Eine "Fusion unter Gleichen" sollte damals auch Daimler-Chrysler sein, entpuppte sich aber als Übernahme von Chrysler und als eine massive Mogelpackung gegenüber Aktionären. Als "Welt AG" wollte man neue Märkte erobern, aber die kulturellen und qualitätsrelevanten Unterschiede waren unüberbrückbar. Die Spätschäden dieses Größenwahns hätten Mercedes fast bankrottiert.
Die Deutsche Börse AG, die schon nach Eschborn ziehen muss und 250 Stellen nach Prag "outsourced" um Geld zu sparen (FAZ Artikel März 2010), hat also auf einmal Geld um solche waghalsigen Sprünge zu machen. Auf der einen Seite muss man 100 Millionen jährlich einsparen, auf der anderen Seite will man ein "Imperium-Builder" sein. Börsenchef Reto Francioni hat den Konzern schlank saniert um jetzt eine höchst lukrative Fusion zu gestalten. Nachtigall, ich hör Dir trabsen.
Ein Wort zum Thema Loyalität zum Finanzplatz Frankfurt. Die Vergangenheit der Deutschen Börse verdeutlicht leider ein sehr ambivalentes Verhältnis zu ihrem Stammsitz und verheißt nichts Gutes bei diesen Fusions-Gesprächen. Als man 2004 mit der London Stock Exchange (LSE) fusionieren wollte, war man dazu bereit die Zentrale bzw. die Hauptkompetenzen nach London zu verlegen. Die nicht vorhandene Bereitschaft Gewerbesteuern zu zahlen war dann die nächste massive Ohrfeige für die Stadt. Ebenso gibt es keine Anzeichen warum die Investoren der Börse darunter US-Hedgefonds wie Atticus Capital und Wellington Management besondere Loyalität zu Frankfurt als Hauptstandort haben sollten.
Update: Jetzt bestätigt es auch der Spiegel als Top Nachricht. Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich entsetzt. Der Verdacht liegt nahe, dass die Fusion auf Kosten der Aktionäre gemacht wird. Deutsche Banken werden über höhere Handelsgebühren oder weniger Investitionen der Börse in heimische Infrastruktur den Übernahmepreis zahlen müssen. Die NYSE kann sich ins Fäustschen lachen, dass die profitable Deutsche Börse sich diesen Problemfall ans Bein binden will.