Gerber (fertig)

  • Sowohl Südportal als auch Nordportal finde ich zu wuchtig, dies gilt insbesondere für das Südportal. Die Höhe wird auch noch durch die vertikale Gliederung des oberen Bereiches gesteigert.


    Die vertikale Gliederung im oberen Bereich steigert in der Tat die Wirkung. Und genau deswegen gefällt mir das Südportal richtig gut!


    Zu wuchtig? Also, diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Stuttgart ist eine Großstadt, die auf Hochhäuser in der Innenstadt verzichtet. Und dann baut man mal (wie hier) ein paar wenige Stockwerke höher und sofort ist es zu wuchtig???


    Wenn dir das Südportal aufgrund der vertikalen Gliederung bereits zu wuchtig erscheint, dann würde ich gerne mal wissen, wie wuchtig für dich die Hochhäuser in Frankfurt sind? Dann müsstest du beim Anblick der Frankfurter Hochhäuser vor lauter Wuchtigkeit einen Herzinfarkt bekommen. :) Oder irre ich mich?

  • jack000
    Insgesamt ist das Gerber ein hervorragender Bau der alte Bausünden beseitigt und sich selbst in das Umfeld integriert und auch den bestehenden Altbau in sein Konzept integriert hat.
    Schön, dass wir mal einer Meinung sind :)


    Insgesamt könnte man ca. 50-60% der Stuttgarter Innenstadtgebäude abreissen (Bausünden) ohne das irgendjemand was vermissen würde.
    Also ich würde es schon vermissen, wenn 60% der Innenstadt plötzlich weg wären. Und verglichen mit den anderen deutschen Großstädten halten sich die Bausünden in Stuggi nun wirklich in engen Grenzen.


    ma-frey
    Sowohl Südportal als auch Nordportal finde ich zu wuchtig, dies gilt insbesondere für das Südportal.
    Gerade das Südportal halte ich für um zwei Geschosse zu klein geraten (ich wiederhole mich, ich weiß). Beim Nordportal fehlt ein Geschoss. Wir erinnern uns: Ursprünglich hatte der Investor 37m fürs Südportal geplant. Nachdem der Dorfrat wütend proteschtierte und an dieser Stelle völlig lachhafte 29m forderte, gab es am Ende leider nur 33m. Der Vorgängerbau dürfte wohl um die 35m gehabt haben. Und so kommt das Südportal trotz aller gelungenen Gestaltung des Gesamtkomplexes gerade im Zusammenspiel mit der Paulinenbrücke ziemlich unscheinbar daher, kann sich aus vielen Perspektiven nicht richtig durchsetzen. Was an dieser markanten Innenstadtzäsur städtebaulich aber m.E. wichtig gewesen wäre. Ganz deutlich wird dies von der Halbhöhe aus.


    Überhaupt finde ich es problematisch das Einkaufen in Innenwelten zu verlegen, die überall auf der Welt stehen können.
    Was ist eigentlich auf der Königstraße eigentlich so, dass es nicht überall auf der Welt stehen könnte? So einzigartig sind die bestehenden Stuttgarter Gebäude nun auch wieder nicht. Anders gefragt: Warum soll Stuggi eigentlich nicht auch mal ein bisschen vom Shanghaier Glamour oder von der Lässigkeit Miamis abbekommen? ;)


    Wenn Allerweltsarchitektur so aussieht, bevorzuge ich klar diese statt biederer Königstraßenarchitektur ;)

  • Also ich würde es schon vermissen, wenn 60% der Innenstadt plötzlich weg wären.


    Nun, es war ja durchaus angedacht, dann auch wieder etwas neues ... ansehnliches hinzubauen.


    Und verglichen mit den anderen deutschen Großstädten halten sich die Bausünden in Stuggi nun wirklich in engen Grenzen.


    Nein, es ist überall auf einem ähnlich schrecklich hohem Niveau :(

  • Vielen Dank für die Bilder, Silesia.


    Was man, wie ich finde, auf Deinen Bildern hervorragend sehen kann: Wie sehr die Paulinenbrücke stört. Man denke sich die Brücke weg - das gerber käme wesentlich besser zur Geltung. Und zwar insbesondere das viel kritisierte Südportal. Die Dimensionen würden besser stimmen, ein Problem ist doch, dass der örtliche Betrachter diesen südlichen Eingang immer nur in halber Größe wahrnimmt. Ohne Brücke wären alle Proportionen viel stimmiger.


    Also: hier mein "Yes" zum Rückbau der Paulinenbrücke


    Holger

  • Gerade das Südportal halte ich für um zwei Geschosse zu klein geraten.
    Beim Nordportal fehlt ein Geschoss.

    Ganz genau. Damit wäre das Ensemble rundherum optimal, im Sinne von wirklich nicht mehr zu verbessern.

  • Wagahai:
    Schanghai und Miami? Wohl eher Oldenburg, Duisburg oder Recklinghausen.


    Von irgendwelcher prägnanter Innenarchitektur ist auf den Renderings nicht zu sehen. Da hat schon Karlsruhe mit dem Ettlinger Tor und seinem Glasgewölbe was ganz anderes.


    In der Königstraße geht man von Geschäft zu Geschäft immer wieder raus in die Stadt, das ist der Unterschied.


    lg Matthias

  • Ich bin gespannt, welche Beispiele Du mir aus Oldenburg, Duisburg und Recklinghausen präsentierst, die Pate standen für das Gerber.

    Du kriegst zwei Tage Zeit, ab ... JETZT!! ;)

  • Nicht Pate sondern vergleichbar, vermutlich auch anderer Größe, meiner Ansicht nach besser als das Gerber:


    Oldenburg, auch in der Innenstadt.


    Shopping Center Schloßhöfe von KSP Jügen Zimmermann Architekten:
    http://www.ksp-architekten.de/…owcase/?project=172&img=6


    Duisburg, ebenfalls in der Innenstadt.


    Forum Duisburg von Ortner und Ortner:
    http://www.german-architects.c…te-3/forum_duisburg-30898


    Recklinghausen, das Palais Vest von Auer Weber Architekten, erst diesen September eröffnet. Leider wird es noch nicht in der Architekten Web-Seite vorgestellt.


    lg Matthias

  • Und wo siehst Du da genau die Ähnlichkeit/Vergleichbarkeit?


    Das, was ich sehe, ist allenfalls architektonische Bezirksliga (KSP mit dem Shitygate und O&O mit der wenig inspirierten Killesberghöhe sind jedenfalls nach den Pleiten der letzten Jahre auf dem bestem Wege dorthin, wie der VfB). Das Gerber sehe ich jedenfalls in der Bundesliga, zur Champions League reicht es vielleicht nicht.


    Palais Vest sieht übrigens so aus. Auer Weber waren natürlich auch schon mal besser.


    Ernsthaft?


    Du hast noch 1 Tag 20 Stunden 24 Minuten ;)

  • Wo siehst du in der Passage des Gerbers das gewisse Etwas, das sie von den anderen Passagen heraushebt? Ich sehe da jedenfalls nichts.


    Die Einkaufspassage in Oldenburg scheint mir da sehr ähnlich, daher rede ich von Austauschbarkeit. In Duisburg sehe mehr Abwechslung und Vielfalt. Recklinghausen muss man noch abwarten.


    Die Außenfassade des Gerbers ist so gar nicht mein Ding. Es erinnert mich an die Postmoderne, als die Fassade wichtiger war als der Inhalt; wie eine dicke Schicht großstädischer Schminke, um es oberflächlich gefällig zu machen. Was ja wohl auch erreicht wird. Innenräumlich ist vermutlich nichts Besonderes zu entdecken.


    Gute Architektur muss meiner Meinung nach die Aspekte Städtbau, Außenarchitektur und das Innen (räumliche Qualitäten) gleichermaßen behandeln und dabei angemessen bleiben.


    In einer anderen Liga spielt wahrscheinlich das Einkaufszentrum von Daniel Libeskind am Stadtrand von Bern. Da dominiert die Architektur über den Kommerz.
    http://daniel-libeskind.com/pr…and-leisure-centre/images
    Oder auch MyZeil in Frankfurt von Massimiliano Fuksas.
    http://www.fuksas.it/#/progetti/0701/
    Bei beiden Projekten ist in meinen Augen das Kriterium der Angemessenheit allerdings nicht erfüllt.


    lg Matthias

  • @ Matthias


    In einer anderen Liga spielt wahrscheinlich das Einkaufszentrum von Daniel Libeskind am Stadtrand von Bern.


    Sinnfreie Zacken und völlig willkürliche Diagonalen machen noch keine gute Architektur. Eine derart künstlich aufgeregt daherkommende Skulptur "dominiert [...] über den Kommerz"? Ein Einkaufszentrum ist von der Sache her eine kommerzielle Veranstaltung, die u. a. Herrn Libeskinds Honorar erwirtschaftet. Und die Innenansicht mit den Rolltreppen löst eher klaustrophobische Gefühle aus und zeigt sicherlich keine "Mall", deren Bezeichnung ja nicht von ungefähr kommt.


    Mag sein, dass das "Gerber" ein wenig betulich daherkommt. Damit passt es aber gut zu den Schwaben und zu Stuttgart.

  • ma-frey
    Das Gerber hat galaktisch mehr Eleganz und Finesse als die Aldi-Architektur in Deinen Beispielen, die gekünstelt und auf Bestellung modern sein will. Gerade das macht diese Gebilde bemüht, unauthentisch und auch ein Stück weit unnahbar. Denkbar schlechte Voraussetzungen, wenn Menschen hiervon angezogen werden und sich darin wohl fühlen sollen (das hängt natürlich immer auch vom regionalen Publikum ab). Ähnliches gilt für das Libeskind-Monster. Der unbestritten verdiente Architekt ist genial für Denkmäler und Museen (das Jüdische Museum ist großartig), für echte Publikumsgebauede wie eine Mall ist er aber offensichtlich völlig ungeeignet. Stell Dir mal vor, dieses Etwas wäre statt des Gerbers in Stuttgart gebaut worden. Die Bürger hätten am Geisteszustand des Architekten und des Gemeinderats gezweifelt, wenn nicht, wären sie daran verzweifelt.


    Nein, es ist nicht entscheidend, dass man sich mit oberflächlich-künstlicher Extravaganz abzuheben versucht (wenn man es nicht wirklich kann, wie in Deinen obigen Beispielen, wird das schnell vulgär bis peinlich), die Architektur muss m.E. vor allem auch den städtebaulichen Kontext und die Funktion angemessen beachten und - diese sind andere in Stuttgart an der Naht zum Heusteigviertel als in Duisburg oder Recklinghausen.


    Ich denke, das Gerber hat hier eine klassisch-moderne und urban-großstädtische, aber auch zugleich vertraute, entspannte Formensprache gefunden, die in die Ecke einfach gut passt, und die zugleich mit anderen gelungenen Großkomplexen in den entwickelten Metropolen der Welt durchaus mithalten kann.

  • Zwei Fragen:


    1) In Beitrag #396 http://www.deutsches-architekt…hp?p=444684&postcount=396 von Silesia ist auf der rechten Seite der Unterschied zwischen Gerber alt und Gerber neu zu sehen. Ich hätte es toll gefunden, wenn man Gerber alt exakt fortgeführt hätte. Wie wäre eure Meinung dazu?


    2) Aus was für eine Art von Stein ist eigentlich die Fassade von Gerber neu? Ich habe sie mal befühlt, bin aber nicht ganz schlau draus geworden. Travertin scheint es eher nicht zu sein, würde ich sagen. Sandstein auch nicht. Kunststein?


  • 1) In Beitrag #396 http://www.deutsches-architekt…hp?p=444684&postcount=396 von Silesia ist auf der rechten Seite der Unterschied zwischen Gerber alt und Gerber neu zu sehen. Ich hätte es toll gefunden, wenn man Gerber alt exakt fortgeführt hätte. Wie wäre eure Meinung dazu?


    Meine Meinung zum Gerber ist ja sowieso ziemlich negativ, aber das wäre m.E. ein noch größerer Fehler gewesen. Entweder absolut (!) identisch weiterführen, sodass man Neu/ Alt nicht unterscheiden kann (was ich aber nicht wirklich zeitgemäß finde, da wir uns nun mal im 21. Jhdt. befinden), oder man baut den größtmöglichen Kontrast. Abgesehen davon, dass ich das gesamte Gebäude von Formgebung, Materialien, Dimensionen und was auch immer noch einfach schrecklich finde, ist mir auch die Farbgebung immer noch zu nahe dran am Bestandsbau, bzw. für mich gerade akzeptabel. Ich freue mich wirklich schon auf den Lichtblick von Blocher Blocher Partners an der Sophienstraße, dann ist dort hoffentlich eine gewisse Kleinteiligkeit zu erkennen (Gerber "alt", Gerber "neu", Blocher-Gebäude, andere ältere Häuser - so gefällt mir eine Stadt zumindest im Ansatz.

  • Heute erscheint eine Sonderbeilage in der Stuttgarter Zeitung. Die Bilder von der Passage bestätigen meine Vorurteile, das es sich hier eine ganz banale Einkaufspassage entstanden ist, wie sie heute in nahezu jeder größeren Stadt zu finden ist, völlig austauschbar ohne Charakter. Tageslicht fällt nur über ein schmales Oberlichtband in die Passage. Das Ettlinger Tor in Karlsruhe spielt schon in einer ganz anderen Liga und auch die Königsbaupassage in Stuttgart vermag mit ihrem ovalen Luftraum innenräumlich stärker zu beeindrucken.


    Anders auch mein Gegenbeispiel aus Duisburg, da hat man den Eindruck von überdachten Gassen und Plätze, der Raum weitet sich, engt sich wieder ein. Im Gerber will dieser Raumeindruck nicht entstehen, da öffnen sich die Obergeschosse lediglich galerieartig nach unten.


    Die Schloßhöfe in Duisburg sind in der Außenarchitektur angenehm zurückhaltend und passen gut als Gegenüber zum Schloß, ohne anzubiedern.


    Das Gerber protzt von außen und kann es innen überhaupt nicht halten. Man merkt das Stuttgart doch arg in der Provinz liegt, wenn man aufgrund dieser Architektur schon meint sich mit Shanghai oder Miami vergleichen zu können.


    Die Architektur von Libeskind sehe ich ähnlich kritisch wie wagahai, war aber in Bern beeindruckt von der Innenarchitektur bei meinem Besuch dort. Außen gefällt es mir auch nicht. Die Libeskind-Architektur ist die eine Seite, von der man vom Pferd fallen kann, die Architektur des Gerbers die andere. Aber mit dem Kö-Bogen in Düsseldorf scheint Libeskind auch ein interessante Innenstadt-Architektur gelungen zu sein.


    Städtebaulich halte ich das Geber auch nicht gelungen. Hier wird ein Großteil eines Blockes mit einem Klotz bebaut, wo die Bebauung einzelner Parzellen stimmiger wäre. Und dann wird auf das Dach des Klotzes Blockrandbebauung zu den Straßen und Einzelhäuser zum Blockinnern gesetzt um von oben, was ja in Stuttgart von Bedeutung ist, Kleinteiligkeit zu suggerieren. In der Ansicht der Hofseite von Silesia hat man den Eindruck als blicke man eine Steilwand hinauf zu Wohnhäusern. Eine weniger dichte Bebauung mit Wechsel zwischen überdachten Passagen und offenen Höfen wäre hier städtebaulich meiner Meinung nach richtiger gewesen, mit differenzierten Gebäuden; hier hätte vielleicht auch wieder Duisburg als Beispiel dienen können.


    Das Gerber innert mich an das Sonnencenter in Geislingen Steige (allenfalls Unterliga), man sieht es von der Bahn aus am Stadtausgang Richtung Ulm.


    Ein kleines Einkaufszentrum, das Tiefe braucht, darüber an den Rändern zu den Straßen Blockrandbebauung und über dem Rest der Dachfläche ein Parkdeck. Die Blockrandbebauung will sich mit Satteldächern, Dachgauben an die Altstadt anpassen. Den Baukomplex dort empfinde ich als recht peinlich. Im größeren Maßstab wird dieser Ansatz beim Gerber wiederholt, hier nicht als Anpassen an eine Altstadtbebauung sondern mit dem Versuch Großstadtarchitektur zu schaffen, die aber das dann doch nur zur Kulisse wird.


    lg Matthias

  • Oje, da beißt sich aber einer fest. Jetzt sind wir schon bei Geislingen angelangt. Nun denn.


    Die Bilder habe ich auch in der StZ gesehen, und die bestätigen meinen Eindruck.


    Die Karlsruher Kopie der Hamburger Europa-Passage ist für dortige Verhältnisse sicher ganz ok, mehr wird nicht erwartet.


    Kö-Bogen: Da muss ich Dir recht geben, dass das als Solitär gut gelungen ist, mit der Umgebung hat das Ding allerdings auch nicht viel zu tun.


    Alles andere ist für mich völlig unterirdisch.

  • Die Bilder von der Passage bestätigen meine Vorurteile, das es sich hier eine ganz banale Einkaufspassage entstanden ist, wie sie heute in nahezu jeder größeren Stadt zu finden ist, völlig austauschbar ohne Charakter.


    Es ist halt eine Einkaufspassage und kein Opernhaus. Und es ist auf Massenkaufkraft ausgelegt. Viel Umsatz mit durchschnittlichen Produkten.


    Von daher sollte man vielleicht auch keine zu hohen Maßstäbe anlegen.