Neubau Polnische Botschaft (Unter den Linden 70-72)

  • die Komische Oper hat kein Schrägdach, Das Aeroflotgebäude hat kein Schrägdach, die sowjetische Botschaft hat kein Schrägdach, das Bürogebäude des Bundestags hat kein Schrägdach, das Zeughaus hat kein Schrägdach, die wiederaufgebaute Kommandantur hat kein Schrägdach etc etc ....

    Aber alle von dir nicht genannten Gebäude haben sehr wohl ein Schrägdach. Und genau deswegen ist dieser Boulevard ein nicht vorzeigbarer Potpourri.


    Das Aeroflotgebäude und das Bürogebäude des Bundestags sind architektonische Hässlichkeiten, die man besser abreißen sollte. Die Komische Oper ist ja glücklicherweise momentan mit Gerüstplanen eingerüstet.


    Lieber Camondo, du beziehst dich doch immer gerne auf Paris. Jedenfalls verfügt die überwiegende Mehrheit der Gebäude an den Pariser Prachtboulevards aus dem 19. JAhrhundert über Schrägdächer. Das wird vermutlich daran liegen, dass die Franzosen einen Sinn für repräsentative Architektur besitzen. In Deutschland ist dieser Sinn leider verloren gegangen.

  • ^... Ich habe in meinem Post ganz bewußt keinen Bezug zu irgendeiner Stadt hergestellt. Dass Du das jetzt tust... nundenn..Dazu gibt es viel zu sagen, das würde den Rahmen hier sprengen. Es gibt Boulevards und es gibt Avenuen... in Paris. Prachtboulevards gibt es keine. Es sind unterschiedlich gestaltete Strassen mit Gebäuden aus verschiedenen Epochen die Älteren vorzugsweise aus dem 19. Jahrhundert, haben meist Schrägdächer, wobei das abgerundetes Dachformen mit bis zu 2 Etagen sind, die Neueren ab den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, nicht. Es gibt keine überwiegende Mehrheit an Gebäuden mit Schrägdächern in Paris. Wozu sollte das auch gut sein? Im Sommer ist's unglaublich heiss unterm Dach und es ist weniger Raum verfügbar. Die Gebäude haben meist 7-8-9 Stockwerke, so ist dieses Faktotum absolut unerheblich für einen Eindruck aus Fußgängerperspektive, anders als in Berlin.

  • Die Wirkung der polnischen Botschaft kann endgültig erst beurteilt werden, wenn das Elisabeth-Selbert-Haus fertig ist. Wenn ich die Visualisierungen sehe, dann denke ich schon, dass beide Gebäude eine stimmige Einheit bilden werden.


    Quelle: kleyer.koblitz.letzel.freivogel gesellschaft von architekten mbH, Berlin


    Mein jetziger Eindruck ist insgesamt positiv. Es ist ein elegantes Gebäude, das den Charakter der Straße Unter den Linden, die ja gerade nicht so überladen ist, unterstreicht.

  • Die Stimmannschen Gestaltungssatzungen sind Schuld am gähnend langweiligen Erscheinungsbild von Unter den Linden. Es wurde Zeit, diese auszuhebeln. Nie sah die Strasse langweiliger, uninspirierter aus als heute.

    Für Dich scheint Einheitlichkeit das A und O bei der Gestaltung eines Boulevard zu sein.. da kann ich nur sagen, Reisen Reisend gucken.

    Einheitlichkeit mit Monotonie gleichzusetzen halte ich für einen Fehlschluss. Nicht die Gestaltungssatzungen sind schuld an der architektonischen Ödnis der Friedrichstadt sondern 1. die Unfähigkeit der Architekten, im Rahmen der Satzungen abwechslungsreiche Fassaden zu erzeugen und 2. der städtebauliche Fehler, die alte Parzellenstruktur wenigstens annähernd einzuhalten und nicht ganze Blöcke mit einer Fassade zu überziehen.


    Einige der großen Vorbilder der europäischen Stadt zeichnen sich sehr wohl von einer gewissen Einheitlichkeit aus, die dem Stadtbild einen Rhythmus gibt. So zum Beispiel der Kalkstein in Paris oder die Schrägdächer und Putzfassaden der Berliner Gründerzeitquartiere. Dass der Gestaltungsfreiraum bei der Wahl des Materials oder der Dachform aufhört, widerlegt jeder Blick auf die lebendigen Fassaden historischer Straßen, sei es in Paris, Berlin, Budapest oder Kopenhagen.


    Fairerweise muss man aber auch sagen, dass Unter den Linden nie eine einheitliche Straße war, sondern schon immer ein „Potpourri“ aus unterschiedlich hohen Häusern aus verschiedenen Epochen - eine einheitliche Bebauung kann man also nicht durch einen historischen Bezug legitimieren. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Nordbebauung des Boulevards zwischen Neustädtischer Kirchstraße und Charlottenstraße der schönste Abschnitt der Straße ist. Alle Häuser einigen sich auf eine einheitliche Traufhöhe mit abschließendem Schrägdach während die Fassaden unterschiedliche Baustile aufweisen. Das ist mMn der Unterschied zwischen Abwechslung und Wildwuchs. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Ansatz für den Rest des Boulevards fortgeführt worden wäre, aber die Chance hat man für die nächsten Jahrzehnte erstmal vertan.

  • Wenn ich die Visualisierungen sehe, dann denke ich schon, dass beide Gebäude eine stimmige Einheit bilden werden.

    Das schon, nur bildet sich die Einheit aus eeeewig langen monotonen Rasterfassadentapeten mit Flachdach ohne Hochpunkt. Sorry, das ist schon ein Armutszeugnis an dieser Ecke und es ist doch allgemeiner Konsens, dass das einfach kein guter Städtebau ist, oder irre ich mich?


    Vielleicht würde der Bau der polnischen Botschaft besser wirken, wenn man im Bereich des Gebäudeeinschnitts die Streben der vorgehängten Rasterfassade dünner und filigraner gemacht hätte. Dann wäre der Einschnitt besser sichtbar gewesen und man hätte die Monotonie der Fassade unterbrochen. Schade eigentlich, je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr gefällt mir die Idee.

  • Freie Sicht auch auf das EG. Die polnische Botschaft zeigt sich in Gänze. Ich mag diese Tektonik.





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  • ^ Ja, das hat diesen 3D-Effekt, den ich mir erhofft hatte. Klar kann man sagen, das sei alles recht grobschlächtig – aber es hat eine Tiefe, die der Fassade sogar bei diesem Graufilter-Wetter noch Struktur dank Schattenwurf verleiht. Bei Sonne stelle ich mir das richtig schick vor.


    Was mir nicht gefällt: Der Hof hätte zwei, drei Fensterachsen breiter sein können; dann hätte er nicht so schachtartig gewirkt. Und natürlich der nicht vorhandene Dachabschluss – warum kein Staffelgeschoss? Der Botschafter hätte sich ein Dienst-Penthouse aufs Dach wünschen können. Wie geil wäre das für ihn gewesen, und wie gut für die Architektur? Schade.

  • Bezüglich der Optik habe ich mich schon oft genug geäußert, doch jetzt wo das Gebäude so freigeräumt dasteht, fällt mir was ganz pragmatisches auf: Die zweischichtige Fassade erscheint mir für die Belichtung der Innenräume mehr als unpraktisch. Da wird selbst am Fensterplatz tagsüber künstliches Licht benötigt. Mein erster Gedanke war, dass es sich um eine Sicherheitsvorkehrung handeln könnte, doch es gibt genug andere Botschaften aus heutiger Zeit, die sogar mit gläsernen Vorhangfassaden auskommen.

  • Es wirkt wie...ein Hochsicherheitsgefängnis. Die massiven Betonpfeiler, Fenster, die wie kleine Schlitze erscheinen, der schmale, schummrig beleuchtete Lichthof über mehrere Ebenen, die Gitter aus Metallstangen...

  • Das Sicherheitsbedürfnis ist bei der Architektur von Botschaften eine Zutat, die oft nur durch hohe Zäune , versenkbare Poller oder größere Distanz ihren Ausdruck findet. Hier wird sie einmal zum bestimmenden architektonischen Motiv. Da ist die Wahl einer vorgesetzten Wand in Form eines Rasters erstmal keine schlechte Idee. Ich kann auch nachempfinden, dass die Tektonik dieser Wand, wie sie hier ausgeführt wurde beeindruckend ist.

    Aber bin ich der Einzige, bei dem sich die Frage stellt, ob dieses Raster nach Außen oder nach Innen schützen soll? (Edit: Ich sehe, mein Vorschreiber hat die gleichen Assoziationen...)

    Wird hier der Schutzgedanke nicht sogar zur Schau getragen?

  • Was mir nicht gefällt: [...] Und natürlich der nicht vorhandene Dachabschluss – warum kein Staffelgeschoss? Der Botschafter hätte sich ein Dienst-Penthouse aufs Dach wünschen können. Wie geil wäre das für ihn gewesen, und wie gut für die Architektur? Schade.

    Leider lässt die Gestaltungssatzung für UdL für Botschaftsgebäude keine höhere Bebauung zu, sodass der Dachabschluss nicht genehmigt wurde, obwohl seitens der Boschaft gewünscht und ursprünglich geplant. Zumindest hatte ich die Debatte damals so verstanden, dass das Dachgeschoss mit der in der Gestaltungssatzung festgeschriebenen Traufhöhe nicht vereinbar war.


    Details zur Gestaltungssatzung finden sich hier:

    https://www.baunetz.de/mobil/meldung.html?cid=1477