Umgang mit Bauerbe

  • Waldmeister
    Danke für das Bild! Ein in der Tat beeindruckendes Gebäude - die Dachaufbauten wirken fast wie die Schlote eines dicken Ozeandampfers. Schade, dass der Bau heute nur noch ein Schatten seiner selbst ist.


    stormcloak
    Zustimmung - der Kopfbau versprüht, anders als viele andere unsanierte Gebäude in Leipzig, eine durchaus angenehme Patina. In der Kapellenstraße wurden vor kurzem die beiden Nachbarn saniert und vorne an der Dresdner ist man momentan ebenfalls am Nachbargebäude dran. Mal schauen wann der Kopfbau an der Reihe ist.

  • Alle drei Häuser, also auch die Dresdner Str. 79 mit dem Kulturcafé Knicklicht im Erdgeschoss, wurden von den heutigen Eigentümer_innen vor einigen Jahren erworben, als sich die renditeorientierte Immobilienwirtschaft für diese Ecke von Leipzig überhaupt nicht interessierte und die Immobilienpreise verglichen mit heute sehr, sehr niedrig waren. Alle drei Eigentümer_innen hatten recht unterschiedliche Motive und Ziele für den Erwerb, sie eint aber alle drei, dass der schnelle Euro mit Zerlegen in Eigentumswohnungen, Verkauf der Wohnungen als Anlageobjekt und Steuersparmodell an Stuttgarter Zahnwälte und anschließend die Vollsanierung in einem Stück - außen hui und innen naja - nicht zu den Handlungsoptionen zählt. Es geht jeweils um mehr oder weniger gemeinwohlorientierte Ziele bzw. richtet sich die schrittweise Sanierung und die Bewirtschaftung der Gebäude an den (finanziellen) Möglichkeiten und Erfordernissen der überwiegend selbstnutzenden Eigentümer_innen und der anderen Mieter/Nutzerinnen aus. Ein Verkauf an Bauträger etc. ist nicht geplant, im Fall der Wurzner Straße 2a sogar durch eine relativ komplizierte Rechtskonstruktion nahezu ausgeschlossen. Bei allen drei Häusern ist eine Vollsanierung mit der Rekonstruktion von Dachaufbauten und allem Pipapo in allernächster Zeit damit sehr unwahrscheinlich. Das mag der eine oder die andere aus stadträumlicher und denkmalpflegerischer Sicht bedauern. Aber Stadt und Häuser sind eben mehr als geleckte Fassaden und Wohnungen sind mehr als Anlageobjekte.

  • ^ Kann man das auch mal schreiben, ohne sich gleich immer abfällig über Anlageimmobilien zu äußern und latent Kapitalismuskritik zu üben? Ist doch schön, wenn es Alternativen gibt und die Häuser in Nutzung sind. Wir werden sehen (und hier im Bauerbe-Strang dokumentieren), wie es mit besagten Immobilien weitergeht.


    Der Kreuzungsbereich war schon zu Vorkriegszeiten sicher keine Vorzeigegegend. Das muss er, ohnehin schwer vorstellbar, auch heute nicht sein.

  • Bei allen drei Häusern ist eine Vollsanierung mit der Rekonstruktion von Dachaufbauten und allem Pipapo in allernächster Zeit damit sehr unwahrscheinlich. Das mag der eine oder die andere aus stadträumlicher und denkmalpflegerischer Sicht bedauern. Aber Stadt und Häuser sind eben mehr als geleckte Fassaden und Wohnungen sind mehr als Anlageobjekte.

    Aber eine Stadt ist auch mehr als "geleckte Fassaden" gleich Monotonie und gehobene Mittelschicht. Dass beides gegeneinander ausgespielt wird halte ich für das größere Problem. Nun kann man sicher fragen, was zuerst existierte - Henne oder Ei?


    Auch wenn wir bei diesem Viertel von einem der letzten wirklich urwüchsigen in Leipzig sprechen (mittlerweile wirds durch Migration und Kreative entlang der Georg-Schumann auch spannend (ja - die Unterscheidung zwischen Migrantinnen / Migranten und Kreativen ist arg problematisch da beides nicht einander bedingt)), sind ein reger Wechsel zwischen Saniert und Verfall wie beim Namensvetter in Bukarest auch nicht das Ultimo.

  • ^ Nun gut, leider spielt sich das in Form von Lärmschutz- oder anderen Beschwerden doch recht häufig recht einseitig gegeneinander aus (was meine Eltern von ihren letzten Eigentümerversammlungen erzählt haben, lässt einen nur kopfschüttelnd zurück). Am Ende geht es ja auch nicht darum, was zuerst da war, sondern um die (sozio-)kulturelle Auswirkung aufs Umfeld - und da kann ein Verlust solcher Orte sich langfristig eben auch als nachteilig erweisen, insofern tut es uns hier im Forum sicherlich auch ganz gut, uns nicht nur über frischsanierte Fassaden und die Beseitigung von "Schandflecken" zu freuen, sondern etwas reflektierter an die Sache heranzugehen. Auf mehr wollte LE Mon. hist. sicherlich gar nicht hinaus. Wäre jedenfalls schön, wenn hier gelingt, was in der hier erwähnten Apostelstraße misslang - den langfristigen Erhalt kiezwichtiger Treffpunkte und Einrichtungen (in dem Fall der blauen Perle, die bereits Ende Mai 2017 schließen musste, während man offenbar erst jetzt mit der Sanierung beginnt).

  • Jetzt wirds auch hier OT


    ^ Nun gut, leider spielt sich das in Form von Lärmschutz- oder anderen Beschwerden doch recht häufig recht einseitig gegeneinander aus (was meine Eltern von ihren letzten Eigentümerversammlungen erzählt haben, lässt einen nur kopfschüttelnd zurück). Am Ende geht es ja auch nicht darum, was zuerst da war, sondern um die (sozio-)kulturelle Auswirkung aufs Umfeld - und da kann ein Verlust solcher Orte sich langfristig eben auch als nachteilig erweisen [...]

    Das meinte ich eigentlich mit dem "Henne oder Ei" Verweis. Denn leider gehen die Sanierungen eben mit einer Veränderung der sozio-kulturellen Prozesse einher. Anstatt, dass Sanierungen einen reinen Beitrag zum Baukörper leistet ohne einen Verdrängungsprozess. Ist die "Henne" nun die florierende Stadt in welcher sich der Freiraum hart erkämpft werden muss? Oder ist das "Ei" nun eine brach liegende urbane Struktur, welche durch das Kreative wieder interessant wird? Beides bedingt ja einander und kann ja nicht komplett separat betrachtet werden.


    Wenn es kippt, dann haben wir eben ein trendiges Viertel wie die Maxvorstadt in München wo die Bars 1.00 Uhr schließen. Oder wie in Berlin, wo jede zweite Bar ein Schild mit dem Verweis angebracht hat, 22.00 Uhr nach Innen zu gehen.


    Da muss eben auch die Stadt Leipzig aktiv lenken. Connewitz und Lindenau haben ihre alternative Struktur trotz durchsanierte Straßenzüge je behalten. Auch in Barcelona hat sich trotz Druck, eine alternative Struktur mit Freiräumen erhalten. Sowie Toulouse, was sich trotz das übermächtige Airbus eine kreative Szene erhalten hat.


    Dann müssen Straßenräume nach der Sanierung eben nicht mehr ein Mindestmaß an KfZ-Parkflächen aufweisen. Dann sollten eben Haupt- und Nebenstraßen in Vierteln für Wochen(end)-Märkte gesperrt werden. Dann sollen halt größere Freiflächen als reiner Fußgängerbereich entstehen. Dann sollte halt der Fahrradverkehr in diversen Quartieren Vorrang haben. Durch eine intelligente Städteplanung kann man da einige Dinge lenken. Deswegen sind mir Sanierungen und Nicht-Sanierungen zu oberflächlich. Das war auch nicht gegen LE-Mon. gemeint.

    2 Mal editiert, zuletzt von hedges ()

  • ... die Geister, die ich rief...


    Klar ist, dass ohne die zahlreichen Investoren (die in der überwältigenden Mehrheit ausschließlich renditeorientiert sind) Leipzig baulich gesehen heute nicht in dem Zustand wäre, in dem es heute ist - insbesondere, was die Altbausanierungen angeht.
    Für die Bevölkerungsstruktur zeigen sich nun die ersten Ausläufer der Schattenseite dieses Investments. Man kann nur hoffen, dass durch die hohe Anzahl der Altbauten die Entwicklung insgesamt langsamer verläuft als an anderen Orten. Darüber zu lamentieren, bringt aber überhaupt nichts. Der Zug ist abgefahren. Die jetzt noch vorhandenen Eingriffsmöglichkeiten gehen in Richtung Erschwernis von Leerstand und Zweckentfremdung.


    Um so begrüßenswerter ist es, dass einige den Mut hatten, sanierungsbedürftige Altbauten zu kaufen und sie mit anderen Prioritäten als der reinen Gewinnmaximierung zu nutzen. Sicher gehen Sanierungen langsamer und anders priorisiert voran - aber der Vielfalt in der Stadt kann das eigentlich nur guttun. Die gehobene, traditionell orientierte Mittelschicht ist nicht gerade dafür bekannt, zum lebendigen Stadtbild beizutragen.


    (überschnitten mit hedges' Beitrag)

    Einmal editiert, zuletzt von Birte () aus folgendem Grund: Peinlichen Kommafehler berichtigt

  • Schade, dass der Bau heute nur noch ein Schatten seiner selbst ist.


    LE Mon. hist.
    Ich beziehe Deinen post mal auf diesen Satz. Es mag Dich überraschen aber es ging mir tatsächlich nur um das Antlitz der Wurzner Str. 2a und nicht um eventuelle Eigentumsverhältnisse, Gentrifizierungsgedanken o.ä.. Ich finde es sogar ausgesprochen gut wenn Objekte in gemeinschaftlichem Sinne und nicht renditeoptimiert entwickelt werden. Viele Häuser in Leipzig, die unter diesem Gedanken saniert werden, erstrahlen anschließend in neuem Glanz ohne dass vorher der Luxussanierer drübergegangen ist. Und je mehr Eigentümer (vor Ort) sich mit ihrem Gebäude identifizieren um so besser für eine Stadt, der Zahnarzt in Stuggi identifiziert sich nur mit der Renditeerwartung seines Anlageobjektes. Ganz nebenbei ist es allerdings auch irgendwie lustig, dass Du mir durch die Blume eine derartige Attitude unterstellst da ich (in meiner wilden Jugend) in der Hausbesetzerszene unterwegs war und mir daher gewisse Zusammenhänge nicht unbekannt sind. In diesem Sinne – hoch die Faust, es gibt kein ruhiges Hinterland...und vielleicht das nächste Mal etwas weniger Beißreflex!

  • Alles gut, da habe ich gar keinen Beißreflex. Mir ging es lediglich darum, dass die Wurzner Str. 2a eben kein besetztes Haus ist. Auf diese Idee sind allerdings schon andere gekommen, unter anderem eine SPD-Stadträtin, die es eigentlich besser wissen oder doch einfacher hätte abfragen können.



    „Zustände wie in Connewitz“ befürchtete SPD-Stadträtin Nicole Wohlfahrth angesichts von nächtlichen Proteste am Wochenende in Anger-Crottendorf. Ihre Kritik an angeblich besetzten Häusern und staatsverachtendem Gedankengut im Quartier blieb nicht unbeantwortet.


    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…hner-in-Anger-Crottendorf


    https://www.tag24.de/nachricht…fahrt-gewalt-party-391431


    http://www.lvz.de/Leipzig/Poli…eipzigs-Anger-Crottendorf


    Und wir sollten mit Wiederbestuckung sowie Dach- und Balkonreko aller drei Häuser an der Ecke schon allein aufgrund der Eigentümer_innen und ihrer Ziele nicht unbedingt in den nächsten Monaten rechnen. Und ganz allgemein geht es mir darum, dass die aus stadträumlicher und zum Teil denkmalpflegerischer Sicht überwiegend begrüßte bzw. gewünschte Vollsanierung und Modernisierung bewohnter Gebäude zumeist unmittelbare Auswirkungen auf die Bewohner_innen der Häuser hat. Aber dieser Aspekt wird in einem anderen Thread diskutiert: http://www.deutsches-architekt…d.php?p=602005#post602005

  • Nochmal etwas Osten:


    Sanierung Martinstraße 15:


    Sanierung Mierendorff- Ecke Herbartstraße:


    Die Mierendorffstraße 43 wurde vor nicht allzu langer Zeit aufgehübscht:


    vorher:
    https://www.google.de/maps/@51…BB2erA!2e0!7i13312!8i6656


    Das gleiche Schicksal teilt die Nr. 47:


    vorher:
    https://www.google.de/maps/@51…mAdJyg!2e0!7i13312!8i6656


    Beenden wir den kleinen Rundgang mit einer Sanierungsmeldung aus der Zweinaundorfer Straße. Die Hausnummer 3 ist aktuell eingerüstet. Hier eine ältere Aufnahme für den Vorher-Nachher-Vergleich:

    Bilder: LEonline

    Einmal editiert, zuletzt von LEonline () aus folgendem Grund: Korrektur Hausnummer

  • ^ Danke für die Updates!


    Weiß jemand Näheres über die Pläne für das ehemalige Zollamt? Ich konnte im Netz nur finden, dass Beobachter vermuten, das viel Asbest verbaut wurde, da das Gebäude offenbar unter Vollschutz zerlegt wird.

  • Auf der Seite der Immovaria ist ein Denkmalschutzobjekt in der Löbauer Straße mit 32 Wohnungen aufgetaucht. Das Bild dazu ist höchstwahrscheinlich nicht zugehörig.


    Ich hoffe ja ein wenig, dass es sich um das Ensemble an der Ecke Volksgartenstraße handelt.

  • Ich möchte nochmal kurz auf den Bereich der Kreuzung Wurzner/Dresdner/Breite Straße eingehen...



    Nähern wir uns zum Abschluss der hervorragend sanierten Breite Str. 7:



    Dazu noch ein Bild mit ohne Baum:



    ...und ein Vergleichsbild:



    auf dem bei genauer Betrachtung ein Hinweis auf dieses zweifelhafte Etablissement zu entdecken ist:



    Zudem lugt im Hintergrund die Wurzner Str. 1 hervor...




    Quelle: Stadtarchiv Leipzig


    Die Aufnahme wird mit September 1928 datiert. Viel Stuck lässt sich nicht erkennen, möglicherweise fand bereits eine erste Entstuckung statt. Im Vergleich zu heute lassen sich zumindest im Bereich des Dachs und zwischen den Fenstern noch einige Details erkennen.


    Im Bereich zwischen den Balkonen scheint es kleinere Veränderungen gegeben zu haben, sofern das Bild nicht trügt, ...



    sonst sind keine wesentlichen Unterschiede erkennbar. Soweit ich weiß, kam es auch erst in den 30ern zu umfangreicheren Entstuckungsaktionen (?).
    Wegen der recht aufwendigen Gestaltung des Sockelbereiches sowie des Treppenhauses hatte ich auch angenommen, dass der jetzige Zustand des Daches nicht dem Original entspricht, aber es fehlen wohl doch nur wenige Elemente. Möglicherweise wirkte es ursprünglich durch andere Materialien und eine veränderte Farb-/Putzstruktur insgesamt harmonischer.


    Die Balkone scheinen hingegen vor noch nicht allzu langer Zeit entfernt worden zu sein. Ich bilde mir sogar ein vor einigen Jahren dort noch Balkone gesehen zu haben.

    Mhm... nein, die sind wahrscheinlich bereits irgendwann in der Nachkriegszeit verschwunden.
    Hier ein Bild aus den 90ern.


    Noch ein Vergleich aus etwas anderer Perspektive:




    Die altehrwürdige Einrichtung der Apotheke soll wohl erhalten geblieben sein, den Betrieb der Spielhölle wird sie vermutlich nicht überstanden haben... :mad:
    Der Apotheker Max Löffler ließ sich übrigens auf dem Südfriedhof ein repräsentatives Grabmal (Link - Monat August aufklappen) errichten - und ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, dass er auch der Bauherr für das gesamte Haus gewesen ist.


    Dieses Relief könnte jedenfalls darauf hinweisen:



    Weitere Details:






    Vor ca. 2 Jahren wurde die Eingangstür aufgearbeitet:



    Im Inneren befinden sich noch eine recht aufwendig gestaltete Treppe, einige Reliefs, originale Türen und Reste der Bleiverglasung der Fenster.

  • ^ Sehr interessante Eindrücke. Wenn ich die Bilder über und unter der 3-Mohren-Postkarte vergleiche, dann fällt mir die unschöne Straßenverbreiterung von 1928 auf, die auch heute dazu beiträgt, dass diese Stelle null Attraktivität besitzt.






    Die Sanierung von Ostplatz 4 alias Stadthaus Reudnitz (hier bereits erwähnt), kündigt sich an.





    Blick zum Ostplatz und in die Oststraße von gestern Abend



    Bilder: Cowboy

  • Im Vorbeifahren gesehen, dass an der Zschocherschen- Ecke Karl-Heine die Nr. 23 eingerüstet wurde:



    Bild: LEonline

  • Haus Wiederitzsch - Hotel "Bergschlösschen"

    Über den Umbau des "Haus Wiederitzsch" zum Hotel wurde hier bereits berichtet. Die LVZ beleuchtet das Projekt nun näher. Die Faktenlage: Planung durch das renommierte Architekturbüro Behzadi und Partner aus Leipzig. Drei-Sterne-Hotel mit 52 Zimmern inkl. Restaurant mit Freisitz. Darüber hinaus war ursprünglich von Leipzigs Denkmalschützern die Erhaltung des gegenwärtigen Zustands aus den Dreißigerjahren festgeschrieben - Behzadi dagegen favorisierte die Wiederherstellung der Originalfassade von 1888 des einstigen "Bergschlösschens" was der Denkmalschutz letztlich absegnete. Die Eröffnung ist für Frühsommer 2019 geplant:


    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…aette-entsteht-wieder-neu