Umgang mit Bauerbe

Leipzig hatte den Vorteil, dass aufgrund von Geldmangel die verhunzenden 50er bis 70er Jahre übersprungen wurden und damit viele Häuser noch im Originalzustand waren. Es gab zu DDR-Zeiten noch einige Flächenabrisse mit Plattenbauten als Ersatz - den Bauten in Volkmarsdorf könnte man im Nachhinein auch hinterherweinen....

Ich habe in Hannover im Altbau gewohnt und auch andere Leute besucht. Oft kein Vergleich mit den Bauten hier und viele Originalteile sind nicht mehr vorhanden. Die Ausgangslage ist einfach eine andere und es gab 45 Jahre mehr, in denen versucht wurde, Geld mit den Häusern zu verdienen. Es tut mir auch Leid, dass Hannover so wenig Wert darauf legt, die Stadtteile für die Gutbetuchten mal ausgenommen.

Na ja, ganz so schlimm ist es glaube ich nicht. Ich würde nicht davon reden, wenn ich den Fall für hoffnungslos halten würde. Ein Großteil der Gebäude ist noch ganz gut in Schuss. Damit meine ich: es vergammelt nichts (oder zumindest wenig). Gelegentlich gibt es mal einen Abriss, bei bestehender Vollvermietung überall aber vergleichsweise selten. Verschwinden tun hauptsächlich 2-geschossige Backsteinbauten in den Randbezirken. Es hat auch keine großflächigen Entstuckungen gegeben, auch wenn viel Fassadenschmuck verloren ging. Weit um sich greifen tut natürlich die westdeutsche Fensterkrankheit. Auch die Dachlandschaften haben viel gelitten. Ansonsten gibt es aber keinen Grund, warum man einen Großteil der Gebäude nicht wieder originalgetreu herstellen könnte. Richtig übel wurde vielen Zwischenkriegsbauten mitgespielt, die es überdurchschnittlich viel gibt. Hier ist wirklich viel hinter Dämmmaterial verschwunden. Es gibt aber auch Lichtblicke, so kann man seit einigen Jahren die zaghafte Rückkehr von originalen Fenstern beobachten. Aber natürlich vorrangig bei Baudenkmälern und Bauten in finanzstärkeren Gegenden. Sorgenkind sind natürlich hauptsächlich Linden und die Nordstadt. Nur eine massive Gentrifizierung könnte hier das Ruder herum reißen, und ob man das überhaupt will ist eine andere Sache.

Leipzig hatte einfach das Glück, dass die Wende kam bevor die Stadt vollständig zerbröseln konnte - Gott sei Dank!

^ + ^^

ich glaube man sollte etwas mehr differenzieren. Leipzig war vor dem WKII nach den Millionenstädten Berlin und Hamburg, mit München und Köln in der zweiten Riege an Großstädten und hatte dementsprechend einen größeren Bestand an Gebäuden der Gründerzeit- und Zwischenkriegszeit sowie der klassischen Moderne. Das fällt dann in den damals wesentlich kleineren Städten wie Hannover, Düsseldorf, Stuttgart und Frankfurt auch heute noch auf. Und trotz der nicht unerheblichen Kriegszerstörung sind größere Bestände zumindest der Wohnquartiere stehen geblieben.

Darüberhinaus wurde Leipzig nie zur sozialistischen Musterstadt sondern in weiten Teilen eher an dem vorher schon existierenden Städteplan angepasst. Ein Phänomen was ich bis heute nicht begreife. Eine Aufarbeitung dessen fände ich mal interessant.

Abrisse zu DDR-Zeiten passierten wirklich eher in der direkten Nachkriegszeit bis in die 1960er - letzte Teile in der Innenstadt und um den Ring -(Universitätskirche, Oper, MdbK, Gewandhaus, Albertinum etc.) oder später und wie von Birte erwähnt - in den 1980er Jahren durch Verfall und Geldknappheit - Westvorstadt, Seeburgviertel, Thonberg, Volkmersdorf, Neuschönefeld, etc.).

Trotz dieser Prozesse kann man vor allem mit der Nachverdichtung davon ausgehen, dass Leipzig wieder eine recht homogene Stadt werden kann. In welcher die verschiedenen Phasen immer noch sichtbar und nachvollziehbar sind.

Klar war Hannover vor dem Krieg kleiner als Hannover. Dennoch wurde in Hannover bis zum WKII räumlich erstaunlich weit ausgreifend im Blockrand gebaut - z.B. weitaus ausufernder als in jeder Stadt im Ruhrgebiet, Köln vielleicht ausgenommen.

Pläne zur 'Versowjetlichung' gabs einige. Das Musikviertel sollte bspw nicht nur so bruchstückhaft wie letztlich geschehen verhässlicht werden. Gemangelt hats am Ende an Geld und Resourcen. Der schnellste Weg möglichst viele Wohnungen zu bauen waren Großsiedlungen. In Lpz daher aller Focus auf Grünau (von diversen kosmetischen Ausnahmen abgesehen).

Zitat von hedges

Darüberhinaus wurde Leipzig nie zur sozialistischen Musterstadt sondern in weiten Teilen eher an dem vorher schon existierenden Städteplan angepasst. Ein Phänomen was ich bis heute nicht begreife. Eine Aufarbeitung dessen fände ich mal interessant.

"Nachtrag" (Bild von Nov. 22)

Entmietet, leergezogen und saniert wird seit vorigen Sommer das Hinterhaus - im Bild rechts neben dem 0815-Einheitsfassadenbrei-Neubau

Berliner Straße 12 (Hausnr. nach Stadtplan Leipzig)

Fertiggestellte Fassadensanierung

Prellerstraße 11 (die 9, links, wurde vor 2-3 Jahren ebenfalls saniert)

Poetenweg 23 (leergezogen/entmietet, von außen eigentlich nicht sanierungswürdig, wohl auch nur Sanierung der Wohnräume)

(eigene Aufn. 12/22)

Georg-Schumann-Str. 16 / Ecke Mechlerstr.

Die Sanierung geht im Schneckentempo voran, noch immer sind einige Fenster nicht ausgetauscht. Das Dach sieht seit vielen Monaten so aus, ob das der Bausubstanz gut tut, bezweifle ich...

Seit Freitag ist nun auch die Seite zur Mechlerstr. eingerüstet. Wenn so weiter saniert wird, können wir 2030 mit einer Fertigstellung rechnen - die Kosten für Gerüste sind sicher nicht ohne, insofern wundert es mich sehr, dass man hier so langsam ist (die Baufahrzeuge Mo-Fr vor der Tür sind durchaus in Leipzig bekannte Firmen, also nicht alles in "Eigenregie").

(eigene Aufn. 3/23)

Ich habe mich mal auf den Weg gemacht und einigen Sanierungskandidaten aus 2022 einen Besuch abgestattet. Die Ergebnisse waren von seeehr unterschiedlicher Güte....

Grunertstraße 5:

Zitat von 555Farang

[...]

In Mockau nähert sich die Sanierung dieses Altbaus der Vollendung; während der Neubau nebenan (vermutlich aufgrund einer Verzerrung im Raum-Zeit-Kontinuum) in slow-motion abläuft:

Aktueller Stand (26.03.2023):

Zitat von LEonline

[...]

(...) Kieler Str. 39A in Mockau

Diese Sanierung ist fertig, und da wir sie hier meines Wissens nach noch nicht hatten, mal ein etwas detaillierterer Blick darauf:

Vorher:

Foto: LEonline

Bis auf die Farbe für mich eine sehr gelungene Sanierung. Bei ihr hat man sich vielleicht ein bisschen zu sehr von dem Beton-Silo rechts in LEonlines Foto inspirieren lassen Insbesondere mit Blick auf die unmittelbare Nachbarschaft fällt das auf:

Jetzt wird es gruselig:

Zitat von LEonline

[...]

Saniert wird z.Zt. auch die Kieler Str. 47...

Hier laufen die Arbeiten noch, aber falls hier jemand auf eine ansprechende Sanierung, gar eine Wiederbestuckung gehofft hat:

Das Haus wird dick eingepackt.

Hofseite:

Vorne:

Weil das so weh tat, will ich mal nicht so sein und spendiere zur Wiedergutmachung ein Bonusbild des Nachbarn nur zwei Häuser daneben:

Feinster Jugendstil, schreit nach Paul Möbius, ist aber wohl von Ernst Emil Reiche.

Von LEonline ebenfalls erwähnt wurden Sanierungen der Häuser Stannebeinplatz 2 und Tauchaer Straße 57. Bei beiden ist leider überhaupt nichts passiert, es steht nicht mal ein Gerüst.

Die Sanierung der Gorkistraße 60 ist weit vorangeschritten:

Wenn wir schon mal an der Schwelle zu Schönefeld-Ost stehen, überschreiten wir sie doch auch gleich mal und werfen einen Blick auf die LWB-Plattenbausanierung in der Belterstraße:

Vorher:

Quelle: Screenshot Google Streetview

Nachher:

Fotos, wenn nicht anders gekennzeichnet, von mir.

--- Edit 27.03.2023: Ergänzung um Vorheransicht und Vergleich Kieler Straße 39A ---

Zitat von Altbaufan_

Georg-Schumann-Str. 16 / Ecke Mechlerstr.

Die Sanierung geht im Schneckentempo voran, noch immer sind einige Fenster nicht ausgetauscht. Das Dach sieht seit vielen Monaten so aus, ob das der Bausubstanz gut tut, bezweifle ich...

Seit Freitag ist nun auch die Seite zur Mechlerstr. eingerüstet. Wenn so weiter saniert wird, können wir 2030 mit einer Fertigstellung rechnen - die Kosten für Gerüste sind sicher nicht ohne, insofern wundert es mich sehr, dass man hier so langsam ist (die Baufahrzeuge Mo-Fr vor der Tür sind durchaus in Leipzig bekannte Firmen, also nicht alles in "Eigenregie").

(eigene Aufn. 3/23)

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Ich befürchte fast schon, es wird hier zu einem Ergebnis wie in der gegenüberliegenden Ehrensteinstraße 44 kommen. Jahrelange Sanierung mit einem ernüchternden Endergebnis und vielen Fragezeichen über meinem Kopf, jedes Mal, wenn ich davor stehe.

Zitat von aku

GOHLIS

Das XXL-Sanierungsobjekt der VLW "Kleisthof" kommt gut voran. Die Häuser an der Kleiststraße haben schon ganz überwiegend neue Fenster drin, das Dach ist gedeckt, der Stuck neu angebracht worden und man rekonstruiert sogar die Giebel an der Kleiststraße. […]

[…] Fotos, wenn nicht anders gekennzeichnet, von mir.

Die LVZ würdigt das Projekt heute mit einer längeren Bilderserie zum aktuellen Baufortschritt…

… und bereits fertiggestellten Objekten in der Umgebung:

©wolfgang sens

Karl-Liebknecht-Straße 135 alt

neu

das wars.

nein, Spaß...weiter geht´s

Bornaische Str. 27 alt

Quelle Google

neu

In der Gießerstraße 75 bekommt das Kunstquartier Alte Handelsschule zur Zeit einen neuen Fassadenanstrich.

Ruststraße 13 alt

neu

Der Westturm der Taborkirche ist nun auch abgerüstet und somit die gesamte Südfassade vollständig saniert:

Weißestraße 7 alt

neu

Rundling hatte die Gorkistraße 122 hier schonmal gezeigt - nun sind auch die letzten Arbeiten abgeschlossen.

alt

neu

Selbiges gilt für die Gorkistraße 133.

alt

neu

Bei der Zschocherschen Str. 30-32 hat man sämtliche Fenster ausgetauscht.

alt

neu

(sorry für die Bildqualität)

Momentan in der Sanierung befindet sich die Zwenkauer Str. 3

Eigene Bilder

Vielen Dank für das ausführliche Update!

Frage mich jedoch, was bei der Bornaischen Str. 27 überhaupt gemacht wurde

^ Der Dachbereich ist neu inkl. Gauben und den Zieraufsätzen auf den Giebeln. Außerdem hat man die Fassade von einem großen Graffiti in Höhe der Frontbalkone befreit (die Street-View-Aufnahme ist uralt). Beim EG bin ich nicht sicher ob da schon was gemacht wurde und connewitzlike zwischenzeitlich wieder die Farbfraktion dran war. Meistens dauern EGs ja länger - kann also auch sein, dass da noch was passiert.

Edit:

Konnte kein besseres Bild finden aber dafür ist es relativ aktuell (Nov. 2020) im Vergleich zur Google-Aufnahme:

https://www.oekoloewe.de/nachh…-strasse.html?page_n163=3

Geißlerstraße 11 (Bülowviertel) alt

neu

Georg-Schumann-Straße 180 alt

neu

Georg-Schumann-Straße 210 alt

neu

Georg-Schumann-Straße 219 alt

neu

In der Lutherkirche soll das Deckengemälde rekonstruiert werden:

https://www.lvz.de/lokales/lei…LI3ZBIFOGIZR735PI5FU.html

https://www.lvz.de/lokales/lei…GSQ5OWKQI54LNB2D3TJ4.html

Plaußiger Straße 11 alt

Bildquelle: https://www.safety-first-immob…08/Plaussiger_Strasse.pdf

Im Zuge der Sanierung wurden die beiden Erker rekonstruiert. Alles in allem ein schönes Ergebnis:

Im Kontext mit Engelmannstraße und Emmauskirche:

Bonus: Einmal um die Ecke in der Emmausstraße findet sich eine weitere Erkerfront:

pics: LEonline

^Danke für die schöne Aufbereitung. Die Gegend um die Emmauskirche wird richtig schick!

Sellerhäuser Nachschlag:

Die Wurzner Str. 171-173A hat vor einiger Zeit eine Fassadenauffrischung erhalten.

Außerdem bekamen die Nummern 173 und 173A Dachgauben spendiert.

Das Eckgebäude Plaußiger Str. 31 war eine Zeitlang eingerüstet - evtl. auch hier Fassadenkur.

Die "Ketten"-Sanierung von 6 Gebäuden in der Ostheimstraße ist weitestgehend abgeschlossen und die Ergebnisse sind durchaus ansprechend.

Ostheimstraße 7A-B alt

neu

Ostheimstraße 9A-B alt

neu

Ostheimstraße 11A-B alt

neu

Ostheimstraße 13A-B alt

neu

Ostheimstraße 15A-B alt

neu (wie man sieht leider noch ohne Fenster)

Ostheimstraße 17A-B alt

neu

pics: LEonline

Danke für den großen Aufwand, vor allem dass in den Fotos Alt und Neu gegenübergestellt werden, ist interessant!

In der

Zitat von LEonline

Plaußiger Straße 11

wurde auch ein sehr schöner Vorgartenzaun installiert. Chapeau!

Neues aus dem elektronischen Amtsblatt 08/2023:

Eine Baugenehmigung erhielt die geplante Sanierung der Georg-Schumann-Straße 153 (Vorder- und Hinterhaus).

Zitat von Elli Kny

Heilandskirche (LE-Plagwitz ) - Umbau EG zum Stadtteilzentrum "Westkreuz", zuletzt mit Visus #5376

Ähnlich wie an der Trinitatiskirche in Dresden wird auch in Leipzig eine Kirche mit Städtebaufördermitteln umgestaltet, wobei man der dresdner Ruine einen Glaskubus implementierte und es in Leipzig ein intaktes Bauwerk betrifft. In beiden Fällen ist eine bessere Nutzbarkeit und Wirtschaftlichkeit bezweckt, insbesondere für die Heizperiode. In der Heilandskirche bestand allerdings bereits jene massive Zwischendecke aus Beton seit den 1980er Jahren, welche nun wiederum für die "Himmelstreppe" geöffnet bzw teil-rückgebaut wurde. Die Baustelle besteht seit etwa einem Jahr, die ersten Veränderungen sind jetzt gut sichtbar, aber fertig ist der Umbau noch längst nicht. Es entsteht quasi eine "Sommerkirche" oben und eine "Winterkirche" unten im EG, scherzten die Bauleute.

Aussenansichten der Kirche sowie Bauschild

     

Die geflügelte neue Treppenanlage wirkt mit ca. 40cm Betonstärke wenig filigran, aber im Foto ok. Warum man sich für die Massivbau-Lösung entschied (viel Schalungsaufwand), ist mir unklar. Vielleicht wäre eine schlanke Metallkonstruktion bzw gar eine (knarrende) Holztreppe cleverer gewesen (?).

Blick von der Treppe ins Ganze: der dicke Betonquerträger ist auch neu, dahinter erstreckt sich die bisherige DDR-Zwischendecke.

Treppenmotive (klick groß)

  

Kirchraum oben - mit der Treppenlücke in der Zwischendecke. Gottseidank ist der schöne Kirchraum auch mit der Zwischendecke noch erlebbar.

Blick andersrum

EG-"Untergeschoss" von der Treppe in die dortigen Raumvolumina. Weiteres oder Einzelheiten zu Bau oder Gestaltung sind mir freilich umbekannt.

^{alle fotos elli kny}

Alles anzeigen

Auf der SERO-Website gibt es neue Fotos zum Projekt. Noch ohne Geländer:

Mit Geländer:

Es fällt immer wieder auf, welchen Unterschied Details machen. Ich finde die Lösung insgesamt nicht perfekt, aber sehr gut. Ich hoffe, dass die Farbwahl wie in der Visualisierung umgesetzt wird (grünes Geländer, grüne Abdeckung der Befestigungen, Terrazzo für die Treppe) und vielleicht sogar der visualisierte Leuchter, der passend zum Geländer gestaltet ist, realisiert wird, siehe hier.

Bildquelle: https://sero-architekten.net/news