Leipzig: St. Trinitatis (realisiert)

  • ^ Die weiße Giebelwand verschwindet, sobald ein Neubau hinter der Kirche die alte Straßenflucht der Mühgasse aufnimmt. Dann passt die Kirche auch wieder in den (historischen) Stadtplan und es wirkt nicht abgeschnitten:
    http://www.leipzig-sachsen.de/img/leipzig_stadtplan_1910.jpg


    Strukturell, vor allem mit dem offenen Innenhof (mit Baum), ist der Bau schon gelungen. Was viele Architektur-Freunde hier sicher vermissen, ist
    1. eine abwechslungsreichere Fassade
    2. eine freundlichere Fassade zum Leuschner-Platz (z.B. mit sowas Profanem wie Fenster)
    3. ein Blockrand zum Ring.
    Die Atheisten unter uns haben sich noch andere Gegenargumente.


    Eine Korrespondenz zum Neuen Rathaus nehme ich auch nicht wirklich war...

  • Langsam gewöhne ich mich an die neue Kirche.


    Ich nicht. Je mehr ich davon sehe, um so furchboarer finde ich es. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, mich erst drüber aufzuregen, wenn alles fertig ist...



    Eine Korrespondenz zum Neuen Rathaus nehme ich auch nicht wirklich war...


    ...weil es sie nicht gibt.
    Dieser Fremdkörper wirft einen dunklen Schatten auf unser schönes Neues Rathaus und seine Mitarbeiter.



    Es grenzt schon an Beleidigung, diesen stilistisch konsequent durchgebildeten und der Zukunft zugewandten Baukörper mit dem Porphyrgemäuer auf eine Stufe zu stellen.
    Im Übrigen wäre auch die Versöhnungskirche oder etwas ähnliches an dieser Stelle fehlplaziert. Für halbhohe Kirchtürme ist das nunmal der völlig falsche Standort. Wenn dort schon unbedingt eine Kirche gebaut werden muss, dann bitte nur mit angedeutetem Turm. Das gesparte Geld hätte sinnvollerweise in eine ansprechende Architektur investiert werden können. Etwas transparent-elegantes, etwas sympathisch-einladendes wäre an diesem Ort sicher die bessere Wahl für alle gewesen.


    Beweisbilder:





    Quelle: Rundling

  • Warum ist das für dich ein "halbhoher Kirchturm"? 50 Meter sind nicht wenig, zumal sich der Turm anders als bei den meisten älteren Kirchen nach oben nicht verjüngt. So ein "angedeuteter Turm", also wahrscheinlich ein verkümmerter Stumpf hätte doch wohl erst recht bescheuert ausgesehen.
    Außerdem erachte ich den offenen Hof schon als ziemlich transparent und einladend. Die Wand zum Leuschnerplatz hätte man in der Tat noch etwas gestalten können (ein abgesetztes Kreuz o.ä.), aber ansonsten finde ich die Kirche gelungen.

  • Für die weitere Diskussion wäre es vielleicht ganz hilfreich, wenn Rundling endlich mal konkreter wird, was ihm an dem Neubau stört. Mit Floskeln wie "transparent-elegantes" oder etwas "einladend-schönes" und ansonsten nur Geschimpfe kommen wir nicht weiter. Darüber hinaus ist hier in diesem Thread schon ausführlich darüber diskutiert worden, in welcher Beziehung der Kirchenbau zum Neuen Rathaus stehen sollte. Für eine kleine katholische Gemeinde in einer ansonsten protestantisch sowie atheistisch geprägten Stadt wäre es wohl etwas vermessen, gegen das Neue Rathaus anstinken zu wollen, was de facto auch kaum geht, es sei denn, man stelle Hadids außerirdische Trutzburg an diese Stelle. Auf die Reaktion wäre ich gespannt gewesen. Andererseits sollte die Kirche auch nicht vom Neuen Rathaus "verschluckt" werden, sondern eigene Akzente setzen, um im öffentlichen Raum angemessen wahr genommen zu werden. Ich finde, beide Anforderungen haben die Schulze-Brüder sehr gut gelöst.


    Die Stärke des Neubaus liegt für mich zudem in der flächendeckenden Anbringung des Porphyr. Dadurch wirkt die Fassade sehr hochwertig und lebendig. Kein Vergleich zu westdeutschen Kirchen aus der Wiederaufbau-Ära.

  • Als Maschinenbauer und Logistiker sehe ich das alles pragmatischer. Das die Probsteigemeinde den Mut hat, ein derartiges Projekt zu stemmen, ist allein schon bewundernswert. Dass die Gemeinde sich für einen nicht ganz so protzigen Entwurf entschieden hat, kann ich angesichts der Neiddebatten, die derartige Projekte fast zwangsläufig hervorrufen, gut verstehen. Besser als ein Parkhaus oder ein Bürogebäude ist eine Kirche dort allemal.



    Martin-Luther-Ring










    Peterssteinweg







    Karl-Tauchnitz-Straße















    Überkragende Gebäudeteile sind im Moment modern.





    Öffentlich zugänglicher Innenhof.








    Eigene Fotos.

  • Die nördliche Kirchraumseite hat nun auch ihre Gerüste fallen lassen. Fehlt nur noch die Ostseite, die zurzeit verkleidet wird.

  • ich bin hier ja nun eher leser, als schreiber.


    zur situation von früher wollte ich nur noch mal eine husch-husch kollage nachreichen, auf der man sieht, dass die alten gegebenheiten schon bestehen bleiben - zumindest vom grundriss her.



    ich werd mal gucken, wie viele ähnliche/gleiche kirchen ich hier in meinem stuttgarter exil finden werde ...

  • besten dank für deine collage. sie macht klar, wie sehr sich der stadträumliche eindruck durch die geplante neubebauung der südlichen nonnenmühlgasse nochmals verändern wird.


    zur kirche:
    diesem entwurf an diesem ort stand ich von anfang sehr skeptisch gegenüber. auch heute noch habe ich zweifel, welche wirkung die fensterlose ostseite letztlich entfalten wird.
    vom bislang sichtbaren ergebnis bin ich jedoch sehr positiv überrascht:
    klarheit in der form, beständigkeit im material und solidität in der bauhandwerklichen ausführung machen deutlich, dass hier kein bauwerk wächst, dessen entstehungszweck auf einer kurzlebigen idee beruht oder nur ein paar jahrzehnte halten soll. statt den betrachter mit künstlerischen ornamenten beeindrucken zu wollen, lässt alleinig die wechselnde lichteinstrahlung das gebäude lebendig erscheinen.
    all diese punkte zusammen genommen, entsteht hier meines erachtens sehr wohl ein bauwerk mit wahrlich sakralem charakter. tiefgründiger, als dies beispielsweise geschehen wäre, wenn einfach ein gold glänzendes kreuz auf einem kirchturm errichtet worden wäre. das darauf ganz bewusst verzichtet werden konnte, spricht meiner meinung nach für die qualität dieses baus.

  • ^ Das sehe ich genauso. Ich hätte auch nicht gedacht, dass das verwendete Fassadenmaterial den Baukörper so lebendig und je nach Tageszeit und Lichtverhältnisse anders erscheinen lässt. Klasse!


    Wenn man bedenkt, dass die städtebauliche Situation gegenüber dem Neuen Rathaus schon sehr anspruchsvoll ist, die Architekten dennoch mutig auf eine sehr klare, ornamentlose Architektur (und damit konträr zum Paulinum) gesetzt haben und der Kirchbau nur halb so viel gekostet hat wie das Anwesen des Limburger Bischofs, dann ist das Ergebnis aus meiner Sicht grandios. Vor allem in Hinblick auf das mit kitschiger Ornamentik überladene Neue Rathaus ist diese Zurückhaltung wohltuend, ohne einen Affront zu begehen. Sowohl das Neue Rathaus als auch die neue Propsteikirche kommen entsprechend zur Geltung, natürlich auf unterschiedlichem Niveau, und entfalten ihre Stärken im "friedlichen" Nebeneinander. Ich freue mich außerdem darüber, dass die architektonische Vielfalt in Leipzig mit diesem Neubau einmal mehr unterstrichen wird.



    Genug der Worte, hier noch ein paar Fotos von Dienstagnachmittag:



    Querschnitt von den Treppen des Neuen Rathaus gegenüber




    Ansicht weiter westlich



    Noch ein Stückchen weiter an der Kreuzung Dittrichring/Martin-Luther-Ring



    Zusammenspiel mit dem südwestlichen Portal des Neuen Rathauses

    Bilder: Cowboy

  • Eine austauschbare 50er Jahre Kirche.


    Ein Hoch auf stupide Statements und Einzeiler im Forum. Hatten wir hier lange nicht mehr. Fehlt nur noch der Nono-Smiley. C.

  • Absolut! Ein typischer falscher Fünfziger! :lach:


    Grundsätzlich ist eine "50er Jahre Kirche" eine Kirche, die in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet wurde. Richtig?


    Inwiefern hier Baumasse, Grundriß, Fassade, Material (Porphyr!!), Turm, Innengestaltung und und und austauschbar sind, dürfte schwer zu verifizieren sein. :nono: (für Cowboy)

  • Eine austauschbare 50er Jahre Kirche.


    Ein Hoch auf stupide Statements und Einzeiler im Forum. Hatten wir hier lange nicht mehr. Fehlt nur noch der Nono-Smiley. C.


    Hm, immerhin soll hier schon Raum für Diskussionen sein, wie ich finde. Einzeiler sind zwar wenig anspruchsvoll, aber es ist immerhin eine Aussage.


    Also mir gefällt die Kirche an sich schon ganz gut, m.E. besticht sie durch ihre klare Form und die hochwertig anmutende Außenhaut. Von den Fotos her - und nur so kann ich das beurteilen da ich sie live noch nicht gesehen habe - ist sie für meinen Geschmack gegenüber dem prunkvollen Rathaus allerdings etwas zu klein geraten, fast etwas spießbürgerlich. Wie Flusskrebs anzudeuten versucht hat, etwas zu banal. Ich würde sie als Solitär daher auch eher in den stadtrand veorten. Bei uns in Nürnberg stehen derlei Kirchenbauten vergleichbarer Form eher in den Satellitenstadtteilen.


    Aber vielleicht ist das hinsichtlich der geschichtlichen Zusammenhänge vor Ort ja auch so beabsichtigt, immerhin spiegelt es ja auch die Bedeutung der Kirche als Institut in unserer weitgehend säkularisierten Gesellschaft wieder: Sie steht zwar in der Mitte, aber gegenüber Verwaltungspalästen und Konsumtempeln eben [von] bescheiden[er Bedeutung]. Ich war ja sowieso erstaunt, dass in Leipzigs Mitte eine neue Kirche gebaut wird!

  • ^ Es ist ja nicht so, dass dieser 50er-Jahre-Kirchenvergleich hier in diesem Thread nicht schon gefühlt hundertfach geäußert wurde. Diese Aussage hat zudem null Aussagekraft, denn Sakralbauten zeichnen sich nunmal durch eine bestimmte Kubatur aus. So gesehen sehen alle historistischen Kirchen, die zum Ende des 19.Jh tausendfach in Europa gebaut wurden, auch alle gleich aus. Wäre die Kirche heute in ähnlicher Form wie damals errichtet worden, wäre der Vorwurf wohl zutreffender gewesen. Aber darum geht's ja in dem Kisten-Vergleich auch gar nicht, sondern darum, etwas zu diskreditieren, weil es den eigenen Geschmack nicht trifft.


    Wir können nur spekulieren, warum die Schulz-Brüder diese Formensprache gewählt haben und keine andere. Nach der Zerstörung der alten Propsteikirche hat die katholische Gemeinde in den 50er-Jahren von der Stadt Leipzig die Genehmigung erhalten, einen Neubau in der Innenstadt zu errichten. Der Bauantrag wurde 1958 allerdings abgelehnt. Vielleicht wird die Kirche jetzt in der Form errichtet, wie sie in ähnlicher Weise 1958 errichtet worden wäre. Ähnliche Überlegungen gab es ja schon beim Trias-Neubau von den gleichen Architekten ein paar Meter weiter weg.


    Die Bescheidenheit des Neubaus ergibt sich übrigens aus der geringen Mitgliederzahl der katholischen Gemeinde. Weniger als 1 Prozent der Leipziger Bevölkerung sind Katholiken. Das Rathaus hingegen steht für alle Bürger dieser Stadt. Banal und spießbürgerlich wirkt die Kirche auf mich trotzdem nicht. Nicht mit dieser Fassade...

  • Bitte nicht falsch verstehen, die Fassade finde ich vollkommen gelungen. Das "banal" und "spießbürgerlich" beziehe ich eher auf die Kubatur, die aber - wie du richtig sagst - wohl dem Gebäudezweck geschuldet ist. Allerdings, an die gestalterische Qualität des Uni-Neubaus reicht der Entwurf eben nicht heran, er ist nicht wegweisend oder besonders mutig, und das könnte den einen oder anderen enttäuschen. Leipzig muss sich aber was aktuelle Bauprojekte angeht keineswegs verstecken, und ein bissl Gedisse von der Elbe, na das ist doch den Aufreger nicht wert ;)

  • Das "banal" und "spießbürgerlich" beziehe ich eher auf die Kubatur, die aber - wie du richtig sagst - wohl dem Gebäudezweck geschuldet ist. Allerdings, an die gestalterische Qualität des Uni-Neubaus reicht der Entwurf eben nicht heran, er ist nicht wegweisend oder besonders mutig, und das könnte den einen oder anderen enttäuschen.


    Mit solchen Kritiken wäre ich sparsam. Zwei emotional sehr unterschiedliche Herangehensweisen - auch seitens der Architekten. Während man bei der Uni-Kirche eine Kriegsüberlebende aber vom DDR-Regime gesprengte Kirche wiederherstellen wollte, orientiert sich der Neubau stark am eigentlichen Sakralbau. Während St. Trinitatis eine Neuinterpretation eines im Krieg zerstörten Gotteshauses ist. Hier war der Handlungsspielraum ein ganz anderer.


    St. Trinitatis ist meines Erachtens auch in einem bebauten Kontext betrachten. 'netstorm' hat ja die alten Straßenzüge nachgereicht, in welchem man sieht wie der Gebiet rund um die Kirche mittelfristig aussehen kann. Der Kirche fehlt es stark an einer umliegenden Blockrandfassung. Erst dann kann sie die hier schon öfter beschriebene Tor-Situation hervorrufen.


    Für mich zeigt sich seit der Fertigstellung der Kirche vor allem die gestalterische Schwäche des Eckgebäudes zur Harkortstraße! Und natürlich findet man große Kirchenneubauten der 1950/60er Jahre in den westlichen Bundesländern nur an Stadträndern, da die Zersiedelung der Städte in einem ganz anderen Umfang betrieben wurde, als in der ehem. DDR. Außer bei einem prominenten Beispiel Beispiel, an welche mich St. Trinitatis immer erinnert.

  • ^ Zumindest die Weißfrauenkirche in Frankfurt ist eine innerstädtische Kirche von 1956. Ähnliche Beispiele lassen sich woanders sicher auch finden.


    Ansonsten Zustimmung, was den Vergleich mit dem Paulinum und den Rest deines Beitrages betrifft: Zwei verschiedene Herangehensweisen, zwei unterschiedliche Resultate, beide Kirchen gleichermaßen gut umgesetzt. St. Trinitatis orientiert sich am reinen Sakralbau der Moderne, während die neue Paulinerkirche in einem Uni-Gebäude integriert wurde sowie auch äußerlich einen Kompromiss aus verschiedenen Interessen und (festgefahrenen) Meinungen darstellt, und damit auch die Kosten in ungeahnte Höhen treibt. Für die neue Universität werden inzwischen 250 Mio veranschlagt, davon etwa die Hälfte nur für die Paulinerkirche, wohingegen St. Trinitatis lediglich mit 15 Mio auskommt. Davon, dass die eine Kirche soviel mehr kostet als die andere, merkt man vor Ort nichts, was nicht gegen das Paulinum spricht, wohl aber für die gute bauliche Umsetzung von St. Trinitatis.



    Noch ein paar Bilder von heute, diesmal mit der Vormittagssonne aus Osten:


    An der S-Bahn-Station Wilhelm-Leuschner-Platz





    Martin-Luther-Ring




    Bilder: Cowboy

  • St. Tetris wird am 9. Mai 2015 geweiht. Laut Pfarrer Gregor Giele liegen die Bauarbeiten im Zeitplan. Derzeit läuft der Innenausbau. Die Malerarbeiten sind weitestgehend fertig gestellt, aktuell werden Parkett und Steinfußboden verlegt. Unsicher sei lediglich, ob ein 22 mal 3 Meter großes, künstlerisch gestaltetes Fenster mit Bibelzitaten rechtzeitig zum Einweihungsgottesdienst fertig werde.


    Was mit der alten Propsteikirche geschehen soll, sei derzeit noch offen.


    LVZ-Online, 04.01.2015
    Endspurt beim Bau der Leipziger Propsteikirche – größter Kirchenneubau Ostdeutschlands
    http://www.mz-web.de/mitteldeu…ht,20641266,29473950.html


    (In den Kommentaren wird mal wieder einmal mehr gegen alles und jeden gehasst.)

  • Bereits im Herbst entstanden zwei sehenswerte Filme zum Bau St. Trinitatis. Im ersten Präsentationsfilm erläutern Pfarrer Gregor Giele und der Bauleiter der Architekten Schulz & Schulz bauliche und funktionelle Details zur Kirche. Im zweiten sog. Impressionsfilm gibt es Filmausschnitte von der Gründung des Baus bis zur Turmabrüstung unter musikalischer Begleitung.

  • Wie Tante LVZ heute berichtet, werden die Geh- und Radwege rund um die neue Propsteikirche für knapp 500.000 Euro neu gestaltet. Der Artikel suggeriert zwar "Ende August", aber im Vorbeifahren konnte ich sehen, dass der Außenbereich schon jetzt mit Granitsteinen gepflastert wird. Außerdem werden am Martin-Luther-Ring 14 Linden gepflanzt und westlich des Gotteshauses eine Eiche, keine toitsche, sondern eine ungarische.