"Upper West" aka Atlas Tower (119 m) [realisiert]

  • Das sehe ich ganz ähnlich. Das Schimmelpfenghaus war einer der zentralen Bausteine des Wiederaufbauensembles Breitscheidplatz, und in seiner ursprünglichen Form als Brückenhaus auch typologisch eine Besonderheit, die zu Recht durch den Denkmalschutz anerkannt wurde.
    Ob seine Nachfolger eine ähnliche Qualität erreichen wage ich zu bezweifeln, beim Zoofenster zumindest ist es nicht der Fall.

  • Grund zum Jammern besteht nun wahrlich auch nicht. Diese Bauten gehen ihren bereits durch den Baustil vorbestimmten Weg - Abriss und Neubau, das Grundcredo der funktionalistischen Moderne. Sowas überhaupt einen Denkmalstatus zu verleihen, ist ein Widerspruch in sich.

  • Ich vermisse das Schimmelpfenghaus auch nicht. Das Haus hatte seine Zeit lange genug an diesem Ort, nun ist sie vorbei. Zu einer gesunden Stadtentwicklung gehört auch, dass solche Gebäude die keine besondere Identität stiften, nach einer bestimmten Zeit wieder abgerissen werden.

  • @ necrokatz:

    Zu einer gesunden Stadtentwicklung gehört auch, dass solche Gebäude die keine besondere Identität stiften, nach einer bestimmten Zeit wieder abgerissen werden.


    Woher weißt du, daß das Schimmelpfenghaus keine Identität gestiftet hat?
    Nur weil das bei Dir nicht der Fall war mußt du das nicht sofort zur allgemeinen Norm erklären.

  • ich persönlich kenne auch niemanden, der diesem dunklen schmucklosen Kasten mit seiner Hinterhof erzeugenden Straßenüberbauung in irgendeiner Weise etwas abgewinnen konnte.


    Zum Glück ist das Gebäude nunmehr Geschichte!

  • Schimmelpfeng Adé

    ^ sehe ich ähnlich. Zumal der Hinterhof der Beginn der Kantstraße einer wichtigen Magistrale Charlottenburgs war. Ich fand das Haus sonst nicht so schlecht, man hätte es sogar als Denkmal des Wiederaufbaus stehen lassen können, wenn es nicht diese Brücke gebildet hätte. Das war der Kantstraße, die ich sehr mag, unwürdig.


    Gut, dass es weg ist und nun statt einem Hinterhof ein repräsentatives Tor entsteht. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass der Atlas Turm mit dem m.E. hervorragenden Zoofenster mithalten kann. Er spielt wohl auch mit seinem Budget in einer anderen (geringeren) Liga.

  • Das Schimmelpfeng Haus war zusammen mit der Gedächtniskrische und dem ECdas Synonym für das alte Westberlin. Ob auf Stadtplänen,Ansichtskarten,häufig prangte das Schimmelpfeng Haus auf der Titelseite einem entgegen.


    Mir hat es gefallen,es war das richtige Haus am zum Schluß falschen Ort.Die Überbauung der Kantstraße war IMHO so schlecht nicht,dass die dahinterliegende Gegend so trostlos erschien,hatte eher was mit der dortigen Bebauung und der Nähe zum Bahnhof Zoo zu tun,als mit dem Schimmelpfeng Haus.


    Jetzt ist es weg,ich kann damit leben,weniger verlustreich wäre es,wenn anstelle des SH ein würdiger Nachfolgebau treten würde. Das SH vermittelte m.E. mehr Ausdruckskraft und Optimismus als das ZF.

  • Naja, ohne die Brücke wars ja letztendlich nichts besonderes...Und wenn die nun weg war - was ist dann noch erhaltenwert? Es war weder schön (auch nicht unbedingt grottenhässlich), noch anderweitig un- oder außergewöhnlich. Es verschwinden wichtigere Gebäude. Ich mache mir eher Sorgen, dass die Kantstraße weiterhin Hinterhof bleibt, wenn nicht wenigstens im EG des Altas Geschäfte einziehen können, und nicht nur Versorgungszugänge zu finden sein werden, wie beim Fenster.


    Denke/hoffe eher, dass Atlas das Fenster übertrifft. Das ist zwar gut gelungen, aber letztendlich auch nur ein paar ineinander verschobene Kuben. Am meisten gefällt mir der Sockel, vor allem zur Joachimsthaler hin. Denke der Atlas wird mit der etwas ungewöhnlicherer Form etwas interessanter. Über die Qualität an sich kann man erst urteilen, wenns steht...

  • Wenn man sich Jahre der Witterung und der Nutzung optisch wegdenkt und sich Fotos vom Gebäude kurz vor dem Abriß anschaut, dann hätte man das nun gerade im Abriß befindliche Bestandsgebäude auch gerade eben neu bauen können. Die ach so moderne Architektur dreht sich doch seit Generationen im Kreis. Die ökonomischen Zwänge engen die Architekten enorm ein, zusätzlich engen sich die Architekten in ihrem gestalterischen Repertoire ohne Not ein, indem das Unterlassen von Gestaltung als "Klarheit" etc. hochgejubelt wird.


    Unter diesen Vorzeichen hat für mich der Denkmalschutz auch seinen eigentlichen Sinn verloren. Dabei geht es ja nicht bloß darum Gebäude zu erhalten sondern Zeugnisse vergangener Baukultur zu erhalten und der Nachwelt Geschichte erlebbar zu hinterlassen, bauliches Erbe eben. Von "vergangen" kann aber keine Rede sein, seit Bauhaus ist das was als moderne Architektur bezeichnet wird im Grunde gleich geblieben, hat sich höchstens von avantgardistischen Metropolen bis in jede Kleinstadt ausgebreitet, wo auch jedes neue Sparkassengebäude ein Stahlbetonkubus ist. Kein anderer Stil- und Geschmacksbereich hat so stagniert, behauptet aber weiterhin von sich frisch und innovativ zu sein.


    Mode, Musik, Design von Gebrauchsgegenständen...das sind die innovativen Bereiche der Gestaltung. Architektur gehört für mich nicht mehr dazu. Leider. Mir fallen auch aus dem 20. Jahrhundert nur wenige Gebäude ein, die nicht aus gesellschaftlich-politischen Gründen unter Denkmalschutz stehen (wo also nicht die Architektur an sich sondern die frühere Nutzung/Bedeutung des Ortes als Denkmal unter Schutz steht), sondern tatsächlich wegen eines eigenen architektonischen Wertes. Und die mir einfallen sind da häufig doch sehr unpopulär und nichts was man ausländischen Besuchern auf einer Stadtrundfahrt zeigen würde. Plattenbausiedlungen beispielsweise.

  • @ necrokatz:



    Woher weißt du, daß das Schimmelpfenghaus keine Identität gestiftet hat?
    Nur weil das bei Dir nicht der Fall war mußt du das nicht sofort zur allgemeinen Norm erklären.


    Das habe ich nicht. Ich bin einfach von der allgemeinen Stimmung hier und anderswo ausgegangen und habe extrapoliert.


    Wenn man mal ehrlich ist, war das Schimmelpfenghaus wenn überhaupt nur in Westberlin bekannt. Den Ost- und Neuberlinern fehlt dazu jeder Bezug. Von den Westberlinern wiederum dürfte die Zahl der Schimmelpfenghausliebhaber auch überschaubar sein. Schliesslich ist die Sichtweise, die Du dir in Foren mit architekturrelevanten Themen angeeignet hast, nicht besonders repräsentativ für die Bevölkerung.


    Wenn man heute jemanden ein Foto mit dem Schimmelpfenghaus zeigt, wäre die Reaktion wohl eher: 'Interessant, aber mach das bitte wieder weg.'

  • Das Schimmelpfeng Haus war zusammen mit der Gedächtniskrische und dem ECdas Synonym für das alte Westberlin. Ob auf Stadtplänen,Ansichtskarten,häufig prangte das Schimmelpfeng Haus auf der Titelseite einem entgegen.


    Ich finde es insgesamt okay, daß es abgerissen wurde, aber seine Bedeutung läßt sich gewiß nicht bestreiten, und ich bin auch der Meinung, daß es ein starker Identitätsanker war.


    Das Grundproblem bei dem Haus ist, daß es praktisch in einem Rutsch weg ist. So gut ich schöne Hochhäuser finde, so sehr kann man auch nicht leugnen, daß nun ein gewisser Entfremdungseffekt da ist. Er wäre deutlich schwächer ausgefallen, wenn man mit dem Süd-Abriß noch zwei Jahre gewartet hätte - oder noch länger.


    Ich sehe es so wie Kleist. Die drei erwähnten Bauten waren schlicht die City-West, und dieser Wechsel jetzt ist schon ziemlich drastisch. Man hätte das etwas auffangen können, aber man kann den Investoren ja nichts vorschreiben. Man tut sich keinen Gefallen damit, wenn man auch noch so schöne Gebäude baut, aber die vorhandene Identität zu stark oder zu ausgedehnt beschädigt. Der Breitscheidplatz ist jetzt subjektiv fast ein komplett neuer Platz.


    Zitat von McCarthykatz

    Den Ost- und Neuberlinern fehlt dazu jeder Bezug.

    Also ich kenne Ostberliner, die einen Bezug dazu haben, mich inklusive. Gerade Ostberliner, Stichwort Wende, Kudamm, Begrüßungsgeld.

  • ^^
    Ich denke die Foristen hier sind zu etwa 98% männlich und überwiegend Akademiker. Die Gruppe der Entscheider über die Bauwerksgestaltung ist (mit Ausnahme von Einfamilienhäusern) vermutlich in soweit ähnlich. Allerdings viel mehr auf Wirtschaftlichkeit fixiert und viel seltener zu Nostalgie neigend.


    Halbwegs repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind beide Gruppen nicht. Aber ich denke auch, dass das Schimmelpfenghaus zu unauffällig war um groß vermisst zu werden. Die auffälligen Hochhäuser lassen auch nicht das Gefühl aufkommen es habe ein Lücke hinterlassen. Menschen die keine Hochhäuser mögen werden es sich vielleicht zurück wünschen.


    @Baumeista
    Das sehe ich völlig anders, führt aber zu weit weg vom Thema.

  • Erinnerungswert

    Im Februar 1962 kam ich als zwölfjähriger nach Westberlin.
    Bis dahin kannte ich nur das weitgehend zweistöckig bebaute Salzgitter, das noch nicht vollständig wieder aufgebaute Braunschweig und das ähnliche Münster/Westfalen.


    Für mich war der Breitscheidplatz mit dem Schimmelpfenghaus der Ingebriff einer Millionenstadt. Die Straßenüberbauung und das geplante Europacenter empfand ich als den Vorgeschmack auf das Jahr 2000. :lach:


    Aber mit dem Abriß kann ich seeeehr locker umgehen, denn es kommt ja ´was Besseres! ;)

  • Ich muss Echer Berliner zustimmen: das Schimmelpfenghaus war schon ziemlich beeindruckend für mich, als wir zum ersten mal "drüben" waren.


    Dennoch war das Ding imho hässlich, die Idee der Straßenüberbauung völlig unpassend an dieser Stelle. Die Zeit dieses Hauses ist eben vorbei und die heutige, viel hellere Situation tröstet darüber hinweg. Man kann es ja so sehen, daß die Neubebauung eben auch eine neue Ära am Ku-Damm einläutet, wie damals zu Westberliner Zeiten.

  • Hobbyist: "Hässlich" war das Schimmelpfenghaus vielleicht in Deinen Augen, das ist aber keine Kategorie für oder gegen die Beurteilung durch den Denkmalschutz. Und die Straßenüberbauung bewirkte immerhin eine Platzfassade - die zugegeben problematische Situation auf der Rückseite hätte sich leicht korrigieren lassen mit einer zweiten Überbauung der Kantstraße entlang der Joachimsthaler Straße, so dass der ursprünglich nicht von der Straße zerschnittene Block wieder als Ganzes zur Wirkung gekommen wäre. Die neue Situation mit den beiden Hochhäusern in der zweiten Reihe (vom Platz aus gesehen) stellt demgegenüber eine städtebaulich viel fragwürdigere Situation dar. Wie weiter oben bereits ausgeführt wurde, war der Breitscheidplatz mit der neuen KWG-Kirche, Bikinihaus, Schimmelpfenghaus und dem ex-DeFaKa Ecke Rankestraße ein geschlossenes Ensemble des Wiederaufbaus, das in seiner Modifikation des Vorkriegszustandes (Straßenführung, Blockzuschnitt, Baumassenverteilung) ein interessantes Gegenstück zur tabula rasa im Hansaviertel bildete. Man muss dem nicht hinterher trauern; man sollte aber wenigstens bereit sein, jenseits der Frage des nur persönlichen Gefallens dessen Qualität und Bedeutung im (West-)Berliner Stadtgefüge zu begreifen.

  • ^Ganz ruhig, ich habe doch überhaupt garnicht für oder wider den Denkmalschutz argumentiert und die Bedeutung aus meiner persönlichen Meinung/Erfahrung und auch die Situation in Westberlin formuliert. Wie mein Nick schon andeutet bin ich hier rein hobbymäßig unterwegs und stelle hier garkeine städtebaulische Beurteilung in den Raum. Das darf man hier doch hoffentlich noch tun.

  • Das darf man, bestimmt, oder, Bato? Der Austausch wird aber gehaltvoller, wenn Postings über bloßes "Gefällt mir"/"gefällt mir nicht" hinausgehen. Darüber lässt sich schließlich schlecht streiten. (Belehr-Modus wieder ausgestellt ;-))

  • In memoriam habere

    Hier mal drei Bilder vom Schimmelpfenghaus vom Europacenter aus. Das ist die klassische Puzzle-Perspektive, die man bei vielen Berlin-Puzzles findet. Das erste Bild zeigt den Breitscheidplatz in der Nacht des 9. November 1989. Sieht man an den Autoschlangen rechts und an dem von Fußgängern, mutmaßlich DDR-Bürger, besetzten Kudamm.


    Daran sieht man, wie sehr das Haus den Platz geprägt hat.


    Breitscheidplatz am 9. November '89
    Bei Nacht, normal
    Breitscheidplatz am Tag


    Waren solche Überbauten wie beim Schimmelpfenghaus nicht auch in den 20er Jahren am Alexanderplatz geplant? Für mich strahlte das Haus jedenfalls etwas aus dieser Epoche aus.

  • Ja, im Wettbewerb zur Umgestaltung des Alexanderplatzes hatten, wenn ich nicht irre, die Architekten Luckhardt & Anker eine ähnliche Straßenüberbauung vorgesehen, und auch beim Wettbewerb für den Potsdamer Platz gab es seinerzeit entsprechende Entwürfe. In der "Weissen Stadt" in Reinickendorf ist ein solches Brückenhaus seinerzeit ebenfalls entstanden. Letzlich steht noch ein Gebäude wie der "Sozialpalast" von Jürgen Sawade in Schöneberg in dieser Tradition.

  • Abriss

    Das Schimmelpfenghaus ist inzwischen Geschichte. Ein paar Bilder vom Abriss
    Alle Bilder, soweit nichts anders angegeben, stammen von mir.