Mahn- und Denkmale in Berlin

  • ^^
    Kommt schon vor, dass beispielsweise nach dem Ende einer Diktatur später Mahmale errichtet werden.


    In Argentinien treibt man da vergleichbaren Aufwand. Es wurde in Buenos Aires ein großer Skulpturenpark mit Mahnmalen an die Opfer der Diktatur von 1976 bis 1983 errichtet. Eine zentrale Mauer mit den Namen und diverse Skulpturen. Mit Führungsprogramm, Bibliothek, Archiv und allem was dazu gehört.


    "Parque de la Memoria"
    Offizielle Seite
    http://www.parquedelamemoria.org.ar/monumento_apertura.php


    Ein paar Bilder
    http://www.argentinaindependen…eye-parque-de-la-memoria/

  • Was ist denn an der "Puppenallee" bitte schön Mahnmal? Der offzielle Name "Siegesallee" widerspricht dem ja schon. Was andere Familien im Fotoalbum haben, hat Willi in Marmor fassen lassen. Etwas weiter gefasst war es dann wohl eher eine Manifestation des (preußischen) Patriotismus.


    Naja, der Stalinismus ist auch nicht grad zimperlich mit Minderheiten umgegangen, auch wenn sichs bei den Juden eher auf die intellektuelle Elite beschränkte. Wie hier im dem Ersten Weltkrieg, haben auch für die SU jüd. Soldaten fürs Vaterland gekämpft, woraufhin sie anschließend wie Dreck behandelt wurden (wenn auch in D später als in der SU). Von den russ. Pogromen der Zarenzeit, als Juden hierzulande schon längst ein tolerierter Teil der Gesellschaft waren, ganz zu schweigen. Zudem hat Stalin in seiner paranoiden Manier ja auch seine eigenen Leute, also Russen (na jut, er selbst war ja genaugenommen keiner) auch wahllos liquidieren lassen, vielleicht sogar mehr als Adi. Ich weiß nicht, wie es in Russland mit der Denkmalkultur zu diesem Thema aussieht, aber ich gehe mal davon aus, dass ein großer Nachholbedarf besteht.

  • Ben: Allerdings gehören die Russen auch zu jenen Völkern, die eher unkritisch mit ihrer Vergangenheit umgehen. Wie eigentlich alle - Japaner, Türken usw. - außer den Deutschen.
    Wenn wir schon bei Pogromen sind, sollten jene in Polen NACH dem zweiten Weltkrieg ncht vergessen werden.....
    OT Ende

  • Ich weiß nicht, wie es in Russland mit der Denkmalkultur zu diesem Thema aussieht, aber ich gehe mal davon aus, dass ein großer Nachholbedarf besteht.


    Mag sein. Was hat das mit dem Holocaust-Mahnmal zu tun?

  • Weil wir (geographisch) etwas vom Thema abgewichen sind ;). Aber das Thema ist ja vorbei.

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Sinti- und Roma-Mahnmal

    Trotz bereits länger anhaltendem schmuddeligen Winterwetter ist das Mahnmal weiterhin in gutem, sauberem und gepflegtem Zustand. Das ist doch mal was erfreuliches.


  • Mahnmal gegen SED-Diktatur

    Die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) fordert ein Denkmal in Berlins Mitte, um an die Opfer der SED-Diktatur zu erinnern und 'einen Kontrapunkt zu Marx und Engels', sprich gegen die Geschichtsvergessenheit zu setzen. In dieser Hinsicht wird z.B. ein Standort nahe der Marx-Engels-Ikone auf dem MEF angedacht, jedoch ist alles noch in einem recht frühem Stadium.


    http://www.berliner-zeitung.de…ls,10809148,22058492.html



    Ich finde, angesichts der heutigen Verklärung des Kommunismus wäre ein Denkmal ein guter Schritt um die Öffenlichkeit zu einem verstärkten Nachdenken über die jüngste Vergangenheit zu bewegen. Die Diskussion über die SED-Diktatur darf man nicht allein den ehemaligen Tätern und heutigen Sympathisanten überlassen.

  • ^
    Das Thema scheint dann doch eine recht große Resonanz zu besitzen. Damit alle im Forum davon was haben und auch Nicht-Berlin-DAFler sich dazu eingeladen fühlen mitzudiskutieren, habe ich alle nachfolgenden Beiträge in einen eigenen Thread in die Lounge verschoben.

  • Standortfrage klären

    Genauso wie bereits an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird, sollte auch jenen des SED-Regimes an zentraler Stelle in Berlin gedacht werden. Neben dem Marx-Engels-Forum käme als möglicher Standort für mich vor allem der Platz der Republik in Sichtweite des Brandenburger Tors infrage.


    Die Neue Wache wäre als Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus aufgrund ihres militärischen Charakters allerdings völlig unpassend. Für das laut Berliner Zeitung geplante Mahnmal für die in Auslandseinsätzen getöteten Bundeswehrsoldaten würde sie sich jedoch wiederum gut eignen.

  • Dann kommen aber wieder die Leute, die sagen: Zu viel monarchische, militaristische Tradition.


    Genau genommen hast du Recht. Die Neue Wache hat einfach so eine lange Tradition. Da ist eine Umwidmung blöd. Ich finde die Bundeswehr-Sache auch unpassend.


    Allerdings ist das Bundeswehrmahnmal ja auch noch in Reichstagsnähe geplant, und dann noch das Kommunismusteil. Das wird einfach immer absurder. Beim Bunderwehrmahnmal kommt hinzu, daß bereits ein öffentlich zugängliches am Bendler-Block steht und auch bleiben soll und jetzt quasi noch eine outgesourctes dazukommen soll - damit auch die Volksvertreter genau wissen, was für Konsequenzen ihre Entscheidungen haben.


    Es ist alles schon ein bißchen volkspädagogisch und angestrengt. Man sollte sich darüber im klaren sein, daß wir auch prima ohne Mahnmale auskommen könnten. Daß man also auch sagen kann: Okay, wir lassen das jetzt erst mal, und gucken in 10 oder 20 Jahren weiter.

  • Ich finde es nicht abwegig oder absurd, dass in einer Hauptstadt (und auch in anderen Städten) Denkmale im öffentlich Raum zu verschiedensten historischen Begebenheiten, für herausragende Menschen oder für wissenschaftliche/technische Leistungen aufgestellt werden.
    Sie dienen der Erinnerung an Errungenschaften und der Mahnung an Katastrophen. Natürlich erfüllen sie auch eine pädagogische Aufgabe und sie können auch ein Ort für Trauer und Besinnung oder für innere Erhebung sein. Außerdem bereichern sie den städtischen Raum. Das ist doch eine alte Tradition, die man weiter pflegen sollte.


    Wichtig ist doch die künstlerische Gestaltung. Wenn sie gut und maßvoll ist, dann her mit dem Denkmal!


    Aus diesem Grund halte ich die Umwidmung der neuen Wache für Kommunismusopfer oder Bundeswehrsoldaten für falsch. Die Neue Wache ist in ihrer Allgemeinheit wunderbar. Schinkel und Kollwitz bilden hier ein ganz besonderes, großartiges Duo. Finger weg von der Neuen Wache!


    Um den Reichstag herum hingegen ist doch noch jede Menge platz für das eine oder andere Denkmal. Das müssen ja auch nicht immer riesige Kolosse sein.

  • Ich meinte natürlich, daß wir auch prima erst mal ohne die noch anstehenden Mahnmale auskommen können. Daß man also auch noch warten kann. Nicht daß alles Bisherige redundant sei. Das wäre ja auch ein bißchen merkwürdig bei meinen Meinungsbekundungen hier im Forum.


    Die Siegessäule ist ja kein Mahnmal oder Denkmal mehr, sondern eine Art Fernsehturm des 19. Jahrhunderts und der Nazis. Heute sind Denkmäler halt meistens irgendwie abstrakt und pseudointellektuell. Da fehlt häufig der Zugang. Ich sehe es auch wie du mit der Neuen Wache. Eine erneute Umwidmung würde das Denkmal entwerten.


    Hier mal ein ablehnender Artikel für ein Kommunismusopfermahnmal überhaupt. Überraschend in der strikt antikommunistisch-mccarthyistischen FAZ:


    Berliner Mahnwahn - FAZ


    Gute Wortschöpfung. Der Artikel ist allerdings von einer 1953 in der DDR geborenen Frau. Ich finde, das Grundgefühl ist aber richtig. Jetzt ist mal langsam gut. Und irgendwann kriegen die Kommunismusopfer auch eins.


    Und: Es soll ja auch noch die Wippe kommen. Auch damals dachte ich schon, sind die deppert? Das ist viel zu früh, viel zu unausgegoren, viel zu wenig Zeit. Das sollte über lange Jahre reifen. Das kann man auch noch 2030 bauen. Wenn von Teilung nicht mehr viel übrig ist.

  • @ Rotes Rathaus: Von 1818 bis 1990 diente die Neue Wache quasi ununterbrochen als Gefallenendenkmal. Erst im Jahr 1993 wurde sie auf Geheiß des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) zum "Mahnmal gegen Krieg und Gewaltherrschaft" umgewidmet. Zahlreiche Kritiker sahen bereits in dem unspezifischen Verweis auf "Krieg" und "Gewaltherrschaft" nicht nur eine Neigung zur pauschalen Verallgemeinerung, sondern auch einen Mangel an prägnanter Aussagekraft. Hinzu kam die umstrittene Aufstellung einer stark vergrößerten Plastik von Käthe Kollwitz, die eine Mutter mit totem Sohn zeigt. Dadurch erhielt die Gedenkstätte zwar einen emotional ansprechenden, aber ebenfalls historisch wenig aussagenden Gesamtcharakter. Anstatt zwischen Tätern und Opfern sowie Ursache und Folge klar zu unterscheiden, strebte man hier eher einen vagen Ausdruck von Trauer und Versöhnung an. Im Nachhinein führte die heftige Kritik seitens zahlreicher Denkmalexperten und Politiker dazu, dass am Eingang des Mahnmals zusätzliche Tafeln mit Hinweisen auf die verschiedenen Opfergruppen angebracht wurden (siehe auch DIE ZEIT, Ausgabe 13/1998). Auch ich halte Helmut Kohls im Alleingang getroffene Entscheidung von damals als falsch und schlage daher vor, an die lange Tradition der Neuen Wache als Denkmal für die Befreiungskriege anzuknüpfen, sie zu einem "Denkmal für die gefallenen Soldaten der Bundeswehr", wie es in jedem Land der Welt eines gibt, umzugestalten und sie in eine zeitgemäße Erinnerungskultur zu integrieren.


    @ Echter Berliner: Auf die deutsche Einheitswippe sollte man getrost verzichten und das Geld stattdessen besser in ein "Denkmal für die Opfer des Kommunismus" stecken. Neben dem bereits erwähnten Platz der Republik in Sichtweite des symbolhaften Brandenburger Tors könnte man auch den Alexanderplatz, den Ausgangsort der berühmten Demonstration vom 4. November 1989, die als Meilenstein der friedlichen Revolution in der DDR gilt, als künftigen Standort wählen.

  • Derzeit gibt es eine Initiative für die Errichtung eines Denkmales für die Opfer der NS-Lebensraumpolitik in Osteuropa. Als Standort ist die Straße des 17. Juni vorgesehen, hier soll das sowjetische Ehrenmal ein Pendant erhalten. Ein entsprechender Aufruf erinnert daran, dass die Verbrechen der deutschen Truppen in der Sowjetunion und in Polen auch im heutigen Deutschland noch immer als Nebenfolgen des Krieges betrachtet würden. Noch immer wäre viel zuwenig bekannt, dass der Massenmord an Zivilisten ganz bewusst geplant und umgesetzt worden wäre und dass er Teil einer Strategie zur Eroberung fremder Gebiete war. Unterschrieben wurde der Aufruf von renommierten Persönlichkeiten, wie Egon Bahr, Klaus Bednarz, Gregor Gysi, Walter Momper, Gabriele Krone-Schmalz, Lothar Bisky, Volker Braun und anderen.


    http://www.stiftung-bg.de/gums/de/
    (auf die Rubrik "Aktuell" klicken)


    Ich halte diese Initiative für sehr wichtig, weil die deutschen Verbrechen in Osteuropa tatsächlich im deutschen Alltagsbewusstsein viel zu wenig präsent sind und weil gerade auf diesem Gebiet Aufklärungsarbeit wichtig ist.

  • Also für mich ist ja interessant, wie groß das dimensioniert sein soll. Und ob das nicht ein bißchen merkwürdig ist, so ein Mahnmal gegenüber dem sowjetischen Ehrenmal zu errichten. Die Russen waren ja auch nicht zimperlich.


    Und die Opfer der Kriegsverbrechen werden doch auch anderswo bedacht. Sicherlich ist es mal interessant zu erfahren, wie genau die Nazi-Politik im Osten aussah. Was da genau wie ablief. Als Deutscher ist man ja schon vollständig rehabilitiert, wenn man die Zahlen 1933, 6 Millionen und 1945 weiß. Ich meine, genau genommen weiß man ja viel zu wenig über die Einzelheiten des Zwölfjährigen Reiches.


    Ich habe neulich erst im Spiegel einen Artikel mit der Überschrift "Görings Liste" gelesen. Es geht um Albert Göring, Hermanns Bruder, der vielen Juden das Leben gerettet hat und sogar vielleicht in Israel als Kandidat für die "Gerechten unter den Völkern" vorgeschlagen wird. Ziemlich skurrile Sache. Ich mache mir ja gerne einen Spaß daraus, unseren Vergangenheitsdiskurs zu karikieren. Das ist die eine Seite. Dann finde ich es aber durchaus wichtig, daß man sich mal genauer über die NS-Diktatur informiert, ohne damit allerdings gleich in diese pathologische Schuldhaltung zu verfallen und alles Gegenwärtige mit dem Zwölfjährigen Reich zu kontextuieren. :)

  • Gegendenkmal

    Die Russen waren ja auch nicht zimperlich.

    Das Sowjetische Ehrenmal an der Straße des 17. Juni ist in besonderem Maße militaristisch, imperialistisch und chauvinistisch.
    Im Gegensatz zu dem Ehrenmal in Treptow, wo würdig der gefallenen Soldaten gedacht wird, verherrlicht man hier mit Panzern und Kanonen den Sieg der Roten Armee. Ein Sieg, der allein in Berlin die ganz persönliche Niederlage mehrerer zehntausend Frauen bedeutet hat.


    Unsere Politiker haben sich zur ewigen (!) Erhaltung und Plege dieses Denkmals verpflichtet.
    Ein Abriß kommt also nicht in betracht.


    Wenn schon ein weiteres Denkmal gebaut werden soll, dann sollte als Gegenpart eines für die von Rotarmisten vergewaltigten und ermordeten Frauen auf die andere Seite der Straße gestellt werden.


    Ich habe übrigens am 20.06.1998 dort für diese Idee demonstriert.

  • Ein deratiges Denkmal dem sowjetischen Siegesmonument gegenüber zu setzen halte ich auch für falsch. Zweifelsohne hatten die Sowjets nicht vor ganze Völker auszurotten aber deportiert und vertrieben was das Zeug hält, haben sie und zwar nicht zu knapp. Und dann zweifel ich auch daran, dass da alle Nachfahren der Opfer mit einverstanden sind. Darunter befinden sich neben Russen und Weißrussen ja bspw. auch Polen und Ukrainer. Also Völkerschaften die nach braunen Terror den roten ertragen durften. In der Ukraine spielt zudem noch der Holodomor eine nicht zu unterschätzende Rolle im öffentlichen Bewusstsein.


    Also so ein Denkmal müsste wohl pointiert sein und bitte woanders stehen aber nicht dort. Allerdings sehe ich die Notwendigkeit auch nicht unbedingt gegeben. Das Stichwort "Lebensraum im Osten" kennt sicherlich so gut wie jeder. Da braucht man dann als logisch denkender Mensch nur eins und eins zusammen zählen was das für die Menschen bedeutete die dort bereits lebten. Und Jenen wo es dazu nicht reicht, kann auch kein Denkmal helfen.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • ^^Gegenüber dem Sowjetischen Ehrenmal kann aus meiner Sicht eigentlich nur ein (oder drei) "Pendant/s" der drei anderen Mächte (US, GB, FR) logisch zu einem Vier-Mächte-Platz abrunden, der dann in der Tat ein Platz der Besiegten (Deutschen) für die Sieger (über das NS-Deutschland) wäre. Auf der ehemaligen Kreuzung Siegesallee.

  • Helotengeist

    Zweifelsohne hatten die Sowjets nicht vor ganze Völker auszurotten aber ...

    Abert sie hat mit einigem Erfolg bei sich und den unterjochten Völkern die bürgerliche Klasse eliminiert - zum Wohle des Diktats des Proletariats.
    Was ist daran besser?


    Eine Ergänzung des imperialistischen sowjetischen Ehrenmals um entsprechende Denkmale der Westalliierten - 68 Jahre nach Kriegsende! - zu fordern ist Helotengeist.


    Auch die Westalliierten haben Kriegsverbrechen im großen Stil begangen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sie haben national-sozialistische Geheimdienstkader 1:1 übernommen, Wissenschaftler mit viel Dreck am Stecken in Ehren bei sich eingereiht und eine hemmungslose Machtpolitik betrieben.
    Kein Grund also, dass wir als Einzige, die ihre Vergangenheit aufgearbeitet haben, denen auch noch Denkmale setzen - und das in Sichtweite unseres Parlaments!