Leipziger Kaffeeklatsch (plaudern, träumen, ankündigen)

  • Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das der Anteil stimmt. Erscheint mir viel zu niedrig.


    Egal in welchen Himmelsrichtungen ich die Stadt durchquere, treffe ich auf ca. 80 % Gründerzeitbebauung. Bei Immobilienscout 24 zeigt sich ein ähnliches Bild.


    Leipzig hatte bereits um 1900 500.000 EW, 1918 ca. 620.000 EW, sicherlich war die Belegung der Wohnungen um einiges höher, aber die Anzahl der Wohnungen pro Haus auch wieder niedriger.

  • diese angaben werden schon stimmen. man denke nur an die ganzen einfamilienhäuser in den eingemeindeten stadtteilen, deren namen kaum einer kennt. andererseits stimmt auch dein eindruck: im kerngebiet ist der gründerzeitleranteil wesentlich höher. interessant finde ich, dass es noch fast 4000 gebäude gibt, die in der hierbei sogenannten vorgründerzeit zwischen 1871 und 1885 errichtet wurden. unter ihnen sind ja viele eher einfache häuser, die überhaupt nicht für eine lebensdauer von 150 jahren konzipiert wurden, schon gar nicht unter berücksichtigung fünfzigjähriger vernachlässigung. dass die immer noch stehen, sagt viel über die qualität der damaligen arbeit aus. ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mal in einem 150 jährigen plattenbau wohnen will. deshalb:
    - solche gebäude sind nicht reproduzierbar
    - hoffentlich können viele von ihnen gerettet werden
    - bei neubauprojekten kann hingegen ruhig dem zeitgeist gefrönt werden, um temporär die gründerzeitviertel zusätzlich zu beleben. moden kommen und gehen. was bleibt ist der schatz an altbauten. hoffentlich.

  • Wenn Sie sich auf den entsprechenden Seiten Leipzig aus der Vogelperspektive ansehen, werden Sie feststellen, wie viele Viertel mit
    - Plattenbauten
    - Bauten der zwanziger und dreißiger Jahre
    - Häusern aus den fünfziger und sechsziger Jahren
    bebaut sind. Das ist schon sehr viel! Wenn man sich überlegt, wie dieses Stadt ohne Kriegs- und sonstige Zerstörungen aussehen könnte, fehlen mir die W ... ;)
    http://www.leipzig.de/imperia/…lage_wohnanlagen_2006.pdf

  • ...jaja, Klein-Paris; aber das war mal! Deshalb kann ich auch nicht verstehen, warum man immer wieder diesen Spruch von Goethe rauskramt "Mein Leipzig lob ich mir". Das war auf die damalige Zeit und sicher auch Architektur bezogen. Ich musste immer schmunzeln als ich das Zitat auf den Brühl-Plattenbauten gelesen habe. Propaganda pur! Wenn Goethe diese Verschandelung sehen würde...er würde sich im Grabe umdrehen. Vom damaligen Glanz und Flair Leipzigs ist doch heutzutage nicht wirklich viel übrig. Wenn man sich die alten Bilder anschaut, wird einem das jedesmal wieder anschaulich bewusst.

  • Na das sehe ich anders. Also wenn ich mir da Dresden anschaue wo bestenfalls nur noch Inseln einstigen Glanzes stehen, dann finde ich es in Leipzig immer jammern auf hohem Niveau.

  • Anteil der Gründerzeit

    Der Anteil den das Amt nennt wird schon stimmen,


    dies hat aber eher damit zu tun, dass viele Gebäude die in Leipzig stehen, im "Volksmund" Gründerzeithäuser genannt werden es aber garnicht sind.


    Die Gründerzeit ging nur bis ca. 1870-1890, hervorgerufen durch die Reichseinigung, Bismark usw.


    Gebäude nach dieser Zeit weichen von Ihrer Architektur kaum ab, werden aber im Amtsdeutsch nicht mehr zu den Gründerzeithäusern gezählt.


    Der Anteil der Bebauung bis 1918 quasi "Volksgründerzeit" :lach: ist dann doch schon gewaltig und kaum eine Stadt, in gleicher Größenordnung, kann in D. da noch mit halten

  • Ich finde auch, dass das heutige Leipzig nicht mehr mit dem Leipzig des Goethe Zitats vergleichbar ist - aber das war es auch sicher schon vor dem 2. Weltkrieg nicht mehr.


    Goethe hat Leipzig immerhin 1768 verlassen, wenn ich mir ein paar Bilder von Leipzig aus der Zeit anschaue und danach Bilder von vor 1943, ist da doch ein deutlicher Unterschied zu erkennen.


    Weiß jemand überhaupt was G. mit seinem Zitat gemeint hat?? Aus dem Zusammenhang gelöst, läßt sich da nämlich viel hineininterpretieren, was G. viell. nie sagen wollte.


    Dennoch muß ich sagen, dass Leipzig, verglichen mit anderen dt. Städten, immernoch viel von Charme der Vorkriegszeit besitzt. Obwohl Dresden auch nicht komplett aus Platten- & Grubenbauten besteht, man bedenke nur das rechte Elbufer.


    VG,


    AdLEr

  • @ ninofranzke: Sehr interessant! Kennen Sie die relevanten Anteile? SO eine Aufstellung wäre doch wirklich einmal interessant! Wenn Sie (oder jemand anderes) die haben, dann bitte ich um Veröffentlichung!
    Und, da wir gerade unter uns sind: welche Stadt hat noch 11021 Gründerzeithäuser???
    @ AdLErhorst: Wir Leipziger bilden uns recht viel auf dieses Zitat ein. Letzlich geht es darum:
    "Ich muss dich nun vor allen Dingen
    In lustige Gesellschaft bringen,
    Damit du siehst, wie leicht sich's leben laesst.
    Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
    Mit wenig Witz und viel Behagen
    Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
    Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
    Wenn sie nicht ueber Kopfweh klagen,
    So lang der Wirt nur weiter borgt,
    Sind sie vergnuegt und unbesorgt." sagt Mephistopheles (2158-2167, Faust - Der Tragödie erster Teil) und genau das ist gemeint. In Auerbachs Keller ging es ums Saufen und Singen. :D

  • sehr schön, dr. zott!
    klar hat sich seit goethes zeiten viel geändert. aber er hat hier als student eine gute zeit gehabt - und das geht heute - gerade für studenten - immer noch. zum beispiel wegen der günstigen altbauwohnungen.


    noch mal zu den zahlen: der erwähnte bericht sagt eindeutig aus, dass es noch 15901 wohngebäude von vor 1918 gibt, davon 11021 aus der zeit von 1870 bis 1918. das entspricht 35% der wohnungen. mehr werden das nicht. die diskrepanz zur gefühlten altbaudichte liegt wohl darin begründet, dass man sich viel zu selten in den aussenbezirken aufhält. aber wozu auch...

  • AdLErhorst: Das hat ja auch keiner behauptet das er damit in erster Linie die Architektur meinte. Aber sicher hat diese und das ganze Drumherum dazu beigetragen. Man schaue sich die alten Leipzig-Bilder an. Abgesehen von den Gebäuden, denke ich, dass vor allem die Gestaltung der Straßen, Plätze und Beleuchtung einen großen Einfluss auf die Wirkung einer Stadt haben. Aber OK, wir leben heut eben in einer anderen Zeit. Wer würde z.B. wie im Johannapark heutzutage schon noch diese kleinen 20cm hohen Geländerchen als Abgrenzung zw. Wiese und Gehweg hinbauen? Man stellt immer wieder die Liebe zum Detail fest, wenn man sich frühere Bauwerke anschaut.

  • Die Statistik liest sich gut...


    In 2 Jahren müßten wir Hannover überrundet haben & in 33,33333 Jahren dann Frankfurt a.M. ... :D


    Besonders interessant finde ich aber, das noch ca. 670 Geburten pro Jahr fehlen und wir wachsen wieder aus eigener Kraft - demographischer Wandel in Leipzig sieht ja gar nicht so schlimm aus.


    Gruß,
    AdLEr

  • leipziger: Stimmt, die sitzen alle auf der Mauer des Reichsgerichts - Richtung Albertina.


    Nach ewigem "Brüten" in der UniBibo und stetem Blickkontakt mit diesem schönen Exemplar - dachte ich mir, der würde hier als Profilbild gut reinpassen & natürlich auch zu meinem Namen. :cool:

  • Was wird eigentlich in Zukunft aus Leipzigs Gasometern??


    Im größten Gasometer in der Richard-Lehmann Straße ist ja jetzt dieses Rom Panorama drin - aber ich kann mir irgendwie kaum vorstellen, daß sich solche Ausstellungen ewig halten können.


    Und was wird aus den Anderen - die stehen ja momentan alle ohne Dach da & das kann so ein Gebäude doch nicht ewig durchhalten.


    Hier mal ein Link - wie Wien seine Gasometer umgestaltet hat.


    http://www.wiener-gasometer.at/de/gasometer/c/


    Es gibt insgesamt noch 3 intakte Gasometer in LE, oder kenn jemand noch eins??


    Viele Grüße,


    AdLEr

  • Bezüglich der Villa Fockestr. 2 (Architekt Georg Wünschmann) habe ich irgendwo gehört, dass das Gebäude tatsächlich starke Setzungsschäden hat.
    "Schuld" ist der Baugrund - denn das Haus steht im ehemaligen Überschwemmungsgebiet des Pleissemühlgrabens. Erst um 1910/1914 wurde hier der Pleissemühlgraben in sein heutiges (später überwölbtes) Bett verlegt. Wird man aber wohl alles in den Griff kriegen, dafür gibt es Fachleute. Die LWB hat das Haus jetzt wohl verkauft (lange Zeit wurde es angeboten), daher gehe ich davon aus, dass die Sanierung in geraumer Zeit beginnt.


    Die Fa. Bremer Buchbindereimaschinen (Front Karl-Heine-Str.) ist bisher meines Wissens noch nicht eingerüstet o.ä. Ein ziemlich großer Seitenflügel wurde leider letztes (?) Jahr abgerissen.


    Ich habe das Haus in der William-Zipperer-Str. in Alt-Lindenau noch mal abgelichtet... abgesehen davon, dass der Abbruch nicht schön ist, ist dieses Haus eines von vielen Arbeiterhäusern der Zeit um 1900-1905, ohne besondere Merkmale. In den inneren Stadtteilen, die in der Vergangenheit weit stärkere Verluste hatte, lohnt es sich wirklich, um jedes Haus zum kämpfen, aber da draussen ist es m.E. kein Beinbruch. Die Zippererstr. ist nun wirklich nicht lückenlos, mit Sichheit war sie es auch nie. Dafür werden jetzt weiter vorne in Richtung Lindenau zwei Häuser saniert, die etwas älter sind (um 1880) und auch recht marode aussehen. Die beiden wurden vor kurzem versteigert - Startpreis irgendwo bei lächerlichen 18.000 EUR...


  • Es gibt insgesamt noch 3 intakte Gasometer in LE....


    Gemeint sind sicher die zwei Gasometer auf dem Gelände der Stadtwerke Richard-Lehmann-Str. und das Gasometer auf dem Stadtwerke-Gelände Eutritzscher Str. (Roscherstr.).
    Ich kenne auch nur diese drei, glaube nicht, dass es noch mehr gibt.

  • also ich kenne sogar nur das an der Roscherstraße ;-), wäre natürlich wiklich klasse, wenn man daraus was machen könnte, aber irgendwie glaub ich zumindest bei der Roscherstraße nicht daran, obwohl das sicherlich einiges hermachen würde!!