Gerber (fertig)

  • Ja, Marketing nimmt im Schwabenland mitunter Groteske Züge an. So schön Florenz übrigens auf Bildern aussieht, so heruntergekommen ist es im echten Leben. Spätestens mit Einbruch der Dunkelheit sollte man sich als Tourist sowieso nichtmehr in der Innenstadt aufhalten.


    Sicher das du Florenz nicht mit Genua verwechselst?! Den Stil & das Flair von Florenz (und auch die Sicherheit) bietet kaum eine andere Stadt. Und in kaum einer anderen italienischen Großstadt fühlt man sich sicherer.

  • Spätestens mit Einbruch der Dunkelheit sollte man sich als Tourist sowieso nichtmehr in der Innenstadt aufhalten.


    Ach, Ihr Angsthasen. Bin auch schon mal um Mitternacht durch das Genueser Hafenviertel geirrt und habe mich gewundert, warum sie dort dreimal die gleiche Kirche gebaut haben (und wo der Ausgang ist...) - aber das ist off topic


    Das gerber gefällt mir auch. Immerhin kommt der Aldi wieder und bringt wieder etwas Belebung in die Stuttgarter Lebensmittelpreise. In der Marienstraße habe ich mindestens drei neue Geschäfte ausgemacht. Die Aufwertung der Marienstraße scheint schon zu funktionieren.


    Auch die Bebauung mit Wohnungen finde ich gut - ob das jetzt Florenz ist oder eher Stuttgart ist doch irrelevant. Hauptsache, die Stadt stirbt abends nicht aus.


    Mal schauen, was die Zukunft ergibt. In den USA stehen etliche Shopping Malls leer, weil die Amis jetzt online einkaufen. Bekanntlich passiert in Europa alles 10 Jahre später - hoffentlich dann eher am Stadtrand.


    Problematisch ist die Anbindung an den ÖPNV - die Autofahrer können bis in die Mall hineinfahren, die ÖPNV - Nutzer nicht. Die Haltestelle Marienstr ist nicht optimal, mit wenigen Buslinien und der Eingang auf der anderen Seite. Bis zum Rothebühlplatz ist es nicht weit, aber die Sophienstraße als direkter Zuweg müsste noch verschönert werden.


    Holger

  • Naja, es ging ja eher darum das viele die Postkartenidylle mancher Städte total verklären. Aber auch in pittoresken Städten herrscht oft Licht und Schatten – da ist Florenz ein gutes Beispiel. Wir sind jedenfalls fast Opfer eines Überfalls geworden.


    Also die ÖNV-Anbindung des Gerber ist doch super. 2 Stadtbahnstationen 5 min entfernt, Bushaltestelle direkt ums Eck. Überhaupt ist das Gerber mitten in der Stadt. Die Tübinger Straße wird ja mehr und mehr zum Hotspot, was auch an der stark steigenden Beliebtheit von S-Süd liegt. Und wie du ja auch bemerkt hast tut sich in der Marienstraße ebenfalls einiges. Direkt an der Ecke zum Gerber gibt es jetzt 2 mal neue Gastro: ein 2. Sausalitos und der 3. "Hans im Glück" – beides sehr beliebte System-Gastro. Das ist Synergie par excellence und wertet die Ecke deutlich auf. Ich kann mich noch gut an die Schmuddelecken-Zeiten an der Paulinenbrücke und der oberen Marienstraße erinnern. Wenn man sich die Ecke jetzt mal anschaut ist das schon eine tolle Entwicklung.

  • In den USA stehen Malls generell nicht unbedingt im Stadtzentrum. Überhaupt findet im Stadtzentrum nicht viel statt – von New York, Chicago und ein paar anderen Städten mal abgesehen. Meist sind im "Zentrum" - was im amerikanischen ja so auch nicht begriffen und genannt wird - eher Büros zu finden. Dementsprechend wird dieses auch eher als Arbeitsplatz wahrgenommen – ausgegangen und geshoppt wird woanders. Allerdings ändert sich dies im Moment, was es den Malls auf der grünen Wiese zunehmend schwer macht. Diese gelten einfach nicht mehr cool, man sehnt sich nach authentischeren und individuelleren Orten.


    Das sich deutsche Malls in Zeiten von Zalando und H&M-Online ausschließlich auf Massenware fokussieren, halte ich dementsprechend auch eher für bedenklich. Ein paar individuellere Shops - mit Beratung - müssen einfach drin sein. Ich gehe sicher nicht in Malls um die "Architektur" zu geniesen oder dort abzuhängen, 0815-Massenware kann ich auch im Internet bestellen. Was bleibt sind Supermarkt und Food-Court. Mit Superdry, Volcom und Urban Outfitters hat man im Gerber noch ein paar ganz gute Läden an Land gezogen – im Milaneo siehts allerdings düster aus.

  • Andererseits macht ECE nicht so viel falsch bisher.
    Die Situation in den USA ist natürlch schwer vergleichbar. Unter anderem sind die dortigen Städte ÖV-technisch in der Regel schlechter erschlossen.


    In Deutschland sehe ich eher die Einkaufszentren auf der Grünen Wiese gegen den Online-Handel gewappnet. Speziell in Städten, die wie Stuttgart das Auto am liebsten verbannen. Denn die Wirtschaftlichkeit des Vorort-Einkaufs steigt mit Größe/Gewicht/Menge. Getränke, Baumarktartikel, Lebensmittel-Wocheneinkauf werden im Internet noch lange hohe Versandkosten verursachen. Genauso lassen sich solche Einkäufe nicht mal eben mit Einkaufstüte, Rucksack oder Radgepäckträger transportieren.

  • Die neuen Malls in Stuttgart kann man nicht mit USA oder Rumänien vergleichen, das funktioniert so nicht. In den USA gibt es kein Zentrum wie in europäischen Städten (siehe die Erläuterungen von Max), und in Rumänien wurde (vermutlich----meine persönliche Meinung!) einfach nicht gründlich geplant...nicht nachhaltig, sondern nur kurzfristig profitorientiert, bzw. in Erwartung eines eventuellen Profits. Das Gerber (und auch das Milaneo) haben in meinen Augen ihre Existenzberechtigung, und nicht nur im Hinblick auf die nächsten 10 Jahre.

  • Ich denke, dieser Artikel bringt die Ursachen sehr gut auf den Punkt: http://www.usatoday.com/story/…ck-friday-column/4045047/


    Parallelen zu ziehen zwischen den USA und Deutschland ist immer gewagt, denn wir sind - in manchen Dingen leider, in anderen zum Glück - weit weniger "amerikanisiert" wie oft behauptet wird.


    Das Kaufhaus war in Deutschland, wie die US-Mall, für die - in den USA natürlich geringer - geschundene und, nicht nur materiell, ausgehungerte Generation nach der Depression und dem zweiten Weltkrieg ein glitzerndes Paradies, eine Verheißung für eine bessere Zukunft. Die Segnungen des Atoms, endlos scheinendes Wachstum, Space Age .... der Himmel war nicht mehr die Grenze.


    Heute ist - zumindest in Deutschland - der materielle Grundbedarf für alle gedeckt und ein Wohlstand, von dem Menschen 1955 nur träumen konnten, für die allermeisten erreicht. Das angebliche Schrumpfen des Mittelstandes ist in Bezug auf die Einkommensentwicklung, die die Konsumausgaben maßgeblich beeinflusst, für die jüngere Vergangenheit nicht nachweisbar. Im Gegenteil: https://www.destatis.de/DE/Zah…mmensverteilung_SILC.html


    Bleibt natürlich das Internet. Hier wird abzuwarten sein, auf welchem Niveau sich der Anteil von E-Commerce einpendeln wird. Für viele ist Einkaufen nicht nur Bedarfsdeckung, sondern Kommunikation und Zeitvertreib. Paket aus- und -einpacken, und aus- und einpacken im heimischen Wohnküchenklo halte ich für weniger angenehm als mir beim Kaffeetrinken in der City die neueste Frühjahrsmode anzuschauen, während die Trägerinnen vorbeiflanieren. ;)


    Letztendlich denke ich, dass es die Malls schwer haben werden, die sich auf ein mittleres Sortiment konzentrieren und sonst über kein Alleinstellungsmerkmal verfügen. Das sind dann aber eher kleine Einheiten, die teils schon gestorben sind, wie manche in Beton begossene Tristesse aus den 60er- und frühern 70er-Jahren.


    Attraktive Innenstadtmalls wie - Vorschusslorbeeren, aber ich wage die Prognose - das Gerber wird es auch in 30 Jahren noch geben, und auch die von Max BGF genannten EKZ auf der grünen Wiese, denn selbst wenn alle elektrisch fahren wird Ideologen immer etwas einfallen, um ihren Lieblingsfeind Auto aus der Stadt draußen halten zu können.

  • Stimme den Vorschreibern zu. Der Erfolg einer Mall hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, und Mall ist nicht gleich Mall. Allzu oft und reflexartig wird aber in Dland die Mall für Viele als etwas unfassbar Großes, Bedrohliches empfunden, auch wenn die Hysterie oft politisch gefärbt oder gespielt ist, um insgeheim selbst irgendeinen eigenen Vorteil hieraus ziehen ("Königstraße wird aussterben", "Sozialwohnungen statt Konsum" etc.). Dabei sind die deutschen Malls nun wirklich in ihrer Größe im Vergleich sehr überschaubar.


    Teilweise ist es aber natürlich schon so, dass die traditionell vom Kleinstadtwahn geprägte Stadtverwaltung und offenbar ein bedeutender Teil der Bürger von der schrittweise positiven urbanen Entwicklung der letzten 10 Jahre ein wenig überrumpelt, gar irritiert sind (Königsbau-Passagen, Kronprinzbau, Neue Messe, S21, Europaviertel im Allgemeinen und und und). Da darf man wohl nicht zu streng sein.


    Was das Gerber und das Milaneo konkret betrifft, stehen m.E. die Eckdaten (Standorte, Einwohnerzahl, Kaufkraft, Zentralität in der Region, Erreichbarkeit, Branchenmix, Gestaltung, aber auch der Nutzungsmix von Shoppen, Gastro, Büro und Wohnen, für Milaneo noch: Hotel) auf soliden Füßen. Eine Garantie für den Erfolg kann es aber natürlich auch hier nicht geben, und es werden mit der Zeit immer wieder Mieter gehen und kommen, Konzepte müssen ev. geändert oder justiert werden (zuletzt etwa in den Königsbau-Passagen). Da ist die Center-Leitung und ggf. auch der Eigentümer gefordert, die Zeichen der Zeit rechtzeitig zu erkennen und angemessen auf Veränderungen zu reagieren. Das ist aber außerhalb einer Mall, z.B. bei den Händlern in der Königstraße und andernorts im Kleinen grds. auch nicht anders.


    Ich denke aber auch, dass der Online-Versandhandel irgendwann seinen Höhepunkt erreicht haben wird - der Paketversand stößt irgendwann an seine Grenzen. Besonderes ärgerlich ist es für mich, wenn gerade die Zustellung nicht klappt, z.B. wenn ich nicht zuhause bin, die Sachen beim Nachbarn abgeladen werden, und diese ihrerseits dann wiederum länger nicht da sind, oder ich zum Abholen extra zur Post fahren muss. Dann hätte ich für ein paar EUR mehr das Objekt der Begierde vielleicht doch lieber vor Ort, unter Augenscheinnahme und im besten Fall unter kompetenter Beratung gekauft.


    Ich bin daher optimistisch und freue mich auf die Eröffnung der beiden Center in Kürze.

  • update 17.09.2014

    ^^ Ob das Milaneo nachzieht? Stadtbibliothek ist schon vergeben mit Handwerkskammer - aber der zukünftige Halt Budapester Platz ist noch frei ;)











    Bilder: Silesia

  • Das Ensemble gefällt mir von Bilderserie zu Bilderserie besser.
    Auch der Innenhof mit den Stadtvillen ist unglaublich gelungen.

  • Insgesamt ist das Gerber ein hervorragender Bau der alte Bausünden beseitigt und sich selbst in das Umfeld integriert und auch den bestehenden Altbau in sein Konzept integriert hat. :daumen:


    Insgesamt könnte man ca. 50-60% der Stuttgarter Innenstadtgebäude abreissen (Bausünden) ohne das irgendjemand was vermissen würde. Wichtig wäre aber, dass neue Gebäude entstehen die ähnlich dem Gerber Rücksicht und Verstand auf das eigentlich zu erhaltene, bzw neu zu gestaltene Gesamtkonzept nehmen.

  • Ich finde den Bau furchtbar. Die klassizistischen Elemente sagen mir überhaupt nicht zu. Sowohl Südportal als auch Nordportal finde ich zu wuchtig, dies gilt insbesondere für das Südportal. Die Höhe wird auch noch durch die vertikale Gliederung des oberen Bereiches gesteigert.
    Die Architektur erinnert mich an die Bauten des Architekten Hans Kollhoff bei dem Bernd Albers, der Architekt des Gerbers, von 1984 bis 1987 mitarbeitete.


    Überhaupt finde ich es problematisch das Einkaufen in Innenwelten zu verlegen, die überall auf der Welt stehen können.


    lg Matthias