Umbau Bahnhof Ostkreuz (realisiert)

  • Also ich mag das Ostkreuz gerne und nutze es auch oft. Der Dreck und der Siff macht einen sprachlos. Ich finde den Gegensatz aus völlig neuer Bahnhofsarchitektur und massiver Verdreckung anziehend. Als ich letztens wieder Touristen am Ostkreuz beobachtet hab, sah ich viel Kopfschütteln und ekelerregte Gesichter. Das hat Spaß gemacht.:)
    Und so lange nicht die Sicherheit im Ostkreuz gefährdet ist, ist doch nichts gegen den Ist-Zustand einzuwenden.
    Diesen Siff finde übrigens nicht nur ich interessant, sondern auch viele andere Leute, nicht nur die paar Chaoten, die man immer und überall hat. Deswegen hilft gerne jeder ein bisschen, das Ostkreuz noch besser zu machen. Hier mal ein Bierdeckel, da ein Klecks Mayonaise. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Ostkreuz zu verschönern!

  • Die Zustände sprechen für die soziale Verwahrlosung einiger Anwohner. Wenn man sich Teile von Kreuzberg anschaut sieht es da nämlich ganz genau so aus. Zustände, die ich so sonst noch nirgendwo gesehen habe. Es gibt Leute, die fühlen sich wohl tatsächlich wohl umgeben von Siff, Dreck und Zerstörung. Mehr Polizeipräsenz wäre generell gut, nur woher das Geld nehmen? Ich vermute nicht, dass sich die Bundespolizei für Kreuzberger Zustände verantwortlich fühlt.

  • Ich hoffe, dass diese Bevölerungsschichten nicht durch die Gentrifizierung aus Kreuzberg verdrängt werden, denn das würde Berlin unattraktiver machen.
    Wenn die Verwahrlosung in Berlin abnehmen würde, würden sich die eingebildeten Yuppies und langweiligen Spießer nur noch wohler fühlen - und das wollen wir ja nicht.


    Ein passendes Zitat aus einem Lied über Berlin: "Ja gut und manche Ecken sind nicht ganz so sauber, aber da wo es sauber ist sind die Leute Dreck, ich glaub mal."
    Das trifft es aus psychologischer und soziologischer Sicht ganz gut.

  • Ostkreuz und das drumherum (Kommentar aus der FAZ):

    Ich lebe seit bald zwölf Jahren in dieser Gegend, zuerst in der Lenbachstraße, dann in der Neuen Bahnhofstraße, dann in der Finowstraße und jetzt hier und immer – immer, immer, immer – habe ich diesen Ort gern gehabt. Mit all seinen Verrückten, seinen Familien, seinen Hostelhorden, seinen Alkis, seinen Partyleichen und seinen Kiosken.


    Doch jetzt ist es aus. Ich hasse das Ostkreuz! Ich hasse diesen räudigen, ekelhaften und lieblosen Ort, der aus ihm geworden ist. Klar – da ist ne Baustelle und das ist nie sonderlich schön. Da gibt es Baudreck und manchmal werden Strecken gesperrt oder es gibt Pendelverkehr. Aber das ist es nicht.
    Es ist das eklige Brackwasser, durch das ich neulich nach einer Nacht voller Regenschauer laufen musste. Es stank, als hätten sich in dieser Nacht nicht nur die Wolken hinein entleert, sondern ebenso alle vorbeilaufenden Menschen und Tiere – und als hätten diese auch noch Durchfall gehabt! Es tut mir leid, Ihnen vielleicht das Abend- oder Mittagessen zu verderben, aber das Ostkreuz ist ein riesiges, öffentliches Klo geworden und wenn es dunkel wird, dann setzen sich die Leute wirklich einfach in die unbeschieneneren Ecken und kacken und pissen, wie sie gerade lustig sind. So stelle ich mir das Leben in mittelalterlichen Städten vor: Kot, Pisse und dieser Gestank überall. Nur: Damals haben sich die Leute Trippen unter ihre Schuhe geschnallt, wenn sie durch den Kot und den Müll wateten – heute gibt es das nicht mehr. Weil wir ja eigentlich zivilisiert sind. Naja…


    [...]


    http://blogs.faz.net/berlinabc…ckwasser-am-ostkreuz-918/


    Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden um diesen Problemen in deutschen Städten Herr zu werden?

  • ...bzw. ein allgemeines Problembewusstsein. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, dass es so schlimm ist und hätte auch nicht gedacht, dass es Menschen geben könnte, die so etwas tun. Das grenzt schon an Geistesgestörtheit und ist mindestens extrem asozial. Ich weiß nur, dass ich nicht bereit wäre, einen solchen Ort regelmäßig zu nutzen.

  • rein prozessual gedacht----wäre es wohl am erfolgversprechensten, wenn man versuchen würde, mit hilfe des fahrgastverbandes druck auf die Bahn auszuüben....
    Man müsste die zustände nur lange genug bei jenen anprangern, die poltisches kapital aus solchen misständen schlagen können....Dann bringt man die Sache ins laufen.

  • ...bzw. ein allgemeines Problembewusstsein. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, dass es so schlimm ist und hätte auch nicht gedacht, dass es Menschen geben könnte, die so etwas tun. Das grenzt schon an Geistesgestörtheit und ist mindestens extrem asozial. Ich weiß nur, dass ich nicht bereit wäre, einen solchen Ort regelmäßig zu nutzen.


    Dann würde ich dir vorschlagen, einfach mal zum Ostkreuz zu fahren und den Ort mit eigenen Augen zu sehen. Dann wirst du feststellen, dass du dich dort sicher und wohl fühlst.
    Natürlich ist es Asozial und gestört, aber so ist das meistens bei Drogenleuten. Der Staat fängt das schon auf.

  • Dann würde ich dir vorschlagen, einfach mal zum Ostkreuz zu fahren und den Ort mit eigenen Augen zu sehen. Dann wirst du feststellen, dass du dich dort sicher und wohl fühlst.


    Woran mag es liegen das sich da manche unsicher fühlen? Völlig grundlos?


    Natürlich ist es Asozial und gestört, aber so ist das meistens bei Drogenleuten. Der Staat fängt das schon auf.


    und wie macht er das wenn man durch die Scheiße laufen muss?

  • Klar fühlen sich da manche unsicher. Für diejenigen ist die Großstadt vielleicht zu hart.
    Gegenüber vielen anderen europäischen Großstädten ist Berlin ein Klacks. Es gibt wirklich keinen Grund sich im Ostkreuz unsicher zu fühlen geschweige denn Angst zu haben. Wie oft wird dort ein Mord begangen? Wie oft werden dort Menschen überfallen? Wie oft kommt es zu Schlägereien? Fast nie!
    Die Menschen, die sich da trotzdem unsicher fühlen, kommen vielleicht aus Stuttgart oder Hannover oderso wo in Schubladen gedacht wird "sauber, grau und langweilig gleich seriös" und "bunt, dreckig und interessant gleich böse".
    Es ist die Mentalität, die entscheidet.

  • Interessant auch, dass dieser Dreck mehrheitlich den dortigen Bewohnern zugeschrieben wird. Ich sehe aber oft auch Touristen, die sich mehr als daneben benehmen und freipinkeln wann immer sie es können.


  • Die Menschen, die sich da trotzdem unsicher fühlen, kommen vielleicht aus Stuttgart oder Hannover oderso wo in Schubladen gedacht wird "sauber, grau und langweilig gleich seriös" und "bunt, dreckig und interessant gleich böse".
    Es ist die Mentalität, die entscheidet.


    Ach jetzt hör doch mit diesem Quatsch auf. Ich komme aus Stuttgart und denke sicherlich nicht so! Natürlich gehörer etwas Dreck, Graffiti und generell einfach eine gewisse Patina und eine gewisse Rechtsfreiheit zu einer Großstadt dazu. Vollgeschissene Ecken aber als besonderes Flair anzupreisen ist dann aber doch etwas lächerlich.

  • Zugegeben, am Ostkreuz ist das schon ein bisschen extrem. Warum bekommt ausgerechnet das neue Ostkreuz so viel ab? Wohnen dort so viele Menschen, die das Ostkreuz gerne dreckig sehen wollen?
    Dass es an den Touristen liegt sehe ich nicht so. Die Touristen sind meist eher empört - aber auch fasziniert, wenn sie das Ostkreuz sehen.

  • Dass das nur an den Berlinern selbst liegt, ist aber ebenso unbewiesen. Wenn ich von den Gelagen im z.B. Weinbergswegpark ausgehe, dann tragen Touristen gleichermassen Schuld an der Verdreckung. Und das ist nachweisbar.

  • Eklig aber nicht neu!

    Also da ich die Gegend Ostkreuz/ Warschauer Straße einigermaßen kenne, will ich kurz meinen Senf dazu geben (wirklich nur meinen Senf, also keine Panik!):


    Es stimmt, dass gerade diese Bahnhöfe und ihr Umfeld besonders chaotisch und teils "ranzig" wirken. Ich persönlich denke aber, dass neben einigen mehr als seltsamen Zeitgenossen in der Gegend (egal ob fester Anwohner oder nicht, im Ergebnis ist das egal) schon die ganzen Baustellen und Provisorien eine Rolle spielen. Ebenso würde es am Potsdamer Platz solche Eskapaden kaum geben, weil dort stärker in privater Initiative kontrolliert und auch investiert wird. Wie in großen Städten üblich also keine simple monokausale Begründung, sondern mehr ein sich in Wechselwirkung selbst verstärkender "Abwärtssog" aus Provisorien/ Vernachlässigung und individueller Verwahrlosung.


    Davon abgesehen finde ich den Kommentar aus dem FAZ-Blog aber irgendwo nicht kohärent: Man hat das Ostkreuz ewig heiß geliebt und hasst es jetzt ganz plötzlich ebenso innig, weil alles über Nacht so schlimm geworden sei. Sorry, aber ranzig war es dort mE schon immer und Fäkaliengeruch ist dort auch kein Novum (leider, wie auch bei einigen anderen Bahnhöfen). Und was konkret SOLL sich denn plötzlich geändert haben, wenn es auch an den momentanen Baustellen nicht liegen könne? Woran denn dann? Welcher Faktor hätte den zuvor noch stabilen Zustand plötzlich so negativ beeinflussen sollen. Die Gentrifizierung arbeitet ja wohl eher dagegen. Nur der Tourismus hat nebenbei auch zugenommen. Dann wären es aber doch eher die Auswärtigen. Letztlich ist das alles etwas dünn und unausgegoren. Wobei Gärung bei dem Thema wohl kein gutes Stichwort ist.


    Kurz: Ich glaube, da ist jemand bei Regen (und vielleicht nicht völlig nüchtern) erstmals so richtig in die Gülle getreten und muss jetzt vom Leder ziehen, wie plötzlich alles verroht und doch bis gestern noch so toll war. So wie sich der Ekel vor Hundehaufen exponentiell verstärkt, wenn man mitten in einen reinlatscht. Dann sind die erst mal an jeder Ecke und jeder Hundebesitzer sowieso ein Assi.


    Ich finde das alles selbst eklig und will dem Grundtenor auch gar nicht widersprechen. Aber Berlin wird mE zunehmend oberflächlich in Extremen wahrgenommen und entsprechend plakativ in den Himmel gelobt oder in die Hölle verdammt. Das sollte gerade für die FAZ nicht der Anspruch sein. Da fand ich die Diskussion hier schon fruchtbarer. Die Frage ist doch wirklich eher, wie die Stadt solche Probleme am besten angehen soll. Jammern alleine bringt da wenig, zumal wenn man im nächsten Artikel dann wieder die alternative Szene, das Aufregende und Chaotische lobt und jedes Provisorium erhalten will (gut, dass ist dann wohl eher die taz). Wowereit hat mit seinem "arm aber sexy"-Spruch mE schon ganz gut die Widersprüche Berlins hervorgehoben. Wobei dann auch wieder oberflächlich ausgelegt wird, alles was arm sei müsse auch sexy sein oder das eine bedinge zwingend das andere. Teilweise stimmt das schon (einen einzigen riesigen Potsdamer Platz fände ich irgendwann auch nicht mehr "sexy"), aber trotzdem muss man bestimmte Phänomene nicht konservieren. Fäkaliengestank ist allenfalls im Tierreich sexy...

    2 Mal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Berlin Ostkreuz: arm aber sexy; dreckig aber interessant
    Wer es lieber sauber, spießig und unsexy mag, kann ja in Hannover oder anderen mittelgroßen Städten in der Bundesrepublik wohnen. Jedem das seine.:)

  • JanM. Restrigo: Ich meinte eigentlich vielmehr, dass es beim Ostkreuz ruhig etwas weniger Gestank und Verwahrlosung vertragen könnte, weil ich das in dieser Form wirklich nicht mehr sexy finde. Umgekehrt kann man ja auch gleich in ein echtes Slum ziehen, wenn man wirklich auf blankes Elend steht.

  • jan85: Das Ostkreuz ist zwar schon fast so dreckig dass es nicht mehr sexy ist, aber da es ja zurzeit komplett neu erbaut wird bietet der Dreck einen spannenden Kontrast zum nagelneuen Bahnhof. Also der Dreck allein ist nicht sexy, aber die Mischung macht's: Auf der einen Seite die blanken neuen Bodenbeläge und Glasscheiben und auf der anderen der exzessive Siff, der in keinem Verhältnis zur Lebensdauer des neuen Bahnhofs steht. Da wirken zwei Kräfte aufeinander: Einerseits die Bahn, die alle paar Tage Schilder erneuert und krampfhaft versucht, den Müll und Dreck zu beseitigen und andererseits eben der scheinbar unendliche Dreck, der sich unaufhörlich wie ein schwarzes Tuch über den Bahnhof legt. Das ist ein spannender Wettkampf zweier Ideologien, wie es ihn selten gibt.

  • ^ Sorry ich kann dir überhaupt nicht folgen. Gut, sexy findet jeder etwas anderes, manche schauen sich ja auch seehr spezielle Videos im Internet an, aber man sollte nicht anfangen zu glauben, dass das für Berlin eine gute Sache wäre. Mit Großstadt hat das auch nicht notwendigerweise etwas zu tun. London ist z.B. viel sauberer und obendrein noch viel größer und ein viel größerer Magnet als Berlin. Wer Dreck mag, ist vielleicht im Wald gut aufgehoben, da gibt es unten Dreck und oben frisches Grün. Sehr spannend und sexy!

  • Eine durchaus intersannte, wenn auch nicht immer angenehme Diskussion, wieweit die Verdreckung und Verwahrlosung mancher Teile Berlins zunimmt bzw. hingenommen werden muss.


    Aber: dies ist ein Architekturforum. Also die Frage: kann gute Architektur - und die ganze Diskussion wurde ja angestoßen durch die Visualisierung des Entwurfes für den Bahnhofsvorplatz - diesen Prozess abschwächen oder gar verhindern?