Die von Konstantins in seinem Beitrag #559 kritisierte Verkehrsführung, kann ich zum Teil nachempfinden. Es ist aber noch möglich, trotz Tram, andere, sinnvollere oder auch weitere Querungsmöglichkeiten für Fussgänger einzurichten.
Außerdem wird von den drei Fahrstreifen je Richtung doch sicher je eine Busspur sein. Das ändert zwar nichts an dem Anteil der asphaltierten Fläche, reduziert aber den Anteil des MIV daran.
Ansonsten finde ich die Planungen erstmal in Ordnung. Der Platz wird ja sogar an zwei von drei Seiten durch "historische" Gebäude begrenzt.
Molkenmarkt, Klosterviertel - Neuplanung und kleinere BV
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ElleDeBE: Niemand hat hier eine Kulisse für Touristen gefordert, nur kann man wohl Touristen auch nicht verbieten, an einen Ort zu kommen. Touristen sind übrigens auch nur Menschen und ihre Vorlieben gleichen somit jenen der Nicht-Touristen. Ich würde also lieber davon sprechen, dass es Menschen, nicht Touristen, an einen Ort wie eine Altstadt zieht. Wenn das bereits ein Problem ist, das die moderne Stadtplanung verhindern muss, können wir gleich einpacken. Übrigens ist die übergroße Mehrheit der Deutschen (inkl. Berliner) hin und wieder mal Tourist und genießt die entsprechenden Annehmlichkeiten. Auch die HafenCity besuchen viele Touristen, ganz einfach weil sie ein interessanter, attraktiver Ort ist.
Diese Dämonisierung und Schwarz-Weiß-Malerei, die übrigens du betreibst ("Reko-Fundies"), solltest du dir der Diskussion zuliebe sparen. Mein persönliches Interesse an einer wiederaufgebauten Altstadt ist keine Tilgung von Spuren, Zurückholen der Vergangenheit, Hass auf die Moderne oder was auch immer, sondern schlicht das interesse an einem in meinen Augen schönen, interessanten, attraktiven, besonderen Ort, wie er innerhalb Berlins nunmal nur hier möglich ist, aber auch die Vermeidung eines öden, klotzigen 0815-Entwurfes, wie er in Berlin derzeit nunmal leider zu erwarten wäre.
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^Ich weiß nicht, was an dem Ausdruck "Reko-Fundi" "dämonisierend" sein soll. Ich bezeichne damit Positionen, für die, wenn es in der Innenstadt etwas zu bauen gibt, die Rekonstruktion stets die erste Option ist. Man könnte auch von Reko-Extremismus oder Reko-Radikalismus sprechen.
Ich denke zudem, dass Du die verwüstende Wirkung, die der Massentourismus auf die attraktivsten Orte ausübt, unterschätzt. Ich kenne Italien sehr gut (aber ich denke, das sind weltweite Prozesse) und hier ist der Prozess der Transformation der schönsten Städte und Orte, zumindest ihrer jeweiligen Zentren, zu reinen Tourismusdestinationen, superschmuck, aber ohne ihre früheren Bewohner und ihre stadtprägenden Lebensformen, schon weitgehend abgeschlossen. Airbnb verführt/vertreibt gerade die letzten angestammten Bewohner.
Daher ist der Massentourismus so zweideutig: Er bewahrt äußerlich Orte vor dem Niedergang, „kurbelt die Wirtschaft“ an, treibt zum Erhalt der Baudenkmäler und der jeweils lokalen Stile etc, der Tourist will ja schließlich das „Typische“ wiederfinden. Aber der Preis ist dort, wo der Tourismus überhand nimmt, stets jene unsichtbare Zerstörung, eben „Verwüstung“.Und während wir gegen die äußeren Zerstörungen der Moderne fast alle, glaube ich, ganz gut gefeit und geimpft sind, fehlen uns noch die Widerstandskräfte gegen diese schleichende Verwüstung, eben weil sie unsichtbar ist und weil sie noch dazu mit attraktiven Versprechen daherkommt: Das Geld, das mit den Touristen kommt und die rein äußerliche „Vielfalt“ (bei tatsächlicher größter Homogenisierung).
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Ach herrje, "Reko-Fundis". Und jetzt retten wir mit dem Verzicht auf eine lebens- und ansehenswerte Innenstadt auch noch Berlin vor der Zerstörung durch Touristen. Da weht wirklich der ZEIT-gebildete, bürgerlich-pseudointellektuelle Geist aus jedem einzelnen Post. Bitte wieder abregen im Corbusiersessel auf den knarrenden Dielen der Berliner Altbauwohnung!
Tatsächlich ging es ja keineswegs und zu keinem Zeitpunkt um die Rekonstruktion "als stets erste Option". Allerdings sollte man sich, wenn man in einer über 800 Jahre alten Altstadt baut, immer vergegenwärtigen, was auf seinem Bauplatz vorher gestanden hat. Das hat z.B. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit ihrem Verbot, historische Bilder zu zeigen, bei der Debatte um das Rathausforum stets zu konterkarieren versucht - sonst finden die Leute historische Häuser noch schön!
Der SPD-Senatsbaudirektor Hans Stimmann z.B. hat nie einen Termin über eine Parzelle in Mitte zugesagt ohne vorher gutachterlich untersucht zu haben, was dort vorher stand. Hernach muss das Neue mindestens die gleiche architektonische Qualität des Alten haben. Und meistens gibt es ja mehrere "alte Zustände".
Am Molkenmarkt allerdings wird der Platz nun erneut so umgebaut, dass sich keine einzige historische Parzelle wieder ergibt. So kann man der Diskussion auch ausweichen. Gottlob haben die Nazis das Palais Schwerin stehen lassen, sonst wäre gar nichts mehr übrig vom alten Marktplatz. Der Jüdenhof ist nochmal eine Sache für sich und ja nur heute direkt am Molkenmarkt, später wieder hinter Häusern verschwunden. Gerade in solchen Anlagen amalgamisiert deutsche Geschichte: Heimstatt der Juden Berlin, Vertreibung und Autodafé auf dem Neuen Markt, biedermeierliche Neubebauung und Geburtshaus von Horst Wessel - das alles in einem Berliner Hof. Und was ist heute zu sehen: ich schrieb es oben schon: ein frisch asphaltierter Parkplatz für die Beamten u.a. des Landesdenkmalamtes. Na, dankeschön.
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... Positionen, für die, wenn es in der Innenstadt etwas zu bauen gibt, die Rekonstruktion stets die erste Option ist. ...
Nicht die gesamte Innenstadt, sondern die frühere Altstadt, die nur einen kleinen Teil der Innenstadt ausmacht - und einen verschwindend geringen Teil der gesamten Stadt. Natürlich sind Rekonstruktionen gothischer oder Rokoko-Häuser keine Option in Pankow, wenn dort niemals welche standen. Rätsel-Rätsel, wieso es eine "fundamentalistische" Haltung sein soll, wenn es <<1% der Stadtfläche betrifft, aber nicht fundamentalistisch ein Ausschließen der Rekonstruktionen auf 100,000% der Stadtfläche sein sollte - als ob 99%+ nicht langen würde.
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Der Jüdenhof ist nochmal eine Sache für sich und ja nur heute direkt am Molkenmarkt, später wieder hinter Häusern verschwunden. Gerade in solchen Anlagen amalgamisiert deutsche Geschichte: Heimstatt der Juden Berlin, Vertreibung und Autodafé auf dem Neuen Markt, biedermeierliche Neubebauung und Geburtshaus von Horst Wessel - das alles in einem Berliner Hof.
Alles richtig, aber als zutiefst irritierend (und meine Vorbehalte bestätigend) empfinde ich das Präsens. Der Jüdenhof ist eben nicht, er war - was ich durchaus bedauere. Aber dass er samt seiner Umgebung verschwunden ist, und dass auch dieses Verschwinden zur genannten Geschichte gehört - das kann man doch nicht ignorieren, Konstantin. Damit ist nicht gesagt, eine Rekonstruktion müsse kategorisch ausgeschlossen werden. Aber bei Dir und anderen Reko-Fans klingt es oft so, als liege hinter dem bestehenden Stadtbild wie eine zweite Realität noch ein "echtes", "authentisches", "historisches" Berlin - als müsse man nur ein paar Zwischendecken entfernen und die alte Tapete freilegen, um es wieder zum Vorschein zu bringen. Und diese Haltung ist befremdlich.
Da weht wirklich der ZEIT-gebildete, bürgerlich-pseudointellektuelle Geist aus jedem einzelnen Post. Bitte wieder abregen im Corbusiersessel auf den knarrenden Dielen der Berliner Altbauwohnung!
Jetzt mach' hier nicht den Pumpernickel! Billige Klischees ad hominem mit Argumenten zu verwechseln, war eigentlich dessen Metier. Ich hatte ihm mal auf ein fast wortgleiches Gequatsche geantwortet: Meine (früher mal) billige Altbau-Mietswohnung hat Linoleum-Fußboden, und ich hätte gerne einen Barcelona-Chair, kann ihn mir aber nicht leisten. Die ZEIT könnte ich mir leisten, tue es aber nicht, denn sie ist langweilig.
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Aber bei Dir und anderen Reko-Fans klingt es oft so, als liege hinter dem bestehenden Stadtbild wie eine zweite Realität noch ein "echtes", "authentisches", "historisches" Berlin - als müsse man nur ein paar Zwischendecken entfernen und die alte Tapete freilegen, um es wieder zum Vorschein zu bringen.
Touché! Ich fühle meine Gefühle treffend wieder gegeben.Ich laufe immer wieder durch Berlin-Mitte und habe die historische Stadt, ihre Schönheit, ihre Bausünden und bisweilen ihre Erbärmlichkeit vor Augen.
Bei allen Mängeln im Detail: es ist ein Maßstab, an dem sich die heutige Planung messen lassen muß.
Aber was ist daran verwerflich? -
^ Das Problem liegt, scheint mir, in der Gefahr, den Kontakt zur eigenen Gegenwart zu verlieren und zu ihr in ein schräges, ressentimentales Verhältnis zu geraten. Goethe hat dies, mit Bezug auf Wohnungseinrichtungen, wunderbar artikuliert:
"sodann kam man auf den neuesten Geschmack, ganze Zimmer in altdeutscher und gotischer Art einzurichten und in einer solchen Umgebung einer veralteten Zeit zu wohnen." Goethe sagte: »Allein sein Wohnzimmer mit so fremder und veralteter Umgebung auszustaffieren, kann ich gar nicht loben. Es ist immer eine Art von Maskerade, die auf die Länge in keiner Hinsicht wohltun kann, vielmehr auf den Menschen, der sich damit befaßt, einen nachteiligen Einfluß haben muß. Denn so etwas steht im Widerspruch mit dem lebendigen Tage, in welchen wir gesetzt sind, und wie es aus einer leeren und hohlen Gesinnungs- und Denkungsweise hervorgeht, so wird es darin bestärken."
Ich denke, das gilt auch für den Wunsch, Berlins Zentrum in eine "heimelige" Altstadt verwandeln zu wollen, die es so natürlich nie gab. Aber diesem Begehren, sich in eine Vergangenheit heimisch machen zu wollen, von der man weiß, dass sie unwiderruflich vergangen ist und nur als äußerer Schein, als "Maskerade" eben, zu haben wäre, ist Selbsttäuschung und eine Unaufrichtigkeit und "kann nicht wohltun".
Das bedeutet natürlich nicht, dass man sich nicht an das Gelungene der Vergangenheit orientieren und für die Gegenwart und Zukunft adaptieren sollte. Auch punktuelle Rekonstruktionen identitäts- und stadtbildprägender Bauten sind gut und richtig (ich stand bislang allen Rekonstruktionen in Berlin und Potsdam positiv gegenüber). Auch mir sind hier, wie auch anderswo in der Innenstadt, sechs Fahrspuren zu viel. Aber zwischen all dem und dieser trügerischen Sehnsucht nach einer "Altstadt" liegen Welten.
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Zitat von Konstantin:"in solchen Anlagen amalgamisiert deutsche Geschichte"
Genau so ist es mit dem aktuellen Parklatz! So tragisch ist die deutsche Geschichte verlaufen.
Konsequenz: neu bebauen und dann an der richtigen Stelle ein Schild aufstellen und an die Geschichte erinnern.
Aber bitte nicht an die Geburtshäuser von Nazis!!! -
Das Problem liegt, scheint mir, in der Gefahr, den Kontakt zur eigenen Gegenwart zu verlieren ...
Jedem ist bewußt, dass eine wiederaufgebaute Altstadt wiederaufgebaut ist, dennoch möchten sehr viele Leute ein paar solche Quartiere und Straßenzüge haben. Man kann ja jedes Bauwerk mit einer Geschchtstafel mit der Erläuterung zum Bau, zur Zerstörung und zum Wiederaufbau ausstatten.
Es werden ständig Klötze der "klassischen Moderne" nachgebaut, obwohl derer Zeit ein Jahrhundert her ist - was Dich merkwürdigerweise nicht zu stören scheint.Ich denke, das gilt auch für den Wunsch, Berlins Zentrum in eine "heimelige" Altstadt verwandeln zu wollen, die es so natürlich nie gab.
Wenn es sie so nie gegeben haben sollte, dann müsste es ja was neues sein, was den Rufen nach Neuem erst recht entsprechen sollte - und wo im Nietsches Namen ist das Problem? Dass einige Quartiere heimelig und zum Verweilen attraktiv wirken können? Und wieso sollte dies verpönt sein?
Nicht das ganze Zentrum natürlich - nur hier und da dort, wo sich Gelegenheiten bieten und es baugeschichtlich plausibel ist. Etwa der Fernsehturm wird ja bleiben, wo er ist (und noch einiges mehr).
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Wie ich oben schon schrieb, man wird sich einer neuen Altstadt eben als einer neuen Altstadt bewusst sein - wenn ich am Münsteraner Prinzipalmarkt stehe oder durch die Altstadt von Warschau gehe, weiß ich auch, dass das alles aus den 50er Jahren ist - so what? Funktionierende Stadt, gemischt, kleinteilig, räumlich gefasst und mit ordentlichen Materialien und ein wenig Liebe zum Detail, mehr braucht es für mich auch hier nicht, ich würde nie eine 1:1 Rekonstruktion des Vorkriegszustands erwarten. Aber angesichts des gegenwärtigen Bauens in B kann ein wenig Orientierung am untergegangenen Stadtbild, seiner räumlichen und baulichen Gliederung, nicht ganz verkehrt erscheinen. Und dazu muss eine Reduktion des Individualverkehrs an dieser Stelle notwendigerweise gehören.
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"sodann kam man auf den neuesten Geschmack, ganze Zimmer in altdeutscher und gotischer Art einzurichten und in einer solchen Umgebung einer veralteten Zeit zu wohnen."
Das ist ein gutes Argument, daß Reko die Gefahr birgt, gedanklich in einer veralteten Zeit zu leben. Das kann sein, muss aber nicht sein. Reko spiegelt nicht nur die Mode früherer Jahrhunderte wider, sondern auch die Mode im Jahre 2017.Warum wird die Rechtfertigung für Authentizität immer in der Vergangenheit gesucht? Rekonstruktionen sind gerechtfertigt, weil sie im Jahre 2017 den aktuellen Zeitgeist widerspiegeln. Reko ist ein Modetrend der heutigen Zeit. Es ist heute in Mode und deswegen rekonstruiere ich heute.
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@ Bau-Lcfr
Du schreibst:
"Jedem ist bewußt, dass eine wiederaufgebaute Altstadt wiederaufgebaut ist, dennoch möchten sehr viele Leute ein paar solche Quartiere und Straßenzüge haben. Man kann ja jedes Bauwerk mit einer Geschchtstafel mit der Erläuterung zum Bau, zur Zerstörung und zum Wiederaufbau ausstatten."Zuvor (#558) aber hattest Du hingegen noch geschrieben
"Natürlich gewöhnt man sich schnell an eine Altstadt, genauso wie man bereits das Nikolaiviertel akzeptiert und viele andere in verschiedenen Städten. Dafür braucht man sogar weit weniger als 40-50 Jahre."
Was gilt also: Willst Du, dass die Differenz verschwindet und man sich irgendwann wieder wie in einer „echten“ Altstadt fühlt, oder willst Du, dass die Differenz (etwa qua Geschichtstafeln etc.) erhalten bleibt?
Wohlgemerkt: Einzelne Rekonstruktionen (bzw. Ertüchtigungen, wie im Fall des Grauen Klosters) halte auch ich gerade hier, in einem der geschichtlichen Ursprungsbereiche des heutigen Berlins, für durchaus sinnvoll und wünschenswert. Aber eben nicht als Versuch einer Rekonstruktion einer Altstadt. (Und anders als Du bleibt das von Dir eher als positives Beispiel erwähnte Nikolaiviertel für mich noch fast 30 Jahre nach dem Bau hochambivalent, wichtige Baudenkmäler, gewiss, aber insgesamt eine Touristen-Kitschinsel, um die ich regelmäßig einen Bogen mache.)
@ Architektur-Fan
Du meinst, alles sei gerechtfertigt, weil es gerade "Mode" sei? Also was immer gerade Mode ist, ist als „Mode“ per se gerechtfertigt? Zudem: Wurde hier nicht vorhin als Argument vorgebracht, dass es sich bei 99 % der Bauten nicht um Rekos handele? Warum also Rekos zur Mode rechnen, und diese anderen Bauten nicht? -
Also was immer gerade Mode ist, ist als „Mode“ per se gerechtfertigt?
Richtig! Mir ist aufgefallen, daß es in den hier geführten Diskussion immer um Authentizität geht. Authentizität ist die Rechtfertigung dafür, ob man so oder so bauen darf. Das sind dann die ganzen Diskussionen um "Disneyland" usw.. Dabei sollte doch eher Urbanität statt Authentizität der entscheidende Maßstab sein. Beurteilungen wie "Maskerade" oder "Unaufrichtigkeit" stören mich nicht. Erlaubt ist, was Urbanität schafft. Dabei darf es auch gerne authentisch sein, muss es aber nicht.
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Erlaubt ist, was Urbanität schafft.
Dabei darf es auch gerne authentisch sein, muss es aber nicht.
Genau meine Meinung!
Mir wäre eine"moderne", will sagen: neue, Architektur lieber als alles Dagewesene, sofern sie ästhetisch, abwechslungsreich, urban, lebbar und individuell daher käme.Was um den Hauptbahnhof herum gebaut wurde und wird, ist Vorstadt- und Gewerbepark-Architektur.
Im Einzelnen vielleicht gar nicht so schlecht, in der Summe aber kalt, langweilig und uninspiriert.
Eben diese Notdurftarchitektur, die unverständlicher Weise seit fast 100 Jahren "hip" ist.Hey, ihr Architekten: Könnt ihr das nicht besser oder wollt ihr nicht?
Die Kostenfrage ist m.E. nur vorgeschoben:
Aufgrund der teuren Haustechnik ist der Kostenanteil der Fassade immer geringer geworden.
Das sieht man zum Beispiel am Berliner Schloss.
Die äußerst aufwendige Barockfassade macht nur 17 % der Gesamtkosten aus.
Aber es muß ja nicht immer Barock sein.
Jugendstil zum Beispiel gefällt mir auch. Oder eben etwas neues, schönes! -
Ich finde man kann und man sollte durchaus Orte der Erinnerung schaffen. Das funktioniert am besten nicht etwa durch das Aufstellen von Tafeln, sondern durch ein authentisches Erinnern in Form von Bauwerken. Die Geschichte des Jüdenhofes eignet sich hierzu hervorragend. Letztlich verhält es sich ähnlich zur Garnisonkirche in Potsdam. Ihre Rekonstruktion mag man kritisch sehen oder nicht. Aber ihre bloße Existenz wird dazu führen, dass sich Menschen an ihre Geschichte erinnern. Vor allem solche Menschen, die nichts mit der Kirche verbinden. Was sie zunächst als gewöhnliches Bauwerk sehen, entpuppt sich plötzlich als geschichtlich hoch relevant. Diese Personen beginnen an diesem Ort zu lernen. Aktuell ist die Situation eine andere: niemand hält sich dort auf. Daher fragen auch die "Unwissenden" nicht nach. Das Erinnern wird abstrakt, setzt aktives Handeln der Menschen voraus. Ganz ähnlich ist es letztlich auch beim Jüdenhof. Erst durch räumliche Fassung statt beliebiger Überbauung kann Interesse an der Geschichte des Ortes entstehen. Und daher hinterfragt Konstantin zurecht die Art und Weise der kritischen Rekonstruktion beim Cöllnischen Rathaus. Es ist quasi nicht mehr erkennbar. Doch was soll das dann? Niemand wird erinnert und ich persönlich möchte auch gar nicht den Vergleich zum alten Rathaus ziehen, weil man sich angesichts der gebotenen Beliebigkeit nicht am Ort aufhalten möchte, geschweige denn sich mit ihm zu beschäftigen.
Zur Diskussion hier will ich anmerken, dass das Diskussionsniveau deutlich nachlässt. Wenn man anscheinend nur noch schwarz und weiß kennt und denjenigen, der nicht die eigene Meinung vertritt als "Radikalen", "Fundamentalisten" oder "Extremisten" beschimpft, ist man als Diskussionsteilnehmer im Abseits. Was kommt als nächstes? Wird erwartet, dass man mit Termini wie "Modernismus-Faschisten" antwortet? Ich verstehe die Intention nicht ganz.
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Erlaubt ist, was Urbanität schafft. Dabei darf es auch gerne authentisch sein, muss es aber nicht.
Ja, Urbanität ist toll, aber das Problem besteht im Glauben, man könne sie "schaffen". Auch die vielgescholtenen modernen Planer wollte häufig Urbanität am Reißbrett kreieren und überschätzen die Machbarkeit. Wie wäre es, wenn man sich stattdessen v.a. darauf konzentrierte, Urbanität dort, wo sie besteht, ein wenig zu schützen?
Aber es muß ja nicht immer Barock sein.
Jugendstil zum Beispiel gefällt mir auch. Oder eben etwas neues, schönes!In Florida habe ich das erlebt, da kann man sich seinen "Style" aussuchen, geschichts- und kulturenübegreifend: Tudor, Mediterranean, Modern Style, Art Deco etc. Inmitten dieser Beliebigkeit verliert man als Europäer das, was Europa m.E. ausmacht(e): Den Sinn für Geschichte. Es wäre kein kleiner Verlust.
Ich verstehe die Intention nicht ganz.
Ja, offenbar. Ich habe einen Begriff bestimmt und keinen einzigen Foristen hier unterstellt, dass dieser Begriff auf ihn Anwendung findet. "Beschimpft" fühlen konnten sich folglich nur jene, die sich von diesem Begriff getroffen fühlten.
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Willst Du, dass die Differenz verschwindet und man sich irgendwann wieder wie in einer „echten“ Altstadt fühlt, oder willst Du, dass die Differenz (etwa qua Geschichtstafeln etc.) erhalten bleibt?
Oft wird so getan, als ob eine Art "Disneyland" entstünde. Die Mauern sind absolut echt, die Läden darin auch, genauso die Erlebnisse in den Ensembles. Die wenigsten Leute denken andauernd an die Baugeschichte - man verabredet sich einfach, geht was trinken usw. Dass in der Stadt, in der ich gelebt habe, bei freier Ortswahl es immer die wiederaufgebaute (weitgehend zumindest) Altstadt war und nie eine der vielen Plattenbausiedlungen, spricht für sich.
Tafeln ja, bewußte "Brüche" bloß des Ergebnis-Versauen-Willen nein.Einzelne Rekonstruktionen (bzw. Ertüchtigungen, wie im Fall des Grauen Klosters) halte auch ich gerade hier, in einem der geschichtlichen Ursprungsbereiche des heutigen Berlins, für durchaus sinnvoll und wünschenswert. Aber eben nicht als Versuch einer Rekonstruktion einer Altstadt.
Die ganze Altstadt geht nicht, da nicht die gesamte Fläche zur Disposition steht. Es geht dort, wo Areale neu bebaut werden wie eben hier. Und wenn nicht hier - wo denn sonst wären in Berlin Rekonstruktionen sinnvoll und wünschenswert?
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Ja, Urbanität ist toll, aber das Problem besteht im Glauben, man könne sie "schaffen". Auch die vielgescholtenen modernen Planer wollte häufig Urbanität am Reißbrett kreieren und überschätzen die Machbarkeit. Wie wäre es, wenn man sich stattdessen v.a. darauf konzentrierte, Urbanität dort, wo sie besteht, ein wenig zu schützen?
Bez. Urbanität schaffen: Dann sollte man mal die heutige Ideologien hierzulande überdenken. Dass es etwas dauert, bis die Gewohnheitstiere das neue angenommen haben, ist ja verständlich. Außerdem muss man ja hier kein Büro-Party-Touristen-Shopping-Viertel draus machen, wo die hippen veganen Cupcakeläden, die alle 3 Monate schließen, sondern einfach ein Wohnquartier.
Bez. Urbanität schützen: Schließt das eine denn das andere aus?
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Ich schlage vor, den Bebauungsplan in folgenden Punkten zu ändern:
- Der Mühlendamm und die Grunerstraße werden auf vier Fahrspuren verschmälert.
- Der Molkenmarkt wird als begrünter Marktplatz vor dem Alten Stadthaus angelegt.
- Das Klosterviertel wird mit einer kleinteiligen Bebauung und gemischten Nutzungen neu belebt.
- Der Jüdenhof und die Klosterkirche werden als historisch bedeutende Ensembles wieder aufgebaut.