Ökonomische Perspektiven Frankfurts

  • Neue Bank für Frankfurt

    Unter der Überschrift "Hyundai steigt ins Bankgeschäft" ein, war heute ein Bericht im Wirtschaftsteil der Printausgabe der FNP zu lesen.


    Demnach wird Hyundai noch in diesem Jahr ins Bankgeschäft einsteigen (ähnlich VW, Toyota und BMW).
    Die Hyundai Capital Bank Euro GmbH mit Sitz in Frankfurt nimmt ihre Arbeit laut Markus Schrick (Geschäftsführer Hyundai Motor Deutschland GmbH mit Sitz in Offenbach) im zweiten Quartal auf. Die Banklizenz für Europa wurde ihr im Oktober 2016 erteilt. Das Leistungsportfolio umfasst Einkaufsfinanzierung für Händler, Versicherungen sowie Finanzierungs- und Leasingangebot für Privatpersonen und Firmen. "Wir versprechen uns davon einen zusätzlichen Schub", sagt Schrick.


    Über die Anzahl der Mitarbeiter wird keine Aussage getätigt. Werden vlt. anfangs auch nicht gleich mehrere hundert sein, wenn man allerdings bedenkt, daß Hyundai in Deutschland seit 2012 der grösste asiatische Autoanbieter ist und das in 3 Jahren auch in ganz Europa sein will, so finde ich das dennoch eine Meldung wert. Getreu dem Motto "Kleinvieh macht auch Mist".

  • Diese Bank ist schon seit längerem in Frankfurt ansässig. Die Meldung bedeutet nur das sie jetzt ihr Kundengeschäft aufnehmen. Glaube die bauen das Geschäft schon seit über zwei Jahren auf. Banklizenz bekommt man ja auch nicht von heute auf morgen.

  • Wie erwartet wird es enger für die Börsenfusion, eine stringente Einschätzung der Wirtschaftswoche:


    http://app.wiwo.de/finanzen/bo…rkalkuliert/19380162.html


    Die Chancen waren noch nie so gut, dass Frankfurt eigenständig bleibt.


    tunnelklick
    "Da eine funktionierende Börse im öffentlichen Interesse liegt, hat die Börsenaufsicht Informations- Kontroll und Weisungsbefugnisse, aber die Börse ist keine öffentliche Einrichtung, insbesondere keine Behörde."
    Genau das ist sie, ob du es wusstest oder nicht.


    "Als Leitungsorgan der FWB, einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die Geschäftsführung somit auch Träger öffentlicher Verwaltung. Sie kann nach außen Verwaltungsakte erlassen und ist damit eine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn." (http://www.boerse-frankfurt.de…ndlagen-fwb-boersenorgane)


    Du musst zwischen der öffentlichen Institution Frankfurter Wertpapierbörse und dem Träger Deutsche Börse AG unterscheiden. Nur deshalb haben die Aufsichtsbehörden des Land Hessen eine spezifische Befugnis über die Fusion zu entscheiden, ohne die FWP Trägerschaft wäre die Deutsche Börse AG einfach nur eine Clearingstelle.

    Einmal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • In der von Dir verlinkten Quelle heißt es:


    „Als Leitungsorgan der FWB, einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die Geschäftsführung somit auch Träger öffentlicher Verwaltung. Sie kann nach außen Verwaltungsakte erlassen und ist damit eine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn.“


    Wenn sie eine Behörde wäre, müsste es nicht heißen „Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn“. Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Tatsächlich sind die Organe der FWB im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben befugt, hoheitlich tätig zu werden wie eine Behörde: so wie ein Schornsteinfeger hoheitlich tätig wird, wenn er Deine Heizung wegen Überschreitung der Emissionsgrenzwerte stilllegt, oder der private Transportunternehmer, der Dein auf dem Zebrastreifen parkendes Auto abschleppt, keiner würde sie als Behörde bezeichnen, aber sie sind Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts. In der Terminologie des Verwaltungsrechts nennt man sie beliehene Unternehmer. Die Börse ist eine Körperschaft des privaten Rechts, deren Organen im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben (Börsengesetz) die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten verliehen wurde. Mehr nicht. Aber nenn' sie in Gottes Namen eine Behörde...

  • Die FWB ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Als solche ist sie Rechtsträger einer Behörde, nämlich der Geschäftsführung. So wie der Magistrat eine Behörde ist, deren Rechtsträger die Stadt ist.


    Abschleppunternehmer sind keine Beliehenen, sonder nur Verwaltungshelfer, weil sie nie aufgrund verliehener hoheitlicher Befugnisse tätig werden, sondern erst auf Anforderung z.B. der Polizei.

  • ^^ich weiss nicht wieso es dir so schwer fällt zu akzeptieren, dass die FWP als Einrichtung eine öffentlich-rechtliche Institution ist und auch nicht dem Privatunternehmen Deutsche Börse AG "gehört", sondern nur von diesem Privatunternehmen getragen wird. Der unjuristische Vergleich mit einem Pächter macht es anschaulich.


    Darum obliegt es nicht dem Gutdünken der Aktiengesellschaft Deutsche Börse AG was mit dem Handelsplatz Frankfurter Wertpapierbörse passiert. Das ist auch keine juristische Erbsenzählerei ohne praktischen Bezug sondern bzgl dem Börsenstandort und somit den wirtschaftlichen Perspektiven Frankfurts relevant.


    Das Land Hessen entscheidet nicht einfach nur über eine Fusion zweier privater Unternehmen, wie zB bei Tengelmann, wenn es um LSE und Deutsche Börse AG geht. Die Frage was mit dem Träger der FWP passiert ist auch politisch.


    Hessen fordert, dass FFM Sitz der Börse auch nach einer Fusion bleibt


    http://de.reuters.com/article/…e-b-rse-lse-idDEKBN15I25R


    Die Aktionäre von LSE und Deutsche Börse AG haben das aber anders beschlossen und bei dem jüngst sehr nationalistischem Klima in UK wird eher der Papst evangelisch, als dass die LSE einem Sitz in FFM zustimmt.


    Da stehen jetzt alle Zeichen auf Stopp. Es wäre ein echtes Wunder, wenn die Fusion noch stattfindet.

  • ^ Mir fällt gar nichts schwer, nur würde ich bitten, etwas genauer zu argumentieren. Ich habe nicht gesagt, dass die FWB keine öffentlich-rechtliche Institution ist, ich habe der Behauptung widersprochen, die FWB sei eine Behörde. Die deutschen Wertpapierbörsen müssen, da das BörsG über die privatrechtliche Rechtsfähigkeit der Börse nichts aussagt, Rechtsträger haben, der privatrechtlich die Börse mit sich identifiziert. Rechtsträger (Börsenträger) sind eingetragene Vereine privaten Rechts, eine IHK oder auch Aktiengesellschaften, d.h. die FWB ist als Anstalt eine Unternehmensform für Betriebe, die in gleicher Weise durch eine natürliche Person, eine Körperschaft oder Stiftung des privaten oder öffentlichen Rechts ohne organisatorische Absonderung unterhalten werden kann. Der Börsenträger macht also nichts anderes, als das (beantragte und verliehene) Recht auszuüben, einen öffentlich-rechtlich regulierten Marktplatz für Wertpapiere zu betreiben; dann darf er sich Wertpapierbörse nennen.


    Als teilrechtsfähige Anstalt d.ö.R. ist die FWB nicht rechtlich selbständig, eben nur teilrechtsfähig und deshalb ist sie nicht mit einer rechtlich selbständigen, rechtsfähigen Gebietskörperschaft wie der Stadt Frankfurt zu vergleichen oder mit rechtlich selbständigen Organisationseinheiten wie etwa den Rundfunkanstalten oder der Bundesagentur für Arbeit


    Die Anstalt „FWB“ ist Organ und Gliederung ihres Anstaltsherrn, und zwar in dem Maß und nur in dem Maße, in dem das Börsengesetz den Organen Befugnisse verleiht; Anstaltsherr sind die beiden Trägergesellschaften, die ihrerseits durch ihre Organe ständigen Einfluss auf die Anstalt ausüben. Der Anstaltsherr ist Haftungsträger und Träger der Anstaltslast; schon das spricht gegen die Börse als selbständige Institution, deren Gewährträger dann das Land Hessen wäre (wer sonst?).


    Weil die FWB eben kein eigenständiges Organisationsgebilde ist, ohne eigenes Personal, ohne eigene Sachmittel, ist sie gewissermaßen ein virtuelles Gebilde, quasi die Summe der hoheitlichen Rechte und Regeln, die das Börsengesetz den Organen ihres externen Trägers (Geschäftsführung, Börsenrat usw.) verleiht und auferlegt. Diese können gegenüber den Vertragspartnern der Anstaltsträger, mit denen sie im Übrigen rein privatrechtlich kontrahieren, im öffentlichen Interesse hoheitlich handeln, aber nicht als Behörde, sondern als beliehene Unternehmen wie eine Behörde.


    Wenn der Börsenträger die ihm verliehenen Rechte zurückgibt, auf sie verzichtet, dann darf er keine Börse mehr betreiben. Das Börsengesetz sieht nicht vor, dass es überhaupt eine Börse geben muss, auch nicht in Frankfurt, ob es eine Börse gibt und wo es eine Börse gibt, entscheiden allein die beteiligten Verkehrskreise, die Börsenhandel betreiben wollen. Wenn sie das wollen, dann nur nach Maßgabe des Börsengesetzes. Aber es gibt meines Wissens im Börsengesetz keine Regelung, die es der Börsenaufsicht erlaubte, die Fusion des Börsenträgers mit einem anderen Unternehmen zu untersagen, da müsstest du mal erklären, woraus sich das ergeben soll.

  • ^Laut MiFID muss beim Erwerb von bedeutenden Beteiligungen an Börsenbetreibern eine Anteilserwerberkontrolle durchgeführt werden. Dafür ist in Deutschland die Börsenaufsicht zuständig, genauer gesagt die des jeweiligen Bundeslandes.


    Hierzu schreibt Prof. Hammen von der Justus Liebig Univ. Gießen

    Eine Untersagung des Erwerbs von Anteilen an einem Börsenträger durch die Aufsichtsbehörde kommt vornehmlich dann in Betracht, wenn die Erfüllung der dem Börsenträger obliegenden öffentlichrechtlichen Pflicht (Betriebspflicht), der Börse die zur Durchführung des Börsenbetriebs erforderlichen finanziellen, personellen und sachlichen Mittel zur Verfügung zu stellen (§ 5 Abs. 1 BörsG), infolge des Anteilserwerbs beeinträchtigt wird.


    Ansonsten empfehle ich einen Blick in "Rechtliche Aspekte internationaler Börsenfusionen" wenn es tatsächlich von tieferem Interesse sein sollte.

  • ^^Der Dreh- und Angelpunkt ist, dass die Deutsche Börse als Begriffsmonopol, wenn in der Presse oder im Alltag "von der Börse" oder "der Börse in Frankfurt" oder "dem Dax" oder oder oder die Rede ist, eben keine reine Privatveranstaltung ist, auch wenn n-tv keine Schalte macht in die "Räume der öffentlich-rechtlichen Frankfurter Wertpapierbörse, betrieben von der Deutschen Börse AG". Diese juristisch eindeutig vorhandene Zwiegestalt kommt im öffentlichen Diskurs über "die Börse" einfach nicht vor, deshalb wollte ich hier dezidiert darauf hinweisen und muss seitdem mit dir um jedes Komma ringen.


    Im Übrigen ist jede Körperschaft erstmal ein rein virtuelles Gebilde, die FWP wird nicht nur von einem privatem Betreiber getragen, sondern hat auch die Behörde der Geschäftsführung, die Teil der FWP ist, das Gesamtgebilde "Börsenhandel in Frankfurt" ist ein Mischwesen des privaten und öffentlichen Rechts und sehr "special interest", was so nicht einmal Teil der Ausbildung zum Volljuristen ist, geschweigedenn Allgemeinwissen, daher habe ich mich sehr bemüht, nicht juristisch erschöpfende Ausführungen vor die Verständlichkeit zu stellen (und genau daran knabberst du dich die ganze Zeit fest).


    Das ist in anderen Ländern durchaus anders! Beispielsweise ist die LSE sowohl als Betriebsgesellschaft wie auch als Börsenplatz eine privatrechtliche Einrichtung, die lediglich vom Staat beaufsichtigt wird, der dort aber nicht organrechtlich involviert ist (und in den USA ist ja sogar die Zentralbank Fed ein Mischwesen aus Privateigentum und öffentlicher Beleihung, "who owns the fed" ist eine nicht leicht zu klärende Frage - undenkbar bei unserer Buba). Man muss sich das, nicht nur bei den Angelsachsen, sehr andere Verhältnis des Staates zur Wirtschaft vor Augen führen um zu verstehen, wie besonders die Rolle des Staates hierzulande ist.


    Im Übrigen ist es eine Frage der Auslegung der zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe des Börsengesetzes, wie weit der Staat regulierend und auch politisch wertend eingreift. Es ist zentrales Wesenselement Deutschen Rechts, dass wenige abstrakte Absätze im Gesetz durch Auslegung ganze Rechtsgebiete erschaffen (zB das gesamte, umfangreiche Arbeitsvertragsrecht, das im Kern auf wenigen Absätzen im BGB aufgebaut ist, die von der Rechtsprechung immer weiter fortentwickelt wurden).


    Es ist bis jetzt ungeklärt, wie weit zB das Land Hessen hier eingreifen wird und wie weit der Eingriff gehen darf kann letztlich nur ein Gericht klären. Denn dieser Fall ist nun einmal ziemlich beispiellos. Man hat den Eindruck, es wird politisch versucht, die Fusionsgespräche dahin zu steuern, dass FFM ohne staatliches Eingreifen der Sitz bleibt, um sich die "juristischen Kopfschmerzen" zu ersparen, entweder neues Terrain zu betreten indem man interventionistisch entscheidet oder den Wegzug des Trägers der wichtigsten Börse des Finanzplatzes Deutschland genehmigt zu haben, keine Landesregierung will damit in die Geschichte eingehen, da können wir sicher sein. Wenn es der Staat darauf anlegt könnte er vermutlich selbst dann die Fusion zum Platzen bringen, wenn nach langem Prozessieren durch die Instanzen der Staat letztlich unterliegt und festgestellt wird, dass er die Fusion hätte genehmigen müssen. Solange würde die LSE höchstwahrscheinlich jedoch nicht zuwarten und dann sieht die Welt durch Brexit und ggf. ganz andere Vorstände bei der Deutschen Börse AG auch schon wieder anders aus. Wenn der Staat es will, dann hat er reichlich Spielraum, die Fusion zu verhindern (de jure und de facto).


    Die Frage bleibt spannend und ich hielt es für wichtig, etwas die Hintergründe des Geschehens zu beleuchten. Mea Culpa.

  • Die neuesten Entwicklungen bei der Deutschen Börse AG:


    http://www.manager-magazin.de/…ukunft-aus-a-1134897.html


    auch die Wirtschaftspresse berichtet nun zunehmend kritisch und "ungeduldig" über die Börse, ihren Chef und die Fusion. Bei der teilweise im O-Ton beim Deutschlandfunk übertragenen Pressekonferenz hört man Rufe aus dem Publikum, die nach weiteren Antworten auf kritische Fragen verlangen, die der Pressesprecher zurück zu weisen versucht. Das ganze vermittelte den Eindruck einer "Krisenstimmung" ("Die Welt" bezeichnet die Pressekonferenz als "bizzaren Auftritt": https://www.welt.de/wirtschaft…eutsche-Boerse-Chefs.html).


    Der fixe Zeitplan laut Deutschlandfunk ist nun:


    bis spätestens 3. April entscheidet die EU, danach das Land Hessen. Wobei die Fusionsvereinbarung zwischen Deutsche Börse AG und LSE "verfällt", wenn die Fusion bis zum 30. Juni nicht durchgeführt wurde, sie kann nur durchgeführt werden, wenn sie zuvor genehmigt wurde. Die Prüfung durch das Land Hessen hat keine bestimmte Frist, theoretisch könnte das Land die Prüfung einfach so lange hinauszögern, bis sich am 30. Juni die Fusion von selbst erledigt hat. En passant erwähnt Die Welt (siehe oben) auch noch, dass "ein knappes Dutzend weiterer Regulatoren" nach EU und Hessen noch das "Go" geben müssten, bevor die Fusion besiegelt werden kann. Der Zeitplan war wohl von Anfang an ambitioniert, angesichts von Brexit und der "Causa Kengeter" dürfte er Science Fiction sein und sich die Fusion schon wegen Fristablaufs von selbst erledigen - und schon wegen diesen beiden Faktoren, aber weil die Deutsche Börse AG auch alleine sehr ordentliche Gewinne einfährt (siehe Bilanz PK), dürfte das Thema Fusion mit der LSE lange, wenn nicht dauerhaft, gestorben sein.


    FFM bleibt vermutlich die Wall Street Kontinentaleuropas. Yay.

  • Dann kann man nur noch hoffen,dass Kengeter am 1.7. zurücktritt und für immer verschwindet.Und die Deutsche Börse einen CEO bekommt,dem der Finanzplatz Frankfurt und die Stadt am Herzen liegt und die Nr.1 ist.Frankfurt first!

  • Ich finde es auch unglücklich, dass der Rechtssitz der Holding in London angesiedelt ist. In zahlreichen Kommentaren von Vertretern der Deutschen Börse wird immer wieder ins Feld geführt, dass es sich lediglich um den Rechtssitz handelt und die operative Leistung der Holding von London und Frankfurt ausgeführt wird. Im zugrundeliegenden Angebot/Vertrag wird ausdrücklich von einer Verteilung auf beide Standorte gesprochen. Jedoch fehlt es an einer genauen schriftlichen Aufteilung. Die fehlende Transparenz in genau diesem Punkt finde ich auch unerträglich und nicht akzeptabel. Hier waren frühere Fusionsvorhaben wesentlich detaillierter. Es wurde bis ins letzte Detail geregelt, welche Vorstände und Aktivitäten in welchen Standorten angesiedelt sind. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, wie lange solche Verpflichtungen gelten und darauf hinweisen, dass nach einem Zeitraum X eh alles vom Rechtssitz London angezogen wird. Vielleicht sind dies aber genau die Punkte, die dann über eine Detaillierung und entsprechende Garantien noch mit der hessischen Landesregierung ausdiskutiert und vereinbart werden.


    Nicht ganz sachlich und auch viel zu kurz gegriffen finde ich aber hier im Form einige Bemerkungen die zum Teil auch direkt auf die Person Kengeter zielen. Ich will das Prinzip der Unschuldsvermutung hier nicht überstrapazieren. Dass das sicherlich total unklug war, zu diesem Zeitpunkt Aktien zu kaufen, steht wohl außer Frage. Den Rest überlassen wir am besten der Staatsanwaltschaft. Und wenn sich der Insidervorwurf verfestigen sollte, glaube ich nicht, dass deshalb eine Fusion gestoppt werden muss. Beide Unternehmen haben viel Geld bis hierhin investiert. Aber denkbar ist alles.


    Dass Frankfurt gerettet ist, wenn diese Fusion nicht gelingt – wie gesagt, ich erhoffe mir noch deutliche Verbesserungen bei der Governance – teile ich überhaupt nicht. Die Zeiten, dass die Deutsche Börse durch organisches Wachstum ein Global Player bleibt, sind doch vorbei. Hier hat Herr Kengeter sicherlich Recht. Die Deutsche Börse wird weiter an Bedeutung verlieren. Wenn das Ding platzt, wird die LSE von der ICE oder CME gekauft; da sind beides reine Derivatebörsen. Die Position des Käufers der LSE in Europa und der ganzen Welt wird noch weiter wachsen. Das Aktiengeschäft der LSE wird dann höchst wahrscheinlich verkauft, vielleicht an die Euronext. Wenn die Franzosen geschickt sind, erwerben sie in jedem Fall den Clearnet-Teil von dem LSE-Geschäft. Verhandeln können die Franzosen sehr gut und tun dies leider mit breiterer Brust als wir Deutschen. Paris als Finanzplatz würde gestärkt. Die Deutsche Börse würde hingegen weiter an Bedeutung verlieren. Möglicherweise klopft dann die CME wieder bei der Börse an. Wo das endet, muss ich hier nicht vertiefen. Auch hier könnte im Ergebnis die Landesregierung wieder „No“ sagen; dies würde aber den seit 10 Jahren einsetzenden Trend nur noch weiter verstärken. Die einst größte Börse der Welt wird nach unten durchgereicht und im Ergebnis retten wir uns in eine „große europäische Vision“ mit der Euronext. Im Fall des letzteren, dürfen wir froh sein, wenn der Vorstand für Derivate (wegen Eurex) und der für Index (EuroStoxx) in Frankfurt sitzt. Rechtssitz wäre dann nämlich in Amsterdam und die operative Führung in Paris – wie gesagt, die Franzosen verhandeln richtig gut.


    Die Fusion Frankfurt/London hat durchaus eine sehr große symbolische Bedeutung; oft wird von der „Brücke des Kapitals“ gesprochen. Das zusammen mit der BuBa, ECB, SSM, EIOPA usw. sind alles gute Argumente für Großbanken sich nach dem Brexit für Frankfurt zu entscheiden. Sie haben es mit einer Handelsplattform zu tun. Sollte die Fusion platzen, gibt es zumindest ein gutes Argument für Frankfurt weniger.

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaiser97 ()

  • EBA

    Es gibt wohl in der EU Überlegungen die EBA mit der EIOPA in Frankfurt zusammenzulegen. Zumindest berichtet dies heute die börsenzeitung. Entschieden ist leider noch nichts.

  • ^ Interessant! Mein erster spontaner Gedanke war: Hier versucht man wohl mittels der Fusion von EBA und EIOPA durch die Hintertür die EBA nach Frankfurt zu bekommen, weil es durch die Vordertür wegen des politischen Proporz nicht klappt. :lach: Für Frankfurt wäre der Zuzug der EBA (ob nun fusioniert oder nicht) ein Sechser im Lotto. Dann würde die Entscheidung bei der Mehrheit der umzugsgenötigten Banken auch zugunsten Frankfurts kippen. :daumen:

  • EBA - Pharma-Behörde: BEIDES bedenken !

    ^
    Bedenke !


    Es gibt in London neben der EBA (ca. 150 Mitarbeiter) noch die (deutlich personalstärkere) EU-"Pharma-Behörde" (ca. 900 Mitarbeiter). Beide Behörden werden definitiv London verlassen.
    Auch um diese Pharma-Behörde bewirbt sich Deutschland (die soll angeblich nach Bonn um dort diverse Berlin-Lücken zu füllen). Ich glaube aber nicht, dass Deutschland auch die Pharma-Behörde bekommt (so sehr ich es den Bonnern wünschen würde).
    Es dürfte letztlich wie folgt laufen:
    Die EBA kommt nach Ffm. Die Pharma-Behörde nach Frankreich (Paris oder Lyon).


    Weshalb die EBA "wegen des politischen Proporz" nicht nach Deutschland kommen sollte ?! - Das verstehe ich nicht. Sie wird bestimmt nicht nach Graz oder Neapel gehen.

  • ^ So weit ich weiß, herrscht grade etwas Unklarheit darüber, wer eigentlich bestimmt, wohin die EBA zieht. Im Zweifelsfall werden das also die Finanzminister oder die Regierungschefs entscheiden. Und da denkt (logischerweise) jeder nur an sich. Warum die EBA nicht nach Dublin, Warschau, Luxemburg oder Amsterdam umziehen? Diese Städte werden ja auch als Umzugsziele Londoner Banken gehandelt. Das ist das eine Argument.


    Das andere ist: Wenn die EBA nach Frankfurt zöge, dann wäre in 10-20 Jahren Frankfurts Status als DAS (kontinental-)europäische Finanzzentrum zementiert. Drei der vier maßgeblichen Aufsichtsbehörden der Finanzbranche hätten dann ihren Sitz in Frankfurt. Die Stadt würde sich zum Place to be für alle Banken, KAGs und wohl auch Versicherungen entwickeln, die in der EU Geschäfte machen wollen.

  • Ich will den meisten hier in dem thread nicht in die Suppe spucken, aber ihr solltet bei euren Spekulationen über den Wirtschaftsstandort (heißt eigentlich Bankenstandort) Frankfurt auch einen möglichen Regierungswechsel im September 2017 berücksichtigen.


    Dank Super-Martin scheint ein Rot-Rot-Grünes Bündnis auf Bundesebene mittlerweile sehr realistisch... Und was das für den Wirtschaftsstandort Frankfurt und insbesondere für die Banken bedeutet, sollte jedem halbwegs politisch Interessierten durchs klar sein: Bankenabgabe, weitere Regulierung und Gängelung bis hin zur Verstaatlichung (Links Partei) der Banken.


    Alleine dass eine reelle Chance auf eine Rot-Rot-Grüne Bundesregierung besteht, wird viele Banken so weit abschrecken, dass man lieber gleich von London nach Dublin, Paris oder Amsterdam umzieht.

  • Die meisten Banken dürften da deutlich realistischer denken als du. Die Unterschiede zwischen einer rot-rot-grünen Regierung und der Großen Koalition werden eher gradueller Art sein. Eine Verstaatlichung von Banken wird es natürlich nicht geben. Und sinnvolle Regulierungen der Bankenbranche wird es ohnehin nur europaweit geben, es wäre also wurscht, ob die Banken nun in FFM, Dublin oder Sparta sitzen.

  • ^ Sehr richtig! Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es sowieso wieder eine GroKo geben, da AfD als Koalitionspartner ausfällt und die SPD sich davor hüten wird auf Bundesebene mit den Linken ein Bündnis einzugehen. Wieso sollte die SPD das auch; die Arbeit mit der CDU läuft seit Jahren reibungsarm. Das Gezeter der letzten Wochen und Monat ist dem Wahlkampf anzulasten.


    Und bei einer Fortführung der GroKo wird es - egal wer nun der Juniorpartner wird - keine großen Änderungen geben, nicht zuletzt deshalb, weil (wie von stormcloak richtig festgestellt wurde) zwischen SPD und CDU nur minimale Unterschiede bestehen (ausser in Wahlkampfzeiten, wo man sich deutlicher abgrenzen muss).


    Und manch einer vergisst, was die SPD nach der Ära Kohl in die Wege geleitet hat ... nur mal so nebenbei am Rande bemerkt.

  • Dank Super-Martin scheint ein Rot-Rot-Grünes Bündnis auf Bundesebene mittlerweile sehr realistisch... Und was das für den Wirtschaftsstandort Frankfurt ... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Also mir ist nicht klar, was das für den Wirtschaftsstandort Ffm bedeuten soll. Schulz steht in der SPD ja eher rechts, wobei die Einordnung flexibel eher zutreffen dürfte. Eine Verstaatlichung von Banken steht - außer zur Rettung derselben - nicht an und wir auch bei Rot-Rot-Grün nicht kommen. Mag sein, dass die Linke das fordert. Aber eben nur die. SPD und Grüne wollen keine Bankenverstaatlichung. Das halte ich jetzt doch für ziemliche Panikmache. R2G dürfte meines Erachtens überhaupt keinen Einfluss auf die Entscheidung haben. Was das Arbeits- und Steuerrecht angeht sind Irland und Amsterdam heute schon weitaus liberaler und Frankreich ist strikter als Deutschland. An dieser grundsätzlichen Verteilung würde sich selbst durch eine (mE nicht wahrscheinliche) R2G-Regierung nicht viel ändern. Die Linkspartei dürfte auch nicht allzu viel ihrer Wünsche durchbekommen. Dafür sehe ich bei SPD und Grünen viel zu wenig Unterstützung.