^ Hab ich. Die ganze Sache mit der Uni und der Paulinerkirche ist dermaßen mit politischen Gedanken verseucht, dass selbst das Buch sich hier nicht ganz neutral geben kann. Es kann kein klares Pro oder Contra geben. Schon gar nicht, wenn die Uni selbst so einseitig politisch aufgestellt war/ist. Wenn dann schon ein Kopierraum als Begründung herhalten muss...ach, dass hatten wir ja alles schonmal diskutiert.
Zerstörte Kirchen - Pro & Contra Rekonstruktion
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^ Deine Kritikpunkte stimmen durchaus, ich finde das Buch auch eher wertvoll, um einen faktischen Überblick über das Zustandekommen des Kompromisses zu erhalten, weniger als Kommentar oder Dokumentation des final entstehenden.
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Bezieht sich auf diesen Beitrag.
Das Gebäude ist schön, das Gerangel drumherum eher nicht. Bilderstürmereien sind eine deutsche Tradition. Macht kaputt was euch kaputt macht. So sahen es die Mächtigen von einst. Heute baut das neue, konservative Bürgertum die Zeugnisse einer vergangenen Religiosität wieder auf. Nun muß man, in dieser atheistischen Stadt (80%Konfessionslos), neue Nutzungen für diese Pseudokirche finden. Auch die Bezeichnung Kirche darf es nun nicht mehr tragen. Das Paulinum ist ein Zeugnis einer Übergangsphase, eines Prozesses der Neuordnung und identitätsfindung. Irgendwann wird es vielleicht auch wieder als ein Relikt angesehen und gesprengt.
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Würden Sie auch eine Stadt, in der - angenommen - 20 Prozent Farbige leben, als "weiße Stadt" bezeichnen? -
Da vergleichen sie Äpfel mit Birnen. Also will ich mich korregieren. Zum größten Teil atheistisch!
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Ohne jetzt eure zum wiederholten Male geführte Diskussion unterbrechen zu wollen: wenn man prozentual argumentiert, müsste in Berlin-Neukölln die Scharia einführen und in Teilen Marzahns alle existierenden Kirchen in russisch-orthodoxe umwandeln.
Es geht hier in der Tat nicht um den Anteil religiös aktiver Menschen in der Gesellschaft, sondern darum, dass es sich hierbei um eine Universität handelt, die seit Jahrhunderten eine theologische Fakultät besitzt, die auf christlichen Grundsätzen gegründet wurde und deren Zentrum jahrhundertelang von einer Kirche gebildet wurde. Das ist eine Tatsache und so auch zu akzeptieren, egal ob man religiös oder atheistisch veranlagt ist.
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Und selbst wenn man prozentual argumentiert, kommt man auf einige Tausend Angehörige der Universität Leipzig christlichen Glaubens.
Neben den von DaseBLN angeführten Argumenten, die natürlich richtig sind, kommt ein weiteres hinzu: Es geht nicht zuletzt um die Wiedergutmachung – soweit dies irgend möglich ist -, eines Verbrechens, das unisono als „Kulturbarbarei“ gebrandmarkt wird. Auch wenn es bei den derzeit veranstalteten Jubelfeierlichkeiten dieser Universität als unpassend erscheinen mag, den Umstand anzusprechen, daß es die Universität Leipzig war, die vom SED-Politbüro bzw. der Regierung der DDR wieder und wieder die Vernichtung von Augusteum und Universitätskirche verlangt hatte, kann und darf dies heute nicht verschwiegen werden.Eine Wiedergutmachung hätte bedeutet, auf die Erwartungen, Hoffnungen und Forderungen der Theologischen Fakultät, der Universitätsgemeinde, der Universitätsmusik, weiterer Angehöriger der Universität sowie jener Bürgerinnen und Bürger Leipzigs und weit darüberhinaus, die unter der damaligen Vernichtung bis heute leiden, in einem ganz anderem Maße einzugehen, als dies geschehen ist.
Geradezu verheerend wirkte das Bestreben heutiger Verantwortungsträger, den Eindruck zu erzeugen, diese „moderne“ Universität braucht keine Universitätskirche. So sollte auch der Name Universitätskirche St. Pauli für immer ausgelöscht bleiben.
Nun gab es inzwischen, im Rahmen der sog. Harms-Gespräche, zwar die Entscheidung für die Namensgebung „Paulinum – Aula – Universitätskirche St. Pauli“. Wie aber sieht es in der Realität aus?
Vor mir leigt das 240-Seiten starke, in einer Auflage von 30.000 Stück aufwendig hergestellte Jubiläumsprogramm der Universität Leipzig. Für den 29. November, dem 1. Advent, wird der erste Universitätsgottesdienst (nach über 40 Jahren erstmals wieder am angestammten Orte) angekündigt.
In der Universitätskirche? Wo denn sonst, wenn die neue Namensgebung irgend einen Sinn haben und ehrlich gemeint sein soll? Als "Veranstaltungsort" wird von der Universität jedoch „Paulinum“ angegeben. -
Wir leben aber (zum Glück) nicht mehr in einer Zeit, in der Kirche und Vaterland die bestimmenden Leitbilder eines jeden Menschen waren, sondern in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, in der ein Pluralismus der Lebensstile vorherrscht. In diesem Kontext hat der Staat eine weltanschauliche Neutralitätspflicht, mithin Religion jeglicher Art hat in öffentlichen Einrichtungen nichts verloren (und kann von jedem wie er will privat betrieben werden). Alles Andere ist für mich schlicht unakzeptabel. Daß die Universität Leipzig sich ihre Deutungshoheit über ihre eigene Einrichtung nicht nehmen lassen will, dürfte wohl auch absolut verständlich sein.
P.S Da ich seit einigen Wochen nicht mehr in Leipzig war, hat jemand Bilder vom Baufortschritt gemacht ?
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^ Schliesst dass dann auch ein, dass die jahrhundertealten theologischen Fakultäten an jeglichen staatlichen Universitäten geschlossen werden müssen, dass die Paulinerkirche gesprengt werden müsste, wenn es sie noch gäbe?
Wie schonmal geschrieben: so mancher Atheist (in dem Falle du) kommt mir ob des offensichtlichen Unbehagens, eine Kirche auch nur ansehen zu müssen, wahnhafter vor, als viele religiöse Menschen. Da fragt man sich doch, wo da noch der Unterschied liegt. Ich sehe keinen. In beiden Fällen wird der anderen Seite die eigene Ansicht aufdoktriniert.
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@ StadtplanerBLN, dein Standpunkt, die Kirche sei für eine moderne Universität unangebracht, wurde schon 1968 von der SED und der damaligen Universitätsleitung praktisch umgesetzt, nur dass freiheitlich-demokratische Grundprinzipien und Pluralismus der Lebensstile nicht für die Beseitigung der Universitätskirche ausschlaggebend waren, sondern der real sozialistische Grundgedanke. Im Grunde geht es den meisten Wiederaufbaubefürwortern nicht um den religiösen Gedanken, sondern um Wiedergutmachung der 1968 gesprengten Kirche. Darüber wurde in den letzten fünf Jahren heftig gestritten, was beinahe Züge eines Kulturkampfes trug. Ich denke, die Egeraatsche Lösung sollte beide Seiten, Wiederaufbaubefürworter und -Gegner, versöhnlich stimmen.
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Um das klar zu stellen, ich mag den aktuellen Entwurf durchaus und bin auch ein großer Freund historischer Kirchenbauten (aus bauhistorischer Sicht).Mir zu unterstellen, ich würde den Abriß von Kirchenbauten gut heißen oder anderen meinen atheistischen Willen aufzwängen, ist jedoch reichlich anmaßend, ich verlange von niemanden an dieses oder jenes zu glauben (anders als religiöse dies tun), sondern lediglich, daß Religion aus öffentlichen (für ALLE vorhandenen) Bereichen herauszuhalten ist, daß ich ihr im privaten Bereich durchaus tolerant entgegenstehe, sie aber als gesellschaftlichen Maßstab unakzeptabel finde. Gerade das Beispiel des Paulinum zeigt doch wunderbar, wie die Institution Kirche mal wieder versucht, eine gesellschaftliche Dominanzstellung zu erreichen (was ist denn aus den heheren Idealen geworden, einen Veranstaltungsort für alle zu schaffen ? Die Diskussion dreht sich doch nur noch um Kirche oder nicht Kirche).
Einen Entschädigungsanspruch der Kirche sehe ich übrigens nicht, bei aller Trauer um den Verlust eines besonderen historischen Baudenkmals, das Gebäude gehört(e) der Uni, nicht der Kirche.
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Sie müssen nicht die Schenkungsurkunde von 1544 kennen, als die Paulinerkirche in das Eigentum der Universität kam, übrigens "Gott zu Lobe", wie es in ihr heißt, Sie müssen sich nicht in den Spezifika das Staat-Kirche-Verhältnisses in der Bundesrepublik Deutschland auskennen, natürlich müssen Sie schon gar nicht den Staat-Kirche-Vertrag des Freistaates Sachsen kennen, der unter anderem die Stellung und die Rechte des Amtes des Universitätspredigers an der Universität Leipzig sowie die Stellung der Theologischen Fakultät zu Leipzig behandelt, aber Sie könnten immerhin wissen, daß es einem Eigentümer eines Gebäudes nicht grundsätzlich freisteht - und sei es lediglich aus Gründen des Denkmalschutzes - ein Gebäude zu vernichten. Was in unserem konkreten Fall nicht zuletzt bedeutet, daß die Universitätskirche St. Pauli aus verschiedenen Gründen entgegen den in der DDR gültigen Gesetzen gesprengt worden ist. Dazu hätte es u. a. aufgrund der gültigen Gesetzeslage der Zustimmung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens bedurft, die zu keiner Zeit eingeholt bzw. erteilt worden ist, was bedeutet, daß die Widmung dieses Gebäudes zu keinem Zeitpunkt aufgehoben wurde - was wiederum Rechte der Landeskirche bis auf den heutigen Tag begründet. -
Nun wie Sie selbst sagen, die Kirche kam im 16 Jhd. in Besitz der Universität, eine nicht erfolgte Entwidmung kann wohl kaum Basis für irgendwelche Ansprüche sein (selbst wenn daraus finanzielle Ansprüche erwachsen würden, ergibt sich daraus wohl kein Recht, sich in die Belange der universität einzumischen).
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^^ @ Stadtplaner BLN
Sie haben Ihre ursprüngliche Antwort, wie ich sehe, gelöscht.
Worauf beziehen sich denn - Ihrer Meinung nach - Entschädigungsansprüche, wenn nicht auf erfolgtes Unrecht?
Und, ob Sie es nun glauben oder nicht, denn wissen scheinen Sie es offensichtlich nicht, - aus der nicht erfolgten Entwidmung der Universitätskirche St. Pauli vor ihrer - auch nach den Gesetzen der DDR verbrecherischen Sprengung - resultieren sehr wohl Rechtsansprüche der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens.
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@ dj tinitusNatürlich ist dies ein Architekturforum. Und sogar ein sehr gutes, wie ich meine.
Aber zur Architektur gehört nun einmal die Geschichte. Die Geschichte von Gebäuden, Orten, Menschen. -
@ bienitz,
ich habe lediglich etwas umformuliert, um die angemessenen Umgangsformen nicht völlig beiseite zu lassen, inhaltlich hat sich nichts geändert. Da wir mittlerweile weit vom eigentlichen Thema abgekommen sind und ich auch keine lust habe, mich ständig zu wiederholen, beende ich das hier.
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Bienitz, vielen lieben Dank für die aufschlussreichen Erläuterungen! Auch als Atheist vertrete ich in diesem Fall voll und ganz ihre Meinung. Aber ganz davon abgesehen verstehen so einige wie z.B. Stadtplaner BLN nicht im Ansatz worums hier eigentlich geht. Dase hat das hier (http://www.deutsches-architekt…hp?p=229536&postcount=497 und http://www.deutsches-architekt…hp?p=229619&postcount=500) schon sehr gut dargestellt! Danke dafür!
Wenn ich diesen Artikel hier lese (http://www.zeit.de/newsticker/…-20090708-819-21754862xml), dann muss ich nur eins und eins zusammenzählen um zu wissen, dass bei der im Zuge der 600 Jahrfeier auf einmal ach so traditionsbewussten Leipziger Universität, durchaus einige Leichen im Keller liegen.
So müssen einen auch fragwürdige Entscheidungen der Vergangenheit eigentlich nicht wirklich wundern. Sie waren nur die logische Konsequenz.
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na wenn das so ist:
die forderung nach einbau der alten kirchenkanzel wurde damit begründet, dass sie ein ort des freien wortes sei.
wann wurde von ihr herab jemals religionsfreiheit gefordert? welches freie wort hallte durch die kirche, als die leipziger synagogen brannten? was darf man als wiedergutmachung der ev.-luth. landeskirche für die mit deren zustimmung begangenen barbareien erwarten? was zählte damals die geschichte von gebäuden, orten und menschen?angesichts dieses versagens ist es das beste, wenn sich eine staatliche universität ihr herz heute nicht mehr von einer konfession vereinnahmen lässt. freiheit auf kosten anderer ist keine.
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@dj:
Es geht doch aber um das hier und heute! WIR können die Vergangenheit HEUTE leider nicht mehr ändern und auch nicht wieder gut machen. WIR können auch nichts für die Entscheidungen, weil WIR im HIER UND HEUTE leben! ABER: WIR können ganz gewaltig was dafür, wie wir mit falsch gelaufenen Dingen der Vergangenheit HEUTE umgehen! Und hier versagen einige ganz gewaltig!
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du meinst den thomaskirchenpfarrer wolff, der
- alle läden sonntags geschlossen haben will (ausser seinen thomas-shop)
- noch mehr geld für das forum thomanum haben will, auf kosten des gedenkens für den "antisemiten richard wagner" (welcher in der thomaskirche getauft wurde)
- den (von der stadt finanzierten) thomanerchor möglichst nur in kirchen auftreten lassen will
- auf dem städtischen südfriedhof alle drei kapellen mit kruzifixen dekorieren will?bin ganz deiner meinung. wir sollten uns nicht rückwärts drehen.