kam auf eine ansehnliche Zahl an Gebäuden und Einrichtungen die quasi repräsentativ für das Funktionieren und Leben in einer mitteleuropäischen Stadt vonnöten sind. Alles ist also vohanden inclusive des „Glücksfalles“ einer noch zu gestaltenden Grün- und Parkanlage. Wirklich alles ist da. Es befarf nicht der Zerstörung dieser Fläche.

  • Camondo,
    du sollst die Frage des MEF nicht aus dem Kontext lösen. Hier geht es nicht um eine Grünfläche ja oder nein, sondern um die Frage ob eine Grünfläch an dieser Stelle richtig ist.
    Man kann über Berlin viel negatives behaupten, aber nicht, dass es zu wenig Grünflächen gibt. Jeder Baustadtrat oder Bausenator der was auf sich hält, möchte in seiner Legislaturperiode mindestens eine Grünfläche (Park, Buga, etc) eröffnen. Meine These, die ich an anderer Stelle mal vertiefen werde, ist, dass es in Berlin zu viele Grünflächen gibt. Und die Poliker machen das, weil die Investition in einer Grünfläche gering ist und sie sich sicher sind damit beim Wahlvolk zu punkten.
    Die Diskussion über Freiflächen sollte nicht quantitativ, sondern qualitativ geführt werden.
    Wenn man bedenkt, dass 7.000 Einwohner mehr, auch bedeutet 1 km² (=100 ha. oder ca. 100 Fussballfelder) mehr zu bebauen, wird die Frage ob lieber ökologisch hochwertige Fläche am Rande der Stadt geopfert wird, oder doch lieber nach innen verdichtet wird, schneller auf uns zukommen als wir glauben wollen.