Potsdam: Wiederaufbau Stadtschloss

  • ^ Wir leben nicht mehr im Jahre 1910. Eine Straßenbahnführung über den Alten Markt zwischen Schloss und Nikolaikirche würde direkt vor dem Fortunaportal verlaufen und den schönen Platz zerschneiden oder zumindest die Aufenthaltsqualität verringern. Außerdem müsste sie dann mehrere, teils enge Kurven durchfahren. Und des weiteren gab es damals die Breite Straße als Haupt-Durchgangsstraße nicht. Ich halte die heutige Lösung für besser.


    Die "historische" Trassenführung sah so aus: Stadtplanausschnitt 1910


    Für heute würde das bedeuten (rot = Straßenbahntrassen):


  • Naja, beim Alex hats auch geklappt :D. Ja ne, schon klar...Man hätte die Strecke ja vielleicht auch teilen können: "zum Bahnhof" fährt wie heute, "vom Bahnhof" eben über den Platz. Dann wäre zwar "etwas" mehr los auf dem Markt, aber dafür weniger südl. vom Schloss und auf der F-E-S. Allerdings wäre es wohl nicht so einfach, die abzweigende Strecke wieder auf die Hauptstrecke einzufädeln, oder? Und vor allem würde dann auch noch der Markt von den Oberleitungen verschadenlt. Die Ringerkolonnaden dürften so und so nicht wieder kommen, schließlich verläuft ja die FES (noch) weiterhin zw. Schloss und Museum.
    Fände diese ISES-Lösung interessanter...Weniger Autos vor dem Schloss sind denke ich sinnvoller/effektiver, als weniger Strabas. Und wo die Breite Straße ja eh schmaler werden soll...

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  • Natürlich leben wir nicht mehr im Jahre 1910 (und auch nicht mehr im Jahre 1960 - bis dahin gab es die "historische" Trassenführung noch - mit Ausnahme des von der Humboldtstraße nach Nordosten abzweigenden Asts, der im obigen Google-Earth-Bild von Backstein zwar mit eingezeichnet ist, allerdings bereits 1888 wieder eingestellt, und 1906/07 vollständig abgebaut wurde und von mir auch nicht zur Diskussion gestellt wird).


    Ich halte es jedoch im Rahmen moderner Verkehrsplanung keineswegs für einen Widerspruch, Straßenbahnen durch einen für den Individualverkehr gesperrten oder verkehrsberuhigten Straßenbereich (wie z.B. die zukünftige Humboldtstraße und den Alten Markt) zu führen. Die Scihienen wurden dort auch nicht auf einem separaten Schotter-/Gleisbett geführt, sondern ins Pflaster eingelassen. Dies hätte m.E. - auch vor dem Hintergrund, dass es in diesem Bereich keinen intensiven Autoverkehr geben wird - keinen zerschneidenden Effekt oder geringeren Aufenthaltscharakter. Das zeigen auch historische Vorkriegsaufnahmen des Alten Markts mit Straßenbahn.


    Ähnliche Beispiele gibt es in einigen historischen Bereichen deutscher Innenstädte mit hoher Aufenthaltsfrequenz wie z.B.:
    - Alexanderplatz (Berlin)
    - Hackescher Markt (Berlin)
    - Augustusbrücke/Theaterplatz (Dresden)
    - Rathausplatz/Maximilianstraße/Moritzplatz (Augsburg)
    - Paulsplatz (Frankfurt am Main)
    - Fischmarkt (Erfurt)
    - Luisenplatz (Darmstadt)


    Dort gibt es z.T. auch kurvenreiche Streckenabschnitte, worin ich kein Problem sehe.


    Das Argument, dass die Ringerkolonnade so oder so nicht zurückkommen dürfte, weil zwischen Schloss und Marstall immer noch die Friedrich-Ebert-Straße (F-E-S?) verläuft, ist mir unverständlich, da ja zwischen Schloss und Marstall nur noch der ÖPNV, d.h. Straßenbahn und Stadtbusse auf der Schienentrasse fährt und die Autos über Breite Straße und Schlossstraße herumgeführt werden (d.h. ohne ÖPNV- Straßenbahn-/Bustrasse könnte zwschen Marstall und Schloss die Ringerkolonnade wieder aufgestellt werden). Eine Kombination aus historischer und jetziger Straßenbahntrasse würde ich für ungünstig halten, da dann alle 4 Schlossseiten von Schienen umgeben würden. Weniger Autos vor dem Schloss (z.B. durch die ISES-Lösung) halte auch ich für erstrebenswert, doch steht dies nicht im Widerspruch zu einer möglchen Verlegung der Straßenbahntrasse in einigen Jahren und würde den einstigen Parkcharakter der Gartenseite und die Verbindung zwischen Schloss, Lustgarten und Havel wieder herstellen, was die heute mit Steinplatten versiegelte Fläche an der Westseite des Schlosses im Umfeld der Straßenbahntrasse nicht vermitteln kann.
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  • ^ Es ist ja der Trassenabschnitt, der über den Alten Markt zum Wilhelmplatz führt, der den Platz beeinträchtigen würde. Natürlich kann man das diskutieren und natürlich wäre es auch möglich, die Straßenbahn langsam und leise über den Platz vor dem Fortunaportal fahren zu lassen. Nur sehe ich darin überhaupt keinen Vorteil gegenüber der jetzigen Trassenführung. Selbst wenn man die Verbindung Lange Brücke - Breite Straße für den Autoverkehr sperren und die Breite Straße / FES in diesem Abschnitt rückbauen würde, sollte die Straßenbahn m. E. dort bleiben. Ob sie dann südlich oder nördlich am Schloss vorbeifährt, ist doch gehupst - einen (kleinen) Tod muss man sterben und der Tod südlich des Schlossneubaus ist weniger schmerzhaft.


    In Potsdam wird Autoverkehr schon ganz gut aus der barocken Innenstadt rausgehalten, die FES ist Richtung Norden bis zum Nauener Tor für Autos weitgehend tabu. Selbst als autokritischer Mensch finde ich die jetzige Lösung okay, eine neue Umgehungsstraße / weitere Havelbrücke wäre m. E. zu teuer und aufwändig und brächte an anderer Stelle neue Probleme. Man muss auch nicht die gesamte Potsdamer Innenstadt verkehrsberuhigen.


    Zudem sehen ich eine auto- und straßenbahnfreie platzartige Verbindung zum jetzigen Lustgarten nicht als so dringend an, der jetzige Lustgarten ist modern gestaltet und wird eher für Rummel und Veranstaltungen genutzt, er hat dadurch einen ganz anderen Charakter als der wiederentstehende Alte Markt.


    Natürlich kann man in 20, 30 Jahren weitersehen, aber jetzt sollte man erst einmal froh sein, dass das Schloss wieder da ist und der Alte Markt wiederentsteht. Wenn irgendwann einmal die Breite Straße bis zur Zeppelinstraße inkl. Plattenbauten historisch angelehnt neu- bzw. umgebaut wird und ein finanzierbares, realistisches und überzeugendes Konzept für den Lustgarten und den ganzen Bereich südlich des Schlosses steht, dann - aber erst dann - werden die Karten neu gemischt.

  • Dass eine mögliche Verlegung der Straßenbahnführung eine langfristige Sache ist , sehe ich genauso. Erst wenn das Umfeld von Altem Markt, Nikolaikirche und Stadtkanal neu gestaltet wird, ist die historische Trassenführung erst möglich.


    Und es gibt durchaus klare Vorteile gegenüber der jetzigen Lösung. So könnte die Ringerkolonnade in Ihrer vollen Länge an Ihrem historischen Ort zwischen Marstall und Schloss wieder aufgestellt werden. Der erhaltene Teil, der heute etwas verloren am Havelufer steht, ist ohnehin stark restaurierungsbedürftig. Die Ringerkolonnade bildete eine harmonische und transparente Abgrenzung des Lustgartenareals. Die vollständige Rückkehr der Kolonnade ist mit der heutigen Trassenführung nicht möglich.


    Auch wenn der Lustgarten heute modern gestaltet ist und für Veranstaltungen und Feste genutzt wird, so ist seine Bedeutung als Parkanlage deshalb nicht weniger wichtig und seine Durchquerung durch eine Hauptstraße nicht weniger einschneidend.


    Und sollte wirklich eines fernen Tages die Autostraße im Lustgarten verschwinden, so würde man mit Beibehaltung der heutigen Straßenbahnführung nicht nur die Rückkehr der Riingerkolonnade verhindern, sondern zudem die einzigartige Chance vertun, auch die Havelkolonnade wieder aufzubauen, die das Lustgartenareal zwischen der Langen Brücke und dem Schloss begrenzte und stadträumlich sehr wirkungsvoll und von großer Bedeutung war, was man auf vielen historischen Aufnahmen erkennen kann.

  • Ich habe gerade schon im Thread danach gesucht, bin aber leider auf die Schnelle nicht fündig geworden: Ist geplant, die "Dachkanten" des Landtagsschlosses nach und nach um die Figuren und Statuen zu ergänzen, die das ursprüngliche Schloss geschmückt haben?


    Ich meine die Attika-Skulpturen...

    Einmal editiert, zuletzt von Sidious ()

  • Ich habe gerade schon im Thread danach gesucht, bin aber leider auf die Schnelle nicht fündig geworden: Ist geplant, die "Dachkanten" des Landtagsschlosses nach und nach um die Figuren und Statuen zu ergänzen, die das ursprüngliche Schloss geschmückt haben?


    Ich meine die Attika-Skulpturen...


    Hallo,


    da bemüht sich der Stadtschlossverein Potsdam drum und es werden noch viele Spenden gebraucht. Leider macht man es dem Verein auch nicht sonderlich einfach. So muss er selber für den statischen Nachweis sorgen, das die Figuren bei Sturm nicht runterfallen. Bisher sind wohl 4 Figuren fertig von 44 (?). Wann diese ersten Vier aufgestellt werden, weiß ich aber leider nicht. Acht originale Figuren stehen auf der Attika der Humboldtuni in Berlin und sollen nach Maßgabe der Denkmalpflege dort verbleiben. Für Potsdam müsste man dann Kopien anfertigen... Weiterhin ist zu beachten, das nach dem architektonischen Entwurf des brandenburgischen Landtages nur
    Figuren für die Außenfassaden vorgesehen sind. Im Hof bleibt die Attika also wie sie ist. Im übrigen ist die Humboldtstraße im Zustand um 1850 auf Arstempano nun virtuell begehbar. Da das ja so ähnlich in den nächsten Jahren wiedererstehen soll, bekommt man schon mal einen näherungsweisen Eindruck der Humboldtstraße in einigen Jahren.


    Beste Grüße Andreas



    Einmal editiert, zuletzt von calabrone ()

  • Soweit ich weiss, soll der Förderverein jetzt erstmal mit viel Geld ein Gutachten machen, dass die Attika überhaupt tragfähig genug für die Figuren ist.


    Was die Figuren auf der Humboldtuni betrifft versucht die Berliner Denkmalpflege mal wieder die Erddrehung mit Steuergeldern aufzuhalten. In der Abwägung die Komposition von Paulick am Friedrichsforum exakt zu erhalten und das Ensemble des Alten Marktes und des Lustgarten in Potsdam wiederzugewinnen darf nicht für Berlin ausgehen.


    Paulick hatte für den Wiederaufbau des Palais des Prinzen Heinrich (vulgo Friedrichs-Wilhelm-Uni vulgo Humboldt-Uni) auch extra Figuren für den Mittelrisalit herstellen lassen. Die Stadtschloß-Figuren waren nur eine pragmatische Wiederaufbau-Notlösung, weil sie schlicht vorhanden waren und im Depot standen. Das sieht man auch an der Verwendung der Figuren (Lampenträger) der Spandauer Brücke (Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen) für die Intendanz der Oper am forum fridericianum.


    In diese pragmatische Collage nun aus denkmalpflegerische Sicht hinenzuinterpretieren, sie sei von Beginn an so geplant gewesen und der Verlust der Stadtschloßfiguren zerstöre die Idee Paulicks ist Unsinn. Dabei böten sich doch zwei Lösungen an:


    1. Auf den Seitenflügeln Rekonstruktion des Zustandes vor 1945. Das hätte Paulick am liebsten gemacht - nur die eingeschänkten Geldmittel und das Vorhandensein der Potsdamer Figuren haben ihn zu der jetzigen Lösung gebracht.


    2. Es werden neue Figuren für die Seitenflügel geschaffen, wie schon zuvor für den Mittelrisalit.

  • Hallo,


    das Treppenhaus des Potsdamer Stadtschlosses wurde ja nach dem Entwurf Prof. Kulkas mit modernem Detail aber originaler Kubatur an leicht versetztem Standort errichtet. Die erhaltenen Spolien wurden im Treppenhaus angebracht. Auf Arstempano.de kann man nun seit gestern das Treppenhaus in unserer virtuellen Rekonstruktion im Zustand vor der Zerstörung erkunden. Zusätzlich wurden noch drei Panoramen im Bereich des Ehrenhofes veröffentlicht. Im Gegensatz zu den bereits veröffentlichten Renderings ist aus dem eher rötlichen Marmor ein grünlich grauer geworden, der es nach Sichtung aller Unterlagen wohl gewesen ist.


    Nun aber ersteinmal viel Spaß beim Rundgang durch eine der Inkunabeln des Friderizianischen Rokoko!


    Einmal editiert, zuletzt von calabrone ()

  • Stadtschloss, Innenhof

    Hier mal ein paar Eindrücke vom Innenhof des Stadtschlosses. Die Landesflagge ist gehisst, der Hof für alle zugänglich und die Flächen sind gepflastert und (spartanisch) gestaltet.


    Leider sagt mir die Gestaltung nicht so zu - steril, pflegeleicht und öde. Zusammen mit dem Blindenleitstreifen in der Mitte wirkt das ganze so charmant wie einer dieser einfachsten Beton-Regionalbahnsteige auf dem Lande:





    Gesamteindruck, von der Langen Brücke aus gesehen:


  • Es fehlen die Skulpturen auf dem Dachgesims und eine dezente Möblierung des Innenhofs.
    Wenn sie´s nicht spüren, sie werden´s nie erlangen... :nono:

  • Ach ja... immer wieder frage ich mich, ob sich die Zunft der Landschaftsarchitekten mit solch krassen Demonstrationen von Arbeitsverweigerung etwa selbst abschaffen möchte... In Berlin steht man ja irgendwann vor einem ähnlichen Dilemma - aber immerhin regt sich hier zumindest etwas Unmut

  • Allein schon die Bänke. Scheinbar will man verhindern, dass es sich die Leute allzu bequem machen. Wer sitzt schon gerne auf nakten Beton oder Steinbänken, noch dazu ohne Lehne. So sind die Dinger vielleicht als Liegeflächen für vom Ausflug in den Landtag gelangweite Schüler geeignet aber mehr auch nicht. Könnte man die Rasenflächen nicht für ein par Blumenrabatten nutzen? Historisch hin oder her, ein par bunte Blümchen würden den, auch unter Berücksichtung des Wetters, sehr tristen Hofbereich deutlich freundlicher erscheinen lassen.

  • Die Auffahrt sieht oben recht eigenartig aus. Ich dachte, weil sie aspahltiert ist sollen die Dienst-A8-hochfahren - oben wird's aber zu schmal um den vorfahrenden Honorationen den Schlag aufzureissen, ja ich glaube da kommt eine Limousine gar nicht durch. Der Aufgang selbst sieht ein wenig aus wie aus der Abteilung "Behelfszugang" - aber in Sandstein.


  • So einige Details des Baus sehen etwas "eigenartig" oder in anderen Worten billig und lieblos aus. Da hat man wohl bei allem, was nicht im Fassadenreko-Budget inbegriffen war, jeden Cent zwei, ja, dreimal umgedreht. Sieht ehrlich gesagt schon etwas peinlich aus. Da hab ich schon bei Krankenhäusern und öffentlichen Schulen mehr Individualität und Gestaltungswillen entdeckt. Keine Ahnung, obs wirklich am Pfennigfuchsen lag oder ob wir das Kulkas Gestaltungsdiktat zu verdanken haben.
    Vielen Dank an die fleißigen Fotografen! :)

  • Die Treppe hätte man wenigstens trapezförmig anpassen können. So macht es doch gar keinen Sinn, wenn das Geländer zur Säule reicht.


    Es sei denn man will gegen die Säule laufen. Da hätte man doch sicher auch Material gespart.


    ...tztz.

    Einmal editiert, zuletzt von nachtgoblin () aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler :)

  • Ich persönlich muss sagen, daß der Innenhof des Schlosses, wie auch der Platz drumherum doch sehr geschmacklos gestaltet wurde.
    Wenn man schon denkmalgeschützt- und orientiert reproduziert, dann bitte auch mit Gefühl für das Detail und mit Geschmack.


    Komplett unpassend sind meiner Meinung:
    - Die Betonbänke im Innenhof
    - Das Pflaster im Hof und drumherum
    - Die spärlichen "Grünanlagen" im Hof. Diese beschränken sich lediglich auf eine kleine Rasenfläche.
    - Die aber-millionen Kameras. Diese hätte man zumindest subtiler anbringen können.
    - sämtliche Geländer im Außenbereich
    - Das hochmoderne Schild neben dem Schlosseingang vor dem Fortunaportal mit der Aufschrift "Am Alten Markt 1". Diese urdeutsche Angewohnheit, alles durchzunummerieren hätte man sich an dieser Stelle doch wirklich sparen können.
    ....


    Mich würde doch sehr interessieren, ob ich der einzige bin, der das so sieht?


    Dr Scherber

  • Leider sagt mir die Gestaltung nicht so zu - steril, pflegeleicht und öde. Zusammen mit dem Blindenleitstreifen in der Mitte wirkt das ganze so charmant wie einer dieser einfachsten Beton-Regionalbahnsteige auf dem Lande:


    Stimme Dir zu, die Gestaltung ist wirklich extrem spartanisch. Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann: Wenn es sich dabei um einen Blindenleitstreifen handelt, warum muss er sich dann farblich so extrem vom umliegenden Bodenbelag absetzen? :confused:Das sieht wirklich sehr unschön aus und bekräftigt Deinen Vergleich mit einem Bahnsteig deutlich.