Mahn- und Denkmale in Berlin

  • Rembold


    Möglicherweise bist du aufgrund eigener Lebensumstände befangen. Deshalb solltest du meinen Beitrag noch mal in Ruhe lesen. Mich stören lediglich die Filmchen und der Monitor. Ich hoffe, das ist in unserer toleranten Gesellschaft erlaubt.


    Ich finde es äußerst befremdlich, was für eine Intoleranz und Rezeptionsverweigerung dein Beitrag ausstrahlt.

  • @ echter_berliner


    die den monitor schützende panzerglasscheibe musste schon dreimal ersetzt werden weil menschen sich an dem gezeigten zu sehr störten und diese zertrümmerten. soviel zur toleranz.

  • Rembold: das Eis politischer Korrektheit ist dünn. Sie verwahren sich gegen Diskriminierung - stellen aber im selben Atemzug die Behauptung auf, dass Heteros in der Regel weniger attraktiv seien als Homos.

  • Das Homocaustmahnmal bezieht seinen Reiz hauptsächlich aus dem Geheimnisvollen und Unerwarteten einer verlorenen Stele, wovon der Besucher ganz bewußt keinerlei Erklärung haben sollte, statt vulgärpädagogisch aufgeklärt und mit fragwürdigen Filmchen belehrt zu werden. Diese Filmchen haben auch den unangenehmen Beigeschmack der Instrumentalisierung für gegenwärtige Interessenspolitik.


    Das ist die perfekte Trivialisierung eines Mahnmals und der bezüglichen Geschichte. In der Nähe dieser Stele befindet sich am Boden eine kleine Tafel. Das hätte völlig ausgereicht.


    Das wäre tatsächlich beeindruckend und nachdenklich stimmend. Noch dazu wird duch diese Homofilmchen der Holocaust bzw. dessen Mahnmal trivialisiert.


    Das ist vielleicht ein bisschen arg streitlustig formuliert, aber im Kern würde ich dem zustimmen. Dank seiner äußeren Gestaltung, der Scheibe und dem Monitor hat das Mahnmal etwas von einer Jahrmarktsattraktion. Das Verhängnisvolle ist eben der Film im Inneren: Er hat keinen Bezug zu dem, was dieses Mahnmal eigentlich symbolisiert, nämlich Tod und Folter, sondern folgt schlichtweg einem politischen Programm und ist - eben weil er ein Film in einer Kiste auf einem öffentlichen Platz ist - vollkommen anders konnotiert.


    Die Idee mit dem Schaukasten, an den man herantreten muss, mit dem man sich auseinandersetzen muss, ist so schlecht ja nicht. Aber statt eines Films hätte es eines Objekts wie einem "rosa Winkel" bedurft.


    Oder man hätte den radikalen Weg einschlagen müssen, den "Echter Berliner" vorschlägt, nämlich einfach nur eine Stele und eine kleine Texttafel dort hinzustellen. Das hätte Mut zur Konfrontation bewiesen und eben nicht die CSD-Bildchen hinter'm Panzerglas.

  • Ich finde das Homo-Denkmal einfach sehr Pseudo. Diese Filmchen haben nichts mit dem Anlass dieses Denkmals zu tun. Zwei knutschende Jünglinge an sich mögen ja ein schöner Anblick sein, wirken allerdings eher wie ein "Gib AIDS keine Chance"-Werbespot oder Propaganda für Homo-Ehen. Es wurde jedoch errichtet für die Opfer der Nazis. Außerdem vermute ich mal (auch wenn ich mich mit dem Thema nicht beschäftigt habe), dass wohl zu 99,9% Männer von den Repressalien der Nazis (Lager, Sterilisation usw.) betroffen waren. Wieso also das Frauen-Filmchen? Für die Quote? Wie gesagt, alles sehr Pseudo :nono:...


    Als Betroffener würde ich dieses Mahnmal jedenfalls nicht verteidigen. Nicht wegen seiner Existenz, sondern wegen seiner lieblosen Umsetzung. Diese hat nichts individuelles oder eine Aussage. Es wirkt eher so, als hätte man bei den Bauarbeiten vom Holocaustdenkemal aufgrund der Größe des Blocks gesagt "Du kommst hier nicht rein!". Und dann hat man den Block eben im Busch zwischengelagert - und vergessen. Hm, ja...Und was machen wir nun damit? Ich finde z.B. das Mahnmal in Amsterdam sehr gut, auch weil es so in die Landschaft einbezogen wird.


    Mahnmale sollen nicht zu freudigen Reigen einladen (oder zum Versteckenspielen, wie das Holocaustmahnmal :nono:), aber eine ästhetisch ansprechende, Interesse weckende Gestaltung sollten sie trotzdem haben. Bei dem S&R-Mahnmal ist dies mMn auf jeden Fall gelungen!


    @Arcadien
    Andere Mäler, mögen sie nun denken oder mahnen, werden auch regelmäßig Opfer von Vandalismus. Ein einsamer Bildschirm im dunklen Wald wirkt wohl einfach sehr anziehend auf angetrunkene Individuen, sodass das wohl nur bedingt etwas mit der jew. "Zielgruppe" zu tun hat.



    Edit: Mensch, da war mein Namensvetter wohl schneller :D

  • Ich fände ich es wichtig, dass nicht nur die Opfer des Naziregimes Beachtung finden, sondern alle Homosexuellen die nicht nur damals sondern auch heute und nicht nur in autoritären Staaten sondern auch in Demokratien verfolgt wurden und immer noch werden. Andernfalls schränkt sich der Blickwinkel zu sehr ein. Das scheint mir ein Problem speziell in Deutschland zu sein - dadurch dass man im Nachhinein die Anhänger der Naziideologie entmenschlicht, ist es einfach eine Gegenposition zu beziehen. Dabei wird gerne vergessen, dass sich derlei Hass wie Homos sich immer aus der 'Mitte der Gesellschaft' herausentwickelt hat, also mitnichten das teufliche Werk von Volksverführern ist.


    das Denkmal selbst... nun ja... es ist mal was anderes als der übliche Dampfhammerbetroffenheitseinerleibrei den man bei anderen Denkmalen findet.

  • Soweit ich weiss, ist das Denkmal zudem historisch verfälscht, um politischer Korrektheit genüge zu tun. Systematisch verfolgt würden in der Nazizeit Schwule, aber nicht Lesben. Trotzdem wurde aus Gründen des "Gender Mainstreaming" durchgesetzt, dass nicht nur ein schwules, sondern auch ein lesbischen Paar küssend zu sehen ist. Hoch lebe "Gender Mainstreaming"

  • @Mieze
    An sich stimmts schon. Aber gilt das nicht für alle Minderheiten? Am Nolle gibts doch auch schon ein "Selbstbewusstseins-Denkmal". Statt immer nur in die schlechte Vergangenheit zu schauen, gehts hier nach Beschreibung mal um die gute Gegenwart und Zukunft. Ist doch auch mal was schönes. Mal eine positive Botschaft, statt immer nur "Gejammer". Ein Rosa-Winkel-Denkmal gibts da auch. Ganz vergessen...Und naja, hier befinden wir uns eben auf der Naziopfer-Mahnmal-Meile. Ein Denkmal mehr oder weniger ändert auch nichts an der heutigen Einstellung der Leute.


    Wieso soll das Euthanasie-Denkmal eigentlich ans Kulturforum kommen, statt eben an die Naziopfer-Mahnmal-Meile? Stand da irgendein "Institut für Erhaltung der Deutschen Rasse" oder so?


    Oranien
    Gut, dass du vorherige Beiträge so gründlich liest ;).

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Also ich finde das Homomahnmal gut und richtig - mal abgesehen von dem Monitor. Es wäre meiner Meinung nach deutlich stil- und effektvoller ohne Filmchen. Eine Tafel steht ja bereits daneben.


    Ich war auch noch nie im "Ort der Information". Jeder weiß, wo das Judenmahnmal steht und wofür es da steht - fertig. Ähnlich wäre das auch mit dem Homomahnmal.


    Mich stören natürlich auch nicht küssende Männer an sich, jedenfalls nicht prinzipiell, sie nerven einfach in dem Kontext. Ich finde es immer lustig, wie man in solchen Forendiskussionen dann dazudichtet und sich ordentlich schön die geliebte Diskriminierung zurechtdichtet.


    Nein, ich bin nicht "homophob"!


    Allenfalls lesbophob. Die gehören da einfach nicht hin.


    necrokatz: Das mit der Nazizeit war schon etwas anderes als die normale Homodiskriminierung vor den 70er Jahren. Ich glaube, 60000 Schwule sind ermordet worden, weiß es aber nicht so genau.


    Ich hätte mir einfach ein stilvolleres Mahnmal gewünscht, auch um Berlin willen, um der Ästhetik willen. Es wäre einfach eine tolle Sache. Auch dieses Zusammenspiel mit dem Judenmahnmal.


    Übrigens ist gerade dieses "Steht irgendwo verloren rum, wird vielleicht übersehen" eine wichtige symbolische Qualität, weil das hier jemand kritisierte.
    Man kann da ruhig etwas kreativer rangehen an die Frage, wie ein Mahnmal zu sein hat.

  • Nein, ich bin nicht "homophob"!


    vielen dank, haben wir ihnen dieses geständis also erfolgreich aus den rippen geleiert. :daumen:


    sagen sie nochmal ich hätte keinen humor.


    die sache mit den mahnmalen verhält sich ja so, dass vor allem die betroffenengruppen einfluß auf deren gestaltung haben. was natürlich zu respektieren ist, wenn sie sich so dargestellt haben wollen.

  • Ich bin übrigens selbst schwul und finde das Mahnmal furchtbar (s.o.).


    Die Lesben gehören in der Tat dort auch so nicht rein und es gab ja auch berechtigerweise nicht wenige Stimmen, die gegen einen Film mit Frauen waren.


    Vor einiger Zeit kam das Thema der Mahnmale auch in einem Seminar zum Thema "Faschismus" auf, das ich besucht habe. In der Diskussion kristallierte sich dann heraus, dass die Mehrheit von uns Studierenden die zig Mahnmale für jede Gruppe heikel findet, weil diese in gewisser Weise den Holocaust zerfleddern. Der Blick wird weggelenkt von dem großen Ganzen, dem komplexen System. Problematisiert wird das dann noch durch die unterschiedliche Ausrichtung der Mahnmale, also dass das für die ermordeten Juden tatsächlich nur auf den Holocaust begrenzt ist, während das Homo-Mahnmal wiederum diesen Brückenschlag in die Gegenwart versucht. Es gibt da einfach keine klare Linie im Gedenken und das unterminiert eben das Andenken an sich.


    Ich glaube, 60000 Schwule sind ermordet worden, weiß es aber nicht so genau.


    Dass diese Zahl so gering ist, liegt übrigens nicht nur an dem geringeren Anteil von Schwulen an der Gesamtbevölkerung, sondern auch daran, dass viele Schwule im dritten Reich sehr gut angepasst und geduldet waren. Das ist nämlich auch noch ein Grund, warum dieses Mahnmal zumindest tendenziell geschichtsverfälschend ist: Es zementiert einen Opferstatus, der die eigentlich notwendige Auseinandersetzung mit der eben nicht so simplen Rolle Homosexueller im dritten Reich überschreibt.

  • Na selbst wenn Betroffenengruppen die Gestaltung beeinflussen, entspricht das Ergebnis ja nicht zwangsläufig allen Betroffenen, sondern nur den paar, die aktiv mitgewirkt haben und auch dann vielleicht nur mit Kompromissen. Habe ich beim Holocaustdenkmal oft genug mitbekommen, als diese ganzen Diskussionen mit Frau Rosh aufkamen. Aber jut, nun ists da...


    @Zerfelddern
    Guter Punkt.

  • soweit ich erinnere war die anfangsidee ja ein einziges mahnmal für alle ermordeten egal ob aus religiösen, rassischen, sexuellen oder politischen gründen. allerdings stämmte sich frau rosh die als nichtjüdin die interessenführerschaft für die jüdische gruppe übernommen hatte vehement dagegen. so kam es zu dieser aufsplitterung, dass jede gruppe ihr eigenes mahnmal erhielt. ich fand schon immer, dass dies keine gute lösung war.


  • Wieso soll das Euthanasie-Denkmal eigentlich ans Kulturforum kommen, statt eben an die Naziopfer-Mahnmal-Meile? Stand da irgendein "Institut für Erhaltung der Deutschen Rasse" oder so?


    In der Tiergartenstraße 4, ungefähr dort, wo sich heute die Philharmonie befindet, befand sich die Zentrale für die Leitung der Ermordung behinderter Menschen im Deutschen Reich. Deshalb werden die Euthanasiemorde in der NS-Zeit auch als Aktion T4 bezeichnet. Das erklärt, denke ich, den Standort am Kulturforum. Und sonderlich weit ist der Standort von den anderen Mahnmalen ja auch nicht entfernt.

  • Mahnmale "schön" oder "nicht schön"

    Alle drei Mahnmale für die Opfergruppen Juden, Schwule/Lesben und Sinti/Roma sind abstrakt - wer den Hintergrund nicht kennt oder die Infotafeln nicht liest, wird kaum darauf kommen, worum es geht. Okay, bei dem Video kann man sich evt. noch am ehesten auch so einen Reim machen.


    Das solche Mahnmale unterschiedliche ästhetische oder emotionale Reaktionen auslösen, ist normal und ist auch gewünscht - im Falle des Holocaust-Mahnmals sogar explizit durch den Architekten.


    Dadurch, dass kontrovers diskutiert wird (auch hier im Forum), ist ein Sinn ja erreicht: Die Leute setzen sich mit den Mahnmalen auseinander. Das ist doch schon mal wesentlich besser, als wenn sie z. B. aufgrund einer beliebigen allgemeingefälligen Gestaltung ignoriert würden.


    Und natürlich kann man ein Mahnmal (so wie jedes Bauwerk, jede Skulptur, jedes Denkmal usw.) unabhängig von dem geschichtlichen Hintergrund "schön" finden oder auch nicht. Mag sein, dass der Begriff dem einen oder anderen in dem Zusammenhang aufstößt, aber selbstverständlich kann man das.


    Wenn die Sonne tief steht und die Stelen des Holocaust-Mahnmals plastisch wirken und Schatten werfen, dazu eine angenehme Lichtstimmung herrscht, finde ich das Mahnmal ästhetisch gesehen schön. Genauso finde ich das Sinti-und Roma-Mahnmal schön, wenn spätabends oder sonstwann kaum oder keine anderen Besucher dort sind und man einfach die Gestaltung auf sich wirken lassen kann.


    Und dabei ignoriere oder verdränge ich keinesfalls die Untaten, an die erinnert werden soll.


    Wenn ich an das Grab eines mir lieben Angehörigen gehe, kann ich das Grab und sogar den gesamten Friedhof ja auch "schön" finden, ohne dass ich das Trauern vergesse oder der Tote mir egal ist.


    Das Schwule/Lesben-Mahnmal "gefällt" mir noch am wenigstens (auch wenn ich es beileibe nicht "schlecht" finde) - es ist mir etwas zu klein und unauffällig (vermutlich deshalb, weil es gegenüber des sehr großen Holocaust-Mahnmal etwas verloren wirkt) und man kann den Monitor nur max. zu zweit gleichzeitig betrachten. Andererseits macht genau das dieses Mahnmal auch wieder "interessant". Und der Film wird durchaus sehr häufig von Passanten angeschaut.


    Man kann m. E. noch am ehesten kritisieren, dass das Holocaust-Mahnmal eine echte Touristen-Attraktion geworden ist mit Caféterien, Souvenirläden und Aussichtsterrasse.


  • Man kann m. E. noch am ehesten kritisieren, dass das Holocaust-Mahnmal eine echte Touristen-Attraktion geworden ist mit Caféterien, Souvenirläden und Aussichtsterrasse.


    Soweit ich mich erinnere war die Gastronomiezeile am Mahnmal nur als Provisorium gedacht. Sie ist ja auch nur in einfacher Holzbauweise errichtet worden.


    Gab es denn einen Plan für die endgültige Bebauung?

  • Wenn ich an das Grab eines mir lieben Angehörigen gehe, kann ich das Grab und sogar den gesamten Friedhof ja auch "schön" finden, ohne dass ich das Trauern vergesse oder der Tote mir egal ist.


    Wobei z.B. das Holocaust-Mahnmal mehr ist, als nur ein Ort des Trauerns oder des Gedenkens wie z.B. ein Friedhof oder eine Gedenkstelle für Kriegsgefallene oder die Opfer eines Unglücks (oder auch eines Terroranschlages wie am Ground Zero in New York). Es geht auch darum, an das Verbrechen eines staatlich organisierten Massenmordes in deutschem Namen zu erinnern, dem von der damaligen Gesellschaft kaum Widerstand entgegengesetzt worden ist. Das muss nun natürlich nicht zwangsläufig bedeuten, dass ein solches Mahnmal nicht "schön" oder ästhetisch sein kann, aber zu glatt und harmonisch sollte es sich auch nicht in die Stadtlandschaft einfügen, ansonsten läuft es zumindest Gefahr, seinen Sinn und Zweck zu verfehlen.

  • Wobei man auch bedenken muß, dass es sich bei dem Mahnmal-Kult um eine spezielle deutsche Erinnerungskultur handelt.
    Einen Streit um Schönheit oder Eindringlichkeit wird es in anderen Nationen allein deshalb nicht geben, weil dort keiner auf die Idee kommt soetwas zu errichten.

  • Wobei man auch bedenken muß, dass es sich bei dem Mahnmal-Kult um eine spezielle deutsche Erinnerungskultur handelt.
    Einen Streit um Schönheit oder Eindringlichkeit wird es in anderen Nationen allein deshalb nicht geben, weil dort keiner auf die Idee kommt soetwas zu errichten.



    ist ja auch nicht nötig ... weil in anderen ländern auch keiner auf die idee gekommen ist andere menschen wegen ihrer rasse fabrikmässig zu töten.
    da hast du recht, das ist schon speziell deutsch.

  • Der Mahnmal-Kult in Deutschland ist älter und mE nicht Folge der Aufarbeitung der Nazizeit. Die "Puppenallee" steht stellvertretend dafür, dass die Deutschen spätestens seit Reichsgründung hier besondere Ambitionen entwickelt haben. Eine skurrile Sache - vielleicht Teil dessen, dass so eine späte und junge Nation sich stärker ihrer selbst zu versichern suchen musste als andere Nationen. Auf eine sonderbare Art setzt heute die bürgerlich-liberal-linke Seite fort was die rechtskonservativ-nationale Seite mal angefangen und zu einem Teil der deutschen Psyche gemacht hat.