Archäologische Zone und Jüdisches Museum

  • Archäologische Zone und Jüdisches Museum

    Ich eröffne hier mal nen neuen Thread für ein sehr spannendes Projekt.


    Der Architekturwettbewerb für die archäologische Zone und das Jüdische Museum wurde verabschiedet. Letzteres scheint wohl tatsächlich auf dem Rathausplatz gebaut zu werden. Den Artikel gibt's hier.
    Im Zuge der Ausgrabungen für den U-Bahn-Bau wurden übrigens auch die Überreste eines römischen Schiffs auf dem Alter Markt gefunden, meldete die Rundschau.

  • Die Überschrift des Artikels führt etwas in die Irre. Im Artikel selbst sind es dann nur noch Spuren eines Gebäudes aus dem 4. Jahrhundert.

  • Die Idee mit der archäologischen Zone und dem jüdischen Museum ist mehr als begrüßenswert.
    Mir persönlich gefällt der Siegerentwurf ehrlich gesagt überhaupt nicht.
    Der Kontrast zwischen filigranem Rathaus und dem Klotz á la Kolumba ist in meinen Augen zu groß.

  • Ich finde den Entwurf überaus gelungen.


    Der Platz vor dem Rathaus erhält durch die Bebauung wieder seinen historisch räumlichen Rahmen - ein kleinerer, intimerer Raum, an dem das historische Rathaus seine Wirkung entfalten kann.


    Der Entwurf für das neue, jüdische Museum nimmt die Flucht der östlichen Seite des Spanischen Baus des Rathauses auf und schafft einen neuen, kleineren Platz, der bis zum Anbau an das historische Rathaus reicht.
    Die Portalsgasse sowie die Judengasse haben ihren Namen (als Gasse) nun endlich wieder verdient, da sie als solche wieder erlebbar werden.


    Für das historische Rathaus werden sich künftig ganz andere, neue (obwohl eigentlich ganz alte) Blickbeziehungen ergeben, es wird wieder die unumstrittene Dominante sein - und kein mehr oder weniger stilistisch undefinierbares Gebäudekonglomerat in der Ecke einer viel zu großen Freifläche.


    Über die konkrete, detaillierte Gestaltung des zu bauenden jüdischen Museums lässt sich noch nicht so viel sagen - dafür sind die Zeichnungen noch zu ungenau.
    Jedoch hinkt der hier gezogene Vergleich zu Kolumba etwas. Erstmal wegen der kleinteiligen, unregelmäßigen, aufgefalteten Dachgestaltung, zum anderen soll die untere Ebene weitgehend transparent gestaltet sein und vielfältige Einblicke ermöglichen. Zu guter Letzt orientiert sich das Museum an der Traufhöhe des Rathaus-Anbaus und wird entsprechen von der Gebäudemasse weniger wuchtig als Kolumba wirken.


    Meines Erachtens ein guter, durchdachter Entwurf. Ich freue mich auf die weitere Entwicklung.

  • Hallo Citysurfer,


    das die Freifläche bebaut wird, stört mich persönlich ja nicht, im Gegenteil.
    Mir geht es um was anderes (was ich mit dem Kolumba-Vergleich überspitzt aussagen wollte),
    nämlich um das äußere Erscheinungsbild, genauer die Fassade.
    Ich finde solche Bauten wie Kolumba, der Siegerentwurf und auch die anderen Entwürfe u.v.a.
    Bauten dieser Art einfach nur trostlos, kalt und unschön (noch freundlich formuliert).
    Vielleicht liegt meine Dessymphatie gegenüber solchen Bauten an meiner Vorliebe zur Architektur der Vorkriegszeit,
    wo Köln voll war mit Häusern die durch Eleganz und Detailliertheit glänzten.
    Die von mir kritisierte heutige Beton-Architektur (Glasbauten hingegen mag ich)
    erinnern mich an die "Brutalität" der 60er und 70er Jahre, die uns extrem viele hässliche Bauwerke bescherte.


    Aber auch hier gilt: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. :)


    Gruß
    pzkoeln

  • @ pzkoeln
    Willkommen im Forum!


    Zum Thema:


    Ich habe mich mit dem Siegerentwurf noch nicht vollständig angefreundet.


    Wer sich ein mal die neue Synagoge in Dresden angeschaut hat, der sieht, dass die Architekten zwar exzellente kubische Architektur beherrschen, jedoch auf ihre Umgebung wenig achten. Die neue Synagoge in Dresden wirkt wie ein Fremdkörper, der sich bewusst isoliert. Eine solche "Fremdheit" und "Abgehobenheit" wäre für das Projekt Archäologische Zone und Jüdisches Museum in Köln fatal.


    Was mir gefällt, ist der Einblick in die Archäologische Zone, durch die Verglasung des Erdgeschosses. Endlich würde dieses Highlight Kölns mehr ins Bewusstsein gerückt.


    Was ich nicht erkennen kann, ist die Vielfalt eines Viertels - und auf das wird doch immer Bezug genommen. Durch die gleichförmige, möglicherweise eintönige, geschlossenen Fassade nimmt das Gebäude mit seiner Umgebung keinen Kontakt auf. Während das benachbarte WRM aus gutem Grunde nur wenige Fenster hat (Schutz der Bilder), so ist diese sachliche Notwendigkeit hier nicht erkennbar. Baulich war das ehemalige jüdische Viertel zudem voll in die Altstadt integriert, weshalb ich die Entwürfe auf den Plätzen zwei und drei nicht so einfach abtun würde.

  • ..vielleicht wäre es dort aber auch insgesamt viel wichtiger, dem Spanischen Bau seine schöne Barockfassade wiederzugeben...

  • Beim BDA-Montagsgespräch wurden die fünf erstplatzierten Entwürfe im Einzelnen präsentiert (hier ein paar Bilder http://www.koelnarchitektur.de…/de/home/aktuell/2101.htm ) So richtig überzeugen konnte mich der Siegerentwurf dabei ebenfalls nicht.


    In wichtigen Punkten erschien er mir sogar erstaunlich unkonkret. Die komplette Grabungszone stützenfrei zu überspannen ist sicher eine spektakuläre Idee, die finanzielle/technische Machbarkeit ließ man jedoch offen. Auch die Frage, wie man denn Synagoge und Mikwe innerhalb der „Museumshalle“ (ich nenne sie mal so) angemessen in Szene setzen will, blieb unbeanwortet. Eine Rekonstruktion wurde ausgeschlossen, wohl eine bauliche Einfassung, die aber gleichzeitig transparent sein soll (?). Visualisierungen, welche die Wirkung des Komplexes im Zusammenhang mit seiner Umgebung verdeutlicht hätten, waren eher rar.


    Städtebaulich fand ich's dürftig. Nach allem Gezeigten wird das Gebäude wie eine riesige Felslandschaft ausschauen, mit Fenstern nur an ausgewählten Stellen. Der steinerne Sockel soll über vertikale Glasstreifen dem Passanten Einblicke erlauben. Dennoch ist der Gesamteindruck für mich eher abgrenzend, eintönig und wenig einladend. Hier hätte mir der zweite Platz von „van den Valentyn Architektur“ wesentlich mehr zugesagt mit seinem Versuch, die Kleinteiligkeit von einst zumindest ansatzweise abzubilden und über eine offene Besucherterrasse das Viertel zu beleben. Stattdessen bekommt das sehr monolithische Wallraf-Richartz-Museum, welches jetzt die Südseite des Platzes dominiert, einen weiteren geschlossenen Monolithen gegenübergestellt.


    Bezeichnend fand ich den Kommentar eines der Jury-Mitglieder, etwas frei wiedergegeben: Der Siegerentwurf habe die Archäologie am besten respektiert und inszeniert, während alle anderen zu sehr auf außenwirksame Architektur gesetzt hätten. Aber ist die denn auch völlig egal an dieser Stelle??

  • ^^ Wieso sollte es nicht möglich sein, beide Entwürfe zu verbinden: Kleinteilige Fassaden und entsprechender Rahmen für Ausgrabungen im Inneren? Bei einem Altstadtprojekt in Düsseldorf hat man bewußt für möglichst viel Kleinteiligkeit gesorgt (wenn ich schon auf den gewohnten Platz verzichten muss, hätte ich gerne kleinere Häuser dort, wie sie einst da standen). Man hat auch auf Ideen verschiedener Wettbewerbsteilnehmer zurückgegriffen.


    Was in Düsseldorf geht, muss auch in Kölle machbar sein... ;)

  • Oberbürgermeister Fritz Schramma lehnt den Siegerentwurf im Architekturwettbewerb für das Jüdische Museum ab:


    http://www.ksta.de/html/artikel/1213962200934.shtml


    Er kritisiert die Massivität des Gebäudes, welches die Fassade des Rathauses und des Wallraf-Richartz-Museums in der Sichtachse nicht mehr erkennbar machen und die Gebäude quasi zubauen würde.


    Er bemängelt zudem, dass sich die Initiatoren nicht der Frage gestellt haben, wie denn überhaupt um die grundsätzliche Akzeptanz einer solchen Bebauung in der Bevölkerung bestellt ist. Zwar sei der Ort der traditionelle, historisch gewachsene Ort der jüdischen Siedlung, jedoch seien Mikwe und Synagoge die einzigen rituellen Gebäude gewesen, ansonsten habe es sich um kleinteilige Wohnbebauung gehandelt.


    Die Tatsache, dass der Entwurf wegen seiner Planungsidee eines im Ganzen als Schutzbau dienenden Tragwerks, in das die Museumsetagen eingehängt werden, sofort komplett gebaut werden müsste, unterscheide ihn von den meisten anderen Teilnehmern. Genau dieser Umstand widerspreche jedoch den Vorgaben des Wettbewerbs, der die Möglichkeit der separaten Errichtung von (in einen späteren Weiterbau zu integrierenden) Schutzbauten über Mikwe und Synagoge vorsieht.


    Auch in zahlreichen weiteren Punkten, etwa in Fragen der Finanzierung oder des Umgangs mit der Archäologie, würden die Vorgaben durch den Siegerentwurf missachtet. Während die Archäologische Zone selbst durchfinanziert sei und der zeitliche Rahmen stehe, sie könne bis 2010 oder 2011 zur Regionale fertig sein, stehe für das Haus, das darüber gebaut werden soll, vom Förderverein noch kein einziger Cent bereit.


    Auch das gewählte Verfahren wird von Herrn Schramma kritisiert. Er fordert eine erneute Diskussion über das Projekt, in die auch die Bürger miteinbezogen werden sollen.



    Anmerkung:


    Herr Schramma positioniert sich damit diametral gegen das Stadtplanungsamt und Herrn Streitberger, die den Siegerentwurf geradezu vergöttern.


    Die Einwände von Herrn Schramma sind meines Erachtens sehr stichhaltig und beachtlich.


    Das Jüdische Museum muss nicht zwangsläufig auf dem Rathausvorplatz gebaut werden, hierfür steht z. B. auch das Gelände des ehemaligen Kaufhauses Kutz in unmittelbarer Nähe zur Verfügung. Mikwe und die Reste der ehemaligen Synagoge können das Jüdische Museum auch dann ergänzen, wenn sie nicht in das Museum eingebaut sind. Auch haben sich die Initiatoren wohl noch zu wenig Gedanken über die Eigentumsverhältnisse, die Finanzierung und die Bedingung gemacht, dass die Archäologische Zone spätestens 2011 zugänglich sein muss. Ich kann mir im Übrigen vorstellen, dass viele Kölner gerne dazu gefragt werden wollen, ob sie den Rathausvorplatz für diese "Felslandschaft" opfern wollen.

  • ottcgn1 Es gibt einen klaren Ratsbeschluss, Jüdisches Museum und Archäologische Zone auf dem "Rathausplatz" zu errichten. Dies war auch die Vorgabe für den Architektenwettbewerb.


    Nun wird ein Siegerentwurf mit breitester Mehrheit gekürt - und nun kommt Herr Schramma und meint, das gefalle ihm nicht - und man solle vielleicht doch ganz woanders bauen?


    Das ist ja wohl ein Witz - und zudem ganz, ganz schlechter Stil.


    Ein Artikel zum Thema auch in der Kölnischen Rundschau.


    http://www.rundschau-online.de…tikel/1213977715630.shtml


    Das Besondere an dem Entwurf ist für Architekt Nikolaus Hirsch „das einheitliche Zusammenspiel der beiden Bereiche Museum und Archäologische Zone“.
    Das Gebäude soll zudem dank eines besonderen Systems variabler Träger, die das Gebäude stützen, soll es leicht und filigran wirken.

  • Herr Schramma ist mir sympathisch und besitzt offenbar als einziger in dem ganzen Verfahren noch ästhetisches Empfinden. Dass das Stadtplanungsamt den Siegerentwurf vergöttert, ist ja klar - wie in jeder Stadt unterliegen die meisten dort Schaffenden (oder zumindest die in den entscheidenden Positionen) auf mehr oder minder verschlungenen Wegen der BDA-Unmündigkeit, frei nach Kant. Beim Architekten- ist's ja ähnlich wie beim Ärztestand, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, sie könnte ja in der nächsten Jury oder im nächsten Gutachterauschuss sitzen, gell?


    Und mal zum Entwurf selbst: "Er bemängelt zudem, dass sich die Initiatoren nicht der Frage gestellt haben, wie denn überhaupt um die grundsätzliche Akzeptanz einer solchen Bebauung in der Bevölkerung bestellt ist." Genau das ist der Punkt. Wann hört endlich diese anmaßende altmodernistische Zug auf, die Funktionalität über Ästhetik und über städtebauliche Zusammenhänge zu stellen? Als ob es nicht möglich gewesen wäre, diesem massiven Baukörper eine vernünftige Dachlandschaft und eine kleinteilige Gliederung zu verpassen. :nono:


    Man muss wohl wirklich Architektur studiert haben, um nicht zu sehen, dass hier eine Bausünde wie aus den schlimmsten 70er Jahren verbrochen werden soll. Vollkommen unmaßstäblich, von der Materialität geradezu außerirdisch, von der Kubatur her jegliche Bezüge sprengend. Der Städtebau dieses gerade erst beginnenden 21. Jahrhunderts ist jetzt schon für die Tonne.


    Man kann nur hoffen, dass die Kölner z. B. via Volksentscheid ähnlich viel Mut wie z. B. die Aachener haben, das Teil noch vor Baubeginn wieder auf die Bretter zu schicken.


    P.S.: Wer auch immer sich die kindisch-pubertäre Angewohnheit zugelegt hat, einen jeden meiner Beiträge rot einzufärben, lasse es doch bitte. Ist mir nämlich völlig egal und somit reine Zeitverschwendung. Danke.

  • Boah, jeder der Entwürfe ist einfach nur schlimm! War Teilnahmebedingung, daß man Dekonstruktivist ist?


    Der Siegerentwurf für das jüdische Museum ist schon fast brutalistisch, einfach nur bösartig und monumental häßlich. Köln täte sich mit so einem Bau keinen Gefallen. Die Qualität des Gebäudes ist unsäglich schlecht. Es ist ja noch nicht mal funktionalistisch mit dem komischen "Dach".


    Viele moderne Gebäude kann man in Städte setzen, in denen viel Altbausubstand besteht, aber Köln ist schon geschunden genug, da braucht man nicht diese modernistische Minimalarchitektur.


    Wobei dieser Entwurf ja noch nichtmal nach Rom passen würde. Eigentlich paßt er nur in den Papierkorb. Das Ding ist ein Ungebäude. Jegliches Gefühl für Proportionen, Ästhethik und Städtebau wird mißachtet.


    Das bekäme eine Zaha Hadid oder ein Santiago Calatrava besser hin. Das Gebäude würde sich dann noch immer nicht einfügen, aber wenigstens wärs für die Mehrheit gefällig fürs Auge und ein besserer Touristenmagnet.

  • Herr Schramma positioniert sich damit diametral gegen das Stadtplanungsamt und Herrn Streitberger, die den Siegerentwurf geradezu vergöttern. Die Einwände von Herrn Schramma sind meines Erachtens sehr stichhaltig und beachtlich.


    Meines auch (s. darüber). Da der Oberbürgermeister und nicht ein Amtsleiter der Chef ist, hoffe ich, dass der Chef sich durchsetzt - selbst wenn es die Suche eines neuen Stadtplaners bedeuten sollte.


    Nun wird ein Siegerentwurf mit breitester Mehrheit gekürt


    Was für breiteste Mehrheit denn? Höchstens in der Wettbewerbskommission - die wohl zufällig besetzt wurde. Auch wenn ich mich wiederhole: In Düsseldorf hat man die Wettbewerbsergebnisse nicht einfach so hingenommen, sondern nachbearbeitet - und in Köln sollte dies ebenfalls möglich sein.


    Nachtrag: Die Ratsmehrheit dafür, überhaupt ein Museum zu bauen, bedeutet nicht automatisch eine Mehrheit für diesen Entwurf - das sind unterschiedliche Dinge.

  • Ja, sicher ist das möglich, aber Du wirst doch wohl einsehen, dass es sich um zwei völlig verschiedene Wettbewerbe mit völlig verschiedenen (Zwischen-)Ergebnissen handelt. Von einem Einzelfall in einem besonderen Umfeld in der Ddfer Altstadt, kannst Du doch nicht auf den "allgemeinen Grundsatz der Kleinteiligkeit durch Nachbearbeitung" schließen.


    Der Siegerentwurf lässt vor allem wenig öffentlichen Raum und wirkt für den Standort einfach zu großflächig. Deshalb interveniert Schramma - durchaus mit Recht, wie ich finde.

  • ^^ Mit jeder kritischen Stimme ist der siegreiche Entwurf noch umstrittener. Es muss einfach möglich sein, die Vernunft walten zu lassen - wie auch immer man es machen möchte. Es geht ja um einen zentralen Ort und um ein Bauwerk, welches u.U. einige Generationen ertragen (wenn man sich daran nicht erfreuen könnte) müssen.

  • Bewacher Schramma ist lediglich der Chef der Verwaltung (und damit natürlich auch Chef der Dezernenten/Amtsleiter).


    Entscheidungsträger ist aber der Rat der Stadt Köln - und dessen Beschlüsse hat die Verwaltung mit Schramma an der Spitze umzusetzen.