Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • ReinhardR
    Es ist ja schön, dass Sie meinen Beitrag so wunderbar bestätigen. Ich könnte nun auf dem gleichen Niveau antworten. Dann würde ich sagen, dass ich beispielsweise den Hackeschen Markt richtig schrecklich fnde, ich könnte behaupten, dass diese Strukturen grauenhaft banal und verwinkelt wären, dass der Anlieferverkehr überhaupt nicht gelöst ist und dass es hier einen Mangel an Weitläufigkeit und Großzügigkeit geben würde. Ich könnte daher den Abriss des ganzen Gebietes um den Hackeschen Markt zugunsten einer aufgelockerten Stadtlandschaft der Moderne fordern und das Forum ständig mit meinen Forderungen nerven. Dann könnten wir permanent Schlachten zwischen Modernisten und Antimodernen schlagen. Wenn ich so tolerant wäre wie Sie, dann würde ich so vorgehen.


    Aber natürlich werde ich jetzt nicht den Abriss des Quartiers am Hackeschen Markt fordern. Ich bin zwar ein großer Anhänger des Städtebaus der Moderne, und für mich sind gerade die modernen Strukturen etwas, was für Berlin typisch ist, was Berlin von München oder Köln unterscheidet. Aber dennoch bin ich ein toleranter Moderne-Fan, und ich akzeptiere natürlich, dass es in Berlin eine Vielfalt an baulichen Strukturen gibt. Es wäre nur zu wünschen, dass die Liebhaber vormoderner Stadtstrukturen genauso tolerant wären.


    Die Denkmalpfleger haben übrigens längst abgewogen, und sie haben den Fernsehturm samt seiner Umbauung unter Denkmalschutz gestellt. Diese Frage ist also längst entschieden.

  • Klarenbach:


    wann warst du bzw. warst du schon mal in Köln?! :)
    ich bin 3 mal im Jahr dort, Privat wie auch Beruflich, und Köln hat und wird sich ebenfalls sehr Verändert/n! die Rheinmetropole entwickelt ebenfalls eine "Moderne" mit Spektakulären Bauten! also nur mal so als Anmerkung! :)


    als BSP:


    -Rheinauhafen
    -Gerling.Quartier
    -MaxCologne
    -U-Bahn Eingänge (ebenfalls sehr Berlin ähnlich!)
    usw..usw


  • Der erste und wichtigste Grund ist der, dass es sich beim Rathausforum um ein peinlich banales Zeugnis des modernen Städtebaus in Berlin handelt. Es steht paradigmatisch für die Ideenlosigkeit des modernen Städtebaus,


    Immerhin hatten die eine Idee, wollten etwas Neues schaffen und haben nicht nur der Vergangenheit nachgeweint. Mit dem Fernsehturm wurde ein spektakuläres und seinerzeit recht futuristisches Bauwerk geschaffen. Ein optischer Orientierungspunkt für alle Berliner und Berlinbesucher. Es ist wohl auch heute noch das höchste Gebäude Deutschlands.



    Ganz anders ist es selbstverständlich bei Zeugnissen künstlerisch hochwertiger Bauepochen wie dem Barock. Gleich, ob man den Erhalt von Schlössern oder die Bewahrung von Parks wie dem von Sanssouci fordert oder gar Rekonstruktionen wie die des Berliner Stadtschlosses. .....


    Ach was, es ist das Gleiche und überhaupt nicht "ganz anders". Das sind genauso Protzbauten der jeweiligen Herrscher. Mit der Kultur und den Lebensumständen der Untertanen haben die nicht mehr zu tun als der Palast der Republik usw..



    Ich finde, dass diese Haltung vieler Modernisten von einem mangelnden Respekt gegenüber der Baugeschichte mit all ihren Epochen zeugt. Sie schreiben letztendlich eine Bilderstürmermentalität fort, mit der Architekten und Stadtplaner früher auch schon die jeweils vorangegangenen Bauepochen angefeindet haben.
    Für mich ist der Städtebau der Moderne ein Irrweg, der angesichts von Renaissance, Barock, Klassizismus und des Eklektizismus der Gründerzeit nur eine kurzezeitige Bedeuttung behalten wird.


    Toten und deren Hinterlassenschaften Respekt zu zollen ist sinnlos denn die merken nun wirklich nichts mehr. Gegenüber der Moderne mangelt es dann ja auch bei dir an all dem Pathos mit dem hier über frühere Epochen geschrieben wird.


    Deswegen spricht außer finanziellen Problemen im Grunde auch wenig dagegen die Stadtmitte nach dem jeweils aktuellen Geschmack und den aktuellen Bedürfnissen neu zu bebauen. Die Toten kümmert es nicht und wir werden in ein paar Jahrzehnten auch zu Staub geworden sein.


    "Wir" haben auch kein über Jahrhunderte reichendes kulturelles Gedächtnis. Menschen leben eben nur jeweils ein paar Jahrzehnte und werden durch die Erlebnisse ihrer jeweiligen Jugendzeit geprägt. Natürlich ist es ganz nett wenn man sich in der Zeit ein paar Protzbauten verschiedener vergangener Epochen ansehen kann.


    Wer den geschichtsträchtigen Grund wegbaggern will, um einen See anzulegen, der sollte sich seine Studiengebühren wiedergeben lassen. Es gilt einen kraftvollen Kontrast zu den Wohnscheiben an der Rathausstraße und der Karl-Liebknecht-Straße zu schaffen.


    Ein großer See wäre ja wohl ein geiler Kontrast zu den Hochhäusern. Nur wird er aus finanziellen Gründen leider nicht gebaut werden.




    Ein dritter Grund hängt mit dem Klimawandel zusammen. In Zukunft werden wir in Berlin nicht nur einen Anstieg der Durchschnittstemperaturen erleben, sondern wir werden auch mit einer Zunahme extremer Witterungen, wie Starkregen, konfrontiert sein. Angesichts dieser Veränderungen ist ........


    .. wohl unstrittig ein grüner Park eine gute Lösung.

    Einmal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • @ ReinhardR: Drei Grundzüge Ihres Beitrags möchte ich kritisieren:


    1. Ihr Begriff von historischer Bedeutung:


    Den DDR-Städtebau wollen Sie planieren, weil die SED ein falsches Menschenbild hatte; Barockschlösser aber wollen sie erhalten, weil sie "Fixpunkte unseres kulturellen Gedächtnisses" seien. Man kann dieses Argument problemlos umdrehen, ohne dass es an Sinn gewönne oder verlöre: Der DDR-Städtebau müsste demnach erhalten bleiben, weil er ein Fixpunkt unseres kulturellen Gedächtnisses ist (nämlich des Gedächtnisses an die Epoche der Teilung, des Kalten Krieges und des Staatssozialismus'); Versailles dagegen müsste man abreißen, weil es der gebaute Ausdruck des Absolutismus ist (also eines falschen Menschenbildes, in dem der Einzelne qua Geburt darauf festelegt war, ob er ein Leben in Prunk und Luxus oder in Armut und Plackerei zu führen hatte).


    Damit will ich keineswegs sagen, dass ich die Schlösser des Barock gerne abreißen würde. Im Gegenteil: das "kulturelle Gedächtnis" braucht Fixpunkte aus allen Epochen, alles andere wäre so ahistorisch und geschichtsvergessen wie die städtebauliche Moderne, die sie für diese Haltung zurecht kritisieren. Und natürlich handelt es sich bei Palästen wie Versailles oder der Residenz in Würzburg mit ihrem fantastischen Treppenhaus um einzigartige Kunstwerke, die bis in alle Zukunft gehegt und gepflegt werden müssen - was allerdings nichts daran ändert, dass sie mit der gnadenlosen Ausbeutung der Bevölkerung und, zumindest im Falle Versailles, auch mit dem Blut Tausender von Arbeitern bezahlt wurden ("Es ist niemals ein Zeugnis der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein", schrieb Walter Benjamin).


    2. Ihr Begriff von wertvoller bzw. wertloser Architektur


    In dieser Hinsicht nehmen sie sich die Argumente, wie sie gerade passen, um das, was Sie hübsch finden, für wertvoll zu erklären. Da wird dann der "Eklektizismus der Gründerzeit" nicht nur zur großen baugeschichtlichen Epoche hochgejubelt, sondern mit den Werken des Barock und der Renaissance auf eine Stufe gestellt. Sowenig aber Schloss Herrenchiemsee kulturhististorisch auch nur annähernd so bedeutend ist wie sein historisches Vorbild, sowenig ist der industriell hergestellte, aus allen möglichen Epochen zusammengepappte Stuck der Gründerzeit gleichbedeutend mit den Originalen aus diesen Epochen - in beiden Fällen geht es um den Unterschied zwischen Kunst und Kitsch.


    Der Städtebau der klassischen Moderne speiste sich zum einen aus dem (sozialen) Wunsch, auch der Arbeiterschicht günstigen Wohnraum mit Luft, Licht und Platz zu verschaffen; zum anderen aus der (ästhetischen) Überlegung, dass der Imitation des Historischen im Zeitalter der industriellen Massenfertigung immer etwas von Kitsch anhaftet. Tatsächlich ist dieser Ansatz (für den Städtebau, nicht für das einzelne Gebäude) auf der ganzen Linie gescheitert, weil er keinen lebenswerten Stadtraum zustandebrachte. Er hat sich auch überlebt, weil die historischen Innenstädte heute keine verfallenen Elendsquartiere ohne Strom, Wasser und Kanalisation mehr sind, sondern schmuck renovierte Fachwerkviertel, und weil auch die spartanischsten Mietskasernen der Gründerzeit heute keine zehnköpfigen Familien in zwei Zimmern mehr beherbergen, sondern kinderlose Pärchen in vieren.


    Trotzdem hat die klassische Moderne ihren architektonischen Wert: Sie war der erste Versuch, den gesellschaftlichen Veränderungen der Industriegesellschaft städtebaulich Rechnung zu tragen - und ich mache hier keinen Unterschied zwischen West und Ost. Alles, was danach kam und noch kommen wird, baut auf den Erfahrungen und Fehlern auf, die die klassische Moderne gemacht hat. Den mangelnden historischen Respekt und die "Bilderstürmermentalität", die sie den "Modernisten" vorhalten, müssen Sie selbst sich ebenso vorhalten lassen: Sie wollen die komplette architekturgeschitliche Ära von 1920 bis 1990 dem Erdboden gleichmachen. Wenn das kein Bildersturm ist!


    3. Ihre Vorstellungen von einem bebauten Rathaussforum


    Keine Frage: kleinteilige, urbane Stadtrekonstruktion hat etwas. Ich mag die "Townhouses" am Auswärtigen Amt, und ich mag auch die Tchobanpläne. Sie gehen in Ihrem Wunschbild aber davon aus, dass am Rathausforum etwas entstehen würde, was heute nicht mehr entstehen kann - ein lebendiges Innenstadtviertel wie vor hundert Jahren, in dem der Tante-Emma-Laden ebenso seinen Platz hat wie die Eckkneipe, der Schuster und vielleicht noch so etwas pittoreskes wie eine Buchbinderwerkstatt.


    Wir haben es mit einer 1A-Lage zu tun, deren Mieten sich heute fast ausschließlich noch irgendwelche Kette für ihre sogenannten "Flagship-Stores" leisten können, in denen sie den selben Schrott verkaufen wie anderswo auch. Wie ich bereits schrieb: Wenn es ein Konzept gibt, dass dort für qualitativ hochwertige, kleinteilige Architektur sorgt, in der neben Läden, Gaststätten und Büros auch für zahlreiche Wohnungen in verschiedenen (!) Preisklassen Platz ist, dann wäre ich für die Bebauung zu haben (ohne dafür den Fernsehturm zu opfern, versteht sich). Wer einfach Grundstücke ausschreibt und auf Investoren wartet, wird jedoch am Ende kein derartiges Viertel bekommen, sondern eine x-beliebige Open-Air-Shoppingmall. Und das wäre nun wirklich mal wertloser Städtebau.

  • Oh Leute, Leute... :lach:


    Humor und Ironie sind nicht eure Stärke!


    Selbst Klarenbach, dessen Beitrag ich unter Verwendung seiner Diktion ins Gegenteil verkehrt habe, reagiert wie eine beleidigte Leberwurst.


    Ich wollte unter Verwendung meiner gegenteiligen, aber bestimmt nicht dogmatischen Meinung die scheinbare Objektivität Klarenbachs ad absurdum führen.


    Naja... :nono:

  • Welche Moderne?

    Interessant und irgendwie ja auch schön, dass hier alte Schlachtenlinien im Städtebau wieder aufbrechen.


    Ich persönlich habe dabei offengestanden für die Moderne sehr wenig übrig. Andererseits habe ich Zweifel ob in diesem Jahrzehnt eine befriedigende Lösung für dieses Gebiet gefunden werden kann. Vielleicht sollten wir erstmal den Versuch in Frankfurt abwarten, wo nach dem Abriss des "Technischen Rathaus" ein Teil der Altstadt mehr oder weniger wieder aufersteht.


    Ich möchte jedoch zu bedenken geben, dass hier das Moderne lediglich eine freie Fläche ist. Es ist keine wirklich moderne Lösung. Es stehen Rotes Rathaus, Neptunbrunnen und Marienkirche herum und die Flur wird von Nikolaiviertel und Radisson gesäumt. Alea (in Zukunft), Cubix, Bahnhof Alexanderplatz und 20er Jahre Block sind im Bestand. Und dann gibt es noch den Alex mit Sockel und drei große Scheiben-Plattenbauten. Es ist also ein klassischen Sammelsurium, in dem ein sinnvoller räumlicher Bezug zwischen den Gebäuden fehlt aber m. E. kein Beispiel für modernen Städtebau. Also ist es in diesem Sinne auch nicht schützenswert.


    Meine Meinung: Erst den Rest des Planwerks realisieren: z.B. zwischem Roten Rathaus und Altem Stadthaus, wo wohl auch die Kühnsten nicht von erhaltenswerter Moderne sprechen sowie Schloss und Breite Straße/ Brüderstraße. Danach kann eine Bilanz gezogen werden und erst dann sollte man das Gebiet zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Spree bebauen oder auch nicht. Vermutlich aber doch.

  • Rotes Rathaus
    Sammelsurium trifft den Zustand schon ganz gut. Besonders schön oder gemütlich ist es dort auch nicht. Aber es hat doch eine gewisse Großzügigkeit die bei einer engen kleinteiligen Bebauung nach irgendwelchen alten Grundrissen verloren ginge.


    Ich würde mir da eine andere Lösung wünschen die eine angenehme, großzügige und beeindruckende Atmosphäre schafft.

  • @ Klarenbach: Ich würde mit dem Begriff "aufgelockerte Stadtlandchaft der Moderne" vorsichtig umgehen. "Mechanische Auflockerung" nannte Scharoun das Ergebniss der anglo-amerikanischen Flächenbombardements.


    Ich bin - ausnahmsweise - mal der gleichen Ansicht wie Architektenkind: erst den Molkenmarkt adäquat bebauen, dann die große Brache zwischen Fernsehturm und Spree.

  • Ich will noch ein paar Bemerkungen zu der Bedeutung des Rathausforums machen. Ich denke, dass die Bedeutung dieses Ensembles unter Bauhistorikern und Denkmalpflegern tatsächlich unumstritten ist. Als Beleg will ich ein paar Sätze aus einem Gutachten des Berliner Landesdenkmalrates zum Planwerk Innenstadt von 1997 zitieren. Dort heißt es:


    „Der Ostteil der Stadt ist weitgehend vom sozialistischen Städtebau geprägt worden. Hier sind auf der Grundlage eines anderen Bodenrechtes und im Zuge einer darauf aufbauenden städtebaulich-symbolischen Ordnung großräumig komponierte Stadtanlagen und Ensembles überliefert, die in ihrer aufwendigen hauptstädtisch-repräsentativen Gestaltungsabsicht als authentische Denkmale des Städtebaues dieser abgeschlossenen Epoche gelten können: Karl-Marx-Allee, Alexanderplatz, Leninplatz, Nikolaiviertel, der „Große Berliner Garten“ als neu angelegter Mittelabschnitt der „stadtbaukünstlerischen zentralen Achse“. Sie bedürfen aus Erfahrung mit historischen Umbrüchen besonderer Schutzmaßnahmen. (...) Es gibt nach heutiger Erkenntnis keine direkte Abhängigkeit der Lebensweise und des Sozialverhaltens von der baulichen Stadtstruktur, die einen totalen Umbau der staatssozialistischen Stadt als dringlich erscheinen ließe. Daher schließt eine konservatorische Pflege von „sozialistischen Wohnkomplexen“ keinesfalls eine postsozialistische Aneignung des entsprechenden Raumes aus. Ebensowenig kann sich ein denkmalpflegerischer Ansatz der Notwendigkeit verschließen, augenscheinliche räumliche, freiräumliche und funktionelle Defizite durch bauliche Eingriffe zu beheben. Diese müssen sich aber darauf konzentrieren, die vorhandene Gestalt und den zeittypischen Charakter der verschiedenen überlieferten Ensembles zu erhalten und die Veränderungen zu integrieren. Diese Forderung wird durch das Planwerk Innenstadt nicht erfüllt. (...) Die „zentrale stadtbaukünstlerische Achse“ der DDR-Hauptstadt ist ein planmäßig und langfristig seit 1950 angelegtes und sukzessive ausgefülltes System von in die Tiefe komponierten und zentralperspektivisch inszenierten Straßen, Plätzen und Freiräumen. (...) Entlang dieser zentralen Raumfolge sind jeweils in Fünfjahrplanschritten seit 1950 zusammenhängende Großensembles entstanden, die grundrißstrukturell als Ganzes sowie jeweils auch als Teilbereiche authentische Zeugnisse der verschiedenen Entwicklungsphasen in der Stadtbaukunst der DDR darstellen. Die vornehmlich nach innen, d.h. zu den Hauptbewegungsrichtungen im Raumsystem, den Straßen und Platzräumen, repräsentativ inszenierten Ensembles in ihren gestalterischen Qualitäten zu überliefern und zugleich die vielfach ungelöste rückwärtige Verknüpfung zu den rezenten älteren Stadtstrukturen zu gewährleisten, wäre ein angemessenes Ziel einer geschichtsbewussten Stadtentwicklung. Dies würde allerdings voraussetzen, daß man - wie schon im Fall des Ernst-Reuter-Platzes - die vollkommen veränderte städtebauliche Metrik und Textur des Alexanderplatzes, der Karl-Marx-Allee und des von Scheiben und großmaßstäblichen Einzelbauwerken bestimmten zentralen Freiraumes akzeptiert. (...) Die denkmalgeschützte Umbauung (des Fernsehturms - Einfügung Klarenbach) ist Merkmal und Gestaltungselement des Gesamtensembles, sie sucht den Kontrast zum Raster der normierten Wohnbauten und setzt einen bewußt verfremdenden Akzent im Dialog mit der Marienkirche und dem Neptunbrunnen. Wie im Fall des Westberliner Kulturforums - oder, um ein prominentes intternationales Beispiel anzuführen, des mexikanischen „Platzes der drei Gewalten“ - handelt es sich bei diesem zentralen öffentlichen Stadtraum um ein im Geist der Entstehungszeit bewußt verfremdendes Zusammenfügen von Stadtfragmenten zu einem neuen Bild.“


    Soweit also die Einschätzungen der Denkmalpfleger. Ich denke, dass diese Aussagen ganz klar im Gegensatz zu den Aussagen von Konstantin, ReinhardR und tel33 zu der angeblichen Banalität und fehlenden Schutzwürdigkeit dieses Ensembles stehen und dass die Behauptung einer angeblichen „Banalität“ und Bedeutungslosigkeit des Ensembles nicht haltbar ist.

  • Danke, Klarenbach, für das umfassende Zitat aus dem LDR. Folgte man der Haltung des LDR konsequent, bedeutete dies Stillstand in der Stadt. Erfreute sich einjede Zeitschicht dieses Zuspruches des LDR, lebten wir in einem Museum, das nur punktuelle Ergänzungen in Würdigung der jeweiligen dominierenden Zeitschicht der Umgebung zuliesse. Der Senat ist dieser Einschätzung des LDR dankenswerter Weise genausowenig gefolgt wie den Stellungnahmen des LDR zum Palast der Republik, zum Alexanderplatz und vielen anderen Orten in der Stadt.


    Zudem sei ergänzt, dass es sich beim LDR keineswegs um "die Denkmalpfleger" handelt sondern ein von der Denkmalpflege und Senat berufenes Gremium von Architekten und Fachleuten. So hat Petra Kahlfeldt, führendes Mitglied des LDR, z. B. den Berlin-Pavillion (eine Ikone der Moderne bzw. der IBA im Hansaviertel) zu einem Burger King umgebaut - kein unstrittges Bauvorhaben.


    Insofern ist es nicht ehrenrührig andere Ansichten als der LDR zu vertreten. Auch Fachleute können Unsinn schreiben. So pars pro toto die Einlassung des Landesdenkmalrates die Umbauung (des FS) setze einen "bewußt verfremdenden Akzent im Dialog mit Marienkirche und dem Neptunbrunnen". Von einem solchen "Dialog" kann eben nicht die Rede sein, im Gegenteil: die Planer der Umbauung des FS und der Freifläche gingen von einem Abriss der Marienkirche aus. Auch heute (2012) wird die Freifläche in ihrer Radikalität auf 50 Zentimeter (!) an die Kirche herangeführt sodass man die mittelalterliche Kirche nicht mehr an ihren Mauern umrunden kann. Dies mag in seiner Rücksichtslosigkeit ein "authentisches Zeugnis der Stadtbaukunst der DDR" sein, daraus seine Erhaltungswürdigkeit zu postulieren halte ich für falsch.

  • ^ Amüsant: potentiellen Stillstand beklagen, aber diesem gleichzeitig per Wiederherstellung mittelalterlicher Zustände Vorschub leisten wollen. Diese Diskussion zeigt m.E. mal wieder sehr deutlich: der Royal... ähh Traditionalist an sich hält sich für den Menschen mit dem besseren Geschmack. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Von einem solchen "Dialog" kann eben nicht die Rede sein, im Gegenteil: die Planer der Umbauung des FS und der Freifläche gingen von einem Abriss der Marienkirche aus.


    Da würden mich mal nähere Informationen interessieren. Wann hatte die DDR den Abriss der Marienkirche geplant? Gibt es dazu irgendwelche Dokumente? Nach meinen Informationen hatte die DDR nicht den Abriss der Marienkirche geplant.

  • Haben Republiken damals (Barock etc.) denn viel anders gebaut? Ich glaube nicht...Also lass doch bitte diese jämmerliche Royalistenkeule stecken :nono:. Was neu ist, kann logischerweise schon mal kein Stillstand sein. Vielleicht ists ein Rückschritt, das mag sein und würde sich langfristig zeigen. Vielleicht aber auch nicht? Viel "vorwärts" würden ein paar neue Büsche und Bänke den Platz auch nicht bringen. Ich finde die Pläne sehr schön und interessant und kreativ. Aber ich würde sagen, es reicht, wenn man das MEF bebaut. Eine 4-/ganzseitige Einfassung würde schon dazu beitragen, aus dieser zugigen, nach Westen hin scheinbar endlosen Fläche einen Stadtplatz im allgemeinen Sinne zu machen.


    Nachtrag: Ginge es nach Ramsauer, würde Karl und Fritz aus der Innenstadt verschwinden! Seinen Vorstellungen nach Friedrichsfelde. In Budapest hat man auch das ganze soz./komm. Bildgut aus der ganzen Stadt in einen Park "verbannt". Das fand ich an sich keine schlechte Idee. Aber ob die beiden nun unbedingt wegmüssen...Naja...

    4 Mal editiert, zuletzt von Ben ()

  • @ Klarenbach


    Hierzu gibt es eine schöne Geschichte, die mir mal erzählt wurde von jemanden, der dabei war:
    Man hatte damals ein Modell von den sozialistischen Plänen der (Ost-)Berliner Innenstadt aufgebaut mitsamt den Neubauplänen als Modellhäuschen wie bei Märklin samt Karl-Liebknechtstraße und mittendrin stand da noch die Marienkirche. Und Ulbricht sollte sich das Modell ansehen und die Pläne abnicken. Und um die Marienkirche zu erhalten hatte eben jener Jemand und ein paar seiner Freunde diese von unten auf dem Modellboden angeschraubt. Das hat die Kirche gerettet, denn als Ulbricht in terminlicher Zeitnot das Innenstadtmodell besichtigt hat, griff er nach der Marienkirche und versuchte sie zu entfernen. Da sie aber angeschraubt war ging das nicht. Und dann hat er nichts mehr dazu gesagt, sondern nur komisch geguckt und die Kirche stehen lassen. :)

  • ^
    Immer wenn ich solche Anekdoten von diesem Kulturverbrecher höre, bekomme ich SO einen Hals. Es ist so bitter, dass viele andere wertvolle Baudenkmäler einfach gesprengt und abgeräumt wurden...

  • ^ Amüsant: potentiellen Stillstand beklagen, aber diesem gleichzeitig per Wiederherstellung mittelalterlicher Zustände Vorschub leisten wollen. Diese Diskussion zeigt m.E. mal wieder sehr deutlich: der Royal... ähh Traditionalist an sich hält sich für den Menschen mit dem besseren Geschmack. Nicht mehr und nicht weniger.


    Das ist wirklich amüsant.
    Eine urbanes Stadtbild mit kleinteiliger Bebauung und klar definierten Straßenzügen sind für dich mittelalterliche Zustände? Ich sehe das eher als den Eckpfeiler des europäischen Städtebaus überhaupt aber ok.

  • ^ Amüsant: potentiellen Stillstand beklagen, aber diesem gleichzeitig per Wiederherstellung mittelalterlicher Zustände Vorschub leisten wollen. Diese Diskussion zeigt m.E. mal wieder sehr deutlich: der Royal... ähh Traditionalist an sich hält sich für den Menschen mit dem besseren Geschmack. Nicht mehr und nicht weniger.


    Höh? Dass in einem Architekturforum tatsächlich sinnvolle Gebäudestrukturen einer funktionsfreien Grünanlage vorgezogen werden, ist für dich also 'mittelalterlich' und die Befürworter einer halbwegs urbanen Bebauung sind dann 'Royalisten'? :lach: Also langsam wirds nur noch lächerlich.

  • ^ Ist mir nur fast so rausgerutscht. Wird sicherlich Zufall sein, dass diejenigen oft durch Königs-, Kaiser- oder Wappenavatare und ausgegraute Renommee-Anzeigen glänzen.


    Nicht jeder Befürworter einer urbanen Bebauung ist im Übrigen Traditionalist. Bezeichnend, wenn hier beide in einen Kausalzusammenhang gestellt werden, eine schöne Untermauerung meiner Behauptung, dass man sich aus der Ecke ganz einfach auf der geschmacklich besseren Seite wähnt. Nur die Ehrlichkeit, dies auch ganz einfach so zu formulieren, anstatt irgendwelche pseudoobjektiven Argumente anzuführen, besitzt sie halt nicht.

  • Geht es bei dieser Diskussion nicht eigentlich um etwas anderes?


    Man stelle sich diesen Platz mal ohne RR, FT und MK vor. Man stelle sich vor, in einer anderen Stadt in Europa zu sein und dann bewertet man mal diese Anlage.
    Käme irgendjemand auf die Idee, dass unbedingt alles so erhalten werden müsste wie es ist?
    Ist es nicht vielmehr so, dass die Diskussion hier eigentlich zwischen DDR-Nostalgikern und DDR-Verachtern geführt wird? Eigentlich nachvollziehbar:
    - Jemand, der dem Staat DDR einiges gutes abgewinnen konnte möchte nicht, dass alle Reste verschwinden
    - Jemand, der keinerlei Bezug zu der DDR hatte sieht in diesem Platz deutliches Veränderungspotential.


    Ich gehöre zu letzteren, kann aber die Belange der "Erhalter" nachvollziehen. Aber eine Frage hätte ich: Nehmen wir mal an, diese Anlage würde wie oben beschrieben in Hannover stehen. Würdet ihr kein deutliches Verbesserungspotential sehen?

  • ^ Sorry, ich habe zwar noch ein Jahr Jungpionierzeit mitgenommen, konnte aber weder dem Staat etwas abgewinnen, noch bin ich DDR-Nostalgiker. Das muss man auch nicht sein, um Werken aus der DDR-Zeit einen gestalterischen Wert abzugewinnen. Niemand hier stellt doch die Wiederbebauung der Verkehrsschneise am Molkenmarkt in Frage, es besteht überhaupt kein Dissens darüber, dass der Abriss des DDR-Bauministeriums oder die Wiederbebauung des Parisers Platzes eine gute Entscheidung war, etc. Aber dort gab es eben keinen Verlust erhaltenswerter sozialistischer Gestaltung.


    Hannover und auch Stuttgart hätten es im Übrigen weitaus nötiger, Verbesserungspotentiale zu nutzen.