Zerstörte Kirchen - Pro & Contra Rekonstruktion

  • Zerstörte Kirchen - Pro & Contra Rekonstruktion

    Heute vor vierzig Jahren -am 30.05.1968- wurde die Universitätskirche in Leipzig gesprengt. Ein Akt der Kulturlosigkeit. Anläßlich des Jahrestages gibt wieder heftige Diskussionen zum Uni-Neubau am Augustusplatz. Nun geht es um Architekturdetails und die Namensgebung "Paulinum".


    Einen sehr polemischen Artikel hat Dankwart Guratzsch in der Welt veröffentlicht.


    Welt vom 30.05.2008


    Und im Deutschlandradio lieferten sich der Uni-Rektor Häussler und der Pfarrer der Thomaskirche Wolff einen heftigen Schlagabtausch.


    Deutschlandradio 30.05.2008



    Kann man diese Diskussionen wirklich nicht sachlich führen?

  • Stahlbauer:
    nein, wahrscheinlich nicht.
    weil es bei dieser debatte eben nicht nur um bauliche details oder die namensfindung geht, sondern im kern um die frage: gelingt es der kirche, einfluss auf die uni zu erhalten. darum wird dieser streit weiter eskalieren wenn es dann um eine mögliche weihe des gebäudes gehen wird.
    wenn das eine kirche würde, stünden bei jeder veranstaltung die herren pfarrer parat und würden sich einmischen.
    kongresse über stammzellenforschung? symposien über das verhältnis von kirche und diktaturen? heisse sause für studenten oder uni-sponsoren? oh gott, doch nicht hier! nicht unterm altar, nicht von der kanzel!


    kann/soll/darf sich das eine staatliche uni gefallen lassen? ich denke, nein. die klare haltung des (katholischen) rektors finde ich sehr honorig. weil sie zeigt, dass es ihm eben nicht um angebliche stalinistische/antichristliche tendenzen geht, sondern um die freiheit von lehre und forschung und um die autonomie der uni. ein roll back der verhältnisse auf kosten der uni - und ihrer studenten - darf es nicht geben. dass studenten nicht in die kirche gehen, ist kein grund, eine uni hinterrücks zur kirche umzuwidmen.


    p.s.: bei diskussionsbedarf gern mehr. das thema "evangelische kirche in leipzig" ist nicht ohne.

  • ^^
    Grundsätzlich gerne. Allerdings vergeht mir bei dem was du hier schreibst die Lust darauf. Genau diese Art von Polemik ist es, die eine sachliche Diskussion unmöglich macht.

  • erklär es mir einfach. und am besten gleich mit, warum die reaktionen der berufsbetroffenen nicht polemisch sein sollen.

  • ^


    dj tinitus


    Finde Deinen Vorschlag interessant.


    Hier zunächst meine persönliche Zusammenfassung der Geschichte der Leipziger Unikirche/Paulinerkirche. Damit will ich nur eine Basis zur Diskussion schaffen. Ich behaupte nicht, die "richtige" Geschichte darzulegen, vielmehr will ich zeigen wie vielfältig die Ursachen für die heutigen Auseinandersetzungen sind. Und gleich vorweggenommen: Meine Sympathie liegt eher auf Seiten der Uni.


    Die Paulinerkirche wurde nach 1231 erstmals errichtet. Das gotische Gebäude ,das wir kennen, allerdings erst im 15. und 16. Jahrhundert.
    Nach der Säkularisierung des Dominikanerklosters hat der damalige Landesherr Moritz von Sachsen die Paulinerkirche der Universität Leipzig übereignet. Seit 1545 war die Paulinerkirche Universitätskirche. Eigentümer des Gebäudes war die Universität Leipzig. Und die Universität Leipzig war damals die einzige Landesuniversität in Sachsen. Die Technische Universität Dresden wurde 1961 gegründet und nach 1990 vom Freistaat Sachsen zur Volluniversität ausgebaut. Träger der Universitäten in Sachsen ist der Freistaat Sachsen.


    Hier liegt oder vielmehr lag die Besonderheit der Unikirche. In ihrr waren 700 Jahre Geschichte Sachsens, Leipzigs und ca.550 Jahre Geschichte der Universität Leipzig erlebbar. Martin Luther hat die Paulinerkirche als erste Universitätskirche geweiht. Bach hat dort Orgel gespielt.
    Mehr als 800 Personen darunter eine Reihe von sächsischen Kurfürsten waren in der Unikirche begraben. Die in der Kirche vorhandenen Epitaphien zeugten von der Geschichte dieser Uni in Sachsen. Auch ein noch so originalgetreuer Wiederaufbau hätte das nicht wieder herstellen können.



    So wie ich die Kommunisten kenne, war auch nicht so sehr das Gebäude deren Problem. In anderen Städten sind die Kirchen auch nicht abgerissen worden. Die Unikirche und das daneben stehende Augusteum waren aber Orte des geistigen und intellektuellen Widerstandes. Oder auch nur des Andersseins. Die Predigten in der Unikirche waren den Machthabern genauso ein Dorn im Auge wie die Vorlesungen Mayers oder Blochs. Diese Kontinuität sollte unterbrochen werden. Vollständig ist ihnen dies nicht gelungen. Die Diskussion über die diese Kulturbarbarei hat - wie man sieht- sogar an Schärfe zugenommen.



    Nach 1990 gehörte die Universität Leipzig wieder dem Freistaat Sachsen. Nun war sie aber eine von vier Universitäten in Sachsen. Seit dem hat die Universität Leipzig damit zu kämpfen, dass die heute wichtigen technischen Fakultäten und Fachgebiete vom Freistaat nur an den anderen Universitäten eingerichtet wurden.


    Zurück zur Unikirche bzw. zum Campusumbau in der Innenstadt. Eigentümer und späterer Nutzer ist die Universität Leipzig. Bauherr und Geldgeber der Freistaat Sachsen. Dieser bestimmt was gebaut wird. Die Uni kann Vorschläge einbringen. Die Stadt Leipzig ist mehr oder weniger außen vor.


    Die Planungen des Freistaates sahen ursprünglich nur einen Umbau der Bestandsgebäude vor. Es ist überwiegend der Renitenz des Paulinervereins zu verdanken, dass heute ein doch ganz ansehnliches Gebäude errichtet wird.



    Das Problem, welches heute über der Diskussion über Glaswand ja oder nein bzw. über den Namen des Gebäudes, vergessen wird, war damals, dass der Freistaat Sachsen einen kleinen Verein ernster nahm als die Universität Leipzig. Gleichzeitig wurde damals nämlich die sächsische Hochschullandschaft umstrukturiert. Leipzig sollte dabei die Bauingenieurwissenschaften an Dresden und die Geowissenschaften an Freiberg abgeben. Und der Paulinerverein bestimmte, dass die Universität auf die dringend benötigte Aula zu Gunsten einer Kirche verzichten sollte.


    Letztlich hat die Universität Leipzig doch ein akzeptables Ergebnis erreicht.



    Die heutige Leipziger Universitätsleitung zu vergleichen mit den Sprengmeistern von 1968 ,zeugt doch eher von ideologischer Voreingenommenheit als von Kenntnis.




    Die Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT hat einen ähnlich problematischen Artikel der Autorin Finger veröffentlicht.



    DIE ZEIT: Die Angst vor der Kirche



    Zu diesem Artikel nur ein Beispiel. Frau Finger hat einen Ausschnitt aus dem Wandgemälde "Arbeiterklasse und Intelligenz" von Werner Tübke ausgesucht und betitelt mit "Die Herren in dunklen Anzügen,....,unterstützten die Kirchensprengung."


    Nun hat sich das wissenschaftliche Personal der Uni Leipzig 1968 nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Warum aber gerade der Physiker Prof. Pfeifer, der Zahnmediziner Prof. Bethmann oder der Pädagoge Prof. Uhlig als Beispiel dienen, bleibt um so rätselhafter, als die wirklichen Protagonisten der Sprengung- SED-Bezirkschef Paul Fröhlich, Oberbürgermeister Walter Kresse und der Vorsitzende des Rates des Bezirkes Erich Grützner - doch gleich daneben stehen.


    Waren Spiegel und DIE ZEIT nicht die Publikationen, die einen zweiten deutschen Staat als Gegenentwurf zur bürgerlichen Bundesrepubilik begrüßten?



    Wie schon beschrieben, waren die Anstrengungen der Universität Leipzig auch technische Fachgebiete anzubieten praktisch erfolglos.


    Im aktuellen manager magazin klingt das so: "Doch anders als in Dresden fehlt in Leipzig der Fokus auf Hightech-Branchen. Die Leipziger Universität ist eher geisteswissenschaftlich ausgerichtet....Langfristig hat Dresden die deutlich besseren Wachstumspespektiven als Leipzig.....Die Stadt setzt auf
    Branchen, die kluge Köpfe in die Stadt ziehen. Die werden selbst dannfür wirtschaftliche Dynamik sorgen, wenn einzelne Unternehmen in Schwierigkeiten geraten."



    Nun hat die Universität Leipzig wenigstens einen Aula-Kirchenbau.





    manager-magazin-Städteranking

  • der "zeit"-artikel spiegelt die diskussion (ungewollt) ganz gut wieder. je weniger die leute mit der uni zu tun haben, desto schriller wird die kritik. so empört sich die autorin darüber, dass das "portal" am augustusplatz zugemauert wird und die leute dann "durch eine art mauseloch" ins gebäude gelangen müssten. was die frau nicht begriffen/recherchiert hat: genau das entspricht der historischen situation. egal! hauptsache anprangern!


    zur sprengung: natürlich war die barbarei. natürlich hätte sich die uni-leitung dagegen aussprechen müssen. was die uni-kritiker jedoch verschweigen: geändert hätte dies freilich nichts. es wird unterschlagen, dass in der ddr klare städtebauliche vorgaben aus berlin kamen. und die sahen für jede bezirksstadt die anlage von "aufmarschstrasse - zentralem platz - höhendominante (oft mit kultureller nutzug)" vor. sieht man in erbses neubrandenburg-galerie, sieht man an den ursprünglichen dresdner altmarkt/kulturpalast-plänen, sieht man in chemnitz, potsdam und sonstwo. überall wurde damals in den innenstädten tabula rasa gemacht, um "sozialistische zentren" aufzubauen. gemessen daran ist leipzig noch relativ glimpflich davon gekommen: der ohnehin verhandene ring wurde zur aufmarschstrasse deklariert, der augustusplatz einfach in karl-marx-platz umbenannt. und als "kulturelle höhendominante" wurde die uni samt uni-riese konzipiert. so wurde wenigstens auf die anlage eines neuen giga-platzes oder einer schneisse durch die innenstadt verzichtet. ganz drastisch formuliert: die kirche stand aus sicht dieser planungen vor allem am "falschen platz". es gab ja sogar überlegungen, sie zu verschieben. dafür gab es aber kein okay aus berlin.


    das zur geschichte. jetzt zur gegenwart: ich finde es erschreckend, zu welchen mitteln gegriffen wird, um statt einer aula eine kirche zu errichten. da wird propagiert, dass wissen ohne glauben unvollkommen sei (wobei glauben wie selbstverständlich mit christentum gleichgesetzt wird). da wird so getan, als käme der geplante andachtsraum für 275 personen einer unterdrückung gleich (zur pro-unikirchen-demo kamen 150 leute, ein drittel davon journalisten). und da versteigt sich ex-nikolaikirchen-pfarrer führer zur behauptung, die neue aula nicht kirche zu nennen, sei schlimmer als die sprengung. ist das die offenheit und toleranz, die hier angeblich gefordert wird?
    mit völlig verdrehten horror-szenarien. man bedenke: eine studentin der "karl-marx-universität" leipzig ist heute cdu-bundeskanzlerin. und wird gerade mit der ehrendoktorwürde ausgezeichnet. hat sie ganz ohne uni-kirche geschafft.

  • Universitätsaula

    @ Stahlbauer
    vielen Dank für deinen Beitrag und für den Versuch die Sache mit etwas mehr Objektivität zu betrachten. Ich beobachte die Diskussionen um die Leipziger Universitätskirche seit geraumer Zeit mit einem gewissen Kopfschütteln. Der Ärger über den Verlust des spätgotischen Bauwerks und der damit verbundene Identitätsverlust der Stadt und Universität Leipzig, kann ich nachvollziehen und ist wohl auch nur zu verständlich. Auch die Bemühungen um den Wiederaufbau, auch wenn diese wohl doch eher Fehl am Platz - im wahrsten Sinne des Wortes - sind.


    Ein Baudenkmal wie die Universitätskirche St. Pauli lebt mehr oder weniger mit vom örtlichen Bezug. Der Standort Augustusplatz ist durch Krieg, kommunistische Willkür und gestalterisches Unverständnis total verändert wurden. Ein Wiederaufbau des ursprünglichen Gotteshauses – welches ja auch schon zu Martin Luthers Zeiten als Aula genutzt wurde – am heutigen Augustusplatz ist ähnlich der Erschaffung von Disneyland: Kitsch und Retroschick. Das meine ich nicht, weil ich für das baukünstlerische Erbe unserer Nation kein Empfinden habe, sondern weil der historische Ortsbezug nicht mehr gegeben ist. Ein Wiederaufbau der Universitätskirche hätte auch einen Abriss des Gewandhauses, der Oper, der Hauptpost oder des Weisheitszahns etc. zur Folge um die architektur-historische Bedeutung des Gesamtensemble zu visualisieren, deren Bestandteil ja auch die Universitätskirche war. Ich finde, dass die Stadt Leipzig und besonders die Universität mit dem in Realisation begriffenem Gebäude sehr zufrieden sein kann.


    Ähnlich wie Stahlbauer bin ich der Meinung, dass wir in einer säkularisierten Gesellschaft leben in der die Aufgaben von Staat und Kirche getrennt gehören. Der Freistaat Sachsen als Bauträger und Finanzier des Projekts hat das alleinige Bestimmungsrecht über seinen Bau. Wenn die Kirchen dieses Landes der Meinung sind, sie müssten sich wieder mehr um das Seelenheil der Bürger kümmern, können sie das gerne tun. Aber nicht in Gebäuden die mit Mitteln der Allgemeinheit errichtet werden und deshalb der Gesellschaft - ohne ansehen des Glaubensbekenntnis - zur Verfügung stehen.

  • Stahlbauer: Mehr als 800 Personen darunter eine Reihe von sächsischen Kurfürsten waren in der Unikirche begraben. Die in der Kirche vorhandenen Epitaphien zeugten von der Geschichte dieser Uni in Sachsen. Auch ein noch so originalgetreuer Wiederaufbau hätte das nicht wieder herstellen können.


    Was genau meinst du, was hätte nicht wieder hergestellt werden können.
    Ich gebe noch mal zu bedenken, verglichen mit allen anderen Rekonstruktionen der letzten beiden Jahrzehnte war die Ausgangslage für eine Wiederherstellung der Unikirche geradezu einzigartig gut: der Bau ist lückenlos dokumentiert; die originalen Ziegelsteine sind alle noch vorhanden; der Großteil der Kunstwerke wurde gerettet; die Bau- und Betriebskosten der rekonstruierten Unikirche wären im Vergleich zum jetzigen Neubau wesentlich geringer, die finanzielle Unterstützung und die Nutzung gesichert gewesen. Es ist jetzt schon absehbar, dass die ohnehin schon chronisch unterfinanzierte Universität durch die teure Unterhaltung des Neubaus in ihrem finanziellen Handlungsspielraum weiter eingeschränkt wird. Was zu Lasten der Ausbildung gehen wird.


    Stahlbauer: Die Planungen des Freistaates sahen ursprünglich nur einen Umbau der Bestandsgebäude vor. Es ist überwiegend der Renitenz des Paulinervereins zu verdanken, dass heute ein doch ganz ansehnliches Gebäude errichtet wird.


    Stahlbauer: Letztlich hat die Universität Leipzig doch ein akzeptables Ergebnis erreicht.


    Ersteres sehe ich genauso. Letzteres steht dazu allerdings im Widerspruch. Fakt ist, nur der Aufdringlichkeit des Paulinervereins und der späten Einsicht des Freistaates ist es zu verdanken, dass bis 2009 am Augustusplatz ein Gebäude entsteht, das im Großen und Ganzen den Ansprüchen dieses Ortes gerecht wird. Die Universität selbst hat daran nicht den geringsten Anteil. Das muss man so deutlich sagen.


    Stahlbauer: Das Problem, welches heute über der Diskussion über Glaswand ja oder nein bzw. über den Namen des Gebäudes, vergessen wird, war damals, dass der Freistaat Sachsen einen kleinen Verein ernster nahm als die Universität Leipzig.


    Anknüpfend an das eben geschriebene kann man da nur sagen: Gott sei Dank!
    Für alle die den von der Uni favorisierten Entwurf von behet, bondzio, lin nicht kennen hier der Link: Klick.



    dj tinitus: dass das "portal" am augustusplatz zugemauert wird und die leute dann "durch eine art mauseloch" ins gebäude gelangen müssten. was die frau nicht begriffen/recherchiert hat: genau das entspricht der historischen situation. egal! hauptsache anprangern!


    Bis auf diesen Lapsus ist die der Artikel gut recherchiert. Zugegeben geht die Autorin hart mit der Uni ins Gericht. Das passt natürlich nicht jedem.


    dj tinitus: zur sprengung: natürlich war die barbarei. natürlich hätte sich die uni-leitung dagegen aussprechen müssen. was die uni-kritiker jedoch verschweigen: geändert hätte dies freilich nichts.


    Falsch. Die Uni-Leitung gehörte zu den Ideengebern der Sprengung. Sie war nicht Opfer, sondern Mittäter.


    dj tinitus: überall wurde damals in den innenstädten tabula rasa gemacht, um "sozialistische zentren" aufzubauen. gemessen daran ist leipzig noch relativ glimpflich davon gekommen


    Falsch. Die von dir genannten Städte sind während des Krieges nahezu völlig ausradiert worden. Die DDR hat dort nur noch Ruinen entsorgen können. In Leipzig dagegen gab es viele wiederaufbaufähige Gebäude, von denen nur die wenigsten die kommunistische Willkür überstanden haben. Bsp.: Altes Bildermuseum, Neues Theater, Gewandhaus, Augusteum, Paulinum, Albertinum, Johanneum, Johanniskirche, Turm der Trinitatiskirche, Bürgerhäuser der Renaissance und des Barocks usw. Leipzig ist nicht glimpflich davon gekommen, sondern hat über die gesamte Zeit der DDR einen beispiellosen Aderlass an geschichtsträchtigen und stadtbildprägenden Gebäuden hinnehmen müssen.


    dj tinitus: die kirche stand aus sicht dieser planungen vor allem am "falschen platz". es gab ja sogar überlegungen, sie zu verschieben. dafür gab es aber kein okay aus berlin.


    Richtig, diese Idee gab es. Das war der letzte Versuch einiger Bauingenieure und Architekten den Hardlinern doch noch einen Kompromiss abzuringen. Der Vorschlag wurde von Uni-Leitung, Stadtverwaltung und Politbüro allerdings nicht mal ansatzweise in Erwägung gezogen. Warum auch, es war ja gerade ihre Absicht diese Kirche zu beseitigen. Was deine These von der „Kirche am falschen Platz“ widerlegt. Sie wurde ganz gezielt und ausschließlich aus ideologischen Gründen aus dem Stadtbild entfernt.


    dj tinitus: da wird so getan, als käme der geplante andachtsraum für 275 personen einer unterdrückung gleich (zur pro-unikirchen-demo kamen 150 leute, ein drittel davon journalisten)


    dj tinitus: eine studentin der "karl-marx-universität" leiptig ist heute cdu-bundeskanzlerin. und wird gerade mit der ehrendoktorwürde ausgezeichnet. hat sie ganz ohne uni-kirche geschafft.


    Je weniger die Leute von der Uni (und ihrer Geschichte) Ahnung haben, desto schriller werden die Argumente.



    Caspar Borner: Ein Wiederaufbau des ursprünglichen Gotteshauses – welches ja auch schon zu Martin Luthers Zeiten als Aula genutzt wurde – am heutigen Augustusplatz ist ähnlich der Erschaffung von Disneyland: Kitsch und Retroschick.


    Eine wieder aufgebaute Universitätskirche hätte man aus den von mir eingangs erwähnten Gründen eben gerade nicht mit Kitsch in Verbindung bringen können.


    Caspar Borner: Ein Wiederaufbau der Universitätskirche hätte auch einen Abriss des Gewandhauses, der Oper, der Hauptpost oder des Weisheitszahns etc. zur Folge um die architektur-historische Bedeutung des Gesamtensemble zu visualisieren, deren Bestandteil ja auch die Universitätskirche war.


    Stimmt, genauso sollten endlich alle Bauten der Renaissance und des Barocks aus Leipzigs Altstadt entfernt werden, da deren architektur-historische Bedeutung in einem gründerzeitlich und zeitgenössisch überformten Umfeld nicht mehr zum Tragen kommen kann.



    Zum Schluss mein Kompromissvorschlag:
    Einführend ein Zitat aus dem Zeit-Artikel: „[…] das Gebäude, an das hier eigentlich erinnert werden sollte, war jahrhundertelang Kirche und Aula in einem. 1231 als Klosterkirche gegründet, 1545 von Martin Luther als Universitätskirche geweiht, diente es immer religiösen wie weltlichen Zwecken, wurde nach 1945 für Gottesdienste beider christlicher Konfessionen genutzt, versinnbildlichte also ein Toleranzideal, letztlich die Utopie des friedlichen Miteinanders. […]“
    Lohnt es sich wirklich nicht, daran anzuschließen?
    Egeraat selbst hat darauf wie ich finde, doch die deutlichste Antwort gegeben, in dem er der von der Uni geforderten Aula im Äußeren und zunächst auch Inneren das Antlitz einer Kirche gab. Die Absicht dieses Gebäude nun Paulinum nennen zu wollen ist deshalb m.E. absurd. Schon allein deshalb, weil es sich nun mal nicht um einen reinen Aula- und Fakultätsbau handelt.
    Mein Vorschlag: ein Doppelname, bspw. Universitätskirche – Universitätsaula. Die Glaswand sollte entfallen und im Kirchenschiff ein weiteres Säulenpaar bis zum Borden reichen, um die Anbringung der Kanzel zu ermöglichen. Damit wäre auch die Trennung in Aula und Andachtsraum überflüssig. Alle Nutzer sollten immer den gesamten Raum für ihre Zwecke in Anspruch nehmen können. Eine Weihung des neuen Gebäudes ist nicht notwendig, da die Unikirche nie entweiht wurde.

  • baukasten:


    der gedanke, die gesprengten und vergrabenen ziegelsteine wieder auszubuddeln und neu zu verwenden, ist aber schon sehr verwegen. nicht nur bei dieser methode ist auch das argument mit den bau- und betriebskosten falsch. beim neubau entstehen ja über dem hauptraum noch drei weitere geschosse für universitäre nutzung. die hätten bei der kirchen-reko ja an anderer stelle gebaut und unterhalten werden müssen. die kosten dafür muss man ja mitbedenken.


    und jetzt zu deinem kompromissvorschlag: das ist doch keiner.
    den raum gleichermassen als kirche und aula zu nutzen, war kein problem, solange alle uni-angehörigen christlich waren. das ist doch heute ganz anders. die breite mehrheit ist konfessionslos. muslime, juden etc. werden bei stärkerer internationaler ausrichtung künftig sicher noch mehr vertreten sein. all denen eine kirchenaula mit kanzel und altar als "versinnbildlichtes toleranzideal" vorzusetzen, wäre doch das verkappte gegenteil dessen. oder wie es ex-pfarrer führer letzte woche schon offen aussprach: "was wie kirche aussieht, muss auch kirche sein!". für mich ein wichtiger grund, den hauptraum nicht als kirche zu gestalten.


    nein, der kompromiss ist längst gefunden: andachtsraum für kirchliche nutzung, hauptraum als aula und die möglichkeit, beide teile je nach anlass zu trennen oder zu verbinden.

  • Vielen Dank für die Anmerkungen. Ich kann nur den von DJ-Tinitus vorgetragenen Argumenten zustimmen und mit aller Entschiedenheit betonnen: Der Staat, als Bauträger, ist zur konfessionellen Neutralität gegenüber allen verpflichtet. Wenn das Bedürfniss nach Gottesdiensten jedeweder Art besteht, dann genügt dafür – besonders in öffentlichen Gebäuden – ein Andachtsraum, der jeder Konfession offen steht und keiner Glaubensrichtung explizit geweiht gehört.


    Baukasten: "Stimmt, genauso sollten endlich alle Bauten der Renaissance und des Barocks aus Leipzigs Altstadt entfernt werden, da deren architektur-historische Bedeutung in einem gründerzeitlich und zeitgenössisch überformten Umfeld nicht mehr zum Tragen kommen kann."


    Wenn du das so siehst, dann wohl an. Was nicht verstanden wurde, ist die Tatsache, dass die historische Kontinuität nicht gegeben ist. Bei dem von dir gezeigten Beispielen ist eine historische Entwicklung klar erkennbar und erlebbar. Die Bauten der Leipziger Altstadt, egal aus welcher Epoche, ergänzen sich (Ausnahmen bestätigen die Regel) in architektonischer Hinsicht durch ihre Fassadengliederungen, Geschosshöhen, Grundrisse, Umgang mit baulichen Details. Der Augustusplatz ist bis auf vier Ausnahmen durchweg Nachkriegsarchitektur, die zur Zeit um einen postmodernen Neubau ergänzt wird. Eine historische Abfolge und Kontinuität, vor allem eine gestalterische Bezugnahme der verschiedenen Epochen ist nicht mehr erkennbar. Wenn jetzt Bürger der Meinung sind ein Bauwerk in dieser gestalterischen Monografie wieder zu errichten, welchem jeder Ortsbezug fehlt, nur das es eben wieder da steht, dann hat es den Makel des Nostalgieschicks und entbehrt nicht eines gewissen Kitschs, da ja der Gesamtkontext nicht mehr existiert.

  • Dieser Meinung bin ich auch. Deswegen fand ich es auch immer nicht zielführend, am Augustusplatz irgendwelche Rekos zu diskutieren. Das wären bezugsfreie Solitäre, ein l'art pour l'art. Gerade aber in Leipzigs Innenstadt mit seinen teuren Grundstücken darf Architektur doch kein Selbstzweck sein.

  • bei den letzten beiden einträgen ist mir aufgefallen, dass außenstehende da wohl eine sehr neutrale sichtweise haben.. diese ist sicherlich auch oft von vorteil.
    euch blutet das Herz ja auch nicht, wenn ihr euch den augustusplatz vor eurem geistigen auge so vorstellt, wie er ohne die kommunisten und nazis aussehen könnte!!



    kann mich nicht wirklich mit der hauptpost und dem radisson anfreunden um jetzt mal nur 2gebäude zu nennen..(uni mal noch außen vor)
    auch wenn es sicherlich deutlich schlimmer sein könnte, als es der entwurf von egeraat(der mich immernoch an scientology erinnert:cool: ) ist, emfinde ich den augustusplatz nicht wirklich stilistisch zu Leipzig passend... ganz egal wie viele museen der bildenden künste wir noch bauen!



    achja, und ich bin für Laizismus!!

  • dj tinitus: der gedanke, die gesprengten und vergrabenen ziegelsteine wieder auszubuddeln und neu zu verwenden, ist aber schon sehr verwegen. nicht nur bei dieser methode ist auch das argument mit den bau- und betriebskosten falsch. beim neubau entstehen ja über dem hauptraum noch drei weitere geschosse für universitäre nutzung. die hätten bei der kirchen-reko ja an anderer stelle gebaut und unterhalten werden müssen. die kosten dafür muss man ja mitbedenken.


    Die Baukosten für einen Wiederaufbau wurden immer mit 25 Mio. € angegeben. Die Wiederverwendung der originalen Ziegelsteine ist bei dieser Summe bereits berücksichtigt. Über die Mehrkosten, die bei einer alternativen Unterbringung der jetzt im Egeraat-Neubau vorgesehenen Fakultätsräume anfallen würden, können wir nur spekulieren. Allerdings dürften wir uns darüber einig sein, dass sich durch 2000, 3000 m² anderweitig unterzubringender Nutzfläche (bspw. in einem erweiterten Seminargebäude), die Gesamtkosten sich nicht verdoppelt hätten. Erst wenn das einträte, könnte man nämlich nicht mehr von einem Baukostenvorteil der Reko sprechen. Letztlich sind die derzeit veranschlagten 50-55 Mio. € Baukosten zumindest für den Haushalt der Uni aber auch nicht entscheidend, sondern allein die zu erwartenden Betriebskosten. Dass der Egeraat-Bau in diesem Punkt schlecht abschneidet wird von niemandem bestritten. Erst recht nicht von der Uni, für die genau das m.E.n. immer einer der ausschlaggebenden Gründe war, sich gegen den Egeraat-Bau auszusprechen.

    dj tinitus: und jetzt zu deinem kompromissvorschlag: das ist doch keiner.
    den raum gleichermassen als kirche und aula zu nutzen, war kein problem, solange alle uni-angehörigen christlich waren. das ist doch heute ganz anders. die breite mehrheit ist konfessionslos. muslime, juden etc. werden bei stärkerer internationaler ausrichtung künftig sicher noch mehr vertreten sein. all denen eine kirchenaula mit kanzel und altar als "versinnbildlichtes toleranzideal" vorzusetzen, wäre doch das verkappte gegenteil dessen.


    Ist es nicht eher so, dass ein Anhänger einer anderen Konfession oder ein Konfessionsloser, der sich in einem Bauwerk mit dieser Vergangenheit an christlicher Symbolik stört, sich bereits mit der kirchenähnlichen Architektur des Gebäudes schwer tun müsste, ganz egal ob es im Innern eine Kanzel gibt oder nicht? Und sollte man dann, vor allem wenn man wie du einen überkonfessionellen Andachtsraum einfordert, konsequenterweise nicht auf jedes visuelle Erinnern an eine Kirche verzichten?
    Letztlich lohnt es sich gar nicht darüber zu streiten. Denn es war nie die Rede von einem überkonfessionellen Andachtsraum, sondern hier geht es u.a. darum der christlichen Universitätsgemeinde eine neue Heimstätte zu geben, an der sie ihre Gottesdienste feiern kann. Sollten daran Zweifel bestehen, möchte ich euch fragen wieso die Uni kein Problem damit hätte, die Kanzel in eben jenem Andachtsraum anbringen zu lassen. Der offizielle Sprachgebrauch erschien mir dahingehend auch jederzeit eindeutig, es war immer die Rede von der Errichtung eines Aula-Kirchen-Baus. So muss es auch Egeraat verstanden haben, sonst hätte der nie diesen Entwurf abgeliefert.
    Und genau an diesem Punkt stellt sich wieder die Frage, warum die Unterteilung mit einer Glaswand, die für alle Nutzergruppen nur Nachteile bringt, die Baukosten erhöht und insbesondere an einer guten Akustik zweifeln lässt.

    Caspar Borner: Der Augustusplatz ist bis auf vier Ausnahmen durchweg Nachkriegsarchitektur, die zur Zeit um einen postmodernen Neubau ergänzt wird. Eine historische Abfolge und Kontinuität, vor allem eine gestalterische Bezugnahme der verschiedenen Epochen ist nicht mehr erkennbar. Wenn jetzt Bürger der Meinung sind ein Bauwerk in dieser gestalterischen Monografie wieder zu errichten, welchem jeder Ortsbezug fehlt, nur das es eben wieder da steht, dann hat es den Makel des Nostalgieschicks und entbehrt nicht eines gewissen Kitschs, da ja der Gesamtkontext nicht mehr existiert.


    Also mir erscheint deine Argumentation ziemlich willkürlich und extrem konstruiert (insbesondere was den angeblich fehlenden Ortsbezug betrifft). Das habe ich mit meiner natürlich nicht ernst gemeinten Aufforderung andeuten wollen. Angenommen man hätte die Unikirche 68 stehen gelassen, würden wir letztlich genau dieselbe Situation am Augustusplatz vorfinden wie heute im Falle einer Rekonstruktion. Eine gotische Hallenkirche und ringsherum ausschließlich Architektur des 20. Jahrhunderts. Der (architektonische) Gesamtkontext von dem schreibst würde also auch bei einer erhaltenen Unikirche fehlen. Hieße das (gemäß deiner Argumentation), wir müssten die Unikriche heute abreißen?

  • hallo baukasten,
    da die kirchenreko nie ernsthaft in erwägung gezogen wurde, sind auch die tätsächlichen kosten hierfür ungeklärt. 25 mio wollte allein der paulinerverein aus spenden aufbringen. betonung liegt auf wollte.

    selbstverständlich wäre es konsequent, im hauptraum jeglichen kirchenähnlichen charakter vermeiden. dass dennoch das kreuzgewölbe und der chor für religöse zwecke neu entstehen, zeigt doch, wie sehr man bereit ist, dem anliegen der universitätsgemeinde entgegen zu kommen. vielleicht zu weit. wenn ihr die aufstellung der kanzel in ihrem andachtsraum nicht passt, sollte man vielleicht besser ganz darauf verzichten.
    das ist wie im richtigen leben: wenn man die hand reicht, will man nicht, dass einem der arm abgehackt wird.

  • selbstverständlich wäre es konsequent, im hauptraum jeglichen kirchenähnlichen charakter vermeiden..


    Wieso? Worin besteht dann die Referenz an die Situation, wie sie sich jahrhundertelang dargestellt hat? Wo liegt das Problem daran, zumindest optisch daran zu erinnern? Und willst du ernsthaft behaupten, die von der Universität jetzt scheinbar durchgesetzte Innenraumgestaltung ist ästhetischer oder praktischer als die ursprünglich von Eggerat vorgesehene? Im Gegenteil, sie ist teurer, klimatisch ungünstiger, statisch schwieriger zu realisieren und dass sie besser aussieht, bezweifle Ich auch.


    Im übrigen wäre ein kirchenähnlicher Innenraum mit durchgezogenen Glassäulen wirklich eine architektonisch einmalige Angelegenheit gewesen - das was jetzt kommt, geht Richtung Zweckraum. Für mich definiert sich so eine vergebene Chance.


    das ist wie im richtigen leben: wenn man die hand reicht, will man nicht, dass einem der arm abgehackt wird.


    Die Universität hat nie eine Hand gereicht. Immerhin hat sie daraus auch nie einen Hehl gemacht, ich frage mich aber schon, woher du deine Analogie nimmst. Und eins steht ja wohl fest: wenn sich die Universität durchgesetzt hätte, hätten wir da in einem jahr einen besch**enen Zweckbau stehen.


    Im Übrigen finde ich die Diskussion um die Konfessionslosigkeit bzw. Andersgläubigkeit der Studenten total affig - das würde im Umkehrschluss heissen, dass wir in einer heute noch stehenden Kirche eine moslemische, eine buddhistische und vielleicht noch eine Hare-Krishna Gebetsecke einrichten müssten.


    Im Übrigen sind m.E. Menschen, die sich als Konfessionslos (und das sind immer noch die meisten Studenten) bezeichnen, und sich weigern, Kirchen zu betreten, weil sie ja eben nicht gläubig sind, genauso verbohrt, wie missionierende Christen.


    Grüße,
    *D

  • @ Baukasten:
    Vielen Dank für deine Anmerkung. Ich glaube bei der Emotionalität dieses Themas ist es wichtig etwas Humor zu bewahren.
    Ich finde es einen interessanten Gedankengang, ein Szenario auszumalen, was denn wäre, wenn die Kirche noch stehen würde. Ich möchte diese Vorstellung gleich aufgreifen doch vorweg will ich meine bisherigen Gedanken noch etwas präzisieren: Ein wie auch immer vollzogener Aufbau der Paulinerkirche, wäre halt nur eine Rekonstruktion (nicht wie im Falle der Dresdener Frauenkirche ein wirklicher Wiederaufbau), solche Rekonstruktionen können den Geist eines Gebäudes nicht wiederbringen. So sehe ich das auch beim Berliner Schloss, beim Braunschweiger Schloss etc. Ein Beispiel: Meine Mutter erzählte mir immer, dass es in der Universitätskirche "alt" roch – wahrscheinlich meinte sie, diese ganz besondere "Seele" die in historischen Gemäuern zu spüren ist. Ein Neubau kann diese "Seele" eines Gebäudes nicht wieder bringen. Ein anderes Beispiel: die romanischen Kirchen Kölns wurden nach dem Krieg wieder aufgebaut – das sieht man den Gebäuden nicht nur an, man spürt es wenn man in den Kirchen ist. Es wirkt alles irgendwie neu und ziemlich steril, nicht einzigartig. Bei einer wiederaufgebauten Universitätskirche wäre es wohl so ähnlich.
    Dein Szenario einer erhaltenen Unikirche am heutigen Augustusplatz wirft eine komplexe Fragestellung auf. Natürlich verbietet es sich, ein orginales Gebäude abzureisen - es ist ja nicht nur Teil unseres gemeinschaftlichen Erbes; Indentifikationspunkt, es kündet uns auch vom handwerklichen Können und ästhetischem Empfinden unserer Ahnen – stiftet also unsere heutige Identität mit. In der Situation, die du beschreibst, sehe ich die Architekten in der Pflicht. Leider haben diese in der heutigen Zeit, nicht immer das Gespür, mit den gegebenen baulichen Situationen angemessen umzugehen. Das was in der Gründerzeit noch gelang, ist heute die Ausnahme – nämlich die Anpassung des neuen an das Gegebene. Kurzum, sollte die Unikirche heute noch stehen, müsste sich ein Neubau der Universitätsgebäude am gegebenen orientieren. In diesem Zusammenhang finde ich auch den Bau des Kroch-Hauses, als nicht gerade gelungen –*dies aber nur am Rande.


    Ich würde mir wünschen, dass am Neubau, an prominenter Stelle, daran erinnert wird, welche Kulturbarbarei einst stattfand. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, dass gerade die Universtätskirche und ihr Schicksal als Lehrbeispiel für falsches Dogma in der Architektenausbildung Eingang findet.
    Ganz davon abgesehen finde ich es eine himmelschreiende Schweinerei, dass die Verantwortlichen für den Abriss, auch heute immer noch ungesühnt unter uns sind. Und von der Gemeinschaft noch nicht einmal dazu aufgefordert werden, ihr damaliges handeln zu rechtfertigen.

  • .L.E.: "bei den letzten beiden einträgen ist mir aufgefallen, dass außenstehende da wohl eine sehr neutrale sichtweise haben.. diese ist sicherlich auch oft von vorteil.
    euch blutet das Herz ja auch nicht, wenn ihr euch den augustusplatz vor eurem geistigen auge so vorstellt, wie er ohne die kommunisten und nazis aussehen könnte!!"


    Lieber .L.E.,
    ich muss dir leider widersprechen: Ich bin Leipziger mit Herz und Seele, was mich gerade über dieses Thema auch sehr emotional denken lässt. Ich sehe aber keine Notwendigkeit, künstlich historische Kontinuität vorzuspielen, wenn keine tausend Meter weiter östlich echte Baugeschichte vor sich hingammelt. Bevor ich dem Wiederaufbau einer Paulinerkirche zustimmen würde, wäre es mir eine Hauptanliegen die vor sich hingammelnde Buchhändlerböre zu sanieren, denn immerhin ist da noch genügend orginales Potenzial vorhanden. Ebenso verhält es sich mit dem Ringmessehaus oder dem Astoria und so weiter...

  • Lieber .L.E.,
    ich muss dir leider widersprechen: Ich bin Leipziger mit Herz und Seele, was mich gerade über dieses Thema auch sehr emotional denken lässt. Ich sehe aber keine Notwendigkeit, künstlich historische Kontinuität vorzuspielen, wenn keine tausend Meter weiter östlich echte Baugeschichte vor sich hingammelt. Bevor ich dem Wiederaufbau einer Paulinerkirche zustimmen würde, wäre es mir eine Hauptanliegen die vor sich hingammelnde Buchhändlerböre zu sanieren, denn immerhin ist da noch genügend orginales Potenzial vorhanden. Ebenso verhält es sich mit dem Ringmessehaus oder dem Astoria und so weiter...


    Ohne jetzt für eine Rekonstruktion zu sein - mir wäre wie oben beschrieben der von Eggerat zunächst vorgesehene Innenraum und eine bessere Gestaltung der Seminargebäude zur Grimmaischen Straße hin schon genug gewesen - magst du damit subjektiv Recht haben, allerdings erinnert mich die Argumentation daran, dass so manches LVZ-Forenmitglied die Gelder für den Citytunnel gern in Kindertagesstätten gesteckt hätte. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, die Gelder kommen aus anderen Quellen, sind teilweise zweckgebunden etc.


    In welcher Hinsicht wäre denn beispielsweise ein rekonstruierter Uni-Komplex eine konkurrenz für das in Finanzinvestorenhänden vor sich hin dümpelnde Hotel Astoria gewesen? Inwieweit hätte er die schiere Größe und die darin begründete schwere Vermittelbarkeit des Ringmessehauses verringert?


    Im übrigen glaube ich, dass sich gerade in den letzten Jahren in Leipzig herausgestellt hat, dass die Sanierung von historischen Gebäudekomplexen sich durchaus auch finanziell lohnen kann. Ich glaube nicht, dass wir heutzutage noch mit einem Verlust von Buchhändlerbörse, Ringmessehaus, Hafenspeichern Lindenau etc. rechnen müssen. Das sah in den 90ern noch ganz anders aus.


    Grüße,
    *D


    PS: Cowboy, zählst du noch die Leipziger Mitglieder? ;)


  • Im übrigen glaube ich, dass sich gerade in den letzten Jahren in Leipzig herausgestellt hat, dass die Sanierung von historischen Gebäudekomplexen sich durchaus auch finanziell lohnen kann.


    -das empfinde ich persönlich auch als optimum
    -und meines erachtens trägt der city-tunnel auch dazu bei und die stadt sollte auch weiterhin alles dafür tun die perfekten rahmenbedingungen zu schaffen um leipzig für alle investoren noch attraktiver zu machen
    -dann wird von ganz alleine das Ringmessehaus und das Astoria saniert, einfach nur weil es wirtschaftlich sinnvoll ist



    @caspar du hast da ja vollkommen recht, aber der augustusplatz wird sich jetzt wohl in den nächsten 100jahren nicht mehr viel verbessern, abgesehen von der hauptpost... und irgendwie stellt mich das einfach nicht zufrieden.. aber ich lasse mich nur zu gern vom gegenteil überzeugen..