Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Da bestätigt sich meine weiter oben gemachte Einschätzung immer mehr...
    ...im Bürgerdialog wird man sich schlussendlich nur noch über die Farbe der Blumenanplanzungen streiten müssen.


    An anderen Stellen ist es durchaus üblich Gedenktafeln zu betreffenden Personen an Häuserfassaden (möglichst der originalen) anzubringen, dazu müsste man allerdings erstmal ein Gebäude (wieder)haben.
    Vorgreifend auf den "ergebnisoffenen Bürgerdialog" hat man sich nun auf diktatorische Weise für eine raumgreifende und Fakten schaffende Variante entschieden.
    Faktisch hat man sich somit auch schon gegen die Wiedererrichtung des alten Lutherdenkmals entschieden.


    Die (nicht notwendige) Auspielung beider Denkmale bzw. deren Standorte bzw. deren Bedeutungen gegeneinander halte ich für die anmaßendste Sauerei in diesem gesamten Prozeß.
    Mit etwas gutem Willen und echter Dialogbereitschaft hätte man unter Umständen beides an den jeweiligen originalen Standorten (wieder)haben können.



    Ob es für diese Vorgehensweise vielleicht mal einen Untersuchungsausschuß oder ähnliches geben wird ??? :confused:



    Gruß, Jockel

  • Das Lutherdenkmal könnte noch an seinen originalen Standort, da gibt es keine Überschneidungen. Soweit ich gehört habe soll die Wiederaufstellung jedoch mit Verweis auf das laufende Beteiligungsverfahren aufgeschoben worden sein *brüllendlautlach*. Es sollte ja einen Wettbewerb zur Gestaltung des Sockels geben (um zu garantieren, da da nichts Historisches bei raus kommt).

  • Eine Überschneidung gibt es nicht, aber eine ungewöhnliche (aufdringliche) Nähe.
    Man könnte quasi die Mendelssohngedenkplatte auch gleich am historischen Sockel vom Lutherdenkmal anschrauben.



    Gruß, Jockel

  • Ja, das Rathausforum verkommt dann ein wenig zum Abstellort von Denkmalen, die in keiner Beziehung zueinander stehen (Luther, so wissen wir, hatte ein - vorsichtig ausgedrückt - zwiespältiges Verhältnis zum Judentum). Fehlen noch die Aufbauhelfer von Cremer, die zu DDR-Zeiten vor dem Roten Rathaus standen. Wo sind die eigentlich hin?

  • Das mit dem Abstellort meinte ich eher nicht, auch nicht daß die Denkmale in einer Beziehung zueinander stehen müssen.


    Nur sollten die Denkmale nicht willkürlich platziert werden weil diese dadurch die Beziehungen zu dem jeweiligen historisch sinnvollen Standort verlieren und sich gegenseitig ihrer Wirkung berauben oder gar bedrängen. (oder gar helfen sollen sich gegenseitig zu verhindern)


    Der Standort für das Lutherdenkmal ist nunmal historisch definiert. Die Lage der Mendelssohngedenkplatte wäre es am Standort (zumindest teilweise) des ehemaligen Hauses ebenfalls.
    Da man das Gebäude aber nicht mehr hat wäre z.B. das Einlassen der Platte im Gehweg an (fast) historischer Stelle sinnvoller gewesen. (vom Anbringen an der rekonstruierten Fassade ganz zu schweigen)


    Bei der jetzigen Lösung drängt sich mir leider der Verdacht auf durch die Platzierung das Lutherdenkmal (wenigstens) zu verdrängen bzw. schon im vorraus zu beschädigen. (von der Blockierung einer möglichen Bebauung mal abgesehen)
    Man wird dann bei Planungen wahrscheinlich das historische Lutherdenkmal damit belasten das Mendelssohndenkmal in den Schatten bzw. ins Abseits stellen zu wollen.


    ...und das alles meine ich auch mit Fakten schaffen vor dem geheuchelten, sog. Bürgerdialog.



    Gruß, Jockel

  • Ich finde das verwendete Pflaster zu den genannten Punkten extrem unschön. Diese billigen Betonsteine sind Berlin-untypisch und stehen für deutsche Provinzstädte. Warum konnte man nicht wenigstens das klassische Berliner Pflaster verwenden. Wenn es mit rechten Dingen zu geht wird, diese qualitativ äußerst miese Betonumgestaltung in einigen Jahren revidiert.


    :nono:

  • Gut logischerweise bezog sich das zwar auf die Anzahl der Seminare zum Thema [die Jahre], aber danke für die eloquente Antwort du Held.
    Und nein der Text ist nicht von mir.

  • Was ich mich hier nur frage ist - weshalb wählt jemand ein Studienfach, dass er ganz offenkundig und bewusst ablehnt? Die 'Leere' ist der absolute Gegenpol zu architektonischer Kreativität.

  • Was ich mich hier auch noch frage ist, weshalb sprüht man "i love Alex" ins Marienviertel und nicht auf den Alexanderplatz?


    Hier wollen Leute öffentlichkeitswirksam über eine "Leere" mitreden die sie noch nicht einmal ortsbezogen einordnen können.



    Gruß, Jockel

  • ^, ^^ und ^^^: Höhö, hihi, hehe, was sind die alle doof - halten Zettel auf dem Boden für Wissenschaft, glauben, dass ein Loch Architektur wäre und wissen nicht mal, wo sie sind. Was haben wir uns beömmelt! (*Ironie aus*)


    Man könnte auch vermuten, dass die Zettel einfach Assoziationen auf die Frage enthalten, was einem zur Leere des Ortes einfällt, statt sie als "Seminarergebnis" vorzuführen. Man könnte sich eingestehen, dass Architektur immer ein Zusammenspiel von umbautem und freiem Raum ist - Leere also durchaus dazugehört -, statt den Verfassern der Zettel eine "offenkundige und bewusste Ablehnung" des Faches Architektur zu unterstellen. Und man könnte wissen, dass umgangsprachlich (und nicht selten auch in den Medien) nicht nur der Alexanderplatz selbst als solcher bezeichnet wird, sondern das ganze drum herum ebenfalls.


    Aber ihr wählt immer die schlimmstmögliche Lesart, um das Seminar zu denunzieren. Und warum? Ich denke mal, weil ihr es nicht wahrhaben wollt, dass Leute, die sich fachlich mit der Gegend auseinandersetzen, dem status quo etwas abgewinnen können. Ihr macht sie lächerlich, damit Ihr sie als Gegner nicht ernstnehmen müsst. Aber so etwas solltet Ihr doch eigentlich nicht nötig haben, wo Ihr doch alle Argumente auf Eurer Seite glaubt, oder? :nono2:

  • ^ Das ist doch alles Kalkül der Tradionalisten. Schlecht machen, denunzieren, leugnen. Wie gehabt. Selbst noch nie was gebaut, noch nie einen Entwurf entwickelt, aber genau wissend, wie es nicht geht. Deshalb kann ich diese Hetzer nicht ernst nehmen.

  • Schlecht machen, denunzieren, leugnen. (...) Deshalb kann ich diese Hetzer nicht ernst nehmen.


    Selten soviel Oxymoron binnen eines Forenposts gelesen, mit Verlaub (wer so "austeilt", der muss auch "einstecken" können - und sei es nur, indem einem die eigenen Worte vor Augen gehalten werden).


    Ich bin Akademiker. Mit voller Leidenschaft. Ich gehe noch heute gerne in die Unibib und lese neueste wissenschaftliche Literatur und Mags um auf dem Laufenden zu bleiben und neue Impulse zu kriegen, wo andere sich vielleicht zum "After Work Club"-Saufen treffen o. ä. Und ich fühle mich noch heute unter keiner Menschengruppe wohler, als auf einem Hochschulcampus, wo diskutiert, fantasiert und auch dekonstruiert wird.


    Jedoch...der x-te Aufguß eines 1980er New York City Stadtmarketing-Abklatsch (die ollen "I ♥ NY" Shirts) irgendwo ungelenk auf den Boden zu sprühen, bin ich "Traditionalist", wenn ich das einfach albern und substanzlos finde? Ebenso wie Wortgeklingel wie "Die Leere ist ein Spielfeld der Bezüge!"? Das löst bei mir v. a. spontane Impulse des Fremdschämens aus. Schon gar nicht kann ich hier irgend welche konstruktiven Impulse erahnen.


    Apologetisches Geschwurbel, was im Kern doch einfach nur besagt "Lasst alles, wie es ist", lasst es also so, wie es seit Jahrzehnten ist, Stagnation, Beharrung - warte, sind solche Bewahrer nicht die wahren Traditionalisten? Mag es sein, dass Wertungen wie "Traditionalisten" relative und zeitbezogene Begriffe sein könnten und jene, die vor 40 Jahren noch "progressiv" gewesen sein mögen sich durch stoisches Beharren inmitten der sich um sie herum wandelnden Welt - ob gewollt oder ungewollt, aber de facto - zu "Traditionalisten", Bewahrern, Konservativen im Wortsinne wandeln könnten, im Bezug zur neuen Zeit? Nirgendwo in der Mitte Berlins ist so wenig Wandel in den letzten 25 Jahren gewesen, wie im Bereich MEF/Rathausforum. Und genau das ist doch der Knackpunkt, das könnte zumindest auf die wahren Beweggründe der Beharrer und Bewahrer hindeuten. Nach dem Motto "Lasst uns doch wenigstens das, sonst wurde doch schon fast kein Stein auf dem anderen gelassen, Stopp, das geht mir alles zu schnell...". Wäre sogar nachvollziehbar, von mir aus erstmal 10 Jahre Moratorium für weiteres "soul searching". Aber dann soll man diese unmotivierte Freifläche nicht zu einem Wert an sich hochjazzen.


    Das wären Gedanken auf der Motivebene, die auch Jungakademikern eigentlich gut zu Gesicht stünden. Introspektion. Ich hab es nicht eilig mit der Gestaltung (ohne den Präfix "Um-"!) dieser Großbrache, aber ich möchte zumindest die Perspektive und keine Zementierung dieser Gestaltung von 1969, nur weil einige Traditionalisten der Moderne des letzten Jahrhunderts es gerne so hätten.

    3 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • Berlin ist ein Künstliches Gebilde überlagert mit dem Anspruch des Gesamtkunstwerks zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlicher Intensität. „Berlin ist keine gewordene, es ist eine gemachte Stadt“, lautet die Hypothese Wolf Jobst Siedlers nach der die Stadt nicht organisch gewachsen sondern das Resultat von unterschiedlichen, mehr oder weniger Totalitären Stadtentwürfen ist. Dabei stützt sich seine Untersuchung auf Bazon Brocks Unterscheidung der Begriffe <Gesamtkunstwerk>, <Totalkunst> und <Totalitarismus>. Demnach ist das Konzept Gesamtkunstwerk durch die Vorstellung bestimmt, das bestimmte Individuen „sowohl in Ihrer Persönlichkeit wie in ihren Handlungen Träger von Ganzheitsvorstellungen zu sein Vermögen“.
    Diese sind nicht mehr die Universalgenies der Renaissance sondern Spezialisten welche dazu beitragen „das Konstruieren eines Übergeordneten Zusammenhangs, die persönliche Verkörperung und die allgemeine Verpflichtung auf ein ganzes zur alles beherrschenden Motivation werden zu lassen“. Für Brock ist dabei das Entscheidende inwieweit diese Individuen „eine Einheit von Wollen, Denken und Können in Bezug auf ein umfassendes und übergeordnetes ganzes zu verwirklichen“. Der erste Grad ist <das Ganze zu denken und zur Sprache zu bringen>. Der zweite Grad ist die Persönliche Imagination des Ganzen und der ihnen zugrunde liegenden Gedanken <in die eigene Lebensrealität aufzunehmen>. Der dritte Grad versucht sich dann an der Unterwerfung möglichst vieler Menschen, wenn nicht sogar „aller“, unter der <einen Wahrheit>. So umschreibt der erste Grad das Gesamtkunstwerk als solches, der zweite die Totalkunst und das dritte den Totalitarismus.
    Brocks Definition ist damit weit gefasst und umschreibt ein Konzept welches in allen künstlerischen, wissenschaftlichen, ökonomischen oder politischen Bereichen entstehen kann, jedoch immer das gemeinsame Ziel hat, die Vorstellung des Ganzen zu transzendieren. <Schinkels Stadtlandschaft>, <Wilhelminische Repräsentation>, <Groszberlin der Weimarer Rebuplik>, <Bruno Tauts Stadtkrone>, <NS-Totalitarismus>, <Henselmanns Stalinallee>, <Sharouns Kulturlandschaft>, <Stimmans Kritische Rekonstruktion> sind demnach die Berliner Genealogie von versuchen des <Gesamtkunstwerks>.
    Das <Gesamtkunstwerk> an sich dient allerdings nur als Fiktionale Größe, als „zur Sprache gebrachte Gedankliche Konstruktion/en“ was auch ausdrückt das „Insofern [die Gedanklichen Konstruktionen] Wahrheitsanspruch erheben – und das müssen sie ja, wenn sie ein >Ganzes< zu erfassen behaupten -; bleiben ihre Aussagen nicht an ihren historischen Urheber gebunden – sie werden gerade durch ihren umfassenden Anspruch anonym wie >die Wahrheit< selber. Sie werden urheberlose Erzählungen, also Mythos, zumindest mythosähnlich“. Das führte nach der Wiedervereinigung zu einer Umdeutung verschiedener dieser “Mythologischen Konstrukte“ zu einem Bipolar verhärteten Streit. Dabei wurde der noch existierende Raum fragmentarischer Utopieüberreste als eine Art Unnatürliche Diskontinuität wahrgenommen deren Ursachen, dem Kollektiven Kurzzeitgedächtnis geschuldet, nur in der Wende und der sie vorbereitende späten Nachkriegszeit liegen konnten.
    Den Großteil des Wiederaufbaus der Leerstellen in Berlin wurde dann von der „[Neuen] Kritischen Rekonstruktion“ des Senatsbaudirektors Hans Stimman geprägt. Diese war eine Konstruktion aus der „Neuen Einfachheit“ des DAM-Direktors Lampugnanis und Josef Paul Kleihus „[IBA] Kritischer Rekonstruktion“. Dabei wurde diese Utopie, wie schon zuvor, auf die Realität einer Investoren gerichteten Kapitalistischen Performance heruntergebrochen. Der sogenannte <Berliner Streit > eskalierte und führte zu einem Argumentatorischen Vexierspiel in dem zwei Extrempositionen gebildet wurden welches sich unversöhnlich gegenüberstanden. Dabei waren die Ergebnisse, <die Schießschartenfassade>, eine ausgeglichene Synthese aus Öffentlichkeit, Privatheit und Repräsentanz.
    Der Westdeutschen Glaspavillon in seiner gezwungenen Transparenz mit der Tektonisierten Lochfassade in Beliebieger Materialität, im Falle Berlins dem Stein war weniger Konservativ und Revisionistisch als man ihnen andichtete. Diese Vermischung von auseinander dividierten Extrempositionen nimmt damit wieder Bezug auf Ideale der Klassischen Moderne als Genealogischen Prozess sowie den Ausführungen der Ersten Nachkriegsmoderne.
    Das MEZ IST das letzte innerstädtische Filetstück. Die Doskonitiutät Berlins IST nun einmal das Insularische in einem Meer der Leere. Genau deswegen IST das Systemische Auseinandersetzen mit dieser Leere, ja das überhaupt anerkenner dieser um eine Ausgangsbasis zu haben wichtig.


    Hört auf mit euren Geschmacksfokussierten Kndergartenarumente und sonstigen "hätte-hätte-Fahradkette" haussieren zu gehen.

  • ^wie wäre es mit etwas weniger Rezeption und Retrospektive, dafür mehr eigenem Standpunkt und eigener Conclusio? Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ich hier groß entgegnen soll (weil ich nicht so recht weiss, was der Kern deines Posts ist). Und wenn du solch einen hochtrabenden Rundumschlag versuchst, disqualifiziere dies doch bitte nicht, indem du mit solch einer Aussage schließt: "Hört auf mit euren Geschmacksfokussierten Kndergartenarumente und sonstigen "hätte-hätte-Fahradkette" haussieren zu gehen.".


    Ich weiss ohnehin nicht worauf du mit deinen sog. "Geschmacksfokussierten Kndergartenarumente" (sic!) eigentlich anspielst. Architektur ist stets Geschmack, das alleine differenziert die Architektur von der reinen Bauingenieurstätigkeit. Wenn du diesen Kern der Architektur in dieser Debatte also ablehnst, dann weiss ich erst recht nicht, was ich dir antworten soll. :confused:

  • Mir geht es im allgemeinen um die sinnlose Biploarität die in diesem Forum offeriert wird [deinen Post hatte ich beim schreiben noch nicht gesehen], das Alt oder Neu, das Historismus oder Moderne. Es sind beides sich gegenseitig bedingende miteinander verworbene, zueinander enstandene Komplexe die man nichtmal aufgrund der Spannweite und vielschichtigkeit ihrer Etymologischen Begrifflichkeiten so Lapidar im Quadrat kontextualisieren kann wie es hier im Forum als Argumentatorische Ausgangsbasis verwendet wird.
    Mit dem Geschmack gebe ich dir nur bedingt recht, da dieser aus deiner Erfahrungsumwelt fokussiert wurde, daher finde ich es recht sinnfrei nach einem solchen zu versuchen jegliches Argument zu Untermauern. Der Geschmack kann mir aber auch nicht erklären warum diese Feindseligkeiten gegen Urbanistik-Studenten [sic!] in einem mittleren Semester welche sich Konzeptuell einem wie vorher dargelegten schwierigen Raum nähern? Das sind dann die "Geschmacksfokussierten Kndergartenarumente"......

  • Ich kann nur für mich sprechen und bin nicht feindselig, ich finde deren Beiträge die ich zumindest hier soweit sehen konnte substanzlos, offene Kritik gehört zum akademischen Diskurs dazu (zumindest hoffentlich auch heutzutage noch).


    Ich finde, das empfinde ich bei zahlreichen Debatten im Forum übrigens so, dass die Beharrungen v. a. daher rühren, dass gewisse Ästhetik das Label "modern" bekommen hat und andere Ästhetik das Label "oller Kram". Und wer will nicht "modern" sein, ein in unserer Kultur durch und durch positiv besetzter Begriff. Darum gehörte es ja auch zum Programm der Mütter und Väter der "Moderne" des 20. Jh., die sich zu Beginn natürlich größter Beharrungskräfte ausgesetzt sahen, ihre Architektur auf eigentlich unzulässige Weise positiv wertend zu bezeichnen (analog, wie sich zB eine Partei erdreistet, in der Bundesrepublik das gesamte linke Parteienspektrum per Begriffsmonopol für sich zu reklamieren, indem man sich einfach "Die Linke"/"Die Linkspartei" nennt).


    Das macht was unterbewusst mit den Köpfen, da setzt sich eine einseitig positive Wertung fest. Ein anderes unarchitektonisches Beispiel: wie oft sieht oder hört man in Werbung für Drogerieprodukte "dermatologisch geprüft/getestet", ich ärgere mich jedesmal darüber - denn das alleine ist ja kein Prädikat, das kann ich auch auf mein Produkt schreiben, wenn dieser Test zu fatalen Ergebnissen kam und jeder Dermatologe von der Nutzung abgeraten hat. Ich treffe damit keine Falschaussage. Die Masse der Menschen assoziiert aber alleine mit dieser qualitativ komplett wertlosen Aussage ein Prädikat, "muss ja gut sein".


    So funktionieren Menschen nun einmal. Gerade Geisteswissenschaftler sollten darauf eingehen, darum fordere ich ja Introspektion. Wenn man sich das einmal aus dem Kopf schlägt, diese Labels, diese einseitig besetzten Wertungen (auch negative Besetzung anderer Ästhetik) und zumindest den Versuch macht, mit Distanz und Objektivität an die Sache zu gehen - dann bin ich schlußendlich meist jemand, der dann von anderen ggf. als "Traditionalist" bewertet wird. Weil ich sowas (1) (Rathausplatz Augsburg, hier(2) noch ein Foto ohne Sonnenschein, um keinen "Postkartenidyllen"-Effekt zu erzeugen) nun einmal aus lebenswerter finde als sowas (3) (Blick über die Brache MEF/Rathausforum zum Fernsehturm - wir wissen ja, wie der Bereich aussieht..). Wenn du dir beide im Vergleich anschaust, ohne dir Gedanken zu machen, lass einfach dein Bauchgefühl, deine Emotionen sprechen (also das, was den Menschen erst zum Menschen macht! Wir sind keine Ratio-Roboter, wie es uns die ollen Aufklärer eintrichtern wollten!)...welche Gestaltung gefällt dir da besser, ohne gleich Labels wie "die moderne" oder "die traditonelle" zu verwenden. Wie man sieht fassen den Rathausplatz Augsburg auch einige Nachkriegsgebäude und das Pflastermosaik ist auch nicht aus der Renaissance, sondern ganz deutlicher Nachkriegsgeschmack, was dem Raumeindruck aber keinen Abbruch tut; das Rathaus Augsburg von 1624 ist mit 44 sogar höher als das Rote Rathaus von 1869 mit nur 27 m ohne Turm, der Turm des Roten Rathaus ist 74 m hoch, der zum Rathausensemble gehörende Campanile neben dem Rathaus Augsburg ist 70 m hoch - also eine von den Proportionen zumindest ähnliche Situation bzgl. beeindruckendem, historischen Rathausensemble, welches ja im Zentrum eines Rathausplatz stehen sollte - was Berlin fehlt ist ein gefasster Rathausplatz.


    Das Rote Rathaus steht nur so am Rande herum, als Randbebauung. Der Rathausplatz ("Rathausforum") bereitet ihm gerade keinen Platz und auch kein "Forum". Wenn man sich das einmal überlegt, eine durch und durch mißlungene Gestaltung. Mir geht es nicht um Für und Wider eines bestimmten Stils, sondern darum, dass Berlin zwar ein Rathaus hat, von dem es aus regiert wird, aber keinen Rathausplatz! Und wie man zB an Augsburg sieht, wo mindestens die Hälfte der Gebäude rund um den Rathausplatz Nachkriegsbauten sind, wo sogar die Pflasterung des Platzes mit modernem Muster erfolgte, ist es nicht zwingend so, dass nur mit Historienkitsch ein gefasster Rathausplatz zu machen ist. Ich will einen gefassten Rathausplatz, nicht nur einfach Stil A Vs. Stil B als Selbstzweck. Wenn dieser mißlungene Stadtraum historisierend gestaltet wäre würde ich ihn ganz genauso ablehnen! Leider machen die meisten aus dieser Diskussion aber einen Historismus Vs. Modernismus Streit und schauen sich gar nicht mehr an, worum es hier wirklich geht. Es geht darum, dass Berlin keinen Rathausplatz mit Aufenthaltsqualität hat, der dem Rathaus als Zentrum städtischer Demokratie eine angemessene Bühne bietet.


    Zu dieser Offenheit und Lösungsorientierung möchte ich in diesen Diskussionen kommen.


    Fußnoten:
    (1) Bildquelle:https://de.wikipedia.org/wiki/Augsburger_Rathaus
    (2) Bildquelle:http://www.marius-klemm.de/augsburger-rathausplatz/
    (3) Bildquelle: http://www.rbb-online.de/polit…ns-historische-mitte.html

    9 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()