Stadtbahn Hamburg [in Planung]

  • Nur so als Frage: Der Anteil von 57 Mio. Euro bezieht sich aber nur auf die erste Teilstrecke und den Betriebshof, nicht aber auf das gesamte Netz und alle dafür nötigen Fahrzeuge, um die Stadtbahn auch wirtschaftlich betreiben zu können, oder? :confused:

  • Die 57 Millionen beziehen sich auf den ersten Bauabschnitt, richtig.


    Fahrzeuge - und Betriebshof - sind nicht durch die Stadt Hamburg zu leisten, sondern durch die Hochbahn. Die gehört natürlich zu 100% der Stadt Hamburg bzw. der HGV. Dass die Bilanz der Hochbahn effektiv mit Zuschüssen frisiert ist (die "Verlustübernahme"), ist ja auch allgemein bekannt.

  • Beim stöbern bin ich auf die Seite des VCD gekommen. Dort wird (selbstverständlich) die Stadtbahn unterstützt. An alle Fraktionen wurde vom VCD ein "Infoschreiben" an alle Fraktionen des Senats in Hamburg geschickt, in dem aufgeklärt wurde. Eine Stellungnahne der SPD liegt vom Juli 2010 auch vor. Sehr interessant was man da lesen kann. Klingt irgendwie anders, seit dem Herr Scholz bei der Hamburger SPD das Sagen hat.




    Das Kostenargument der Stadtbahn ist im Moment ja der gewichtigste Grund der Gegner/ SPD. Dort wird mit vielen Zahlen gespiel. Aber wie sieht es wirklich aus? Gerade im Hinblick auf, was muss Hamburg zahlen und was zahlt der Bund oder wird durch andere "Töpfe" bezuschusst? Aus dem vorhergehenden Post entnehme ich 57 Mio € für den ersten Bauabschnitt. Das ist sicherlich nur der Hamburg Anteil und ist dies nur für die Strecke oder auch für Fahrzeuge und Betriebshof?

  • Komisch aber das man dort der Stadtbahn absolut keine Absage erteilt. Das beste ist wie man der CDU jetzt den Schwarzen Peter zuschiebt, als wären die es die keine Stadtbahn wollen!

  • Keine Citymaut, keine Stadtbahn und keine Umweltzone soll es in Hamburg geben, steht in der gestrigen Ausgabe von Die Welt. Alleine für den Unterhalt der Straßen werden Hunderte Millionen Euro benötigt, über die Finanzierung möchte Herr Scholz "mit seinem Turbo-Pragmatismus" nicht reden. Im Volksmund nennt man es eher Populismus und Konzeptionslosigkeit. Das kostspielige Straßensystem kann sich Hamburg nicht mehr leisten, für Alternativen (Stadtbahn) fehlt der Weitblick und vor den Stammtischen der Autofahrer (Citymaut) hat der oberste Stadtchef einfach Angst.

  • Mod: Unnötiges Zitat entfernt. Gruß, Dykie!


    Tja, das ist Hamburg, die Umwelthauptstadt 2011. Als Krönung des Ganzen wird der "Zug der Ideen" am Bahnhof Altona eingeweiht. Ein Treppenwitz.

  • Laut dem Abendblattartikel wird auf der Aufsichtsratsitzung am 6. Mai das Planfeststellungsverfahren zur Stadtbahn zurückgezogen. Der endgültige Todesstoß für die Stadtbahn.


    Heißt es dann konkret, dass beim Bund das laufende Planfeststellunsgverfahren vor Fertigstellung abgebrochen wird? Oder heißt es "lediglich", dass keine weiteren Planungen für die planfestgestellte Strecke unternommen werden, also kein Bau eingeleitet wird?
    Es klingt mir leider so, als wäre es Ersteres.


    Im ersteren Fall hätte Hamburg das Geld wahrhaftig zum Fenster raus geschmissen, was ich definitiv verurteilen würde! Waren es 8 Millionen Euro?! Herr Scholz sagt, wir können uns die Stadtbahn nicht leisten, obwohl es ein tolles System ist. Deswegen muss aber nicht das bereits bezahlte Verfahren abgebrochen werden. Dies wäre quasi die mutwillige, nachhaltige Zerstörung und Vernichtung von Steuermitteln.


    Im zweiten Fall, hätte man nun für zehn Jahre eine planfestgestellte Strecke und muss quasi (hoffentlich) "nur" diese Legislaturperiode aussitzen und kann anschließend sofort beim jetzigen Status weitermachen, insofern eine neue Regierung/ Koalition an der Macht ist.

  • Tja, und es ist nicht die erste Planung, die beerdigt wird, sondern meines Wissens bereits die vierte, wenn auch nicht alle soweit vorgedrungen waren.

  • Seppl:
    Richtig: Das Planfeststellungsverfahren ist komplett abgebrochen worden. Die im Haushalt für die Stadtbahn reservierten Mittel wurden bereits auf andere Positionen aufgeteilt.


    Wirtschaftssenator Horch erklärte vor der Hochbahn-Aufsichtsratssitzung, in der er den Stopp beschließen ließ, folgendes:
    "Hamburg als dynamische, wachsende Metropole braucht Mobilität. Das stellt hohe Anforderungen an den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs."


    Siehe hier:
    http://www.nahverkehrhamburg.d…gsverfahren-gestoppt.html



    Ach ja:
    Die Gegner der Stadtbahn haben sich inzwischen ein neues Aufgabengebiet gesucht: Sie wollen jetzt gegen das angekündigte "modernste Bussystem Europas" angehen.


    Siehe hier:
    http://www.nahverkehrhamburg.d…en-neue-busoffensive.html

  • @ nahverkehr:


    Danke für die Info! Inzwischen habe ich das schon mitbekommen. So wie ich das sehe, kommt das neue Geld für den barrierefreien Ausbau der zusätzlichen Stationen aus dem Stadtbahntopf (unter anderen).


    Ob Herr Horch den Widerspruch in seiner Aussage wohl mitbekommen hat? Inzwischen, denke ich, weiß er, dass die Stadtbahn eigentlich genau das ist was Hamburg braucht (sprich leisten kann und am ehesten bezahlbar ist). Nur muss er eben auch den Leitlinien folgen, genauso wie die Hochbahn, die denke auch ein wenig trotzig nach innovativen Konzepten sucht. Wenn ich da die eine oder andere Pressemitteilung oder Aussage von Herrn Elste lese, finde ich, kann man schon etwas zwischen den Zeilen heraus deuten.


    Ansonsten bin ich informiert, ich lese regelmäßig auf (deiner?) verlinkten Seite.


    In meinen Augen haben sich die Stadtbahngegner mit Ihrer neuen Anti- Businitiative ins Abseits manövriert. Auch Außenstehenden sollte ersichtlich sein, dass es hier weniger um eine Argumentation um ein Verkehrsmittel geht, denn eher um eine Gruppe der "Verhinderer" was ÖPNV angeht. Das diese Sicht kurzweilig und nicht zukunftsweisend ist, ist im Allgemeinen inzwischen auch bekannt.


    Noch etwas: Wann werden eigentlich die Unterschriften der Stadtbahnbeführworter eingereicht? Die sammeln doch auch noch fleißig soweit ich weiß.

    Einmal editiert, zuletzt von Seppl () aus folgendem Grund: korrektur

  • Nachdem die Stadtbahn - nicht zuletzt auch wegen der Proteste von Einzelhändlern und Anwohnern in Winterhude - gekippt wurde, lohnt sich gerade ein Blick nach Nürnberg.


    Da kämpfen Einzelhändler und Anwohner gerade FÜR die Straßenbahn, bzw. gegen die geplante Stillegung einer STrecke durch eine Einkaufsstraße.


    Die Händler befürchten einen masiven Umsatzrückgang.


    Mehr dazu hier:
    http://www.nahverkehrhamburg.d…en-fuer-strassenbahn.html

  • Nachdem die Stadtbahn ja bekanntlich entgegen jeder Logik gekippt wurde, beginnt das gross angekuendigte "Beste Bussystem Europas" wie erwartet schon vor Anlauf des Projektes zum Rohrkrepierer zu werden. Wegen technsicher Schwaechen und zu kurzer Lebensdauer muss die Hochbahn die auf der Linie 5 eingesetzten XXL-Busse stillegen. Bericht hier.

  • Tja, da sieht man die ganze Lächerlichkeit der Hamburger Verkehrspolitik. Wahrscheinlich laufen die Busse ständig an der Leistungsgrenze. Mir tun bloß die Fahrgäste leid, die sich wieder in kleineren Bussen drängen müssen. Wie kann man nur so ignorrant sein.

  • Tja, da sieht man die ganze Lächerlichkeit der Hamburger Verkehrspolitik. Wahrscheinlich laufen die Busse ständig an der Leistungsgrenze. Mir tun bloß die Fahrgäste leid, die sich wieder in kleineren Bussen drängen müssen. Wie kann man nur so ignorrant sein.


    Vielleicht hat die Lächerlichkeit aber auch, verbunden mit dem plötzlichen Protest bestimmter Stadtbahngegner gegen den ÖPNV-Ausbau ohne Schienen, den positiven Effekt, daß die Pläne doch nochmal aus der Schublade rausgekramt werden.


    Erst vor einem Monat* hat Hartmann (HVV) nochmal bekräftigt, daß an der Stadtbahn früher oder später kein Weg vorbeiführe und daß man, gerade auch auf der Linie 5, mit einem weiteren Anstieg der Fahrgäste rechnet, für den die Busse einfach nicht ausreichen. Wenn jetzt noch die XXL-Busse wegfallen ...


    * http://www.mobil.abendblatt.de…-Die-Stadtbahn-kommt.html

  • *** Offtopic ***


    Ja, es ist traurig, dass Hamburg - eigenrlich doch eine dynamische und innovative Stadt - in Sachen Verkehr voellig im Denken der Siebziger-Jahre stecken geblieben ist. Genaugenommen ist es nicht nur traurig, sondern tragisch weil grade bei jungen gut gebildeten Menschen (also potenziellen Lohnsteuerzahlern und Hamburg-Zuwanderern) ein gut ausbebauter Schienen(!)-OePNV ein entschiedendes Kriterium bei der Wohnortwahl ist. Wer sich einmal anschaut wie die Preise fuer eine halbwegs grosse Wohnung oder gar ein Haus sich derzeit entwickeln, der stellt fest, dass selbst ein 'normal' verdienender Haushalt (gar mit Kindern wo man weniger Geld ueberig hat und mehr Platz braucht) sich kaum noch zentral gelegenes Wohneigentum in Hamburg leisten kann. Stattdessen muessen die Menschen in die Randbezirke ziehen.


    Es ist ein Irrglaube, wenn der Senat glaubt, dass vollbeschaeftigte Normalverdiener still und zufrieden in einen bezahlbaren Stadtteil ziehen um dann jeden morgen in einem Bus zur Arbeit zu schaukeln um dann abends wieder mit dem Bus zurueck zu fahren. Diese Zielgruppe zieht eher ganz aus Hamburg weg (sucht sich zB ein Reihenhaus in Winsen oder Pinneberg) und wird zum Regionalbahnpendler oder - schlimmer noch - zum Autopendler. Im ersten Falle entgehen Hamburg 'nur die Steuereinnahmen'. Im zweiten Falle entgehen Hamburg die Steuereinnahmen UND dafuer lassen die Menschen auch noch Dreck und Learm in Hamburg. Alternativ ziehen grade die gut beweglichen und gebildeten Menschen auch ganz aus der Metropolregion weg, in Staedte in denen es bezahlbaren Wohnraum mit OePV-Anschluss gibt. Stichwort: Berlin.


    Dort wo man die Strassenbahn eingefuehrt hat, hat sich in der Regel gezeigt, dass sie von den Menschen angenommen wird. Insbesondere auch weil sie eine Aufwertung des Wohnumfeldes mit sich bringt. Keine Wohung steigt im Wert wegen einer Bushaltestelle (die Laerm und Abgase erzeugt, eine schlechte Anbindungsqualitaet beitet und morgen weg sein kann). Jede Wohnlage hingegen steigt im Wert, wenn man in der Naehe eine Tram-Haltestelle baut (die kaum Laerm erzeugt, die keine Abgase erzeugt, die eine gute Anbindungsqualitaet bietet und die ausserdem signalisiert, dass die hohe OePNV-Qualitaet dauerhaft ist - letzteres ist enorm wichtig fuer begleitende Investitionen).


    Mich hat es neulich in den Osten von Paris verschlagen. Mit welchem Ehrgeiz und wie konsequent Paris grade seine Strassenbahn ausbaut (obwohl man 14 U-Bahn-Linien und etliche RER's hat) ist beeindruckend. Ebenso wie konsequent man babei vorgeht und den gesamten Stadtraum aufwertet. In vielen ehemals fragwuerdigen Vierteln hat der Baubeginn der T3 einen enormen Investitionsschub ausgeloest. In vor Kurzem noch komplett abwegigen Randlagen enstehen grade lauter hochwertige Wohn und Bueroprojekte entlang der neuen Trasse. Unter anderm von sehr bekannten Architekturbueros. Ausserdem baut Jean Nouvel direkt an der zukuenftigen Trasse die neue Philharmonie von Paris). Wenn man diese Dynamik und Konsequenz einmal gesehen hat, kann einem das ewig gestrige Hamburg nur noch Leid tun. Die Hamburer OePNV-Politik ist ein weiterer Beitrag der Stadt zum Abstieg aus der 'gefuehlten Zweiten Liga der Weltstaedte' in die dritte Liga.


    Seite zum Ausbau der T3 in Paris der nebenbei nur eines von acht(!) Strassenbahn-Ausbau-Projekten ist die grade in Bau oder Vorbereitung sind.

    3 Mal editiert, zuletzt von Midas ()

  • Sieht spannend aus, was sich die Pariser da leisten: Periphäre Verknüpfungen der bestehenden U-Bahnlinien via Tram. Ein Modell, mit welchem sich auch eine Möchtegern-Metropole wie Hamburg glücklich schätzen dürfte. Eins darf man hierbei aber nicht vergessen: Paris hat ein ausgebautes U-Bahn-Netz, welches in der Innenstadt kapazitätsmäßig so langsam an seine Grenzen stoßen dürfte. Von solch einem Punkt ist Hamburg Lichtjahre entfernt, selbst im Vergleich mit Berlin oder München fehlen langfristig sicherlich 2-3 U-Bahn-Linien. Also ist jedes Neubauprojekt erst einmal auch als womöglich sinnvollere U-Bahn-Ergänzung denkbar. Hat man aber erst einmal die Stadtbahn etabliert, sehe ich die Gefahr, dass eine Erweiterung des U-Bahn-Netzes nur noch in marginalem Umfang geschieht, weil stets auf die kostengünstigere Erschließung via Stadtbahn hingewiesen wird.


    Einzig die Aussicht, dass die Erweiterung des U-Bahn-Netzes aufgrund aktueller Politik und Finanzlage ohnehin nur in marginalem Umfang geschieht, verleitet mich dazu, die Stadtbahn ebenfalls vehement einzufordern. Lieber solch ein Ausbau als gar keiner!

  • sehe ich die Gefahr, dass eine Erweiterung des U-Bahn-Netzes nur noch in marginalem Umfang geschieht, weil stets auf die kostengünstigere Erschließung via Stadtbahn hingewiesen wird.


    Das Halte ich fuer einen Falschen Denkansatz. Wir muessen in Hamburg nicht 'U-Bahn' bauen oder 'Strassenbahn' bauen, sondern 'nachhaltige Mobilitaet' bauen. Das jeweilige Verkehrsmittel ist dabei letztlich nur ein Mittel zum Zweck. Der unschlagbare Vorteil der Strassenbahn (den praktisch alle Staedte der Welt ausser Hamburg erkennen und nutzen) ist, dass sie mittelfristig pro eingesetzem Geldbetrag mehr Verkehrsnutzen bringt als jeder andere Verkehrstraeger.


    Man stelle sich vor man hat zehn Freunde zu hause und alle haben tierisch Durst. Im Laden nebenan gibt es Bier: Die 0.3-Liter Flasche fuer 99, Cent und die 1.0-Liter Flasche fuer 4.99 Euro. Wenn ich aber leider nur magere 20 Euro zum ausgeben habe dann ist doch die Frage ob eine Diskussion welche Flaschengroesse ich kaufen soll voellig muessig.


    Einzige Ausnahme: Sehr dichte, innerstaedtische Kernlagen in denen die Leistungsfaehigkeit einer Tram nicht ausreicht und wo die U-Bahn die einzige Alternative ist (wenn man sie denn in wenigen Ausnahmefaellen mit Ach und Krach finanziert bekommt).


    ..,dass die Erweiterung des U-Bahn-Netzes aufgrund aktueller Politik und Finanzlage ohnehin nur in marginalem Umfang geschieht, verleitet mich dazu, die Stadtbahn ebenfalls vehement einzufordern. Lieber solch ein Ausbau als gar keiner!


    Das ist ganz genau der Punkt auf den es hinauslaufen wird angesichts der Finanzlage der Stadt und des Bundes. Die Frage wird in den allermeisten Faellen sein nicht sein 'Stadtbahn oder U-Bahn' sondern 'Stadtbahn oder nix'. Da Hamburg sich durch eigene Borniertheit von der einzig noch finanzierbaren Alternative abgeschnitten hat wird die Hamburger Variante in Zukunft lauten: nix.


    Der politsiche Fachbegriff fuer 'nix' (denn 'nix' hoert sich fuer den Waehler scheisse an und verkauft sich nicht gut) lautet: 'modernstes Bussystem Europas'.

  • Das Halte ich fuer einen Falschen Denkansatz. Wir muessen in Hamburg nicht 'U-Bahn' bauen oder 'Strassenbahn' bauen, sondern 'nachhaltige Mobilitaet' bauen. Das jeweilige Verkehrsmittel ist dabei letztlich nur ein Mittel zum Zweck. Der unschlagbare Vorteil der Strassenbahn (den praktisch alle Staedte der Welt ausser Hamburg erkennen und nutzen) ist, dass sie mittelfristig pro eingesetzem Geldbetrag mehr Verkehrsnutzen bringt als jeder andere Verkehrstraeger.


    Man stelle sich vor man hat zehn Freunde zu hause und alle haben tierisch Durst. Im Laden nebenan gibt es Bier: Die 0.3-Liter Flasche fuer 99, Cent und die 1.0-Liter Flasche fuer 4.99 Euro. Wenn ich aber leider nur magere 20 Euro zum ausgeben habe dann ist doch die Frage ob eine Diskussion welche Flaschengroesse ich kaufen soll voellig muessig.


    Einzige Ausnahme: Sehr dichte, innerstaedtische Kernlagen in denen die Leistungsfaehigkeit einer Tram nicht ausreicht und wo die U-Bahn die einzige Alternative ist (wenn man sie denn in wenigen Ausnahmefaellen mit Ach und Krach finanziert bekommt).


    Ist dieser Mehrnutzen statistisch erwiesen? Woanders argumentierst du mit den Fahrtzeiten von Pendlern aus Harburg, also scheint die Komponente Geschwindigkeit auch nicht unwesentlich den Nutzen mitbestimmen. Das Platzangebot wird fast überall ein Thema sein, wie bei den Stadtbahnplanungen für den Winterhuder Marktplatz zu sehen war. Dass solche Problematik nur in innerstädtischen Kernlagen auftritt, kann also auch nicht ganz stimmen. Prinzipiell gilt doch: Was sich für vertretbares Geld unter die Erde bauen lässt (gerne auch Straßen), entlastet die Oberfläche ungemein. Wenn wir jetzt nur noch oberirdisch bauen, bereuen es Anwohner, Passanten, andere Verkehrsteilnehmer in der Zukunft.


    Was nun "vertretbares Geld" anbelangt, ist Hamburg nach den Elphi-Eskapaden sicherlich ein gebranntes Kind, aber der Vergleich mit anderen deutschen und europäischen Großstädten zeigt doch den Bedarf nach mehr U-Bahn-Verkehr. Oder haben diese alle zu viel unterirdisch gebaut und hätten eher auf Tramsysteme setzen müssen?

  • Ist dieser Mehrnutzen statistisch erwiesen?


    Ja, sicher ist er das. Das zeigt so ziemlich jede Untersuchung die es zu dem Thema gibt mehr als deutlich. Mal abgesehen davon braucht man dazu eigentlich nicht mal eine Untersuchung oder eine Prognose heranzuziehen. Man muss einfach nur mal gucken wie es anderswo geht. Es sind (zB hier in Frankreich) ja im letzten Jahrzeht ausserhalb Deutschlands zahlreiche moderne Stadtbahnsysteme erbaut worden. Meines Wissens haben sie alle heute im taeglichen Fahrgastzahlen die selbst ueber den optimistischsten Schaetzungen liegen und dazu noch sehr sehr positive Kosten-Nutzen-Faktoren. (Die T3 hier in Paris hat zB rund 115,000 Fahrgaeste am Tag). Allein die Tatsache das die Region Ile de France und die Stadt Paris - nachdem man zaghaft erstmal eine Linie ausprobiert hat und dann vom Erfolg quasi ueberrannt wurde - nun gleichzeitig acht(!) weitere neue Linien (die Laengste davon allein schon 14 km lang) entwickelt spricht doch Baende!


    Woanders argumentierst du mit den Fahrtzeiten von Pendlern aus Harburg, also scheint die Komponente Geschwindigkeit auch nicht unwesentlich den Nutzen mitbestimmen.


    Dein Grundansatz bleibt m.E. leider immer noch falsch. Was zaehlt ist der Effekt in der Summe, nicht auf einer einzelnen Linie. Wenn wir (beispielsweise) die Wahl haetten vier Buslinien von je zehn Kilometer durch vier Strassenbahnen von je zehn Kilometern oder durch zehn U-Bahnen von je zehn Kilometern zu ersetzen, dann waere natuerlich die U-Bahn, besser, schneller und attraktiver. Nur: Das Geld fuer (beispielsweise) vier Linien ist nicht ansatzweise da. In der Realitaet kostet (je nach Ausfuehrung) eine U-Bahn rund das vierfache einer Stadtbahn. In Wirklichkeit muss der Vergleich lauten: Was ist schneller und attraktiver in der Summe: Eine neue U-Bahn-Linie von 10 Kilometer laenge und 30 Kilometer alte Buslinien oder 40 Kilometer neue Stadtbahn. Wer zufaellig an der Trasse wohnt, welche statt der Busse die U-Bahn bekommen soll, der mag vielleicht die Vorteile der U-Bahn sehen und fuer sich haben wollen. Bei der Gesamtbetrachtung sind jedoch die Nutzeneffekte der Stadtbahn schlicht hoeher. Das gilt auch fuer die Zeitersparnis, die (im Vergleich zum Ist-Zustand-Bus) bei der Stadtbahn nicht ganz so hoch ist wie bei einer U-Bahn, aber dafuer (bei gleichen Investitionen) auf vier mal sovielen Linien realisiert werden kann.


    Hinzu kommt, dass grade auf kurzen Strecken der geringe Zeitnachteil der Stadtbahn gegenueber der U-Bahn fast vollstaendig wieder zu gunsten der Stadtbahn ausgeglichen wird. Das liegt zB daran, dass die Zulauf- und Ablaufzeiten geringer sind (kein Treppensteigen, kein Wandeln durch lange unterirdische Gaenge - insbesondere fuer aeltere und mobilitaetseingeschraekte Menschen) und daran, dass bei gleichem Takt die Wartezeiten kuerzer sind (weil die Nutzer Zuege einer Stadtbahn im Gegensatz zur U-Bahn rechtzeitig kommen sehen und zielgenauer zur Station gehen koennen - hoert sich doof an, ist aber ein erwiesener und nicht unerheblicher Systemeffekt). Die etwas geringere Geschwindikeit der Stadtbahn kommt nebenbei in der Regel nicht daher, dass sie langsamer faehrt als eine U-Bahn, sondern daher dass sie auf gleicher Strecke haeufiger haelt. Damit hat sie wieder den Vorteil, dass die Tuer-zu-Tuer Reisezeiten geringer sind weil der Weg vom Zuhause oder Buero zur Haltestelle (im Mittel) kuerzer ist,


    Das Platzangebot wird fast überall ein Thema sein, wie bei den Stadtbahnplanungen für den Winterhuder Marktplatz zu sehen war


    Ist zwar ein Argument, aber m.E. kein schlagendes. Wenn wir solche Proteste zu ernst nehmen, dann keonnen wir in Hamburg gar nichts mehr bauen. Auch die U4 in ihrer heutigen Form wird nicht so gebaut wie zu Beginn einmal geplant weil es massive Anwohner/Anliegerproteste gegen die Ausfaedelung an der Station Rathaus gab. Wenn man das Argument fuer (bzw. eher gegen) eine Stadtbahn gelten laesst okay - aber dann gilt es ebenso fuer U-Bahn-Neubauten, neue Busspuren, etc.


    Oder haben diese alle zu viel unterirdisch gebaut und hätten eher auf Tramsysteme setzen müssen?


    Das ist eine Frage der Zeit zu welcher diese Systeme entstanden. In Deutschland haben meisten Systeme ihre Groesste Ausbauphase oder ihren Urspung in den Wirtschaftswunderjahren von den 50ern bis zur Oelkrise. Aus damaliger Sicht hat man in diesen Staedten alles richitg gemacht. In der Rueckbetrachtung oder beim Anlegen heutiger Massstaebe waere oft die oberirdische Stadtbahn-Loesung die bessere gewesen (nur gab es damals eben noch keine modernen Stadtbahnfahrzeuge).


    Insbesondere gab es damals eine sehr grosse Leistungs-Luecke zwischen den alten Strassenbahnen und einer U-Bahn.


    1960 hatte eine Strassenbahn vielleicht 1/4 der Leistungsfaehigkeit einer U-Bahn (keine Niederflurfahrzeuge, keine 2,65m Fahrzeuge, keine funkgesteuerte Ampelvorrangschaltung, kein eigener Fahrweg, etc). Heute erreicht eine modern Stadtbahn mehr als 2/3 der Leistungsfaehigkeit einer 'normalen' U-Bahn (Im Falle Hamburgs waere es wohl sogar noch mehr, weil die Hamburger U-Bahn eher ein klein- bzw mittelprofiliges System ist waehrend eine neue Stadtbahn komplett bei "null" Anfangen koennte und somit von Beginn an nach den maximal machbaren und optimalen Parametern angelegt werden koennte).


    Aussserdem hat sich der Bau-und Betrieb einer U-Bahn seit der Glanzzeit der 60er / 70er extrem verteuert. Allein die Kosten fuer Strom (ich meine nicht den Fahrstrom fuer die Fahrzeuge, sondern Kosten fuer Beleuchtung, Belueftung, Rolltreppen, etc) haben sich extrem erhoeht. Bei einer Stadtbahn fallen sie gar nicht erst an! Hinzu kommen extrem strenge EU-Richtlinien zu Themen wie Brandsicherung im Tunnel, Fluchtwegen, Rauchabzuegen, Redundanz, etc die die Baukosten heute extrem verteuern ohne den Nutzen zu erhoehen.


    Ganz abgesehen davon waren die Nachkriegsjahre auch eine kurze Phase in der es viel Geld gab und in der zudem das Auto als Verkehrsmittel ueber allem stand. Man hat damals auch ganze Fachwerkviertel aggerissen nur um Parkplaetze zu bauen oder alte Kirchen planiert um Stadtautobahnen zu bauen. In diesem Geiste hat man auch die Menschen die keine Autofahrer waren in den Untergrund verbannt. In vielen Faellen sicher sinnvoll - in vielen aber auch eher ideologisch motiviert als verkehrlich. Das war eben einfach die Zeit...

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