Hines-Hochhaus am Alexanderplatz (150 m | Planung)

  • Was mir auch bei dem 2. Entwurf besonders gut gefällt ist, wie man an der linken Dachkannte vom Saturngebäude sehen kann die halbrundförmig abgerundete Fassade zur Staßenbahnseite hin, das lockert die ansonsten kantigen Seiten auch noch etwas auf und bringt dort mehr Dynamik rein.

  • Also Kleihues Vorschlag ist eine weitere Variation seiner Architektursprache, die - so elegant und geschliffen sie auch sein mag - unglaublich langweilig und beschränkt ist. Letztlich immer das gleiche und angepasst an die Vorgaben.

    Leibinger fällt letztlich in die gleiche Kategorie, ein weiterer gekonnt geschliffener Klon.

    Eigentlich völlig egal welche der beiden man baut, passen beide in den gegenwärtigen Kontext, was am Alexanderplatz passiert. Solide angepasste Entwürfe auf bekannten Berlinniveau.


    Gehry wäre für mich der einzige Entwurf der sich aus diesem Einerlei etwas hervorhebt. Leider hat hat er seine runde Form auch dem ortsüblichen Quader angepasst, allerdings gleicht diese Art Nichtfassade im Entwurf etwas einer Christo-Verhüllung und wirkt bei dem ganzen gegenwärtigen Alexanderplatzgemurkse ein wenig - auch dann Dank seiner 150 Meter - wie ein gestreckter Mittelfinger, der sagen will was er von seinem Umfeld hält.

    Diese Ich-Bezogenheit und das Desinteresse an seiner Umgebung sind zwar sowieso Markenzeichen von Gehry's Entwürfen, aber selten hätten sie so eine Berechtigung wie hier.

  • Je öfter ich mir die drei Entwürfe ansehe, desto mehr tendiere ich nun auch zum allgemeinen Favoriten hier (ich brauche manchmal halt etwas länger für so etwas). Ich finde keinen der drei Entwürfe komplett stimmig und perfekt. Aber Kleihues gibt dem Platz mE eindeutig am meisten: Etwas mehr Materialität und sichtbare Struktur statt reiner Glasflächen, hoffentlich auch etwas Farbe (es ist durch das Licht etwas schwer zu erkennen, scheint aber eher ein beige-gelb als ein weiß-grau o.ä. zu werden) und trotz der Dimensionen auch einen Tick Leichtigkeit und Eleganz. Das Grün wäre dann noch ein Bonus und zumindest für den Alex auch etwas Besonders.


    Womit ich leider wenig anfangen kann, ist die Krone (die finde ich aber auch beim nett gesagt extravaganten Gehry noch am Schlimmsten - sie zerstört mE genau dessen diffuse Qualität - und beim Leibinger dann irgendwie wieder etwas zu banal). Ich kann sehr gut verstehen, dass man diese betonen will und gerade für den etwas höheren Turm ist das auch wünschenswert. Aber wirklich überzeugend hat das dann leider weder der beste noch einer der anderen Entwürfe umsetzen können. Ich hätte hier vermutlich doch mit einer Art Verjüngung gespielt.

  • Das Gehry Büro hat Hines (Berlin) jetzt zum zweiten mal einen desinteressierten Mittelfinger gezeigt. Beim ersten Entwurf kam man mit einem aufgewärmten Vorschlag aus der Mottenkiste für international abgelehnte Entwürfe um die Ecke. Nun hat man einen Praktikanten im 3. Semester einen "neuen" Entwurf nach Berlin schicken lassen.


    Die beiden dt. Vorschläge sind nüchtern und verstärken den Ödnis Charakter der DDR Plattenbau Hölle am Alex. Die einzig, womöglich gute Nachricht ist, dass es hier scheinbar weitergeht mit Investitionen. Auch die Aussicht, dass der mittelmäßige Saturn überarbeitet wird stimmt positiv.


    In Berlin scheint der seltsam unentschlossene und halbgare Hochhausstil weiter gepflegt zu werden. Überall werden die plumpen Sockelanbauten geplant. Niemand traut sich Hochhäuser mit Alleinstellungsmerkmal zu. Nirgendwo in D werden Vorzeigetürme errichtet.

  • Sorry das kann ich so nicht ganz teilen und nachvollziehen.


    Der Gerhy Entwurf ist schlimm und einfach abstrakt hässlich das sehe ich ähnlich. Aber die beiden Dt. Entwürfe sehen gut aus und werten den Alex deutlich auf, auch erfreulich wie Du sagst ist der Saturn Umbau . Generell passiert in Berlin noch was und es wird in Hochhäuser investiert und gebaut, wie sonst nirgendwo.


    Der Stream Tower ist fertig, genauso wie der Edge Tower, das sind Meilensteine wenn man bedenkt das die letzten Hochhäuser in Berlin am Breitscheidplatz vor 7 bzw. 12 Jahren fertiggestellt wurden.


    Noch dazu wurde mit 142m ein neuer Rekord in Berlin aufgestellt bei der Höhe.


    Nicht mehr lange und der Estrel Tower wird diesen Rekord übernehmen, noch dazu werden mit dem Covivio Tower, Mynd und nun Hines gleich 4 Hochhäuser geplant/gebaut und hoffentlich fertiggestellt.


    Ich freue mich riesig auf den Estrel Tower mit 176m, und er wird mehrere Rekorde in B und Deutschland brechen, und ist ausserdem sehr gelungen,schön,einzigartig und wäre für mich ein Vorzeigeturm.


    Außerhalb von Berlin wäre der Four 1 mit seinen 233m ein Vorzeigeturm, sowie auch der Central Business Tower.


    Wenn die geplanten und im Bau befindlichen Hochhäuser in Berlin alle realisiert werden, bin ich sehr zufrieden und es wird sicher die Skyline positiv verändern.


    Sinnlos-Zitat gelöscht.

  • Wundert mich, dass der Entwurf von Kleihues so positiv bewertet wird. Den Entwurf empfinde ich als viel zu kantig und grobschlächtig. Der Turmabschluss ist furchtbar, weil er wie eine Bauruine aussieht. Will man beim Turmabschluss tatsächlich auf die Nutzung durch Geschossfläche verzichten? Oder hat man da einfach nur vergessen, die Fenster einzusetzen? Die oberen beiden Geschosse des Sockelgebäudes (mit den Loggien) sollen wohl ein Pendant zum Turmabschluss darstellen, indem sie dessen gestalterisches Motiv aufnehmen. In gestalterischer Hinsicht empfinde ich diese Loggien als völlig misslungen.

  • Sicher mag der Kleihues Entwurf in Teilen kritikwürdig sein- aber ich könnte mit Blick auf das gegenwärtig gebotene Alternative Angebot, mir den Bau noch am Ehesten dort vorstellen.


    Ich bin auch nicht von allen Detaillösungen auf der Visu überzeugt - kann z.B die Irritation über die unterschiedliche Gestaltungs- Lösung bei der Gallerie/Loggia von Turm und sockelbau durchaus nachvollziehen.


    Die in der Visu dargestellte Ausführung der Turmspitze bietet mir für eine Einschätzung zu wenig Information.

    Die Ermangelung eines sichtbaren Abschlusses und der Vergleich mit einer Bauruine kann ich hier schwer nachvollziehen. Ich find Kleihues widmet sich dem deutlich mehr als man es heute gemeinhin gewohnt ist und das sehr plastisch und verspielt mit seiner MCEscher -gleichen ewig getreppten Brüstung/Attika.


    Auf eine Verwandtschaft zum Leibinger käme ich im Leben nicht - der Bau ist weder ideenarm noch hat er dessen belehrende Frigidität.


    Ich würde sogar sagen im Vergleich zum Leibinger wirkt Kleihues schon frivol.


    Kleihues Ansatz ist sicher eher klassisch und retrospektiv, ist aber gerade deshalb auch für mich erfolgreicher.

    Er nutzt es in Material und Fassadenstruktur sowohl für Kompatibilität und Bezüge zur bestehenden prägnanten Bebauung und entwickelt trotzdem seine Eigensinnigkeiten gegenüber diesen, mit denen er das Repertoire an Angebot gegebener Gestaltungsmuster am Platz angenehm ausweitet.

    Mit der Fülle an eingebrachten Componenten, seinem Fassadenkonzept aus plastischen und planar Sequenzen, dem brechen des monolithischen Turmes, durch die intersektive Stufung und das partielle aufweichen perpetueller Fassaden-Muster zeichnet er wie Camondo schon schrieb sich eher durch einen postmodernen Ansatz aus.


    Auch die Eingliederung des Anbaues durch den Schwung und die Einschmelzung seiner Fassadenstruktur in den Turm gelingt m.M ganz elegant.


    Der Entwurf mag auf den ersten Blick als zu wenig eingewoben ins Umfeld erscheinen weil er mit seiner konzentrierten Vielfalt, die bisher gewohnte Reizdichte in der Fläche übersteigt- ich halte das aber diesen Mangel für einen Allgemeinplatz weil die Entwicklung mehrerer individueller Hochhäuser an einer bestehenden Platz-Struktur die bisher andersartig baulich geprägt war perse erst mal eine triumphalistische Irritation gegenüber dem bestehenden Gefüge darstellt -das kann man dann bestenfalls mit einer Art Sockelarchitektur moderieren. Die bietet sich konsequent aber nicht in jedem Falle räumlich und ästhetisch an.


    Die harmonisierende Einbindung und Vermittlung ist nicht nur aber auch Aufgabe der Umfeld/Freiflächengestaltung. Architektonisch hingegen leistet m.M Kleihues mit seinem Entwurf hingegen deutlich mehr Vorleistung als seine Mitbewerber.

  • Die in der Visu dargestellte Ausführung der Turmspitze bietet mir für eine Einschätzung zu wenig Information.

    Will man beim Turmabschluss tatsächlich auf die Nutzung durch Geschossfläche verzichten?


    In Kommentar #942 sind Screenshots der Modelle verlinkt. Da erkennt man, wie der Turmabschluss von Kleihues gedacht ist. Käme es so, fände ich das durchaus interessant und sogar innovativ. Jedenfalls wäre es eine der einprägsamsten Hochhaus-Dachetagen in Deutschland.


    Für die noch nicht visualisierten Fassadenseiten würde ich mir aber auch eine vergleichbare Gestaltungstiefe und nicht einfach ein glattes Abmetern wünschen.

  • Bei den meisten Visualisierungen wird in erster Linie die Schokoladenseite gezeigt. Der Aufenthaltsbereich direkt am Platz mit seinem Umfeld ist wohl auch erstmal der wichtigere.


    Wie sich der Turm auch aus der Ferne macht dürfte hingegen die meisten Berliner interessieren die nicht täglich vor Ort sind, was man an der Diskussion um den Fernsehturm mit seiner Sichtachse erfahren hat.


    Von den Entwürfen ist keiner an einem der wichtigsten Plätze der Hauptstadt überragend. Und das ist schade.


    Mit dem getreppten Kleihues-Turm kann man sicherlich leben. Gehrys Tower hebt sich extravagant heraus, gehört aber in den asiatischen Raum.


    Die Vorort-Experten wissen, dass ein einzelner Turm nur der Weg zu einem Ganzen ist (Kollhoff-Plan), in dem Fall eine Ergänzung zu einem neuen Stadtviertel. Hier kommen wissentlich noch etliche 'Bausteine' dazu.


    Trotz aller bisherigen Kritik am schleppenden Hochbau in Berlin, muss jetzt positiv erwähnt werden, dass es bei diesem Thema langsam anfängt zu laufen. Die Anzahl der Neubauten in die Höhe zeigen die Richtung an, wie sich eine wachsende Stadtgesellschaft zukunftsfähig aufstellt. Das war ja lange Zeit dort überhaupt kein Thema.

    Erst im Zuge von Schlagworten wie Klimawandel und Flächenschonung werden auch vermehrt wieder Hochhäuser angedacht.

  • Mir gefällt der Entwurf von Gehry am besten. Dies ist der einzige Entwurf, der überhaupt interessante Architketur an den Alex bringen würde, die Entwürfe von Kleihues und Leibinger sind gestaltungsarme 0815-Türme, am Alex sollte es m.E. architektonisch spannender zugehen. Gehry arbeitet mit abstrakten Formen und wählt als Material gerne Metall, wie das aussieht und dass das gut aussehen kann, zeigen z.B. die Gehry-Bauten in Düsseldorf: 32963319

  • ^ Warst Du schon mal im Düsseldorfer Hafen und hast Dir die Gehry-Dinger vor Ort angesehen? Ich habe selten Gebäude erlebt, die sich so autistisch zum Stadtraum

    (hier Rheinpromenade) verhalten. Die konkave Fassade zur Promenade verschluckt die Passanten, die sich in einer abweisenden Erdgeschosszone mit hohen Brüstungen und Lochfenstern wiederfinden, die sich in unkrautbewachsenen Nischen faltet und sich als öffentliches Urinal anbiedert, sofern man sich nicht im Fassadenmaterial spiegeln würde.


    Das ist Architektur und Städtebau wie man sie in Dubai und Astana findet. Gebaute Skulpturen auf infantilen Niveau, in Form von Papierknäul, oder zerdrücken Dosen (,hier Papierstreifen aus dem Aktenvernichter), auf dem Ziegel, Naturstein, Putz, oder Edelstahlblech appliziert wird, egal ob Museums-, Büro-, oder Wohnungsbau.


    Da lobe ich mir den Gehry der 80er und 90er, indem solche Formen noch akzentuierend und ironisch eingesetzt wurden, oder man zu Bauten wie der DZ Bank in der Lage war und die städtebaulichen Vorgaben zum Pariser Platz äußerst gekonnt interpretiert hat.


    Bitte keine Gehry 2.0 Icon-Architektur mehr, die seit über 20 Jahren in aller Welt von New York bis Herford verkauft wurde. Architektur als Konsumprodukt. Der Bilbao-Effekt funktioniert wenn überhaupt nur bis zu den ersten Bauschäden und ist sowas von vorgestern.

  • Hoffentlich wird es nicht dieser schreckliche Gehry-Entwurf, der unter Umständen ganz gut mit der alten Kaufhoffassade korrespondiert hätte. Die ist aber nunmal nicht mehr.


    Wie man auf die Idee kommt, die Fassade bis auf den Sockel runterzuziehen ist mir ein Rätsel. Das ist ja schon menschenfeindlich.

  • Den Gehry Entwurf kann man sich umgesetzt nur schwer vorstellen, die Darstellung ist kaum naturalistisch. Wenn man Gehry ein wenig kennt - was hier natürlich für alle gilt - kann man aber den Stil in etwa erahnen.


    Er würde sich von Behrens und dem jetzigen Kaufhof abheben und sich eher am Haus des Reisens orientieren. Neomodern und skulptural rüberkommen. Tatsächlich erinnert die Fassade an Kaufhausfassaden der 70er, die ich nicht gerne sehen würde. Der unbeliebte, verwahrloste und teilweise öde Alexanderplatz braucht Fassung, Bodenständigkeit und Wärme. Behrens ist der richtige Anknüpfendungspunkt - die beiden Häuser sind wunderbar. Deshalb: Kleihues!

  • Da lobe ich mir den Gehry der 80er und 90er

    Der Neue Zollhof von Gehry wurde 1999 eingeweiht. Die von dir gelobte DZ-Bank in Berlin wurde 2001 eingeweiht. Das Tanzende Haus in Prag 1996.


    In Düsseldorf und Prag ist man sehr stolz auf seine Gehrys. Die Bauten sind Wahrzeichen und sehr präsent. Der Düsseldorfer Hafen hat ganz besonders profitiert und war nun wahrhaftig kein sensibler Stadtraum, der feinfühlige Anpassung verlangt hätte.


    Die Gehrys in den drei Städten kenne ich auch persönlich und empfinde sie als große Bereicherung.


    Und ich bin sicher, dass der ursprüngliche Entwurf Gehrys für den Hines-Turm auch im 21. Jahrhundert noch provoziert und polarisiert hätte. Ich vermisse diesen Entwurf und hätte ihn, mit einigen Detailanpassungen, als große Bereicherung für den Alex gesehen. Vielleicht sind Gehry und sein Team wirklich zermürbt und der neue Entwurf ist ihr "Stinkefinger", wie oben jemand schrieb. Ich hätte Verständnis dafür.


    Falls Gehry den Zuschlag wider Erwarten und mit gehörigem Vertrauensvorschuss bekommen sollte, hat dieses Büro genug Anspruch an sich selbst, um einen ambitionierten Entwurf zu verwirklichen. Der komische Folienturm ist eine Skizze, kein Entwurf.


    Frank O. Gehrys Guggenheim in Bilbao ist übrigens auch keineswegs "von gestern", jährlich 1,3 Mio. Besucher unterstreichen dies. Persönliche Aversionen gegenüber spektakulärer, extravaganter Architektur mit künstlerischer Auffassung sollten nicht den sachlichen Blick darauf verstellen.

  • Persönliche Aversionen gegenüber spektakulärer, extravaganter Architektur mit künstlerischer Auffassung sollten nicht den sachlichen Blick darauf verstellen.

    Ich glaube über die Gehry-Bauten in Düsseldorf, Prag, oder Bilbao, brauchen wir nicht streiten. Das sind alles Kinder seiner Zeit und haben die jeweiligen Städte weitergebracht. Meine Kritik richtete sich eigentlich auf den Umgang mit dem Stadtraum seiner Bau-Skulpturen und andererseits um die „Marke Gehry“.


    Wünscht man sich einen Gehry aufgrund des tausendundeinten Bilbao-Effekts (hier in homöopathischen Dosen), oder geht es erst einmal um die Architektur/Städtebau die den Alex zu einem bessern Ort machen?


    Hinsichtlich des ursprünglichen Gehry-Entwurfs, stimme ich den vorausgehenden Beitrag ebenfalls zu. Dieser hat noch beides versucht. Für eine gute Skulptur war er leider schlecht proportioniert, da zu kurz / klobig und zum Stadtraum hat er sich auf Augenhöhe der Passanten, ähnlich autistisch verhalten, wie der Zollhof in Düsseldorf.


    Gehrys Dekonstruktivismus und Icon-Architekur, stammen aus den 80er-Jahren und prägten noch die 90er. Heutige Themen in der Architektur (Ressourcen, Energie, Nachhaltigkeit etc.) stehen im krassen Gegensatz dazu. Das verhält sich so, wie die Shopping-Mall-Debatte im Städtebau der 90er/00er und dem heutigen Onlinehandel.


    Insofern ist der biedere Kleihues-Entwurf, vielleicht eher ein Kind unserer Zeit, als der aktuelle Gehry.

  • Gehrys Dekonstruktivismus und Icon-Architekur, stammen aus den 80er-Jahren und prägten noch die 90er. Heutige Themen in der Architektur (Ressourcen, Energie, Nachhaltigkeit etc.) stehen im krassen Gegensatz dazu.

    Nun ja, meine Beobachtung ist eher, dass die vergleichsweise wenigen dekonstruktivistischen Gebäude, die damals entstanden, nun schon Jahrzehnte in Nutzung sind und mir zumindest keines bekannt ist, das abgerissen wurde. Vielmehr sind sie immer noch Anziehungspunkte. Vieles andere, das angeblich zeitloser sein sollte, wurde inzwischen abgerissen oder umgebaut.


    Ich find's ja schön, dass du nun zustimmst, dass auch der Zollhof die Stadt Düsseldorf "weitergebracht" hat. Zuvor hast du ja ziemlich derbe gegen die Gebäude gewettert. Auf den unmittelbaren Stadtraum haben sie sehr positiv ausgestrahlt. Viele Leute (wie auch ich) schlendern gern dort hin, um die Architektur-Skulpturen zu bewundern und kehren danach noch in die Gastronomie am Hafenkai ein. Im Gegensatz dazu fällt mir eine endlose Reihe von Gebäuden ein, welche Läden und Glasflächen im Erdgeschoss haben, Passagen und Bänke, und die trotzdem nicht frequentiert werden und ungeliebt sind. Interessante Gestaltung ist entscheidend und wirksamer als alle anderen funktionalistischen Rezepte.


    Die Großen Glasfassaden, gewagten Konstruktionen unter Zuhilfenahme von viel Stahlbeton und riesigen Leer-Räume beim Dekonstruktivismus sind natürlich Ressourcen-Schleudern. Aber seien wir mal ehrlich: die Themen "Ressourcen, Energie, Nachhaltigkeit", die angeblich im Fokus der heutigen Architektur stehen, sind doch nur Lametta. Große Glasfassaden, riesige Mengen Stahlbeton und unsinnig große Foyers sind immer noch der Standard. Daran ändern auch alle möglichen Öko-Zertifizierungen nichts. Inwiefern sich die drei Entwürfe für Hines in Sachen Nachhaltigkeit signifikant voneinander unterscheiden, scheint mir erklärungsbedürftig. Nachhaltig wäre es etwa, den Saturn so zu belassen, wie er ist. Ich verstehe, warum man das nicht möchte, aber dann sollte man nicht mit dem ökologischen Fähnchen herumlaufen.


    Biederkeit in der Architektur scheint mir vor allem ein deutsches Phänomen zu sein, das in Berlin ganz besonders auf die Spitze getrieben wird. Ein echter Gehry hätte mal ein bisschen gestalterische Lebendigkeit auf den komatösen Alex gebracht, was bisher nur dem schrillen "Alexa" gelungen ist, welches wenigstens ein heiteres Scheitern manifestiert hat. Der Alex ist nun wirklich ein Umfeld, auf das man architektonisch keine Rücksicht zu nehmen braucht. Je mehr Anarchie dort einkehrt, desto besser. Mir ist schon klar, dass ich hier kaum Zustimmung für diese Ansicht erwarten kann.

  • Ziegel Also einige Deiner Argumente finde ich ja durchaus interessant bis denkwürdig. In der Hinsicht schätze ich Deine Perspektive natürlich entsprechend, auch wenn ich sie nicht in jedem Punkt teile. Aber beim letzten Absatz kokettierst Du mE nicht nur mit möglichem Widerspruch, der ist mE komplett auf Krawall gebürstet und im Gegensatz zum restlichen Beitrag auch inhaltlich eher schwach.

    Biederkeit in der Architektur scheint mir vor allem ein deutsches Phänomen zu sein, das in Berlin ganz besonders auf die Spitze getrieben wird. Ein echter Gehry hätte mal ein bisschen gestalterische Lebendigkeit auf den komatösen Alex gebracht, was bisher nur dem schrillen "Alexa" gelungen ist, welches wenigstens ein heiteres Scheitern manifestiert hat. Der Alex ist nun wirklich ein Umfeld, auf das man architektonisch keine Rücksicht zu nehmen braucht. Je mehr Anarchie dort einkehrt, desto besser.

    Die Berliner Architektur ist meinetwegen vieles, aber ganz sicher nicht in überwiegender Tendenz "bieder". Der Alex ist ebenfalls vieles (und mE auch insgesamt keine schöne/runde/gelungene Sache) aber ganz sicher nicht komatös oder aber bieder. Da frage ich mich wirklich, ob Du Dir Berlin und den Alex mal richtig angesehen hast. Kaum eine Stadt steht u.a. auch baulich so sehr für die radikalen Umbrüche der letzten paar Jahrhunderte. Aus jeder dieser Zeitschichten sind spektakuläre Zeugnisse konserviert worden - aber teils mit radikalen Brüchen. Wo bitte ist das die Spitze deutscher Biederkeit? Und warum interessieren sich dann so viele internationale Besucher dafür (und zwar jeder für andere Facetten)? Alleine aus meinem persönlichen Umfeld kenne ich eine Reihe von internationalen Menschen von Polen und Frankreich über Mittlerer Osten bis USA, Südamerika und Co, die diese Stadt und ihre architektonische Vielschichtigkeit absolut lieben und feiern.


    Beim Umfeld des Alex fallen mir konkret das Rote Rathaus und der Neptunbrunnen, die oftmals angesprochenen Behrensbauten aber auch Fernsehturm, Weltzeituhr und Kongresshalle ein, die absolut nicht bieder oder komatös rüber kommen. Dazu gibt es eine Reihe von soliden Bauten und leider auch eine Reihe eher hässlicher/banaler Bauten. Bieder oder komatös ist dagegen nichts davon, schon gar nicht in Summe. Für die alltägliche Quirligkeit dieses Platzes gilt das ohnehin nicht. Das Alexa gefällt mir übrigens deutlich besser als vielen anderen, bei heiter gehe ich daher mit aber bei Scheitern trotz Binnenreim absolut nicht. Aber ich finde auch gar nicht, dass dieses keine Rücksicht auf den Platz nimmt, nur weil es etwas bunter oder verspielter daher kommt als die meisten restlichen Bauten. Zumal die großen Bögen ja in Form, Inhalt und warmer Farblichkeit sogar ganz gut mit den inzwischen längst ausgebauten S-Bahn-Bögen korrespondieren. Das gibt dem Alex mE eindeutig etwas Farbe und Leben und mE auch Flair, was sonst nicht da wäre.


    Was ich am Alex eher vermisse, sind ein paar weitere belebende und bereichernde aber zugleich verbindende und versöhnende Akzente. Deine letzten beiden Sätze muss man daher eigentlich genau ins Gegenteil verkehren, damit sie irgendeinen Sinn ergeben. Dieser Ort braucht baulich dringend etwas Liebe und Zuwendung und ja - auch gerne ein paar weitere optische Hingucker - aber ganz sicher nicht noch mehr Anarchie oder Nebeneinander und schon gar keine auf die Spitze getriebene Probe aufs Exempel in Sachen "broken window theory", denn so kommt der Gehry für mich zumindest auf der Visu rüber: lieblos und verwahrlost - und das auf über 100m Höhe und inkl. Sockel dutzenden Metern Breite. Die mE banale und hässliche Spitze des Turms setzt dem Ganzen dann wirklich noch die "Krone" auf. Gebauter Mittelfinger passt da schon ganz gut (der Sockel wäre dann die Faust). Da darf gerne ein anderer schlafender Ort dieser Welt das neue Bilbao werden. Ich bin ganz sicher nicht neidisch, wenn das tatsächlich irgendjemand haben will und es dann womöglich tatsächlich noch als der neue "heiße Scheiß" gilt. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich immer streiten, ohne dass es viel bringen würde.


    Wenn der Kleihues farblich etwas ins beige-gelb gehen und den eigenen glatten Fenstern (und den ganzen quaderförmigen Glastürmen) ggf. noch etwas steinerne Textur entgegensetzen sollte (wobei das leider auch eher glatt aussieht), könnte er mE wirklich einen willkommenen neuen Akzent setzen. Bieder (zumindest im negativen Wortsinne von beschränkt, naiv oder einfältig) finde ich den Entwurf auch absolut nicht (keinen der drei auch nicht den etwas schlichteren Glasturm). Nur weil das jetzt schon zweimal behauptet wurde, wird es mE ja trotzdem nicht richtiger.

  • ^ in einem Punkt hast Du jedenfalls recht und wir sind uns weitgehend einig: der Alexanderplatz braucht dort einen Bau, er braucht Verdichtung und 150 m oder auch etwas mehr sind an dieser Stelle sinnvoll. Hauptsache es wird gebaut und die U5 fährt weiter. Der Platz selbst könnte meines Erachtens mit dem bald erscheinenden Covivio Sockel und einem umgebauten Saturn wirklich etwas hermachen. Besonders wenn die Kaufhofbrücke dann noch wegkommt. Der Saturn würde sich für einen Blickfang anbieten. Der Gehry sieht aber nicht danach aus. Etwas expressionistisches aus dukelrotem Backstein wäre cool.

  • Rotes Rathaus Ich weiß jetzt nicht, ob Du Dich direkt auf mich oder den Beitrag davor beziehst.


    Es gäbe sicher eine Menge interessante Ansätze, um den quaderförmigen Glastürmen etwas entgegen zu setzen. Etwas mehr Farbe und Textur wären jedenfalls wünschenswert: (rötlicher) Backstein, gelblicher Naturstein... Ich hätte auch absolut nichts gegen einen Hingucker, der eigene Akzente setzt - so lange es zumindest etwas Rücksicht und Bezug auf den Standort nimmt - immerhin befinden wir uns hier nicht an irgendeiner Wasserfront, sondern mitten in der Innenstadt in einem bereits unruhigen Ensemble.


    Auch einem Gehry hätte ich das übrigens zugetraut, wenn er sich denn entsprechend rein gekniet und etwas mehr Gehirnschmalz investiert hätte (das spannend auf den Standort und die Vorgaben zugeschnittene Bankgebäude hier in Berlin wurde ja schon angesprochen). In meinen Augen hat Gehry jetzt aber schon zwei erkennbar liederliche Entwürfe abgeliefert. Beim immerhin grundsätzlich weit interessanteren ersten Entwurf haben mich vor allem die merkwürdigen / unstimmigen Proportionen massiv gestört und wohl nicht ohne Berechtigung wurde bald darauf von einem uninspirierten Recycling inkl. Zurechtstauchen seines früheren Projekts gesprochen. Würde übrigens auch recht gut zum Selbstverständnis passen, das Herr Gehry in dem oben verlinkten Artikel offenbart: "Seit Bilbao kommen Personen in mein Büro, um mich damit zu beauftragen, den Bilbao-Effekt herbeizuführen." Dann kann man sich natürlich viel heraus nehmen, z.B. irgendwas aus der Schublade holen und hastig am PC zurechtrücken oder auch irgendeinen flüchtigen, im Detail (Erdgeschosszone, "Krone") komplett fragwürdigen und insgesamt auch einfach unattraktiven Entwurf rein werfen: "So what. It's still a Gehry. So take it or leave it." Dann kann man es halt auch gleich lassen. Und wie das einem Standort helfen soll, weiß ich auch nicht. Da würde ich noch eher auf 150m mit dem Gaudi-Stil experimentieren als mit Gehry-Ausschussartikeln.