Sanierung Staatsoper

  • Für alles Weitere, das Chaos auf der Baustelle, die schlechte Planung, die Fehleinschätzungen bezüglich des Tunnels, etc. trägt Wowereit als Chef vielleicht die politische, aber wohl kaum die fachliche Verantwortung.


    Das Problem war der Zeitdruck der von oben (Wowereit) an die Planer vorgegeben wurde. Steht ja auch entsprechend im Untersuchungsbericht drin, dass dadurch eine ordentliche Fachplanung erheblich erschwert wurde: Entscheidungszwänge und Zeitdruck waren in der Summe verhängnisvoll.

  • ^also läuft es doch wieder auf "organisierte Verantwortungslosigkeit" hinaus und keiner wills gewesen sein und alle zucken nur mit den Schultern. Moral hazard par excellence.

  • Weltniveau

    Das Weltniveau eines Opernhauses lässt sich nicht erkaufen. Die Staatsoper in Berlin ist sicher musikhistorisch bedeutend und hat künstlerisch ihre Qualität, aber unter die zehn Besten wird sie durch die Sanierung nicht kommen...

  • @ Bato: Dieses Moment spielt eine Rolle – ich glaube aber, das Wowereit hier selbst nicht frei war, sondern ein Getriebener: Der oben beschriebenen politischen Kultur, Barenboims, des Freundeskreises, etc. Seine eigene Überheblichkeit, als Regierender den Posten des Kultursenators nebenbei noch miterledigen zu wollen, wird sicher auch eine Rolle gespielt haben.


    @ Pumpernickel: Nee, Du siehst es genau falsch herum. Eine Menge Leute tragen einen Teil der Verantwortung für das Desaster, wie der Untersuchungsausschuss ergeben hat. Und gerade deshalb hat es keinen Sinn, einen Einzelnen als Sündenbock herauszugreifen und an den Pranger zu stellen, damit die Öffentlichkeit ihr Mütchen kühlen kann. Dass würde nämlich alle anderen von ihrer Mitschuld befreien.


    Zitat von Konstantin

    Der Entwurf weist in seiner "Großartigkeit" alle Anzeichen dafür auf, dass sich die Architekten über jeden Grundzug der Physik hinwegsetzen wollten.


    :lach: Dein Beitrag weist in seiner "Gnatzigkeit" alle Anzeichen der üblen Nachrede auf – unterstellt er doch den Wettbewerbssiegern wahlweise kriminelle Fahrlässigkeit oder betrügerische Absicht. Naja, dass Du den Erhalt (bzw. Neubau) des Paulick-Saales aus der Reihe der Kostentreiber herausrechnen willst, ist aus Deiner Perspektive natürlich verständlich. Einleuchtend finde ich es nicht.


    Was den Denkmalschutz betrifft: Der ist ein wichtiges Element, aber nicht das allein entscheidende. Auch beim Schimmelpfeng-Haus hat man sich für einen Abriss trotz Denkmalschutz entschieden, und es war meines Erachtens die richtige Entscheidung (obwohl ich zu den Leuten gehöre, die wichtigen Bauten der Moderne sehr wohl Denkmals-Charakter zugestehen). Im Übrigen bitte ich, nicht falsch verstanden zu werden: Ich denke, das Ergebnis der Sanierung wird optisch wie akustisch beeindruckend sein, und ein paar Monate nach der Eröffnung wird man den Skandal vergessen haben.

  • ^
    Wie optisch und akkustisch beeindruckend das Ergebnis wird, da habe ich so meine Zweifel. Die Lindenoper wird einfach frisch renoviert aussehen und die mittelmässige Akkustik sich verbessert haben. Wie sie dann dasteht ist sie aber was sie ist: Ein Haus durchschnittlicher Grösse mit guter Akkustik mit einem erweiterten Repertoir und gehobenem künstlerischen Anspruch.


    Dieser "na war zwar doch etwas teuerer aber das Ergebnis ist sensationell" Effekt wird ausbleiben.


    Meine Einschätzung...

  • Ein Abriß wäre selbstverständlich lächerlich gewesen. Wer Geld sparen will: ganz unabhängig von der Architektur braucht keiner die Staatsoper unter den Linden plus die Komische Oper plus Deutsche Oper. Letztere ließe sich wohl noch am ehesten einer Neunutzung zuführen, beispielsweise als Kino oder Kongresshaus, sodass auch die streitbare aber von manchen gemochte Architektur erhalten bliebe (wenn Bauten der Moderne einen Vorzug haben, dann, dass sie dank ihrem Stahlbetonskelett und ihrer reduzierten Gestaltung deutlich einfacher umgenutzt werden können, als so ein ganz auf "Oper" zugeschnittener, historischer Bau wie die Staatsoper oder auch die Komische Oper).


    Das wäre auch eine Art der Konsequenz die ich mir nun wünschen würde. Berlin muss seine Ausgaben einfach den eigenen Möglichkeiten angleichen.

  • Unsinn, Architektenkind, das ist nicht üble Nachrede sondern schlicht Erfahrung. Der Entwurf mit einem vierten Rang und diesem Riesen-Okulus ist natürlich teuer - die Berliner Bauverwaltung ist schon an weitaus unambitionierteren Bauvorhaben grandios gescheitert. Das Risiko der Baukostenexplosion ist - sagen wir es so - bei dem Wettbewerbsgewinner auch nicht kleiner gewesen.


    Der Erhalt der Paulick'schen Innengestaltung war gar nicht mein Hauptfokus. Der hat auch seine Schwächen. Ich habe in dem Wahn - in dem sich manche Befinden - nur versucht darzustellen, dass der Denkmalschutz eben zu beachten ist. Da kann man nicht einfach mal sagen: hey, jetzt kommt der große Wurf und weg mit 200 Jahren Baugeschichte. Wahrscheinlich will Architektenkind als nächstes das Rote Rathaus abreissen oder die Hedwigskathedrale. Da habe ich auch "grandiose" Neuentwürfe gesehen und trotzdem wird die Hütte nicht plattgemacht.


    Also: der Denkmalschutz war vor Baubeginn bekannt und kann nicht der Hauptkostenfaktor für die Preisexplosion gewesen sein.

  • ^
    das ist der zentrale Punkt, der Denkmalschutz und die Prämisse, das Gebäude zu sanieren und nicht zu ersetzen, stand am Anfang aller Planungen. Nichts davon war eine Überraschung! Seriöse Planung darf daher nicht zu einer regelrechten Verdopplung der Kosten führen.


    Und der Abriß: wir hätten uns als Kulturnation weltweit blamiert und vergeistige Ausführungen über vermeintlich geringeren Wert von historisierender Gestaltung der Wiederaufbauzeit gegenüber anderem Historismus - darauf läuft das ganze Paulickbashing ja immer hinaus, als sei das irgendwie zweitrangige Architektur oder so - hätten nichts daran geändert, dass weltweit Zeitungen, Magazine und TV Sender Aufnahmen der Abriß-Arbeiten am Paulickstuck verbreitet hätten und wir als Nation regelrechter Barbaren dagestanden wären. Dagegen hätte das verbildete Architektur-Feuilleton des "Sessel Barcelona" in der Sichtbeton-Architektenvilla auch nicht an-argumentieren können.


    Wir leben eben nicht mehr in den 60ern wo Zerstörung von Ornament und Stuck als progressiv gilt. Dass es zu fantastischen Kostensteigerungen kein Stuck braucht zeigt im Übrigen unser neuer Flughafen BER, daran ist rein gar nichts historisch, aber dafür berlintypische, organisierte Verantwortungslosigkeit. DAS ist die Konstante und das Problem. Nicht der von Modernisten so geschmähte Stuck.

  • Zitat von Pumpernickel

    Wir hätten uns als Kulturnation weltweit blamiert und vergeistige Ausführungen über vermeintlich geringeren Wert von historisierender Gestaltung der Wiederaufbauzeit gegenüber anderem Historismus [...] hätten nichts daran geändert, dass weltweit Zeitungen, Magazine und TV Sender Aufnahmen der Abriß-Arbeiten am Paulickstuck verbreitet hätten und wir als Nation regelrechter Barbaren dagestanden wären.


    Himmel, Dein Hang zum Drama ist kaum zu toppen. Vermutlich hätte die Hälfte der zivilisierten Welt die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Und was der Unterschied zwischen "historisierender Gestaltung" und "anderem Historismus" ist, weißt wohl nur Du selbst.


    Zu Deinem Lieblings-Thema "Vergeistigung": Weißt Du eigentlich, dass Dein zur Schau getragener Anti-Intellektualismus aus der kollektivistischen Tradition totalitärer Massenbewegungen des 20. Jahrhunderts stammt, von der Du Dich sonst immer so entschieden abzusetzen versuchst? Und was hat der arme Barcelona-Sessel Dir getan, dass Du ihn gefühlt einmal pro Woche als Hass-Objekt herbeizitieren musst? Es gibt doch so viele tolle Alternativen, nimm' doch mal den Wassily-Chair.


    EDIT: Es ging hier niemandem (schon gar nicht mir) um den Abriss des ganzen Gebäudes – nur die Entkernung und Neuausstattung des Saales stand zur Debatte. Bitte nicht so tun, als hätte irgendwer vorgeschlagen, der Oper mit Sprengstoff zu Leibe zu rücken!


    Wahrscheinlich will Architektenkind als nächstes das Rote Rathaus abreissen oder die Hedwigskathedrale.


    Polemik macht nur Spaß, wenn sie trifft. Ich habe geschrieben, dass Denkmalschutz ein wichtiger, aber nicht der einzige Faktor ist – und dass es eine politische Entscheidung ist, ob man bei einer Sanierung Mehrkosten in Kauf nimmt, um die Denkmaleigenschaft zu erhalten. Was die Hedwigs-Kathedrale betrifft, kann ich mit der vom Bistum geplanten Modernisierung übrigens gut leben.


    Außerdem freue ich mich, dass Paulicks Arbeit in Deiner Achtung so gestiegen ist. Ich meine mich zu Entsinnen, dass seine Aufbauleistung am Friedrichs-Forum bei Dir bis vor kurzem nur als spöttische "Aufbauleistung" (mit Gänsefüßchen) zu finden war.

    2 Mal editiert, zuletzt von Architektenkind () aus folgendem Grund: Ergänzt, um Missverständnis auszuschließen.

  • Meine Einstellung zu Richard Paulick hat sich gar nicht geändert. Ich habe mich in einem anderen Strang im Zusammenhang mit dem Palais des Prinzen Heinrich, der heutigen Humboldt-Uni, darüber ausgelassen, dass dieser Bau auch als "Wiederaufbauleistung der DDR" unter Denkmalschutz steht und deshalb die Notlösungen und maßlich falschen Figuren des Potsdamer Stadtschloß nicht heimkehren dürfen. Das ist nach wie vor richtig.


    Die Frage ob man bei der Sanierung eines Baudenkmal Mehrkosten in Kauf nimmt oder nicht ist eben keine politische Entscheidung (auch wenn der Senat den Denkmalschutz behandelt) sondern eine Frage von Recht und Gesetz. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Und deshalb gind es bei der Lindenoper auch nicht "nur" um eine Entkernung, sondern um die Zerstörung eines wesentlichen Teils des Baudenkmals.

  • ^ Ich gebe zu, dass ich den Ausdruck "Mehrkosten" falsch verwendet habe. Er klingt, als hielte ich Denkmalschutz für bloßen Luxus – also angesichts knapper Kassen für verzichtbar. Tatsächlich halte ich es für selbstverständlich, dass die Sanierung eines Baudenkmals soweit wie möglich denkmalgerecht umgesetzt wird. Und das Problem, um das es hier geht, sehe ich weniger beim Denkmalschutz, als


    a) beim Interessengegensatz zwischen Denkmalschutz und Saalakustik, und
    b) bei der Unfähigkeit, aus dem entweder/oder dieser Interessen einen Kompromiss zu entwickeln. Wenn es deshalb
    c) auf das bekannte sowohl/als auch hinausläuft, dann ist das die oben erwähnte Entscheidung, Mehrkosten in Kauf zu nehmen – allerdings sind das zugegebenermaßen weniger Mehrkosten für Denkmalschutz, als Mehrkosten durch politisches Scheitern. (Die durch denkmalgerechte Sanierung entstehenden Ausgaben sind, ich gebe es zu, Kosten: Sie sind notwendig, um dem Zweck des Projekts gerecht zu werden, und haben die abschreckende Vorsilbe "Mehr" deshalb nicht verdient. Mea Culpa ;).)


    Zitat von Konstantin

    Die Frage ob man bei der Sanierung eines Baudenkmal Mehrkosten in Kauf nimmt oder nicht ist eben keine politische Entscheidung (auch wenn der Senat den Denkmalschutz behandelt) sondern eine Frage von Recht und Gesetz.


    "Mehrkosten", wie gesagt, geschenkt – das ändert aber nichts daran, dass es beim Denkmalschutz einen politischen Spielraum gibt. Es gibt ja kein Gesetz, in dem steht, die Staatsoper muss wieder in den Paulick'schen oder gar Langhans'schen "Ur"-zustand versetzt werden. Im Gegenteil: Grob geschätzt haben wir es bei der Eröffnung nächstes Jahr zu einem Drittel mit einem Neubau zu tun. Jahrelang wurden Wände herausgebrochen, Stahlträger eingezogen, Tunnel gegraben, Rohre und Kabel verlegt, etc. pp. Eine Menge alter Substanz ist verschwunden; aber das war notwendig, um den Verfall aufzuhalten und den technischen Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden.


    Natürlich muss jeder Eingriff in so ein Gebäude mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden. Architekten dürfen nicht einfach in die Struktur reinholzen, weil es ihnen gerade als zweckdienlich erscheint; und Generalmusikdirektoren sollten den Einschränkungen, die alte Gemäuer für ihre Arbeit bedeuten, mit Nachsicht begegnen. Auf der anderen Seite braucht es flexible und pragmatische Denkmalschützer, die ein Opernhaus als lebendigen Ort begreifen, der sich mit der Zeit verändert – und eben nicht als Museumsstück, das in der Epoche erstarrt konserviert werden muss, wie die Mona Lisa oder die Nofretete.


    Die Oper ist kein einmal erschaffenes und damit abgeschlossenes Kunstwerk, sondern ein work in progress: Seit 300 Jahren hat man das Gebäude alle paar Jahrzehnte entweder aus freien Stücken umgebaut, oder weil es abgefackelt war. Man hat es aus Ruinen neu errichtet, ausgebombt, sparsam umgestaltet, protzig saniert und zwischendurch öfter mal frisch gestrichen. Jede Epoche bildet eine Zeitschicht, die (zumindest von Eingeweihten, zu denen ich nicht gehöre) bis heute nachvollzogen werden kann – und bei der nächsten Generalsanierung in fünfzig Jahren wird man auch die aktuellen Umbauten als Spuren der Vergangenheit lesen.


    Kann der Denkmalschutz angesichts dessen mittels "Recht und Gesetz" festschreiben, wie die Oper in Gegenwart und Zukunft auszusehen hat? Ich hielte das für Makulatur. Aber er kann einen Kern definieren, an dem der Denkmals-Charakter des Gebäudes hängt – in gewagter Analogie zur FDGO, an der die Rechtmäßigkeit der herrschenden Ordnung hängt. Für mich wäre ersteinmal nur die Fassaden- und Dachgestaltung als Teil des Friedrichs-Forums Teil dieses Kerns. Ob auch die Paulick'sche Innenausstattung zum Kernbestand gehören sollte, kann ich schwer beurteilen. Ich halte sie (ästhetisch wie als Ausdruck ihrer Epoche) für bewahrenswert, aber ich kann mir auch unschwer Gründe ausmahlen, die dagegen sprechen.


    Anders als Pumpernickel glaube ich jedenfalls nicht, dass ein Abriss der Saalverkleidung Deutschland wieder zur Paria-Nation gemacht hätte. Merke: Gelungenes Kunsthandwerk mit Goldfarbe macht noch kein Weltkulturerbe.

  • Ich glaube, Architektenkind, Du bist schon tief in der Exegese des § 11 DenkmalSchGBln eingestiegen:


    "Genehmigungspflichtige Maßnahmen
    (1) Ein Denkmal darf nur mit Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde
    1. in seinem Erscheinungsbild verändert,
    2. ganz oder teilweise beseitigt,
    3. von seinem Standort oder Aufbewahrungsort entfernt oder
    4. instand gesetzt und wiederhergestellt werden.
    Dies gilt auch für das Zubehör und die Ausstattung eines Denkmals.
    Die Genehmigung nach Satz 1 ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme
    verlangt.
    "


    Deine These ist, dass es ein überwiegendes Interesse zur vollständigen Veränderung des Saals gegeben habe. Anders wäre - trotz aller geschilderten genehmigten oder ungenehmigten Veränderungen der Vergangenheit - der neue Saal nicht denkmalrechtlich genehmigungsfähig gewesen.


    Dass dieses überwiegende öff. Interesse vorgelegen hat bestreite ich. Angesichts von drei Opernhäusern (und einem offenbar für Opernaufführungen sehr gut tauglichen Schillertheater), also angesichts von VIER Opernspielstätten in Berlin muss nicht eine vollständig entkernt und komplett als ultramoderner Saal neugebaut werden.

  • Es sollte natürlich geklärt werden, wie derjenige, der nun die Stufen zum Verkauf anbietet in deren Besitz gelangt ist, aber es ist durchaus möglich, dass dies auf ganz legalem Wege geschehen ist.


    Die Stufenplatten könnten etwa als nicht mehr ausreichend trittsicher, z.B. zu ausgetreten oder zu vermackt, aussortiert worden sein und an ein Entsorgungsunternehmen gegangen sein. Eine Aufarbeitung lohnt sich eben nicht immer, da man bei den Stufen kein scheckiges ungleichmäßiges Ergebnis haben will und eine ausreichende Verkehrssicherheit vorliegen muss.
    Für einen Privatmenschen gelten da ja andere Ansprüche, zudem können die Platten dann ja auch ganz umgeschliffen und anders verarbeitet werden. Eventuell stammen die Stufen auch gar nicht vom Hauptgebäude der Oper sondern vom Intendanzgebäude und sind dort durch die andere innere Aufteilung überflüssig geworden.


    Für den Staat lohnt dann eine extra durchgeführte Versteigerung für solche Baumaterialien nicht immer. Da stehen Kosten und Risiken nicht grundsätzlich in einem guten Verhältnis zum Ertrag.


    Dies vermeintliche Drama könnte sich also also als reiner Sturm im Wasserglas entpuppen. Mehr der Komischen als der Lindenoper würdig.;)

  • Der Vorfall steht exemplarisch für den gesamten Irrsinn der Sanierung der Staatsoper. Wenn man in den Abschlussbericht des Untersuchungsauschusses blickt, kann man erkennen wie der Denkmalschutz starrsinnig um jeden noch so unwichtigen "historischen" Putzrest im Bühnenfunktionsbereich gekämpft hat. An anderer Stelle war es offensichtlich ganz einfach, auf historische Elemente pragmatisch zu verzichten. Dass diese jetzt von einem Schieber verhökert werde zeigt, das es keine Kontrolle auf der Baustelle gab und die ach so bemühten Behörden offensichtlich nicht wussten, was überhaupt abläuft.


    Am Ende bekommt die Öffentlichkeit einen Bau, mit etwa einem 1/4 der Sitzplätze die eklatante Sichteinschränkungen vorweisen, die dazu noch unbequem und unzeitgemäß sind. Alles, weil eine unheilvolle Allianz aus alten DDR-Seilschaften, weinseligen Operntraditionalisten und einer unfähigen Verwaltung einen modernen und und kostengünstigen Umbau verhindert haben.


    Geht besser in die Deutsche Oper!


    Barry Kosky kann man nur viel Kraft wünschen, um sich erfolgreich gegen den angekündigten 2. Akt des Sanierungsdilettantismus zu wehren.

  • ^die Sache mit dem Verkauf des abgewetzten Marmor ist jetzt nicht besonders tragisch. Ob vor ein paar Jahrzehnten oder jetzt aus dem Steinbruch gehoben, der Marmor ist geologisch immer gleich alt oder neu und wenn er handwerklich authentisch bearbeitet wird, dann ist solch eine Marmorstufe genauso "original" wie die alte es einmal war. In beiden Fällen wird der Marmor ja nicht von Architekten höchstselbst bearbeitet, sondern von ungenannten Handwerkern nach Plänen. In diesen Plänen liegt die Authentizität.


    Ansonsten ist der Saal selbst natürlich nicht der Ort um funktional als Zuschauer die beste Guck-Kasten-Bühne für Opern zu bieten. Aber Opernbesuchern gehts eben nicht nur um Funktion, auch nicht denen die jetzt nicht unbedingt ete-petete drauf sind. Eine etwas feierlichere Umgebung als die staubtrockene Deutsche Oper wirkt genauso am Gesamterleben mit. Ähnlich wiee bei einem guten Essen nun einmal gilt "Das Auge isst mit" und ein schön präsentierter Teller, mit den exakt selben Nährstoffe und Zutaten, auch objektiv meßbar höheren Genuss beim Essen erzeugt, als das selbe Nahrungsmittel mit den selben Zutaten und identischer Zubereitungsweise aus der Gulaschkanone in den Henkelmann geknallt und im Stehen reingeschaufelt. Dem Gedärm mag beides gleichermaßen recht sein, der Mensch ist aber mehr als nur sein Gedärm. Mehr, als nur "Funktion".


    Das haben leider Theater- und Opernarchitekten des letzten Jahrhunderts etwas aus den Augen verloren. Operngenuss ist per se nix "technisch-funktionales" sondern hochgradig subjektiv, emotional und "menschelnd". Entsprechend muss auch die Architektur, ironischerweise gerade dann wenn man "form follows function" ernst nimmt denn eine Oper ist quasi eine "Emotionenfabrik"!, nicht nur funktional sein. Darum ist das Gesamterlebnis in der sanierten Staatsoper, mit der korrigierten Akustik, das traue ich mich fast wetten, unterm Strich definitiv nicht schlechter als in der Deutschen Oper.


    Darum war es auch richtig diesen Bau nicht zu "verdeutschopern" und zu einem bloßen beheizten Innenraum mit Bestuhlung zu reduzieren. Der Bau selbst ist bereits "großes Theater". Die "Inszenierung" findet eben nicht nur auf der Guck-Kasten-Bühne statt!

  • Die meisten Post sprechen hier vollständig gegen die herrschende Denkmalpflegedoktrin, der das Material immer wichtiger als die Form, die Nutzung und der Ort des Denkmals ist (diese Aspekte sind die unterschiedlichen Authentizitäten eines Denkmals nach Wolfgang Seidenspinner ). Die ursprügliche Form von Denkmalen wird meist nicht wiederhergestellt (z.B. Neues Museum), eine Umnutzung ist fast nie das Problem (z.B. Berlin-Pavillion in Tiergarten zu Burger King) und auch der Ort kommt noch nach dem Material (Dislozierung von Denkmalen, zuletzt kaiserzeitliches Holzhaus aus Köpenick nach Wannsee.


    Was können hier die Argumente sein? Das geologische Alter, das Pumpernickel zurecht anspricht, trifft ja auch für einen Backstein zu. Ein heute in Glindow gebrannter gelber Backstein ist von seinen Bestandteilen her der gleiche wie vor 100 Jahren, da der gleiche Scherben, Havelwasser und der gleiche Ofen verwendet wird. Auch bei Gläsern träfe dies auch zu. Auch das Holz ist zwar ggf. später gewachsen, aber substanziell weitgehend identisch. Im übrigen gilt dies auch für traditionellen Kalkputz - da ist ja kein neu hergestellter Bestandteil enthalten. Trotzdem gelten alle diese Bauteile als Rekonstruktion, nicht als originale Ergänzung.


    Das kann an der Bearbeitung liegen (computergesägter Marmor, maschinengeschliffenes Holz und maschinell geformete Backsteine sowie computergestützt hergestelltes Glas. Dann wäre aber nicht - wie vorgegeben - die Substanz der Denkmalwert, sondern die Handwerklichkeit. Darauf läßt sich aber die Denkmalpflege nicht in sondern beauptet fortwährend, das Konstitutive und Authentische sei eben die Substanz, in Gegenwart derer "man etwas fühle".


    Abgesehen davon, dass diese Äußerung ein Fall für den Sektenbeaufragten ist rekurriert die Denkmalpflege hier regelmäßig auf einen Zustand des Denkmals, der zur Fertigstellung des Gebäudes so nicht gewesen ist. Die Denkmalpflege stellt also einen romantisierenden, späteren Zustand des Baus unter Schutz, also bewußt "alt" aussehendes Denkmal. Der Effekt ist besonders streitbar im Inneren der Frauenkirche zu bewundern.


    Deshalb ist es natürlich statthaft, die Treppenstufen auszutauschen - aber gleichzeitig am kaputten Putz festzuhalten und an der gerissenen Holzinnentür ist absurd.

  • ^
    Entschuldigung Pumpernickel aber Deine Ausführungen kann ich nicht ganz nachvollziehen...


    Zu dem Marmor: Nun gut hier ist heute im Tagesspiegel zu lesen dass die Stufen aus den zusätzlich 1928 eingebauten Treppenhäusern stammen und da diese Treppenhäuser nun entfernt wurden war der Denkmalschutzbeauftragte angeblich damit einverstanden dass die Stufen die nicht mehr verwendet werden können dieser Zweitverwertung zugeführt werden.


    Grundsätzlich ist aber Deine Behauptung merkwürdig dass der Marmor ja immer gleich alt ist und daher kein Problem für den Denkmalschutz darstellt...
    Auch wenn in bestimmten Fällen eher das architektonische Konzept geschützt ist ist doch zumindest ein Teil des denkmalschützenden Prinzips dass soviel wie möglich Originalsubstanz eines Gebäudes zu erhalten ist, oder??
    Umgekehrt könnte man sonst einfach ägyptische Tempel abreissen und nachbauen denn der Assuangranit wäre ja auch der selbe wie der vor 5000 Jahren???


    Auch Deine Ausführung zu Opernhäusern zweifel ich stark an. Sicher haben pompöse Häuser mit golddekorierten Innenräumen einen besonderen Flair und in Bayreuth quetscht man sich bereiwillig in unbequeme Sitze weil der Ort an sich so besonders ist.


    Man KANN als opernbegeisterter Zuschauer aber durchaus in modernen Häusern Oper geniessen!!!


    Das Aalto Opernhaus in Essen ( diese Oper ist übrigens von Publikum und Kritikern schon mehrfach als beste Oper Deutschlands ausgezeichnet worden...) z.B. ist modern, dennoch lässt sich hier aus modernen Sesseln mit guter Sicht von ALLEN Plätzen und einer sehr ausgewogenen Akkustik Oper sehrwohl geniessen. Die Bühne ist eine der grössten und tiefsten Opernbühnen Deutschlands mit modernster Technik und einem Bühnenaufzug der eine Kutsche samt 4 Pferden auf die Bühne heben kann. Das Haus ist eingebettet in den Stadtpark was dem Publikum in den Pausen ermöglicht im Grünen flanieren zu gehen.
    Was bildet sich Berlin also eigentlich gross auf seine Häuser ein??

  • Das letzte Mal, als ich den Berliner Landeskonservator Haspel zu Staatsoper und Humboldtuniversität äußerte, vernahm ich die Unterschutzstellung der Bauten als Beispiel der Wiederaufbauleistung der DDR. Von der Staatsoper war ja 1945 nicht mehr viel übrig.


    Ob die Fähigkeit eines Opernhauses eine Kutsche mit 4 Pferden auf die Bühne transportieren zu können etwas mit der Qualität der Opernaufführung zu tun lasse sei einmal dahingestellt. Ich fürche derartige Effekte gehören eher in den Bereich von Mehrzweckhallen.

  • @ Konstatin: Die Kutsche war ein Beispiel. Die technischen Möglichkeiten eines Opernhauses tragen sehr wohl auch zur künstlerischen Qualität bei denn Oper ist immer ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Gesang und der Inszenierung. Schon im 18. Jahrhundert wurde daher viel Wert auf Bühnenmaschinerien gelegt!


    Oder woher denkst Du kommt sonst der Einbau des riesigen Tunnels bei der Staatsoper? Er soll ermöglichen dass grössere Bühnenaufbauten im Ganzen transportiert und direkt auf die Bühne gehoben werden können was einen sehr schnellen Bühnenbildwechsel ermöglicht.


    Oper war immer schon auch Oh und Ah Effekt von Bühnenbild und Kostümen, Theaterdonner und Effekten das hat nichts mit Mehrzweckhalle zu tun!


    Da in Deutschland der Subventionsgrad für Oper und Theater in vielen Regionen ähnlich hoch ist, ist es eben sehr wohl möglich, Oper in hoher Qualität überall zu geniessen. Nicht nur in Berlin ( hier meint man nur weil mal ein alternder Domingo singt, man habe Weltniveau...). Siehe München, Stuttgart, etc....


    Es wäre schon ein Stück weit ehrlicher gewesen man hätte einen modernen Saal in die Oper eingebaut auch wenn man dadurch die Aufbauleistung der DDR rückgängig gemacht hätte. Man musste sich in jedem Fall entscheiden ob man ein möglichst original erhaltenes Gebäude mit begrenzten technischen Möglichkeiten und damit ein eingeschränktes Repertoir wünscht oder sich in die Häuser mit allen Möglichkeiten einreihen möchte um z.B. alle Wagner Opern spielen zu können. Die Staatsoper spielte zwar Wagner, aber dies in "abgespeckter" Version. Wenn dies selbst ein Mehrzweckbau in z.B. Münster ( Landestheater, der Aeschliemannring: eine Legende unter Wagnerfans mit einer überragenden Evelyn Herlitzius!!) besser spielen kann, muss man sich nicht wundern warum der Förderkreis der Staatsoper mit Barenboim eine technisch und akkustisch leistungsfähigere Oper wünschte und diese nun auch bekommt...

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