Westbesuch in Leipzig
Mit dieser Galerie möchte ich euch nun die westlichen Stadtteile Plagwitz, Lindenau und Leutzsch vorstellen. Die jüngere Geschichte sei kurz erzählt: im Zuge der Industrialisierung veränderten sich die 3 ehemaligen Dörfer gewaltig. Riesige Fabriken entstanden, Arbeiterwohnsiedlungen wurden binnen weniger Jahre aus dem Boden gestampft, reiche Fabrikantenbesitzer ließen prächtige Villen bauen. Die Bevölkerung wuchs um ein Vielfaches. Der Leipziger Westen trug maßgeblich zum industriellen Aufschwung Mitteldeutschlands bei.
Trotz der industriellen Bedeutung blieben diese Viertel vor großer Kriegseinwirkung verschont. Totalverluste und diverse Nachkriegsverschlimmbesserungen hielten sich relativ in Grenzen, so dass heute schätzungsweise 70 Prozent der Bebauung in Plagwitz, 80 Prozent in Lindenau und bis zu 90 Prozent der Bebauung in Leutzsch noch der Vorkriegssituation entsprechen.
Zum Ende der DDR hin waren die Viertel geprägt von Verfall und katastrophalen Umweltbedingungen. Nach der „Wende“ schlossen nahezu alle Betriebe, ganze Straßenzüge entvölkerten sich und verödeten. In mehreren Quellen steht geschrieben, dass der Niedergang des Leipziger Westens 1992 seinen Höhepunkt erreichte; zu einer Zeit, wo sich im Stadtzentrum bereits Aufbruchstimmung und Optimismus verbreiteten. Nach 1992 machte man sich ran, die Viertel denkmalgerecht zu sanieren. Statt Abriss maroder Altbausubstanz und Neubau lag der Schwerpunkt auf Sanierung und Rekonstruktion, Erhalt und Umnutzung. Als Ende 1999 die Sonderabschreibung Ost auslief, waren immerhin ca. 40 Prozent der Substanz saniert. Doch es stellte sich heraus, dass es im Hinblick auf die demographische und wirtschaftliche Struktur nichts brachte. Während die innenstadtnahen Gründerzeit-Viertel schon leichte Bevölkerungsgewinne verbuchen konnten und es dort einen regen Bevölkerungsaustausch gab, ging der Bevölkerungsverlust im Westen der Stadt ungebremst weiter, stiegen Arbeitslosigkeit und soziale Probleme ins Unermessliche.
Keiner weiß so recht warum, aber seit 2003/2004 gibt es auch in Plagwitz, Lindenau und Leutzsch einen Aufschwung, der immer mehr an Fahrt gewinnt. Eine Vielzahl an Unternehmen gründet sich, viele Kneipen und eine bunt gemischte Kultur entstehen, Studenten nehmen bei einer Durchschnittskaltmiete von 4 Euro ganze Straßenzüge in Beschlag, es werden nicht mehr nur einzelne Häuser, sondern ganze Häuserblocks saniert, marode Industriebetriebe werden zu hippen Lofts und Penthousewohnungen umgestaltet, die Arbeitslosigkeit sinkt signifikant und – ganz wichtig – die Bevölkerung nimmt z. Teil rasant zu.
Natürlich ist der gegenwärtige Boom noch ein zartes Pflänzchen und nicht zu vergleichen mit gewachsenen Strukturen westdeutscher Städte. Auch wenn die meisten Prognosen für Leipzig deutlich nach oben zeigen, ein kleines unvorhergesehenes Ereignis, und alles fällt wie ein Kartenhaus wieder zusammen…
Bevor ich mit den Bildern starte, zeige ich euch noch eine kleine Serie aus der Fotocommunity. Dort hat ein User Bilder von Leipzig im Jahr 1990 eingestellt, die ungefähr vermitteln, wie es um diese Zeit ausgesehen hat.