Umgestaltung Rathausforum / Marx-Engels-Forum

  • Der Kartoffelacker vor der Stadt ist auch weit. Die Nichtexistenz von architektonischer Gestaltung zur Gestaltung zu erheben, darauf muss man erstmal kommen. Die Frage der rechtmäßigen Alteigentümer hast du unsachgemäß übergangen; ggf. wäre ich einer (anderen) Freiflächengestaltung gar nicht abgeneigt. Aber die Frage stellt sich (für mich) eben nicht mehr, seitdem Konstantin mich (uns alle!) darauf gestoßen hat, welches Unrecht hier nach wie vor unaufgearbeitet im Boden schlummert. Nehme ich das zur Prämisse, dann kann ich schlechterdings davon ausgehen, dass diese Alteigentümerfamilien, sobald man ihnen wieder das gibt, was ihnen schon immer zustand, diese Grundstücke dann einfach "brach" liegen lassen, d. h. allesamt einem "Rathausforum 20XX"-Plan überlassen. Also muss man mit Bebauung denken.


    Und meine Hipsterphobie "zeugt" von gar nichts, ich bin schwul, langjährig glücklich verpartnert, politisch aktiver Sozi, im Beirat einer Flüchtlingshilfe, topmodisch gekleidet, beruflich erfolgreich, Akademiker und zudem durchtrainiert und 190 groß. Ich hab in keinerlei Hinsicht einen "Minderwertigkeitskomplex" oder bin "nicht progesssiv", o. ä., sorry. Im Übrigen sind Hipster v. a. turbomaterialistische und oberflächlich-dumpfe Leute, die ich zB noch nie dabei gesehen habe, als es darum ging einem Asylbewerber in einem Sprachtandem die hiesige Sprache beizubringen, sich bei einer Protestveranstaltung im Januar die Zehen abzufrieren oder als es sonstwo darum ging, aus der eigenen Smartphone-Coffee2Go-Lounge-"Comfortzone" auszubrechen.

  • 3. Hier bestand keine stadträumlich neue Konfiguration, sondern nur das Gebäude des Technischen Rathauses.


    Westlich der Spandauer Straße steht noch nicht einmal ein Gebäude (dieses in Frankfurt wurde übrigens schon mal in Veröffentlichungen über den Brutalismus-Stil zitiert), sondern nur die 'Weite des Stadtraums', die verschiedenen Erklärungen hier im Thread nach so weit wurde, weil man mit dem Areal nicht mehr so richtig wusste. Die Verlegenheitsbegrünung wurde von der U5-Baustelle beseitigt.


    Der verbleibende Platz mit den Brunnen am Fernsehturm kann durch die Einfassung und überschaubarere Dimensionen nur gewinnen. Wer sich so gerne auf den Jardin des Tuileries beruft - dieser wurde durch aufgeschüttete Terrassen eingefasst, diese Rolle könnten in Berlin die rekonstruierten Altstadt-Quartiere westlich der Spandauer (mit einer Blickachse auf das Schloss) übernehmen.

  • Dessen Architekt Franco Stella behauptet das Gegenteil. Die Ostfassade sei auf eine Wiederbebauung des Spreeufers ausgelegt.


    Von Rekos halte ich ehrlich gesagt auch wenig in Berlin. Berlin war einfach bis zur Neuzeit ein Provinzkaff inmitten des sumpfigen Brandenburg, an der Peripherie des HRR.


    Das zeigt, dass Du dich mit der Geschichte der Stadt Berlin nicht auseinandergesetzt hast (wobei ja die Frage ist, wo Du die Neuzeit ansetzt?). Nach dem 30-jährigen Krieg hat es doch binnen weniger Jahrzehnte den Aufstieg zur Mittelmacht vorbildlich hingelegt, später dann ganz Deutschland dominiert. Da gibt es kaum Beispiele aus anderen Regionen.

  • Die Frage der rechtmäßigen Alteigentümer hast du unsachgemäß übergangen; ggf. wäre ich einer (anderen) Freiflächengestaltung gar nicht abgeneigt.[/SIZE]


    In der Frage der Enteignung der Alteigentümer würde ich mit Dir übereinstimmen, dass man entschädigen sollte.
    Allerdings ist die Enteignung hier ja schon unter den Nazis geschehen und zur Zeit der späteren sozialistischen Stadtplanung war ja alles im Zweifel 'Volkseigentum'. Daher sollte man die Frage der Offenhaltung des Geländes nicht mit der Frage der Entschädigungen verknüpfen, sondern die Entschädigungsfrage aus der Zeit der 30er und 40er Jahre heraus denken. Jüdische Alteigentümer, auf deren Grundstücken in den Nachkriegsjahren im Westen von den Profiteuren der Enteignung neue Strukturen errichtet wurden, sind (glaube ich) auch entschädigt worden, anstatt einer Restitution.


    Dessen Architekt Franco Stella behauptet das Gegenteil. Die Ostfassade sei auf eine Wiederbebauung des Spreeufers ausgelegt.


    Wo hat er das gesagt? Wenn man das Humboldtforum besichtigt, was ich schon getan habe, dann sprechen Aussicht und Raumwirkung der Räume des Ostflügels klar für eine Fernwirkung. Die Szenerie ist geradezu ein Postkartenmotiv mit Rotem Rathaus, Fernsehturm und Marienkiche in der freien Parklandschaft. Die differenzierte Vorkriegstruktur des Renaissanceschosses korrespondierte gut mit der kleinteiligen Bebauung des gegenüberliegenden Ufers, aber die monumentale, klare Fassade des Stella-Entwurfs braucht Raum.

  • Nein, auch zu DDR-Zeiten ist munter weiter enteignet worden. Rechtlich bleibt alles, wie es ist, solange keine Neubebauung ermöglicht wird sondern eine öffentliche Nutzung bebehalten wird.


    ^Du sprichst von dem Ausblick aus dem Ostflügel. Stella bezog seine Aussagen auf seine Ostfassade in der Ansicht von Osten. Ich such' das Interview mit FS mal raus.

  • @Enteignung
    Diese Logik muss man auch nicht verstehen, oder?


    Aber was rechtfertigt denn nun eine Reko o.g. Bauten, Konstantin? Wodurch zeichnen sie sich aus? Vor allem das Neidkopfhaus.

  • In der Frage der Enteignung der Alteigentümer würde ich mit Dir übereinstimmen, dass man entschädigen sollte.


    Nicht nur entschädigen. Eine von Beginn an widerrechtliche Enteignung ist, wenn es konsequent rechtsstaatlich zugeht, ex-tunc (d. h. rückwirkend) nichtig und die Eigentümer so zu stellen wie zuvor. Wenn, dann ist eine Entschädigung für die zwischenzeitlich nicht mögliche Nutzung der Immobilie fällig (so würde das im Übrigen bei jeder widerrechtlichen Nutzung eines fremden Grundstückes von deutschen Zivilgerichten entschieden, wenn es um das Verhältnis Privat-Privat ginge, umso höhere Maßstäbe sind eigentlich anzulegen, wenn es um Staat-Privat geht), nicht der Versuch einer nachträglichen Legalisierung eines Aktes der Gewaltherrschaft, indem man sich versucht mit einer "Entschädigung" freizukaufen. Rechtsstaatlichkeit kennt solche Winkelzüge nicht.


    Das BGB, welches übrigens auch zur NS Zeit galt und auch in den ersten Jahrzehnten der DDR galt und bis jetzt gilt, sagt dazu übrigens eindeutig:


    § 134
    Gesetzliches Verbot


    Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. [staatliche Enteignung ist verboten, außer unter bestimmten, engen Voraussetzungen, die hier aber evident nicht vorlagen]


    und


    § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
    (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
    (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.


    D. h. weder das Rechtsgeschäft einer einseitigen Übertragung des Eigentums durch Auflassung ist wirksam, noch eine möglicherweise pro Forma erteilte Zustimmung der Alteigentümer wäre wirksam.


    Die bis 1945 gültige Reichsverfassung (d. h. die höchste Norm, die im Zweifel natürlich auch niederrangige Normen bricht) bestimmte zur Enteignung:


    Art. 153 WRV


    "Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden." (gleichlautend übrigens das Grundgesetz)


    Artikel 16 Verfassung der DDR


    "Enteignungen sind nur für gemeinnützige Zwecke auf gesetzlicher Grundlage und gegen eine angemessene Entschädigung zulässig. Sie dürfen nur erfolgen, wenn auf andere Weise der angestrebte gemeinnützige Zweck nicht erreicht werden kann."


    Solch eine Norm ist natürlich kein Gummiparagraph, nach Belieben der Obrigkeit gemeinnützige Zwecke/Allgemeinwohl hineinzudeuten, nur weil man z. B. irgendwo einen repräsentativen Platz anlegen möchte.


    Nicht nur nach jetzigem Recht, auch nach bürgerlichem Recht der NS Zeit, auch nach bürgerlichem Recht der DDR bis 1976 (als das neue DDR-BGB in Kraft trat) sowie den jeweils geltenden Verfassungen war dies Unrecht.


    Lediglich im 2+4 Vertrag wurde dies mit einem Federstrich legalisiert. Formaljuristisch. Aber Unrecht bleibt Unrecht.

  • Aber was rechtfertigt denn nun eine Reko o.g. Bauten, Konstantin? Wodurch zeichnen sie sich aus? Vor allem das Neidkopfhaus.


    Zeittypik, künstlerische Höhe, Kleinteiligkeit und im übrigen die einzige nicht willkürliche Bebauung an diesem Ort der Heilig-Geist-Straße.


  • Daher sollte entschädigt werden. Das Areal ist heute unzweifelhaft gemeinnützig.

  • Daher sollte entschädigt werden. Das Areal ist heute unzweifelhaft gemeinnützig.


    1. was heute ist, ist irrelevant. Ein nichtiger Rechtsakt ist nichtig, d. h. führt auch nicht zu einer Entschädigung sondern lediglich zu Schadensersatzpflicht plus Rückgabe.


    2. reicht eine bloße öffentliche Nutzung dazu natürlich ohnehin nicht; du kannst genauso wenig den Bahnhofsvorplatz, welcher der DB gehört, mit Verweis darauf enteignen, usw.; das Eigentumdrecht ist eines der zentralsten Grundrechte und sehr restriktiv auszulegen, daher ja selbst in der DDR Verfassung der Zusatz "Sie dürfen nur erfolgen, wenn auf andere Weise der angestrebte gemeinnützige Zweck nicht erreicht werden kann.".

  • Jeder Kartoffelacker kann für den Bau eines Umgehungsstraßenzubringers enteignet werden, und hier profitieren nur die Autofahrer, nicht das Gemeinwesen. Wenn im Zentrum einer ehemals 'steineren' Großstadt eine begrünte Freifläche geschaffen wurde, so dient das meiner Meinung nach dem Wohle aller Stadtbewohner.

  • Grundrechte eines demokratischen Rechtsstaat zeichnen sich dadurch aus, dass diese sich nicht gegenüber einer Mehrheit rechtfertigen müssen. Das Eigentumsrecht ist ein Grundrecht und ausschließlich in engen Ausnahmen und unter Einhaltung rechtsstaatlichen Verfahrens disponierbar. Und nicht aufgrund bloßer Meinungen.

  • Die Frage nach der Gemeinnützigkeit ist juristische Auslegungssache. Und diese wurde in der DDR sicherlich anders bewertet als heute (was nicht bedeutet, dass ich die damalige befürworte). Anyways, heute gilt das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG)


    http://www.gesetze-im-internet.de/vermg/__5.html



    " Eine Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden ist gemäß § 4 Abs. 1 insbesondere auch dann ausgeschlossen, wenn Grundstücke und Gebäude
    a)
    ....
    b)
    dem Gemeingebrauch gewidmet wurden,"



    Dieses Gesetz gilt auch für Enteignungen 33-45: http://www.gesetze-im-internet.de/vermg/__1.html


    "6) Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet."



    Das sollte dann wohl eindeutig sein.


    Die moralische Pflicht zur Entschädigung ist natürlich klar.

  • Wenn die Enteignung nichtig war handelt es sich juristisch um keine Rückübertragung, d. h. die Enteignung wird aus dem Grundbuch getilgt (da ex-tunc, d. h. von Beginn an, nichtig) und es gilt die vor der Enteignung letzte Eintragung im Grundbuch, d. h. eine Einsetzung in den vorherigen Stand bzgl. der Eigentumsverhältnisse. Ist der eingetragene Grundeigentümer nicht mehr am leben, zB weil ihn der deutsche Staat bis 1945 ermordet hat, ist derjenige aktueller Eigentümer, der dies gemäß der Erbfolge auch beim normalen Hergang, ohne Enteignung, der Fall gewesen wäre.. Sorry. Du kannst nicht selektiv Normen herauspicken, ohne deren Zusammenhang zu kennen und schon gar nicht präzise Rechtssprache mit der sehr schlampigen und ungenauen Umgangssprache unserer Zeit auslegen. Gerade weil die Rechtslage hier, gelinde gesagt, schwammig ist hat man ja versucht die Enteignungen im 2+4 Vertrag zu zementieren. Zumindest bisher trägt die Rechtsprechung das auch mit, das kann sich natürlich jederzeit ändern.


    Für die Nichtigkeit zählt im Übrigen der Rechtsstand zum Zeitpunkt der Enteignung maßgeblich und trotz der Bestrebungen ein eigenes NS BGB aufzulegen (der NS Staat war ja nicht weniger privateigentumsfeindlich als der Sozialismus eingestellt) wurde dieses bis 1945 nicht fertig, somit galt die alte WRV sowie das alte, kapitalistisch orientierte BGB bis 1945 fort, somit auch bei den Aneignungen durch den NS Staat.


    Im Übrigen, würdest du es nicht schäbig finden der Tochter oder dem Sohn eines jüdischen Alteigentümers mit juristischen Winkelzügen zu erklären warum wir meinen das damalige Unrecht nachträglich legalisieren zu können, zu sollen, zu wollen?

    2 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • Das von mir zitierte Gesetz ist exakt für diese Fälle geschaffen worden. Es gilt und Punkt. Ich picke mir nichts heraus.


    Natürlich waren die Enteignungen zur NS- und DDR-Zeit widerrechtlich. Daher gibt es ja das oben genannte Gesetz!


    "Im Übrigen, würdest du es nicht schäbig finden der Tochter oder dem Sohn eines jüdischen Alteigentümers mit juristischen Winkelzügen zu erklären warum wir meinen das damalige Unrecht nachträglich legalisieren zu können, zu sollen, zu wollen?"


    Was soll das denn bitteschön?


    Ich habe jetzt x-mal geschrieben, dass ich eine Entschädigung zum Verkehrswert will.

  • Es bleibt dabei, dass man damit nachträglich Unrecht versucht zu legalisieren, sich der Staat freizukaufen versucht. Es ist niemand verpflichtet, an der Sache statt irgendwelche Gelder anzunehmen. Denn das Eigentumsrecht gilt sachenrechtlich absolut. Und zum zigsten Mal, ich weiss, dass unser Staat stets versucht hat, dieses Unrecht zu legalisieren, das ist aber lediglich eine Feststellung und kein Argument, warum man es nicht besser machen sollte, nicht aufarbeiten sollte. Warum ist denn eine banale Freifläche so wichtig, dafür solche Winkelzüge zu veranstalten?


    Oder mal anders.


    Stell dir vor, du hast ein Grundstück. Oder meinetwegen dein Großvater. Der Staat kommt und nimmt es weg. Einfach so. Durchgesetzt mit der Staatsgewalt und wenn du dich körperlich dagegen wehrst, dass dir Unrecht geschieht, setzt sich die Repressionsmaschine gegen dich in Gang. Das ganze stellt sich nachträglich als rechtlich fragwürdig dar, moralisch ohnehin. Würdest du dich mit einer Geldzahlung abspeisen lassen oder nicht alles dafür tun, das Grundstück zurück zu bekommen? Aus Prinzip? Weil man so nicht mit dir umspringen kann?


    Schon ohne den schrecklichen Hintergrund des Raubmordes an Mio. jüdischen Bürgern durch den deutschen Staat eigentlich ein "no-brainer".


    Und was haben wir hier denn wichtiges? Ein paar alte Bodenplatten. Die sind natürlich so wichtig, dass unser Gemeinwesen auch im Jahr 25 der Rückkehr des Rechtsstaates nach Ostberlin den Alteigentümern weiterhin den Mittelfinger zeigt und irgendwelchen formaljuristischen Schmarn zur Erklärung verlautbaren lässt, um einen Zustand zu rechtfertigen, der durch nichts zu rechtfertigen ist und zu entschädigen, was durch nichts zu entschädigen ist, außer zumindest annähernd (!) durch "Rückgabe" und Schadensersatz. Die Verbrechen durch den deutschen Staat kann keiner nachträglich ungeschehen machen. Aber ist es nicht unsere Pflicht, alles in unseren Mitteln stehende zu tun, um zumindest einer Wiedergutmachung so nah wie nur menschenmöglich zu kommen?

  • Die Frage der Enteignungen, die systemübergreifend seit der NS-Zeit zu Anfang betrieben und dann billigend in Kauf genommen wurden, ploppen mit schöne Regelmäßigkeit hier auf. Die von Tomov verlangte finanzielle Entschädigung der Enteigneten aus dem Staatssäckel führt nur vorgeblich weiter, weil dies eben nicht passieren wird. Auch haben Enteignungen aufgrund von Religionszugehörigkeit oder politischer Überzeugungen nichts mit dem Bau von bundesdeutschen Umgehungsstraßen zu tun.


    Mit der gleichen Begründung könnte man die nach 1990 entstandenen Luxuswohnbauten in Mitte enteignen um der behaupteten Wohnungsnot Herr zu werden. In deiner Argumentation, Tomov, liegt eben der Grund der Misere: wir (Staat) wissen besser, was für euch (Volk) gut ist und Eigentum, Marktwirtschaft oder Grundrechte müssen eben zur Seite treten. Auch heute ist diese Grundhaltung das Haupthindernis einer Urbanisierung, weit vor architektonischen Fragen.

  • Lieber Konstantin, es tut mir leid Dir das jetzt sagen zu müssen ;) , aber wir leben in Deutschland einem etatistischen Gemeinwesen. Ich finde das auch nicht so schlecht.

  • ^
    Lieber Tomov, es tut mir leid dir das jetzt zu müssen, aber das mag dein Wunschdenken sein, nicht jedoch die Realität. Wir leben in einem dezentralen, föderalen, (sowohl privat wie staatlich) subsidiären Rechtsstaat, unter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, welche das Eigentumsrecht unverbrüchlich mit der Menschenwürde und freiheitlicher Lebensgestaltung verknüpft und verknüpft hat. Nicht meine Meinung, sondern Verfassungsexegese und laufende Rechtsprechung des BVerfG.


    Und der von Salonsozialisten gerne aus dem Zusammenhang gerißene Verfassungssatz "Eigentum verpflichtet" bedeutet genau das Gegenteil dessen, was diese dort gerne hinein interpretieren, es bedeutet nämlich, dass der Staat sich im Zweifel auf eine "Nachtwächterstaat"-Funktion zurückziehen müsse und im Zweifel die Privaten ihre Angelegenheiten, eben auch mit allen damit verbundenen Pflichten, selbst erledigen lassen muss (Grundrechte sind nämlich Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und verpflichten den Staat, Eigentumsrechte gibt es nur sehr beschränkt mit Drittwirkung Bürger-Bürger; hier wird der Staat verpflichtet, sich aus den Angelegenheiten Privater herauszuhalten, sich also salopp gesagt auch nicht unter dem Vorwand des "helfenden Vater Staat" einzumischen).


    Das kommt zB praktisch jetzt bei den AKW Rückbauten zum Tragen, wo es dem Staat auch bei Zweifeln an Finanzkraft, Kompetenz usw. der AKW Betreiber nicht erlaubt wäre, die Anlagen jetzt einfach selbst zurück zu bauen und die Endlagerung selbst zu übernehmen, solange die AKW Betreiber zumindest nicht qua Insolvenz abgewickelt wurden und der Staat notgedrungen zur allgemeinen Gefahrenabwehr einspringen müsste (dass unsere Politik wenig sensibel bzgl. diesen eigentumsrechtlichen Aspekten ist hat man zB bei der Erbschaftssteuer gesehen, entsprechend hat man vom BVerfG auf die Mütze gekriegt, soviel zu deinem ach so starken Etatismus).


    Wir haben eine, ob dir das gefällt oder nicht, sehr libertäre staatliche Ordnung. Bis dahin, dass dich unser Grundgesetz sogar zu zivilem Ungehorsam ermuntert (Art. 20 IV GG).
    Aus deutscher Mentalität heraus wurde und wird seit Jahrzehnten versucht diesen libertären Kern des GG kaputt zu nagen und zu vertilgen und zu altdeutschen, kollektivistischen Traditionen (deren Ausprägung das autoritäre Kaiserreich ebenso war wie die DDR Diktatur, wie der NS Faschismus - alle drei hätten "Du bist nichts, dein Volk ist alles" zu ihrem Credo erheben können) zurück zu kehren. Aber noch sind wir nicht soweit.


    Das Eigentumsrecht gilt absolut.


    Sollten dich Fragen des Grundrechts Eigentum näher interessieren, so konsultiere bitte entsprechende Einstiegslehrbücher der nächsten juristischen Hochschulbibliothek. Ich möchte die Off-Topic Orgie hier nicht noch mit weiterem Hin- und Her aufblasen (sorry soweit schonmal Bato).