Leipzig: Nationalbibliothek - 5. Erweiterung in Planung

  • Hochwertige Materialien und eine hübsche Farbe machen noch keine Architektur. Auch wenn das selbst die Expertenschaft häufig zu vergessen scheint.


    Also ganz ehrlich, auch wenn die das wohl durchziehen werden, sind hier wirklich kritische Emails von möglichst vielen Menschen angebracht.


    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es verfahrensrechtlich auch möglich wäre, sich für eine der Anerkennungen zu entscheiden? Die von mir verhasste Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) ist da eindeutig:


    "Für die spätere Realisierung kommen nur mit Preisen ausgezeichnete Arbeiten in Frage. [...] Bei der Umsetzung des Projekts ist einer der Preisträger, in der Regel der Gewinner, unter Berücksichtigung der Empfehlung des Preisgerichts mit den weiteren Planungsleistungen zu beauftragen, sofern kein wichtiger Grund der Beauftragung entgegensteht." (S. 30/32)


    Öffentliche Auftraggeber müssen sich daran halten, richtig? Es ist ein Trauerspiel.

  • Die abgegebenen Entwürfe scheinen fast alle die Balance zwischen einer gestalterischen Brücke zum Zentralgebäude und einem Kontrast sowie der Funktion als Magazin nicht ganz gelungen zu sein. Auch scheint der Magazinturm aus den 1970ern zu viel Gewicht in den jeweiligen Ansätzen zu haben. Kann sein, dass dies in der Ausschreibung so skizziert wurde. Was ich aber schon durch die räumlichen Unterschiede - der vorhandene Magazinturm als Solitär - nicht schlüssig finde.


    Schade aber ich hätte Waechter&Waechter sehr spannend gefunden. Der Entwurf hätte für mich auch gewonnen. Die übergroßen Sonnenblenden und deren Tragwerke sowie mit dem (scheinbaren) Fassaden-Material, wirken die Gebäude etwas wie monolithische Stallgebäude. Die scheinbar inhaltliche Diskrepanz zwischen Buch und Stall, wäre eine tolle Diskussionsgrundlage. Dabei hätte ich dem großen Gebäude sogar noch ein Satteldach mit sichtbaren Tragwerk verpasst. Orientieren sich beide Gebäudeteile sowie an den vorhanden Gebäudestrukturen des Zentralgebäudes.

  • Ziegel Der vierte Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek beherbergt ja auch drei Funktionsbereiche: Magazinflächen, Räume für das Deutsche Musikarchiv und das Deutsche Buch- und Schriftmuseum. Ausserdem noch Lesesäle und Büros.

    Beim 5. Erweiterungsbau ist die Nutzung des Gebäudes ausschließlich auf Magazinflächen begrenzt. Nachhaltigkeit, konstante Innenraumtemperatur und Luftfeuchtigkeit, KEIN Tageslicht. Ein reiner Zweckbau. Entsprechend banal und kosteneffizient sind die Entwürfe dann halt auch geworden.

  • Das finde ich nicht überzeugend. Nur weil es keine Fenster* und eine stille Nutzung gibt, muss die Architektur nicht "banal" sein. Mir ist klar, dass ein Großteil der Architektenschaft (inkl. Jurys) durch Selbstbeschränkungen diesem Zwang zur Banalität erliegt. Aber gerade solche großen Fassadenflächen ohne viele funktionale Zwänge böten sehr viel Raum für gestalterische Qualität.


    Sind keine großen Glaswände erwünscht, fällt den Architekturbüros nix mehr ein, das kann man schon so feststellen. Man schaue sich dagegen mal die Giebelgestaltung des Altbaus an...


    *bei Platz 2 und 3 sind allerdings Glasflächen zu erahnen

  • Ich finds etwas müßig, wenn hier ständig so provokativ von „talentfreien Murks“, „Architektensprech“, „Zwang zur Banalität“ usw. gesprochen wird. Die offensichtliche Abneigung gegen die „Architektenschaft (inkl. Jurys)“, die schon fast wie dogmatischer Hass daherkommt, vergiftet ständig jede Debatte. Das nervt ein bisschen.


    Am Ende bleibt der 5. Erweiterungsbau ein Zweckbau. Die Funktion ist dabei ja klar beschrieben: Mit den zu Verfügung stehenden finanziellen Mitteln soll möglichst viel Magazinfläche geschaffen werden. Nun kann man sagen, dass gestalterisch sicher noch Luft nach oben gewesen wäre, da stimme ich zu. Es ist aber auch so, dass jede architektonische Extravaganz entweder den Grundriss für die effektiv nutzbare Fläche vermurkst hätte, oder die Kosteneffizienz (Lagerfläche pro Euro) verschlechtern würde.

    Da wir von einer öffentlichen Bauaufgabe sprechen, ist durchaus nachvollziehbar, dass die ökonomischen Aspekte in der Gestaltung und Entscheidung überwiegen. Es gibt genug Beispiele, die gegensätzlich entschieden wurden und denen im Nachgang eine Verschwendung öffentlicher Mittel vorgeworfen werden konnte. Regulatorische Vorgaben gibt es ja nicht ohne Grund. Ist es ein schöner Giebel wert, dass die Bibliothek eine andere essenzielle Aufgabe nicht mehr finanzieren kann oder die öffentliche Hand andere Bauprojekte einstampfen muss?

  • Dann sollen sie reine Magazine irgendwo anders bauen. Daraus wird es in Zukunft ohnehin hinaus laufen, wenn die Flächen am Platz voll sind. Aber so einen Rödel an das herausragende Hauptgebäude zu setzen, ist inakzeptabel.

  • Am Ende bleibt der 5. Erweiterungsbau ein Zweckbau.

    Damit könnte ich mich arrangieren, dann braucht's aber auch keinen Architekturwettbewerb. In einem Architekturwettbewerb für einen prominenten Ort erwarte ich Architektur und nicht nur ein Ingenieursbauwerk.


    Getönt wird vonseiten der DNB von "Bauen für die Ewigkeit" und "einem hohen Qualitätsanspruch" und dass sich "der Neubau bestmöglich in das denkmalgeschützte historische Bibliotheksensemble am Deutschen Platz und in dessen Umgebung einfügen" soll. Damit ist ein hoher Anspruch formuliert und die Kritik fällt entsprechend harsch aus.


    Die Nationalbibliothek ist dank ihrer Erweiterungen auch ein besonderes Architekturmuseum und ja, es fasst mich an, wenn solche unmotivierten Entwürfe dafür eingereicht und prämiert werden.

    Nun kann man sagen, dass gestalterisch sicher noch Luft nach oben gewesen wäre, da stimme ich zu.

    Somit ist die Bewertung hier im Strang bisher einhellig negativ, das kommt auch nicht so oft vor.


    Es ist aber auch so, dass jede architektonische Extravaganz entweder den Grundriss für die effektiv nutzbare Fläche vermurkst hätte, oder die Kosteneffizienz (Lagerfläche pro Euro) verschlechtern würde.

    Ist es ein schöner Giebel wert, dass die Bibliothek eine andere essenzielle Aufgabe nicht mehr finanzieren kann oder die öffentliche Hand andere Bauprojekte einstampfen muss?

    Dafür, dass du mir meine drastische Sprache ankreidest (vielleicht zurecht), ist deine Argumentation allerdings auch ziemlich drastisch. Die Nationalbibliothek erfüllt ihre Aufgaben hervorragend und die ikonische Architektur, vom Stammhaus über den Bücherturm bis zur organisch-verspielten vierten Erweiterung trägt nicht unwesentlich dazu bei.


    Und ein immer wieder vorgetragener Irrtum liegt auch in deinen Sätzen: dass gute Architektur teuer und unpraktisch sei und banale Architektur günstig und funktional. Glas gehört zu den teuersten (und energieintensivsten) Baustoffen, wird bei zweien der Preisträger dennoch großflächig eingesetzt. Verklinkerungen, die aufwändig von Hand gesetzt werden, sind sicherlich auch nicht besonders günstig.


    Es wird mit 130 Millionen Euro geplant. Ist das zu wenig, um etwas Ansprechendes zu bauen?


    Natürlich lässt sich eine Fassade abwechslungsreich und kleinteilig gestalten, ohne jede Auswirkung auf die Grundflächen.


    Der Bücherturm aus den 80ern hat gar nicht erst versucht, den Bestand zu respektieren. Er ist weder kleinteilig, noch abwechslungsreich. Aber dessen konsequente Frechheit hat auch einen gewissen Reiz. Heute, 30 Jahre später, würde sich dieser Reiz bei einem Neubau auch nicht mehr einstellen. Sich, wie die aktuellen Entwurfe, neben den Altbau zu ducken, sich auf das Staffeln der Baukörper zu konzentrieren und für die Fassaden auf eine austauschbare Ästhetik zurückzugreifen, das ist einfach zu wenig.


    Du kannst es gemein finden, wenn ich das Wettbewerbswesen in Deutschland als eingeengt, kreativitätshemmend und dogmatisch bezeichne, aber es ist einfach so. In den Jurys sitzen immer die gleichen Köpfe, auch diesmal. Es gibt bestimmt Architekten, die Frische an den Ort gebracht hätten, die aber viel zu oft an den Rand des Geschehens gedrängt werden.


    Am 19. und 30. September gibt es Führungen durch die Ausstellung der Entwürfe, hoffentlich durchgeführt von Verantwortlichen. Da kann man sich mal erklären lassen, was das alles soll und gegebenenfalls seinen Unmut kundtun. Dass Wettbewerbsergebnisse nicht gebaut werden, weil Widerwille in der demokratischen Gesellschaft laut geäußert wird, kommt ja gar nicht so selten vor.


    Termine:


    Diesen Donnerstag,

    19. September 11-12.00 Uhr

    19. September 13.30-14.30 Uhr


    Montag,

    30. September, 11-12.00 Uhr

    30. September, 13.30-14.00 Uhr


    https://www.dnb.de/DE/Kulturel…eiterungLeipzig_node.html