Rund um die Siegessäule - Großer Tiergarten

  • ^ Dann aber von "Befreiung" zu reden, wenn ein Unrechtsregime von dem anderen ersetzt wird, ist ziemlicher Unsinn.


    Ein bisschen kann man ironsons Empörung schon nachvollziehen: während ein pompöses Denkmal mitten in der Stadt steht für fremde Soldaten, die ebenso Kriegsverbrechen begangen haben, muss man das Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblock versteckt werden...

  • Es war die Wehrmacht, die erst Polen, und nach BeNeLux, Frankreich und Skandinavien auch die Sowjetunion angriff. Dabei handelte es sich um einen der barbarischsten Angriffskriege ... unzähligen toten Sowjetsoldaten, Zivilisten ... Befreiung ...


    Gibt´s denn Gedenkstätten für die Polen, BeNeLux, der Skandivavier in Berlin und wenn, wie sähen die dann aus? Gäbe es bronzene Kränze und Lohrbeerzweige oder auch tatsächlich eingesetztes Kriegsgerät wie stählerne Panzer und Kanon auf diesen Denkmalen?
    Stalin hatte schon fünf Millionen umgebracht, da hatte Hitler noch gar nicht angefangen.
    Was mich bei diesem Siegesmal stört ist der frisch-fröhliche Stalin-Imperialismus und Militarismus, der aus diesem Gebilde spricht.
    Der unbewaffnete Rotarmist mit einem geretteten Kind auf dem Arm in der Gedenkstätte in Treptow ist mir da näher.


    Ich bin für eine Entschärfung durch Friedenstauben.

  • DerBe: Er schrieb aber "Befreiung Europas"... Mit deiner Argumentation rechnest du außerdem das Schicksal der Juden auf gegen das Schicksal der "befreiten" Osteuropäer. Moralisch alles andere als einwandfrei.

  • ^
    Eben, die Lager lagen alle in Europa und sie wurden befreit. Ich rechne im Übrigen gar nichts auf, denn das machen hier andere. Das ist aber auch OT.


    Bitte nur zitieren wenn es Sinn macht.
    Bato

  • Ich würde dieses Denkmal weniger als eines für die Opfer des Krieges, sondern eher als ein Siegesdenkmal bezeichnen. Das kann man ja schon am Figurenkonzept erkennen.. Keine trauernden Frauen und Mütter o.ä., sondern ein Soldat mit Panzern. Normalerweise befinden sich diese ja eher in der Hauptstadt des Siegers. Deswegen ist es schon ein Sonderfall, fpinde ich.

  • Gibt´s denn Gedenkstätten für die Polen, BeNeLux, der Skandivavier in Berlin und wenn, wie sähen die dann aus? Gäbe es bronzene Kränze und Lohrbeerzweige oder auch tatsächlich eingesetztes Kriegsgerät wie stählerne Panzer und Kanon auf diesen Denkmalen?
    ...


    Vermutlich hast du davon gehört, dass die rote Armee seinerzeit Berlin militärisch erobert hatte nachdem die deutsche Regierung den Krieg angefangen hatte und anscheinend auch bis zuletzt nicht eingestehen wollte, dass er verloren ging. Ein paar Monate danach wurde das Denkmal aufgestellt und die Stadt blieb dann noch lange Zeit unter Besetzung der Siegermächte.


    Insgesamt recht einschneidende Geschehnisse für die Stadt. Ich denke die Menschen sind durchaus in der Lage das Mahnmal entsprechend geschichtlich einzuordnen.


    Die ganze Geschichte hat immerhin dazu geführt, dass es in Deutschland keine großen Militärparaden mit vorgeführtem Kriegsgerät mehr gibt und die Menschen hierzulande Militäreinsätzen recht skeptisch gegenüber stehen.

  • Was soll´s?
    Hätte Japan die Rote Armee im Rücken angegriffen und die USA in Ruhe gelassen, dann stünde eine entsprechendes Denkmal in Moskau. Aus Kreml-Steinen und mit Tigerpanzern. Die Geschichte schreibt immer der Sieger.
    Richtig gewonnen hat er aber erst, wenn der Besiegte sich die Ansprüche des Siegers zu eigen macht, sie verteidigt und sich als unterwürfiger Helot profiliert.


    Gedenken gegen das Vergessen ist eine (richtige) Sache.
    Gedenken der toten Opfer ist eine Ehrensache.
    Verherrlichung von Militarismus und jedweder Gewaltherrschaft ist nicht nur dumm sondern selbst gewalttätig.


    Was spricht gegen eine Ergänzung des Siegerdenkmals durch große Friedenstauben?

  • Der Krieg ist aber auch nachträglich nicht mehr zu gewinnen. Das Denkmal ist immer noch Sache der Russen und an die müsstest du dich mit deinen Wünschen auch wenden.

  • Verherrlichung von Militarismus und jedweder Gewaltherrschaft ist nicht nur dumm sondern selbst gewalttätig.


    Demzufolge müsste man auch beispielsweise die Siegessäule schleifen bzw. alles was zumindest an den Deutsch-Französischen Krieg erinnert? Deiner Argumentation zufolge müssten auch alle Zeugnisse des preußischen Militarismus verschwinden.


    Ich habe mit dem sowjetischen Ehrenmal kein Problem. Es ist Zeugnis eines Teils der deutschen Geschichte und erfüllt seinen Zweck, dazu sieht es auch gar nicht so schlecht aus. Gut, die Panzer mögen vielleicht etwas martialisch sein, aber sie passen zum Thema.

  • Ich bezweifle auch einfach mal, dass es bei solchen Abriss- oder Änderungsfantasien wirklich in erster Linie um den Aspekt Militarismus und Kriegsverherrlichung geht, sondern eher um ein Zeugnis einer militärischen Niederlage in unmittelbarer Nähe zu Reichstag und Brandenburger Tor. Was wiederum so manchem hochpatriotischen User wohl ein Dorn im Auge ist, der die nähere Umgebung vielleicht ja ausschließlich mit Heldenstandbildern gespickt und alles andere lieber kaschiert sehen möchte.


    Ändert aber nun einmal nichts an der Tatsache, dass wir den Krieg gegen die Russen, der von deutscher Seite als Vernichtungsfeldzug begonnen worden ist (die Anleihen an rechtsextreme Präventivkriegtheorien ignoriere ich jetzt einfach mal), nun mal (zu Recht) verloren haben. Mit den Brüchen in unserer Geschichte müssen wir leben, dass Ehrenmal hat von daher genauso eine Daseinsbrechtigung im Tiergarten wie Bismarck und Siegessäule.

  • @ Richard Neutra:
    Da habe ich mich mißverständlich ausgedrückt:
    Ich meinte das bezüglich Soldatenfriedhöfen, Grabstätten.


    Im rückwärtigen – gärtnerisch gestalteten – Teil der Anlage liegen die Gräber sowjetischer Soldaten. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, die Angaben hierzu bewegen sich zwischen 2.000 und 2.500 gefallener Rotarmisten.


    Da sind Panzer und Kanonen eben unpassend um der Opfern zu gedenken.
    Ich plädiere für die ergänzenden Friedenstauben.

  • Reinhard: Steter Tropfen höhlt den Stein...? ;)
    Wenn man das mal weiterdenkt und die T34 durch Friedenstauben ersetzt oder beschirmt, wird ein Symbol durch ein Gegensymbol ersetzt bzw. ergänzt und die Aussage dadurch eine andere. Das Kriegsgerät war wirklich dabei und beschönigt den brutalen Endkampf mit allen Gräueltaten nicht. Friedenstauben würden meiner Meinung nach zu sehr den Friedensbringer-Kommunismus-Mythos in sich führen, wie er ja gerne im Ostblock eben mit der Taube als Symbol praktiziert wurde. Da finde ich die originalen Waffen allein als Dokument ehrlicher, näher an den historischen Realitäten mit ihren vielen Opfern.
    So eine eingreifende Änderung bringt doch nur einen gewaltigen Stein ins Rollen - "die Geister, die ich rief..." - , ich befürchte ein unendliches Betätigungsfeld für Berufsweltbesserer, Querulanten und Empörer neben wenigen Engagierten für alle möglichen Denkmäler, Symbole und Gebäude. Die sinnvollen, nachvollziehbaren, vielleicht wirklich notwendigen Anstöße würden glaube ich gnadenlos in einer inflationären Flut von Bullshit untergehen. Überall gibt es Symbole aus der Vergangenheit, die irgendwo irgendeinem nicht passen und deswegen aus dem Blickfeld verschwinden sollen, erinnern sie entweder an erlittene Schmach oder vergangene Verbrechen. Etwa christliche oder eiserne Kreuze. Oder das Niederwalldenkmal, die "Wacht am Rhein". Schwedische Farben in unzähligen Stadtwappen Meck-Poms. Römerbauten...;) M.E. also eine Pandorabüchse, die du mit deiner Ummodelung des sowjetischen Ehrenmals öffnen möchtest. In allen Zeiten der Geschichte galt: wer baute und Symbole hinterließ, hatte zu dem Zeitpunkt das Sagen - da ändert kein Abriss, keine Umbennung, keine Versetzung irgendetwas. Damit müssen die Nachgeborenen einfach souverän umgehen können.




    Und wer hier aus deutschnationalem Empfinden "gegnerische" oder "feindliche" Besatzungs- und Siegessymbole weg haben will, müsste für die Entscheidung in Windhoek mit den Namibiern gut mitfühlen können, wie schmachvoll so ein Denkmal für ein Volk doch ist, was? ;)

    20 Mal editiert, zuletzt von Baukunst ()

  • Die Namibier hätten das Denkmal mit Sicherheit stehen lassen. Schließlich war es eine der größten Sehenswürdigkeiten von Windhuk und nicht zuletzt Anziehungspunkt für viele deutsche Touristen. Allein die SWAPO hat sich daran offenbar gestört und lässt lieber nordkoreanische Riesenstatuen aufstellen.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()


  • Und wer hier aus deutschnationalem Empfinden "gegnerische" oder "feindliche" Besatzungs- und Siegessymbole weg haben will, ...


    Aber jetzt mal ohne mein "ceterum censeo":
    Gibt es denn irgendwo in der Welt - vom Reiterstandbild in Windhoek abgesehen - ein vergleichbar geduldetes Siegerdenkmal?


    Ich habe beim googeln nichts gefunden.


    p.s.: außer Österreich, natürlich - aber das ist ja das Gleiche Problem.

    Einmal editiert, zuletzt von ReinhardR ()

  • Ein vergleichbares Denkmal wüsste ich auf Anhieb auch nicht. Was es noch gibt, sind vor allem Gebäude aus deutscher Zeit wie Kirchen oder den ein oder anderen Gouverneurssitz, z.B. hier zu sehen:
    http://www.timediver.de/Volksrepublik_China_Qingdao.html
    oder hier:
    http://www.konsulat-togo.de/kultur.php
    oder:
    http://www.kamerun-tourismus.de/reiseziele/buea.html
    und hier und da noch deutsche Straßenschilder:
    http://liportal.giz.de/typo3te…lschule_03_a8ec34214b.jpg


    Ein anderes prominentes Symbol von Fremdherrschaft, was erst in jüngster Zeit abgerissen wurde, war der alte japanische Gouverneurspalast in Seoul:
    http://upload.wikimedia.org/wi…l_Government_Building.jpg
    Für dessen Bau wurden Teile des alten Koreanischen Herrscherpalastes abgerissen, die nun rekonstruiert werden.

  • ^ Ja, beispielsweise in Wien.


    Davon abgesehen kann ich die Antipathien, die dieses Denkmal bei manchen auslöst, nicht nachvollziehen. Die Sowjetunion ist untergegangen (auch wenn Russland Rechtsnachfolger ist), alle damals aktiv Beteiligten tot oder Greise. Von daher ist mir dieses fortlaufende, gegenseitige Aufrechnen suspekt. Das Denkmal wurde als Siegerdenkmal errichtet, ist aber - zumindest für mich - heute bloß ein Teil der Geschichte und irgendwie auch Denkmal seiner selbst. Als eine von vielen Facetten, wohin übertriebener Nationialismus ("wir" gegen "die") und Krieg führen können. Und da die Geschichte des zweiten Weltkriegs eh geschrieben und wohl auch weitgehend bekannt ist, kann ich nicht nachvollziehen, wieso dieses Denkmal manchen scheinbar ans Ego geht. Wie es oben schonmal geschrieben wurde, ich halte es für ein Zeichen von Souveränität, auch solchen Aspekten der eigenen Geschichte ihren Platz zu geben.

  • @ Baukunst
    Du willst doch wohl nicht im Ernst deutsch aussehende Häuser, Kirchen oder Brunnen als "vergleichbar" bezeichnen.
    Da ist ein Gebäude wie die Sowjetische Botschaft Unter den Linden schon ein anderes Kaliber.
    Übrigens finde ich das Wiener Ehrenmal - in Ermangelung von 30-Tonnen-Kampfpanzern und Feldhaubitzen - deutlich erträglicher.


    Ich kann mir jedenfalls kein Volk auf der Welt vorstellen, das sich zum Erhalt und der Pflege eines solchen
    Monuments vergattern läßt.
    Aber hier soll es ja um Architektur gehen.


    Libeskind hat das Militärhistorische Museum in Dresden durch einen Keil verfremdet.
    Vielleicht sollten wir ihn mal fragen, was ihm zum Tiergarten einfällt!

  • Reinhard: Im Empfinden eines Volkes kann ein Gebäude durchaus mit einem Siegerdenkmal gleichgesetzt werden, wie das Beispiel des japanischen Gouverneurspalastes in Seoul zeigt.
    Und auch die deutsche Gouverneursvilla in Tsingtao kam nur mit Glück durch die chinesische Kulturrevolution. Ein simpler Brunnen hingegen ist natürlich nicht vergleichbar.


    Ich stimme dir gerne zu, was die Einmaligkeit der Deutschen (und ihrer "Unterabteilung" Ösis) betrifft, ein solches Siegesdenkmal mitten im Zetrum zu erhalten. Was ich, wie gesagt, als einen unaufgeregten und daher positiven Umgang empfinde.