Millennium
Was ist nur aus dem "Jahrtausend"-Bauwerk geworden.
Ein Freilufttheater (Amphietheater) wurde 1994 von einem der renommiertesten Architekten Braunschweigs entworfen. Merkwürdig waren die Örtlichkeit - eine Müllkippe auf einer stillgelegten Tonkuhle - und das "Baumaterial" schon. In der damaligen gestalterischen Beschreibung liest sich das so:
... Die Erfüllung aller Wünsche basiert auf dem Auftürmen großer Mengen von unbelastetem Bauschutt und Boden, der zu einem eindrucksvollen Relief modelliert wird ...
Ein Jahr zuvor - 1993 - war das Rathaus an gleicher Stelle noch mit Gefahrenabwehr befasst:
"Aus dem Bereich der früheren Deponie tritt Sickerwasser aus, das über Fanggräben in weitere Gräben gelangt. Dieser Sachverhalt ist schon seit längerem bekannt, ohne daß eine wirksame Abhilfe geschaffen werden konnte.
Weitere Verunreinigungen der Oberflächengewässer mit erheblichen Auswirkungen auf die Flora und Fauna und unter Umständen bei Nutzung des Oberflächenwassers auf die menschliche Gesundheit sind nicht länger vertretbar.
Die sofortige Vollziehung der Maßnahme mußte daher auch im öffentlichen Interesse angeordnet werden." (aus Verfügung der Stadt vom 28.1.1993
Die Baugenehmigung für das Millenium wurde 1995 erteilt, mit der Auflage der Abdichtung und Sicherung der alten Haus- und Sondermüll belasteten Tongrube.
Das wurde aber offensichtlich niemals kontrolliert.
So wuchs und wuchs eine Halde empor ... gefeiert vom Architekten:
" ... höchster topographischer Punkt Braunschweigs ... freier Blick ...
Unter den Sternen sind alle gleich ... " (aus den Bauakten) ,
der sich tatsächlich mit inzwischen 110 Metern ü.NN bis auf einen Meter dem Geitelder Berg (111 Meter ü.NN) genähert hat.
Noch 2003 wurde die Kulturstätte im Müll ernsthaft als Millenium "Veranstaltungsort, der das kulturelle Leben der Stadt bereichern wird und die Bewerbung Braunschweigs als Europas Kulturhauptstadt unterstreicht" hochgejubelt (http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2048/artid/1906226 ) .
Und die Stadt feiert auf ihrer Homepage das Millenium als Highlight im Westpark (als Ersatz für den Schlosspark?) und adelt das Millenium in dieser Hochglanzbroschüre:
"Im Bereich Madamenweg/Am Ganderhals entsteht das private Veranstaltungszentrum "Millenium", in dessen Mittelpunkt ein Freilufttheater steht. Auf dem großflächigen Gelände finden vielfältigste Veranstaltungen statt, die das kulturelle Angebot der Stadt Braunschweig bereichern." (Quelle: http://www.braunschweig.de/gruenanlagen )
Pikantes Detail am Rande: in die Aufschüttungen der Milleniums-Halde wurden 1999 nicht nur radioaktiver Sanierungsbauschutt aus dem Buchler-Gelände, sondern ab 2005 auch der Aushub aus dem Schlosspark verbracht.
Demnächst wird ein Verantwortlicher aus dem Rathaus präsentiert. Heisser Favorit ist wohl der ehemalige Stadtbaurat Dr. Klaus Beckmann. Das war damals der Kandidat der Grünen und der SPD.
Die Geschichte ist aber längst nicht zuende. Der amtierende Stadtbaurat Zwafelink gibt sich unschuldig und empört über soviel Rechtsverstöße. Und der damalige Kämmerei-Verantwortliche (OB Hoffmann) verdrückt sich hinter seinen Stadtbaurat.
Noch 2004 tauchen die aktuell noch Amtierenden in den Akten ganz anders auf:
19.02.2004 :Vermerk B.: „Herr L. beharrt weiterhin auf seinen Standpunkt, dass sämtliche Entschädigungen und Räumungskosten für die komplette Freimachung der Parzelle 3 (Kleingärten) von der Stadt zu übernehmen sind. Er verweist insofern auf diverse rechtsunverbindliche Zusagen und Absichtserklärungen der Verwaltung (Ämter 67 und 68, Stadtbaurat und Kämmerei) und aus der Politik (Vorsitzender des Grünflächen- und Landwirtschaftsausschusses).“
06.04.2004: Liegenschaftsamt an FB-Leiter: „... Die Kosten für den Grunderwerb zzgl. 3. (Entschädigung Kleingärtner), 4. (Kleingartenvereinsheim etc.) und anteilig 5. (Räumungskosten) sind von der Stadt zu tragen.“ Kostenbelastung rd. 180.000 € über Haushaltsstelle 88000.932100.000. Der Ankauf soll zu den vorgenannten Bedingungen erfolgen.
Was jetzt, Rückbau ? Deponie-Kapselung zur Gefahren-Sicherung oder neue Baugenehmigung für ein Freiluft-Theater ?