mik:
Dann sag ich es halt noch einmal. Weder gibt es eine Rekowelle, noch fordert irgend jemand eine Rekowelle. Ich jedenfalls nicht und Spirit84 sicher auch nicht. Bei Reko in Berlin geht es lediglich um einen nicht mal 1 km² großes Gebiet zwischen Schlossplatz, Pariser Platz und Museumsinsel, für welches Einige (noch nicht völlig geschichtsvergessene Mitbürger) für eine möglich exakte Rekonstruktion wertvoller aber verloren gegangener Gebäude plädieren. Insgesamt vielleicht eine Handvoll von Gebäuden, mehr nicht. Das Reko teurer ist, weiss jeder. Das ist aber auch kein Problem, da der Deutsche Bundestag die dafür notwendigen Gelder längst eingestellt hat.
99,9% aller Projekte sind von der "Rekowelle" gänzlich unberührt. Außerdem ist Geld wieder nur eine Nebenbedingung. Keinesfalls wird durch den Kostenrahmen ein bestimmter Baustil vorher bestimmt. Auch sind Kanzleramt, Hauptbahnhof und Cube nicht gerade Budgetbauten, nur weil sie modernistisch gestaltet wurden. Zum selben Preis (vielleicht sogar billiger) liesse sich auch ein Cube bauen, dessen einziges Stilmittel nicht ausschliesslich dreieckige Glasscheiben sind. Giebel und Säulen sind nicht perse historisch. Schon ein simpler Betonpfeiler oder ein Stahlträger kann ein bisschen Struktur und Abwechslung in eine reine Glasfassade bringen. Der Architekt darf nur nicht auf die Idee kommen, gleich alles aus Beton oder alles aus Stahlträgern aufzubauen. Dann kommen solche Unfälle wie Kanzleramt und Hauptbahnhof bei raus. Material- und Formenvielfalt (nicht Reko und Histo) sind der Schlüssel zu weniger langweiligen Gebäuden.
AeG:
Kann schon sein, das dieser 20-Geschosser seine Farben nach der Wende bekommen hat. Aber das Gelb ist so blass, das Grau so verwaschen, das er durchaus auch original sein könnte. Das tut aber auch nichts zur Sache. Es geht hier ja nicht um eine Verteidigung der DDR Architektur. Die zumindest bei Wohnhäusern wahrlich kein Hort der Abwechslung war. Es geht darum, wie man Gebäude ansehnlich, wohnlich, gemütlich machen kann. Spirit84 plädiert für organische Formen, mehr Details und Ornamente. Ich sage Gliederung, Abwechslung und Traditionsbezug können nicht schaden. Wer dabei Tradition nur als das reine Kopieren von Vergangenem begreift, dem kann ich auch nicht helfen.
Auch Farbe ist keineswegs unwichtig. Farbe war mal sekundär. Vor dem Bauhaus, als Gebäude noch eine reiche Formensprache und Detailfülle besaßen, war es ziemlich egal, ob alles die gleiche Farbe hatte. Heute muss die Farbe die Eintönigkeit der Formen oft übertünchen. Weshalb werden denn die ostdeutschen Plattenbauten so quitschbunt saniert? Es könnte den Mietern doch auch scheissegal sein, wie ihr Wohnsilo von aussen aussieht. Nur wegen der Wärmedämmung hätte man die Fassaden nicht bunt machen müssen. Auch die Berliner Mauer hätte keine Farbe gebraucht, um mit der "beabsichtigten Aussenwirkung" des DDR Regimes und "dessen Funktionen in Einklang" zu stehen. Trotzdem wollten einige engagierte Bürger diese Tristess nicht hinnehmen und haben sie auf eigene Kosten angemalt. Die bunten Teile stehen heute in Museen, die grauen wurden geschreddert. Ein weiterer Beweis für die Unwichtigkeit von Farbe.
"Ausserdem ist es nicht die Aufgabe eines Zweckbaues, den gestalterischen Willen der Marktschreier zu repräsentieren." Ein billiger Angriff ohne jegliche Argumentation. Damit beleidigst du Jeden, der irgendwann die Architektur eines Bauwerks kritisiert, dessen Bauherr er nicht ist (also vermutlich auch dich selbst) als Marktschreier. Ein Debattierstil aller ersten Ranges wird hier von den Verteidigern der Moderne gepflegt. Stattdessen wird sich übelst aufgeregt, weil mal irgendwo nur "die Architekten" steht, anstatt jedes Mal "die Architekten, die Gebäude mit den angesprochenen Eigenschaften bauen" zu schreiben. Warum fühlt ihr euch eigentlich immer gleich persönlich angegriffen, ihr habt doch die kritisierten Gebäude nicht entworfen, oder doch? Weiter gehts mit den Zweckbauten. Weder Bauherr noch Architekt betrachten den Berliner Hauptbahnhof als reinen Zweckbau. Sowohl Mehdorn als auch Gerkan loben ihn als architektonisches Kunstwerk in den höchsten Tönen und streiten sich sogar vor Gericht darüber, ob ein verkürztes Dach den Entwurf ästhetisch ruiniert. Nur wenn ein "Marktschreier" das Kunstwerk kritisiert, mutiert der Bahnhof plötzlich zum Zweckbau, der nicht mehr in Frage gestellt werden darf. Diese Argumentation ist so schwach und billig, das man nur noch Mitleid haben kann.
AeG, dein architektur-geschichtliches Wissen mag ja fundiert sein, aber dein rüpelhafter und beleidigender Umgang mit allen Forumsteilnehmern, die nicht deiner Meinung sind, zerstört deine Glaubwürdigkeit restlos. Ich weiss nicht, ob man dir besser einen Debattierkurs oder eine Benimmschule empfehlen soll. Aber so wie du dich hier präsentierst, wirst du immer weiter rote Punkte sammeln.