Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • jack000:


    Dieser Kommentar ist wirklich sehr oberflächlich. Ich habe versucht differenziert auf das hier angesprochene Umfeld des Fernsehturms einzugehen und dabei auch allgemeine Überlegungen in Betracht zu ziehen. Das kann man leicht feststellen, wenn man den Beitrag komplett und mit der nötigen Aufmerksamkeit liest und dabei auch die strukturierenden Absätze beachtet. Ich habe diese Vorgehen sogar extra noch betont und erklärt. Wenn einem so etwas zu müßig ist, dann muss man es nicht lesen und schon gar nicht kommentieren. Wenn man es aber kommentiert und sogar zitiert, dann bitte auch in passenden Zusammenhängen.


    Eine kleine Hilfestellung: Nein, auch ich habe nicht von der Frankfurter Allee gesprochen. Aber auch sie zählt für mich zum Erhaltenswerten der DDR-Architektur. Meine Aussage zu der Löwenpascha-Mentalität hat Konstantin übrigens sehr schön durch das Zitat zum Bombenkrieg untermauert. Im übrigen, um mal etwas lockerer zu werden, gibt es im englischen Humor mitunter ähnliche Aussagen, die den Deutschen Dankbarkeit entgegenbringen weil sie zumindest auch einige häßliche Gebäude beseitigt haben. Oder das Bedauern, dass genau dieser oder jener hässliche Kasten nicht getroffen wurde ;) Das ist aber eben humoristsich gemeint, nicht arrogant. Und nein, ich habe auch nicht gesagt, dass man alles hässliche stehen lassen muss. Davon abgesehen sind auch Termini wie "häßlich" oder "Bausünde" mitunter sehr subjektiv und auch die populäre Meinung muss nicht immer den Ausschlag geben. Die Problematik um den Denkmalschutz und das Entkraftsetzen ebendiesen braucht in meinen Augen eben die stetige Debatte mit Beteiligung von Fachleuten und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit.

  • Nochmal zur Bewertung Turm versus Kirche. Fernsehtürme mit Publikumsbereich sind seltener als alte Kirchen. Und unter den Fernsehtürmen ragt der Berliner Turm nicht nur durch seine Höhe sondern auch durch die Architektur von Kugel und Sockelbau hervor. Außerdem war er ein Prestigebau der ehemaligen DDR.


    Deswegen ist er spektakulärer, von größerer touristischer Bedeutung, bekannter usw. als die Kirche. Ich denke das kann man ganz objektiv feststellen.



    Manchmal erinnern mich Architekten und Städteplaner aber etwas an einen Löwenpascha, der ein neues Rudel übernimmt und erst einmal alle Früchte seines Vorgängers totbeißen muss um völlig bei Null anfangen zu können und autistisch seine eigenen Gene durchzusetzen (ich anthropomorphisiere jetzt bewusst, denn ich kritisiere ja nicht den Instinkt des Löwen, sondern den menschlichen Drang zur Selbstverwirklichung um jeden Preis). .....


    Interessanter Punkt. Ich finde es im Prinzip in Ordnung sich von der Vergangenheit und den Hinterlassenschaften der Toten zu emanzipieren. Das Leben ist kurz und man sollte die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung nutzen wenn man sie hat. Und es ist dann auch in Ordnung wenn die Kinder später nichts mehr damit anfangen können und es wieder ihren Vorstellungen entsprechend ändern.


    Wenn man etwas für die "Ewigkeit" bauen möchte baut man es besser in die Provinz oder auf einen kleinen Berg o.ä. als ins Zentrum einer Großstadt. So wie Neuschwanstein o.ä.


    Die starke Vergangenheits- oder Traditionsverbundenheit mancher Menschen ist für mich schwer nachzuvollziehen. Ist mir auch gerade in der aktuellen Diskussion um religiöse Kindesbeschneidung wieder aufgefallen. Da wird auch mit jahrtausendealter Tradition und angeblicher Identitätsschaffung u.ä. argumentiert. Damit kann ich wenig anfangen. "Das haben wir schon immer so gemacht", "Wo kämen wir hin ...", "Da könnte ja jeder kommen" usw.

    2 Mal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Also ich kennen ausserordentliche, architektonische Häßlichkeiten, die absolut einzigartig auf der Welt sind (schon im Ausmaß ihrer Häßlichkeit) - da kann die Seltenheit das Kriterium nicht sein.


    Im übrigen will niemand den Fernsehturm abreissen, sondern es geht darum durch Teilabbrüche monströse, totalitäre Architektur stadtverträglich zu erhalten.

  • Ist mir auch gerade in der aktuellen Diskussion um religiöse Kindesbeschneidung wieder aufgefallen. Da wird auch mit jahrtausendealter Tradition und angeblicher Identitätsschaffung u.ä. argumentiert.


    Na gut, aber da wird ja im Zweifelsfall auch schnell mal das Thema geschlossen...;) Soweit wollen wir es hier ja nicht kommen lassen.
    Tradition und Geschichte sind nun mal fundamentale Kriterien für die städtebauliche Bewertung eines historisch bedeutsamen Ortes wie dem Berliner Stadtzentrum.

  • - da kann die Seltenheit das Kriterium nicht sein.


    Bei Sammlungen alter Sachen ist Seltenheit in der Regel schon ein relevantes Bewertungskriterium. Und mangelnde Ästhetik ist in unserem konkreten Fall wohl eher nicht so problematisch.

  • Ich finde, dass die Diskussion doch einige konstruktive Beiträge gebracht hat, und ich denke, dass wir vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen.


    Die Diskussion hat gezeigt, dass die Ansichten über gelungene Architektur und Schönheit sehr verschieden sind. Noch wichtiger scheint mir die Tatsache zu sein, dass solche Werturteile auch immer zeitabhängig sind. Die Urteile darüber, was wertvoll ist und was nicht, haben sich immer wieder im Laufe der Zeit geändert. Viele klassizistische Architekten fanden beispielsweise die baulichen Hinterlassenschaften des Barock grauenhaft. Schinkel hat den Zwinger in Dresden in einem Brief als eine Scheußlichkeit bezeichnet. Viele Architekten des frühen 20. Jahrhunderts waren der Meinung, dass das ganze Bauerbe der Gründerzeit völlig wertlos wäre. Ich gebe auch jan85 Recht mit der Bemerkung, dass die einzelnen Epochen vor allem die jeweils vorangegangene Epoche besonders gering schätzen. Diese Geringschätzung führte dann in der Vergangenheit immer wieder zu voreiligen Abrissen und Umgestaltungsmaßnahmen, die dann aber von späteren Generationen, die diese Geringschätzung nicht teilten, bedauert wurden.


    Die Denkmalschutzgesetzgebung ist als Reaktion auf diese Erfahrungen entstanden, und ich halte es angesichts dieser Geschichte schon für angebracht, bei Abrissentscheidungen Vorsicht walten zu lasssen. Dabei geht es auch um die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen. Der Erhalt von Baudenkmälern ist auch deshalb wichtig, um diesen Generationen ein paar Optionen offenzuhalten. Daher würde ich schon für Vorsicht und Zurückhaltung plädieren.


    Zudem hat unsere Debatte gezeigt, dass die Bewertung der baulichen Hinterlassenschaften der DDR derzeit sehr stark von politischen und ideologischen Befindlichkeiten überlagert wird. Gerade die Beiträge von Konstantin und Saxonia machen deutlich, dass es sich bei der Debatte um das Rathausforum auch um einen Stellvertreterkrieg gegen die DDR handelt. Diese Beiträge meinen, dass das bauliche Erbe eines undemokratischen Systems wie der DDR weniger erhaltenswert wäre als das bauliche Erbe von Demokratien. Ulbricht und Honecker sollen nicht das letzte Wort haben.


    Diese Position würde allerdings ein Großteil unseres baulichen Erbes in Frage stellen. Schließlich ist der größte Teil der Baudenkmäler unter undemokratischen Verhältnissen entstanden. Auch Friedrich II. oder Wilhelm II. waren keine Demokraten und Adolf Hitler erst recht nicht. Doch soll man nun Schloss Sanssouci abreißen, damit Friedrich II. nicht das letzte Wort hat? Soll man die Siegessäule wieder vor dem Reichstag aufstellen, damit Adolf Hitler nicht das letzte Wort hat? Soll man das Bodemuseum abreißen, damit Wilhelm II. nicht das letzte Wort hat? All das wäre ziemlich absurd.


    Ich denke also, dass solche politisch-ideologische Befindlichkeiten eine Belastung für eine Diskussion um einen konstruktiven Umgang mit den baulichen Hinterlassenschaften der DDR darstellen und dass sie die Debatten ungemein erschweren. Ich habe ja solche Debatten schon erlebt, da wird mit viel Schaum vorm Mund diskutiert, und am Ende muss man froh sein, wenn es nicht zu Handgreiflichkeiten kommt. Angesichts dieser Begleitumstände ist aber erst recht Vorsicht geboten. Es wäre fatal, wenn jetzt, vielleicht in einem Klima eines politisch-ideologischen Eiferertums, Entscheidungen fallen würden, die nachfolgende Generationen bedauern. (Die Befürchtung von jan85, dass dann massenhaft Gebäude aus der DDR unter Schutz gestellt würden, halte dabei für überzogen. Derzeit steht nur ein verschwindend geringer Teil der DDR-Bauten unter Denkmalschutz, es sind eigentlich nur die ganz wichtigen DDR-Bauten und Ensembles. An dieser Situation wird sich voraussichtlich nicht viel ändern.)


    Daher wäre mein Vorschlag, eine Art Denkpause für dieses Gebiet von vielleicht zwanzig bis dreißig Jahren zu vereinbaren. In dieser Zeit sollten keine irreversiblen Veränderungen vorgenommen werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass es keine Veränderungen geben darf. Schon jetzt wird das Gebiet ja umgestaltet, und natürlich ist es kein Problem über neue Freiflächengestaltungen, eine Neugestaltung der Sockelgeschosse in den Wohnscheiben, neue Fassaden etc. zu diskutieren. Aber solche gravierenden Eingriffe, wie der Abriss der Sockelbauten oder eine Bebauung der Freiflächen, das wäre tatsächlich ein Frevel. Die Entscheidung über dieses Gebiet könnte man dann künftigen Generationen überlassen, die vielleicht einen viel unbefangeneren Blick auf das bauliche Erbe der DDR werfen werden und die vielleicht ganz neue Ideen entwickeln werden.

  • Erich Honecker mit FII gleichzusetzen ist so grotesk wie absurd. Geschichte kann man nur aus ihrer Zeit geraus beurteilen und nicht ex post. Sonst begönne die zivilisierte Welt in Deutschland ja erst 1918/19.


    Und aus der Zeit heraus gesehen ist FII ein fortschrittlicher, aufgeklärter Monarch gewesen, der der Vernunft mehr Einfluss auf die Staatenlenkung gab als vorher - für seine Zeit seiner Zeit voraus.


    Und aus der Zeit heraus gesehen sind Honecker und Ulbricht üble Diktatoren, in deren Willkürstaat es Folter, Zwangsadoptionen und Todestrafe gab - für ihre Zeit anachronistisch.


    Deshalb muss man nicht die gesamte totalitäre Architektur der DDR abreissen, genausowenig wie die der NS-Zeit. Deshalb darf man auch nicht aufrechnen, Deutschlandhalle gegen Palast der Republik.


    Aber soweit totalitäre Architektur konstitutive Bestandteile einer Stadt zerstört hat kann man diese ideologischen Willkürakte rückgängig machen, durch Wiederaufbau und/oder Rückgewinnung des Stadtraumes. Hierbei läßt sich die Architektur der DDR zum Teil integrieren (Fernsehturm, Magistratsbusen, Staatsratsgebäude), zum Teil aber eben auch nicht (Palast, Aussenministerium und eben auch der westliche Teil des Sockels an den Kaskaden).

  • Aufrechnerei ist sicher nicht erstrebenswert, weder bei Opferzahlen noch bei Gebäuden einer entsprechenden Epoche. Rein theoretisch könnte man die gesamte Altstadt Berlins wieder in ihren Ursprungszustand versetzen, aber warum macht das keiner? Es würde sehr viel Geld kosten, es stünde diametral den meisten heutigen Nutzungen entgegen und es besteht kein Bedarf und kein Verlangen daran. Genauso wenig besteht zwingender Bedarf an einem Wiederaufbau des Marienviertels. Was wir hier besprechen ist ein Luxusprojekt, das weder eine Mehrheit der Bevölkerung noch irgendein Investor auf dem Radar hat. Gäbe es ein öffentliches Interesse an dem Wiederaufbau, er würde statt finden. Da dieser aber nicht einmal ansatzweise vorhanden ist, wird eine Bebauung des MEF oder des Rathausplatzes nur auf Initiative des Senats erfolgen und nicht auf Grund der Phantasien einiger nostalgisch angehauchter Architekturfans.


    Die sozialistische Moderne hat durchaus auch ihre erhaltenswerten Bauten, der Fernsehturm (in Gänze!) gehört eindeutig dazu. Eine Nachverdichtung kann daher nur dann sinnvoll sein, insofern sie sich auf die vorhandene Moderne bezieht und sinnvoll ergänzt.


  • Ich denke also, dass solche politisch-ideologische Befindlichkeiten eine Belastung für eine Diskussion um einen konstruktiven Umgang mit den baulichen Hinterlassenschaften der DDR darstellen und dass sie die Debatten ungemein erschweren.


    Diese Worte ausgerechnet von dir, wo doch nahezu jeder deiner Beiträge ideologisch verfärbt und in keinster Weise objektiv daherkommt - das kann doch eigentlich nur Satire sein? Dir geht es doch nicht um Denkmalschutz, sondern ausschließlich um den Erhalt jedes noch so trivialen DDR Funktionsbaus. Dass diese zu einem großen Teil keinerlei architektonische Bedeutung haben und zudem historisch gewachsene Strukturen zerstörten, wird einfach mal ausgeblendet. Vollkommen absurd.

  • ^ Dass beispielsweise die Sockelbebauung des Fernsehturms keinerlei architektonische Bedeutung hat, bzw. wenn sie diese hat, leider leider einer imaginären Umbauung der Marienkirche weichen muss, glaubt hier allerdings nur ein kleines Grüppchen von Leuten, die das Thema immer wieder aufbringen. Mir fällt in Folge dessen schwer, diese Diskussion Ernst zu nehmen. Da könnt ihr dann auch keine konstruktiven Ansätze erwarten, eher schon Satire von Plattenbaufans.

  • [...] geht es doch nicht um Denkmalschutz, sondern ausschließlich um den Erhalt jedes noch so trivialen DDR Funktionsbaus. Dass diese zu einem großen Teil keinerlei architektonische Bedeutung haben und zudem historisch gewachsene Strukturen zerstörten, wird einfach mal ausgeblendet. Vollkommen absurd.


    Auch wenn ich mit meiner offensiven Verachtung jeglicher Ostalgie sicherlich manchen hier auf die Zehen trete ;), im Fall der Sockelbebauung des Fernsehturms gebe ich den PDS/Linken-Wählern hier allerdings recht. Der Sockel ist erstens ein integraler architektonischer Bestandteil des Turms (sieht ohne halt doof aus) und zweitens für die Funktion des Turms als Touristenschleuse notwendig (soll die Kasse etwa in den Fahrstuhl?). Außerdem, die Architektur rund um den Alex ist ein geschlossenes modernes Ensemble und als dieses durchaus erhaltenswert.

  • Also architektonisch würde ich das nun nicht als unbedeutend oder uninteressant bezeichnen. Dem Ahornblatt wird ja auch immer wieder nachgeweint und die Seerose in Potsdam (wenn auch rund statt zackig) finde ich eigentlich sehr schön. Wobei man am Tempodrom sieht, dass das jetzt nicht ausschließlich DDR ist, wie man hier immer wieder tut, sondern auch nach der Wende in West-Berlin entstehen konnte. Dürfte man das auch nicht abreißen? Und wenn nicht, wieso? DDR-Erbe und Einmaligkeit usw. kanns wohl kaum sein. Und wenn doch, dann erst recht wieso? Liegts an der Ensemble-Wirkung? Bei dieser verstaubten Grünanlage davor bin ich jedoch der Meinung, dass die zumindest umgestaltet werden sollte.


    Es ist einfach ne städtebauliche Katastrophe (naja, vielleicht etwas übertrieben), weils eben der/einer möglichen Weiterentwicklung in Form von Nachverdichtung und Verbindung des Gebiets westl. der Spress mit dem Alex (und das nicht nur durch breite Straßen) zu nem nicht unerheblichen Grad im Weg steht. Da muss man eben abwägen, was letztendlich wichtiger ist. Aber ich poche jetzt nicht aufn Abriss, wie man ja an meinen "Entwürfen" sieht, auch wenn manche hier nicht von Spaß an der Freunde und nem nächsten Bombenkrieg unterscheiden können...


    Immer dieses "späteren Generationen überlassen", nur weil man selbst nicht das Rückgrat hat, was zu tun. Wieso darf man in 20-30 Jahren auf ein mal wieder drüber nachdenken? Hätte die Sockelbebauung ihre Bedeutung bis dahin verloren? Mit Belastung kann das ja nur bedingt etwas zu tun haben, schließlich stammt Konstantin ja nicht aus dem 18.Jh. Auch dann wirds noch Modernisten und Traditionalisten geben. Vielleicht wollen die nur dann jeweils das andere, als die heutigen ;). Und der städtebauliche Trend geht ja wie mir scheint doch eher in Richtung Verdichtung. Wieso also krampfhaft warten, wenn sich etwas (jetzt nicht allein darauf bezogen) eh nicht verhindern lässt bzw. abzusehen ist.

  • Ich teile, wie immer, die Meinung von necrokatz. Sicher kann man Politik und Architektur nicht sauber voneinander trennen, aber wenn politische Wertungen und Hintergrundannahmen überhand nehmen, gerät Architektur schnell unter die Räder: Dann wird ein denkbar banales und städtebaulich desaströses Gebäude wie das "Mercure" in Potsdam erhalten oder da wird umgekehrt für den Abriss eines funktionierenden und auch architektonisch interessanten Gebäudes wie der Sockelbebaung des Fernsehturms plädiert.
    Man mag mich einen Ireniker schimpfen, aber ich glaube, es sind genau solche identitären oder ideologischen Polarisierungsprozesse, die schließlich gute Architektur gefährden, weniger eine spezielle Ideologie.

  • Ich denke, dass die Gruppe derer, die das Existenzerfordernis der Sockelumbauung des Fernsehturmes in Frage stellen, gar nicht so klein ist. Zur Not könnte auch eine offizielle Umfrage hierzu gestartet werden…

    Auch wenn ich selbst Planungen für eine komplette Neuordnung des Gebiets zwischen Alex und Stadtschloss für zu früh erachte, finde ich es gut, dass sich immer wieder Mitglieder des Forums der Problematik annehmen und hierzu eigene Lösungsvorschläge präsentieren und zur Diskussion stellen. Vielen Dank hierfür!

    Persönlich favorisiere ich (immer noch), wenn ich mich denn entscheiden müsste (und ja es handelt sich dabei um eine Wunschvorstellung), die Pläne des Architekten Bernd Albers (siehe dort "Altstadt Berlin 2009"). Ich halte die Idee für äußerst spannend, den Fernsehturm aus einer geschlossenen Blockrandbebauung herausragen zu lassen. Hier ließen sich die Empfangsräume äußerst großzügig unterbringen; im Übrigen wäre diese Gestaltung m. W. n. weltweit einmalig. Außerdem stelle ich in Abrede, dass die unmittelbare Höhenwirkung des Turms hierdurch irgendwie beeinträchtigt wäre. Die Fernwirkung wäre überhaupt nicht tangiert. Bevor mancher hier aufschreit (ich kenne deine Meinung hierzu, Klarenbach), wir sind ja nicht bei „Wünsch’ Dir was“. ;)

    Noch zum Thema Ideologie. Auch wenn hier vereinzelt versucht wird, dieses Thema auf diese Schiene zu bringen, glaube ich nicht, dass es für die meisten hier eine ernsthafte Rolle spielt. Die Irrungen und Wirrungen des modernen Städtebaus sind Ost wie West deutlich zu spüren. Dass wir hier darüber diskutieren hängt doch vor allem damit zusammen, dass wir sie als Problem erkannt haben und es uns ein Bedürfnis ist, die Situation deutlich zu verbessern. Weil uns etwas an unseren Städten, die wir vielleicht auch Heimat nennen, liegt. Läge das Berliner Zentrum in Westdeutschland, mich würden die gleichen Wünsche und Vorstellungen leiten.

  • Mir geht es schlichtweg um eine würdigere Einbindung der Marienkirche. Die jetztige Situation ist vollkommen inakzeptabel. Die Kirche liegt wie in einer Grube, wird im Westen von den Wohnscheiben erdrückt und im Norden von dem Turm Sockel in die Mangel genommen. Bis jetzt habe ich noch kein Konzept gesehen, dass es schafft den Sockel zu erhalten und der Kirche wieder einen angemessenen und vorallem maßstäblichen städtebaulichen Rahmen zurückzugeben. Und es ist nunmal so, davon weich ich nicht ab, dass ein Abriss der Kirche nicht infrage kommt also muss ein Teil der modernen Umrahmung neuen Konzepten weichen. Zumal es noch alberner aussieht zwischen Sockel und Kirche zu bauen und die Situation eher verschlimmert da es der erdachten monumentalen Wirkung der Anlage noch mehr im Wege stünde.


    Letztendlich stell ich fast leidig fest, dass Ulbricht die Kirche lieber mitabgerissen hätte. Für sie scheint sich ohnehin kaum einer zu interessieren und man würde sich solche Diskussionen wie die jetzigen sparen können.

  • jack000:


    Dieser Kommentar ist wirklich sehr oberflächlich. Ich habe versucht differenziert auf das hier angesprochene Umfeld des Fernsehturms einzugehen und dabei auch allgemeine Überlegungen in Betracht zu ziehen.


    Ich habe mir das schon genau durchgelesen, trotzdem halte ich das neu gestaltete Umfeld des Fernsehturms nunmal nicht für erhaltenswert. Die Frankfurter Allee hingegen schon.
    Aber es kommt nunmal niemand auf die Idee, die Gebäude der Frankfurter Allee abzureissen, weil diese nunmal erhaltenswert sind. Das Dresdner Polizeipräsidium (Anbau) wurde auch abgerissen: http://www.neumarkt-dresden.de/image1/pg.jpg
    ... obwohl dieses auch historisch auch dem Zeitgeist entsprach und es wurden sogar historische Strassenverläufe berücksichtig. Es ist aber so, dass es nunmal Bauten in der Geschichte gibt, die verschwinden können ohne das denen jemals eine Träne nachgeweint wird oder nach denen in 50, 100 oder 1000 Jahren nochmal jemand danach fragen wird.


    Im übrigen, um mal etwas lockerer zu werden, gibt es im englischen Humor mitunter ähnliche Aussagen, die den Deutschen Dankbarkeit entgegenbringen weil sie zumindest auch einige häßliche Gebäude beseitigt haben. Oder das Bedauern, dass genau dieser oder jener hässliche Kasten nicht getroffen wurde ;) Das ist aber eben humoristsich gemeint, nicht arrogant.


    Es ist richtig, dass es sicher nicht die Aufgabe einer Generation ausschließlich sein kann, Gebäude aus der Vergangenheit zu polieren und zu erhalten. Es ist aber so, dass mir keine erhaltene Altstadt in Deutschland bekannt ist, bei der im nennenswerten Maßstab häßliche Gebäude stehen. Häßliche Gebäude verschwinden von ganz alleine, dazu braucht es keine externen Helfer.

  • ^ Dass beispielsweise die Sockelbebauung des Fernsehturms keinerlei architektonische Bedeutung hat,


    Das hat niemand behauptet. Hättest du aufmerksam gelesen, wäre dir sicherlich aufgefallen, dass es zumindest für mich auch erhaltenswerte Objekte dieser Zeitperiode gibt. *Ich* würde die Sockelbebauung dazuzählen, andere vielleicht nicht. Darum ging es in meiner Replik aber garnicht.
    Ich finde es allerdings reichlich schräg, wenn eine Entideoligisierung der Debatte ausgerechnet von jenen eingefordert wird, die Städtebau überhaupt nur durch die politisierende Brille wahrnehmen und diskutieren.

  • Einer muß es doch mal sagen


    Auch wenn ich selbst Planungen für eine komplette Neuordnung des Gebiets zwischen Alex und Stadtschloss für zu früh erachte, finde ich es gut, dass sich immer wieder Mitglieder des Forums der Problematik annehmen und hierzu eigene Lösungsvorschläge präsentieren und zur Diskussion stellen. Vielen Dank hierfür!

    Persönlich favorisiere ich (immer noch), wenn ich mich denn entscheiden müsste (und ja es handelt sich dabei um eine Wunschvorstellung), die Pläne des Architekten Bernd Albers (siehe dort "Altstadt Berlin 2009"). Ich halte die Idee für äußerst spannend, den Fernsehturm aus einer geschlossenen Blockrandbebauung herausragen zu lassen. Hier ließen sich die Empfangsräume äußerst großzügig unterbringen; im Übrigen wäre diese Gestaltung m. W. n. weltweit einmalig. Außerdem stelle ich in Abrede, dass die unmittelbare Höhenwirkung des Turms hierdurch irgendwie beeinträchtigt wäre. Die Fernwirkung wäre überhaupt nicht tangiert.


    Danke für diese Meinungsäußerung, Hansdampf, damit ist eigentlich alles gesagt. Man muß dieses Konzept eben gut umsetzen. Wie ich schon schrieb, ginge es auch ohne eine ganz so brutale Blockrandeinfassung, aber im großen und ganzen mit dem Konzept von Albers.


    Zu Necrokatz: Die Riegel an der Kaiser-Wilhelm-Straße sind Makulatur. Jedenfalls für mich. Für mich ist klar, daß die irgendwann fallen werden. Der Turm kann auch ohne diesen Sockel gut aussehen. Auch die Rathauspassagen sind für mich Makulatur. Also ich finde das moderne Ensemble um den Turm nicht besonders erhaltenswert. Einschränkung: Eine Veränderung sollte behutsam und in fernerer Zukunft erfolgen aus den von mir benannten Gründen.


    Außerdem finde ich es ein bißchen merkwürdig, PDS-Wählern per se zu unterstellen, sie wollten die DDR-Fassung behalten. Ich denke, das ist im großen und ganzen nicht sonderlich parteigebunden.


    Zu LDB: Man sollte aber auf keinen Fall pauschal irgendwelche ideologischen Motivationen unterstellen. Die habe ich z.B. nicht.


    Ich finde nahezu sämtliche DDR-Architektur im Zentrum für nicht erhaltenswert. Ausnahmen sind der Turm und das Hotel Stadt Berlin, die Weltzeituhr und vielleicht noch ein paar andere Sachen.


    Man sollte diese Architektur aber trotzdem respektieren und natürlich altern lassen und erst dann Ersatz schaffen. Wir sollten also von der Ratz-Fatz-Brachial-Haltung, die ja gerade die SED-Planung ausmachte, wegkommen. Es geht meiner Meinung nach weniger darum, ob die Ost-Architektur erhaltenswert ist, sondern wie man damit umgeht und daß man die Stadt nicht vergewaltigt.


    Die Ost-Architektur schenkt uns und den Touristen noch eine ganze Weile ein authentisches DDR-Feeling. Irgendwann werden wir aber die Karl-Marx-Allee 2 nicht mehr brauchen. Sie wird einfach - im Gegensatz zur Gründerzeitarchitektur - als völlig anachronistisch und unpassend wahrgenommen werden. Das gilt nun mal für nicht wenige moderne Architektur. Aber besonders für die sozialistische und totalitäre Anti-Blockrand-Stadtplanung.

  • Das gilt nun mal für nicht wenige moderne Architektur.


    Ist das nicht gerade ein Wesenszug 'moderner' Architektur? Da man das Element von Form und Ästhethik weitgehend hinter die reine Funktion zurücktreten lässt, besteht ja auch kein Grund ein Bauwerk länger als es tatsächlich benötigt wird, zu erhalten. Diese Bauten sind doch garnicht dafür gedacht künftigen Generationen bewahrt zu werden, sondern werden immer wieder neu durch etwas 'moderneres' und zweckmäßigeres ersetzt. Insofern ist auch das Gejammer über ihren Abriss überhaupt nicht nachvollziehbar. Der ist doch systemimmanent.