Ökonomische Perspektiven Frankfurts

  • Ökonomische Perspektiven Frankfurts

    http://www.welt.de/finanzen/ar…ck_an_der_Weltspitze.html


    Das habe ich auch nicht gewusst:
    "Das Unternehmen Deutsche Börse ist in Bezug auf die Marktkapitalisierung der größte Handelsplatz der Welt. Sogar die New Yorker Börse ist weniger wert, selbst nach der Übernahme der Pariser Euronext."


    Das wird wohl Auswirkungen auf die zukünftigen Bauprojekte in der Stadt haben

  • @ itchedSky


    Der Terminus "Marktkapitalisierung" bezieht sich auf das Unternehmen "Deutsche Börse AG" und nicht etwa auf die aggregierte MK der in Frankfurt gelisteten Unternehmen. Insofern ist die Schlussfolgerung auch ziemlich hanebüchen.

  • Da hat ppoldi voellig Recht. Die Deutsche Boerse ist gemessen an der Marktkapitalisierung schon lange die Nummer eins und das liegt vorallem am florierenden Derivategeschaeft. Und das weil es sich um ein effizientes Computerhandelssystem handelt, das wenige Mitarbeiter erfordert. Und deshalb ist es egal, ob die Kunden in Frankfurt, den Weinbergen von Kalifornien oder in Buxtehude sitzen.


    Der Aufschwung geht noch immer an Frankfurt vorbei. Da brauch man sich nichts vor zu machen. Und der Hauptgrund warum wir in Frankfurt von dem Boom der internationalen Finanzwirtschaft nichts mitbekommen sitzt in Wiesbaden und vorallem in Berlin. Ich bin seit einigen Monaten in London und diese Stadt platzt aus allen Naehten, zieht Menschen aus allen Teilen der Welt an, hier wird ueber Unsummen entschieden und ebensolche werden verdient. Und wenn London, wie im Bereich Derivate und M&A uns nicht das Geschaeft abnimmt, dann ist es Luxembourg im Bereich der Fonds. Die Deutschen sind nun mal ein Volk das von Schwachkoepfen regiert wird. Aber das scheint die Mehrheit bei uns ja auch zu wollen!

  • Dazu 2 Fragen: Woran machst Du fest, dass der Aufschwung an Frankfurt vorbei geht, hast du dafür Fakten und Zahlen oder ist das "gefühlt"? Und warum vergleichst Du London mit Frankfurt?


    Ein anderer Punkt: Der Welt-Artikel widerlegt übrigens Deine These dass man (zumindest) in Wiesbaden nichts mitbekommen habe....

  • Die Finanzmaerkte boomen (zumindest bis letzte Woche), ueberall in der Welt sind Jobs ohne Ende in dem Bereich entstanden. Wenn ein deutscher Kunde ein Derivat kauft, dann ruft er bestenfalls jemanden in Frankfurt an, entwickelt wird das Produkt aber hier in London. Viele M&A Berater sitzen in London, obwohl sie fast ausschliesslich fuer den deutschen Markt arbeiten. Hierzu weiss ich keine offiziellen Studien aber dem ist so. Das weiss ich aus der Branche selbst und das wird Dir auch jeder Banker sagen. Zur Fondsbranche gibts sogar offizielle Zahlen. Demnach wird die MEhrzahl der fuer den dt. Markt bestimmten Fonds in Luxembourg und zu einem kleinen Teil in Irland aufgelegt. Eine veraenderte dt. Gesetzgebung zu dem Bereich hat kurzzeitig mal eine Wende zum besseren herbeigefuegt. Das beweist auch worin das Problem liegt. Naemlich in unserer grauenvollen Gesetzgebung. Wir versuchen immer den "armen Verbraucher" zu schuetzen. Und was macht der? Kauft seine Produkte in Luxembourg! Das gilt allerdings nicht nur fuer die Fonds sondern auch zum Beispiel bei Private Equity, REITS oder Hedge Funds. Dazu kommt unsere Steuergesetzgebung. In London kann man mit einem non-domiciled Status der Steuer beinahe vollstaendig entgehen. PE-Investoren zahlen nur 10% Steuern auf die Gewinne der Fonds.

  • Dem kann ich größtenteils zustimmen - M&A wandert immer mehr Richtung London ab. Und die Fond-Verwaltung sitzt aus steuerlichen Gründen in Luxembourg oder Irland, die Zusammenstellung kann aber durchaus in Frankfurt erfolgen. Hier muss eine "konzertierte Aktion" her, d.h. alle müssen an einem Strang ziehen. Das ist es nämlich, was in Frankfurt nicht in ausreichendem Maße praktiziert wird. Es gibt verschiedene Wirtschaftsverbände (Stadt Frankfurt, Rhein-Main etc.), verschiedene Lobbygruppen (Initiative Finanzplatz Deutschland, Finanzplatz Frankfurt), verschiedene Politikergruppen (Wiesbaden, Berlin), verschiedene Regulierer (BaFin, Bundesbank) - und all diese "Player" sprechen nicht mit einer Stimme. Hier besteht Verbesserungsbedarf.


    Teilweise widersprechen muss ich hier:

    Wenn ein deutscher Kunde ein Derivat kauft, dann ruft er bestenfalls jemanden in Frankfurt an, entwickelt wird das Produkt aber hier in London.


    Das stimmt zumindest nicht für das Derivat "Zertifikate", denn auf diesem Gebiet ist Frankfurt Weltmarktführer.
    Außerdem dürfte Frankfurt nach der Ankündigung der Citigroup, hier ein großes Rechenzentrum zu bauen (siehe hier) einer der führenden Finanz-IT-Standorte der Welt werden...

  • Ich meine die wirklich interessanten Derivate, die fuer institutionelle Investoren gestrickt werden. Es stimmt, dass Frankfurt bei Zertifikaten, vorallem aber nicht nur fuer Privatanleger, eine fuehrende Position einnimmt. Hier gilt es diese Position zu verteidigen und ich bezweifel dass es uns gelingt wenn wir nicht auch in anderen Bereichen an Geltung gewinnen. Frankfurt hat viel Potential, die Immobilienpreise spielen in einer ganz anderen Liga. Allein dadurch ergibt sich fuer die Unternehmen ein riesen Einsparpotential (in London kostet der Quadratmeter annaehernd 200 EUR in Spitzenlagen). Und auch bei Wohnimmobilien haben wir die Nase vorn. Hier kann sich auch der Durchschnittsinvestmentbanker Eigentum leisten. In London liegen die Preise teilweise ueber 40.000 EUR/qm. Die Stadt ist wesentlich Famlienfreundlicher und Einsteiger koennen sich eine schoene eigene Wohnung mieten anstatt zu mehreren in Loechern zu hausen. Diese Rahmenbedingungen stimmen also. Woran es mangelt sind die rechtlichen, regulatorischen und steuerlichen Gegebenheiten.

  • Ich persönlich glaube, dass beide Finanzplätze boomen und sich kaum gegenseitig stören. Durch den Sarbanes Oxley Act in den USA wird sehr viel mehr Business nach Europa verlagert und davon profitieren alle Börsen hier. Was den Vergleich mit Frankfurt angeht: Man darf nicht vergessen dass London nicht nur eines der größten Finanzplätze der Welt ist, sondern auch eine Hauptstadtfunktion für sein Land hat, ein weltweites Oberzentrum für Bildung und Wissenschaft ist und die Attraktivität der Stadt und der Boom eben auch noch auf einer anderen Basis steht, die Frankfurt niemals zementieren kann. In diesem Lichte gesehen steht FFM meines Erachtens sogar noch ganz gut da.
    Zu den Immobilienpreisen. Ein Freund von mir (mit Geld ;) hat erzählt dass die Angelsachsen im Frankfurter-Westend im Moment alles wegkaufen ohne im Geringsten auf den Preis achten zu müssen. Originalton: "Die Verkäufer werden richtig ungehalten, wenn die merken, dass man kein Käufer aus England oder den USA ist".

  • Es gab mal eine Zeit Anfang der 90er als in London die Angst grassierte, dass Frankfurt London den Rang ablaufen könnte. Das war, als Liffe die Liquidität im Bundfuture an die Eurex verlor. Es kam aber anders. Bis vor kurzem wurde immer mehr in London zentriert. Über Frankfurt wird hier gelacht, Provinz denken die meisten (abgesehen von der Deutsche Börse). Im Gegensatz zu mancher Meinungsmache in London halte ich dies aber nicht für unumkehrbar. Man hört zum Beispiel, dass durch die Zusammenschlüsse der Banken in Italien jetzt plötzlich London im italienischen Geschäft echte Konkurrenz bekommt. Ich denke auch, dass die grossen spanischen Banken, und die fusionierenden Franzosen auch wieder einiges abziehen werden. Und hier ist das Problem von Frankfurt: die Banken sind zu klein, und sie sind auch noch verstreut. Es würde wirklich Sinn machen (im Sinne eines Clusters), mehr Institutionen nach Frankfurt zu legen. Die Postbank zum Beispiel oder eine grosse fusionierte Landesbank. Aber selbst BaFin ist zum Teil in Bonn, was für ein Unfug. Und auch neue Finanzinstitutionen, die vielleicht klein aber dennoch wichtig sind, wie der "High-Tech-Gründerfonds" werden aus politischen Gründen nicht nach Frankfurt gelegt. Da hat man glaube ich die wichtige Rolle eines Clusters nicht richtig verstanden. Auch die Energiebörse EEX ist in Leipzig. Dies trifft letztendlich Deutschland, da Frankfurt auch innerhalb von Deutschland nicht so dominant ist, wie die anderen grossen Finanzzentren in ihren Ländern. Man sieht aber auch, dass es schwer ist, dies umzukehren - siehe Streit bei der Sparkassen Informatik wegen Zusammenlegung der Standorte.


    Ich denke Frankfurt selbst ist aber doch aufgewacht, mit den Unis das ist schon super, und den Initiativen zum Finanzplatz auch, da sollte man die Politik loben. Die EZB tut Frankfurt supergut. Ich kenne einige EZBler, die Frankfurt wirklich klasse finden. Vielleicht sollte man versuchen, Frankfurt grösser werden zu lassen, Europaviertel, dann Eingemeindung von Offenbach und Eschborn und dadurch homogenere Stadtplanung Richtung Taunus und den Main hinunter. Das wäre doch nicht schlecht. Frankfurt sollte auch versuchen, den Verlust an Internationalität durch das Abziehen der Amis irgendwie aktiv auszugleichen.


    Man sollte in London auch sehen, dass nicht alles Grosse so schön ist. Die Steuergeschenke für Ausländer und Superreiche, das ist eigentlich unverschämt und sollte nicht nachgeahmt werden. Da kauft ein korrupter Thai Ex-Premierminister, der in London lebt, Manchester City und keiner fragt, woher denn sein Geld kommt. Es wird gemunkelt, dass London inzwischen das Zentrum für Geldwäsche ist. Die Kolonien und Ex-Kolonien wie die Cayman Islands, die Geld von richtigen Ländern abziehen und daher Steuern umgehen und aus London gesteuert werden. Private Equity Gesellschaften, von denen sich nun herausstellt, dass sich nun herausstellt, dass sie von Steurgeschenken leben. Und dann auch immer die Frage, ob der jetzige Boom vielleicht bald in einem Crash endet...im Oktober?


    Also, es gibt eine gewisse Dialektik in dem ganzen.

  • Neben Frankfurt ist München ein Zentrum für Private Equity bzw. Venture Capital. Auch Versicherungen sind weit verstreut - z.B. Allianz und Münchener Rück in München, Victoria in Düsseldorf...


    In Frankfurt könnten viel mehr hochbezahlte Spezialisten arbeiten, wenn man nicht auch bei Deutschen Banken für z.B. Strukturierte Produkte, insti Derivate, Hedgefonds, OTC-Geschäfte, Garantien - eben alles was nicht 0815 ist - auch in London oder New York oder Chicago anrufen müsste. Man sollte in Frankfurt solche Abteilungen aufbauen.


    Positiv am Rande: Dennoch gibt es z.B. mittlerweile im Frankfurter Westend eine kleine Anzahl von Hedgefonds und PE Unternehmen - ein Mini Mayfair sozusagen...

  • Wir haben an meinem Institut vor ein paar Monaten eine Clusterstudie Finanzplatz Frankfurt durchgeführt. Ich kann hier leider noch keine Details der Ergebnisse verraten, aber die Analyse von vondraussen ist sehr zutreffend!


    Auch eine weitere Institution sollte mal erwähnt werden, die vielleicht in der Zukunft noch einiges reißen kann am hiesigen Finanzplatz: die CEIOPS (Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors) - also die EU-Aufsichtsbehörde für Versicherungen und Pensionsfonds. Das ist die drittwichtigste Regulierungsbehörde in Frankfurt nach EZB und Bundesbank!

  • War nicht mal geplant in Frankfurt eine Zweigstelle des UN Gerichtshofes einzurichten (zur entlastung von Den Haag) :confused:


    Kann mich Dunkel an so was erinnern

  • London spielt in einer ganz anderen Liga als Frankfurt: London ist ein Weltfinanzzentrum, Frankfurt ist ein (Finanz)dienstleistungszentrum für Deutschland.


    Das Schicksal von Frankfurt ist deshalb mE eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland verknüpft. Sollte sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren in Deutschland weiterhin positiv entwickeln, dann werden sicher auch die internationalen Investmentbanken an eine moderate personelle Aufstockung, etwa im M&A Geschäft oder im fixed income Bereich denken, da eine Präsenz in Deutschland 'vor Ort' trotz allem sehr wichtig ist, sowohl für das Geschäft mit inhabergeführten Grossunternehmen, aber auch mit DAX-Unternehmen. Eine auch nur annähernde Grösse wie in London wird aber nicht erreicht werden.
    Ein Ansatzpunkt zur Stärkung von Frankfurt wäre wie schon angesprochen wohl, für das Asset Management im weitesten Sinne ein besseres regulatorisches Umfeld zu schaffen.


    Sehr problematisch ist mE die Entwicklung der deutschen Bankenlandschaft insgesamt, welche auch für Frankfurt eine fatale Entwicklung darstellt: die einzige international ernstzunehmende Bank ist die Deutsche Bank, welche aber gerade das Investmentbanking sehr weitgehend von London aus betreibt. Commerzbank ist provinziell und bei weiterer erfolgreicher Sanierung Übernahmekandidat. Sonst gibt es nur noch die Dresdner Bank, deren Zukunft, zumindest was das Investment Banking der Dresdner Kleinwort betrifft, als Teil des Allianz-Konzerns ungewiss ist und ein Haufen von genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Instituten, die aus politischen Gründen oder Verbandsinteressen zu keiner Reform fähig zu seien scheinen. Die Fusion einer grossen Anzahl von Landesbanken mit der Deka Bank mit Sitz in Frankfurt und anschließender Privatisierung wird vorerst wohl leider Wunschtraum bleiben.


    Es gibt aber mE auch viele positive Entwicklungen in Frankfurt: zB war die Stadt aus meiner Sicht noch nie so international wie jetzt, auch die Entwicklung des Stadtbildes und des Angebots ist insgesamt viel urbaner und weniger proviniell, als noch vor 10 Jahren.
    Auch die Politik scheint die Wichtigkeit einer aktiven Förderung des Finanzplatzes zumindest grundsätzlich erkannt zu haben, es findet viel mehr Dialog und Austausch zwischen Politik und Wirtschaft statt und die Entwicklung etwa der Uni Frankfurt ist diesbezüglich ein wirklich positives Beispiel.

  • Cluster sind ja schön und gut, aber man sollte es mit der Zentralisierung nicht übertreiben! Ganz im Gegenteil hat die Geschichte bisher gezeigt, dass auch der Föderalismus funktionieren kann, siehe BRD, USA!
    Gerade aber am Beispiel USA haben wir den Fall, dass es Cluster gibt, die prozentual jedoch weit weniger gewichtig sind als z.B. im UK. Deswegen gibts neben New York nämlich noch Chicago und ein paar andere bekannte Städte...


    Ich will darauf hinaus, dass ein starkes Frankfurt natürlich schön wäre, aber wenn dieses Frankfurt dann die Bonner (Beispiel Postbank) Arbeitslosen bezahlen muss, ist es wieder nicht so schön.


    Statt Zentralismus deutscher Unternhmen hielte ich es für angebrachter den
    1. Flughafen zu stärken (Ausbau) und ein großes Kongresszentrum dort zu bauen.
    2. Hessen, Rhein/Main sollte mehr Werbung machen/Infotainment, also z.B. Wirtschaftszeitungen stärken, stärkere Ausrichtung des Rundfunks nach Schlüsselwirtschaftsbereichen
    3. Mehr Englisch, sowohl in Schulen, Straßenschildern, Ämtern als auch in den Medien


    Ziel sollte es sein, die Hochhäuser von Citigroup und HSBC aus Canary Wharf an den Mainesstrand zu schieben :)


    PS: Noch mal was die USA betrifft: Wie kommt's, dass es in jeder 300 000 EW Stadt ein mindestens 200 m hohes "Bank of America" Hochhaus gibt? Liegt das nur an der städtischen Struktur, also dass die vergleichbaren deutschen Banken in vergleichbaren Großstädten hier in flachen Gebäuden residieren, oder ist die Amibank einfach soviel größer, dass sie sich mehrere Wolkenkratzer leistet?

  • Mal zurück zur Architektur: wie kann sich der Städtebau entwickeln, um Frankfurt als Finanzplatz zu helfen? Vielleicht kann es noch ein bisschen 'aufregender' werden. Schliesslich sind Banker oft Leute, die viel arbeiten, dann ausgehen und gerne stolz auf die Stadt sein möchten, in der sie wohnen.


    Da sieht es finde ich gar nicht schlecht aus: FFHV, Opernturm, EZB sind alles grosse Aufwertungen. (Obwohl mit ein zentraler Standort für die EZB lieber gewesen wäre). Ich denke auch das Bahnhofsviertel hat mittelfristig Potential, kuntibunti-interessant zu werden. Schön wäre ein Park....vielleicht ein Deutschherrenpark zwischen Deutschherrenufer und Kaiserlei. Den Zug in einen Tunnel legen, die Strasse schliessen und über eine Brücke durch den Osthafen führen, dann so eine Art Capability Brown Parkarchitektur, das wäre wunderbar.


    Eher negative Entwicklungen für mich sind Gateway Gardens und Eschborn (wie auch Canary Wharf in London). Es fehlen die Bewohner, und nach Arbeitsschluss fahren sie wieder zurück in ihre kleineren Rhein-Main Siedlungen und Städte, anstatt Frankfurt zum Nachtleben zu erwecken.

  • Angenommen man gemeindet Eschborn und Offenbach ein und beschränkt dann Neubauten an diesen "billigen" Standorten. Dann ziehen doch die Unternehmen nicht in die Innenstadt, sondern in den Speckgürtel von Düsseldorf oder Stuttgart...


    Ich denke muss da die Innenstadt ihre Preise durch ihre Attraktivität rechtfertigen können. Dazu brächte mann vor allem ein angemessenes Kulturangebot.
    Events wie das "Sound of Frankfurt" müssen wieder eingeführt werden.
    Außerdem muss man aus der "Schwäche", also dass Frankfurt keine 10 Millionen Einwohner hat, eine Stärke machen, indem z.B. als erstes der Grüngürtel überarbeitet und der Regionalpark Rhein/Main vorangetrieben wird!

  • Frankfurts große Stärke ist gleichzeitig Frankfurts großes Problem:


    die Verkehrsgünstigkeit.


    Es ist kein Problem, in Wiesbaden, Heidelberg und viele anderen sehr attraktiven Orten zu wohnen und in FFM zu arbeiten. Zudem kann man an nahezu jeden Winkel Ds binnen vier Stunden wochenend-pendeln.


    Das macht Frankfurt für Arbeitnehmer sehr attraktiv (trotz des niedrigeren Freizeitwertes würden sicherlich 90% aller Leute Frankfurt als Arbeitsplatz München vorziehen (meine Erfahrung)), auf der anderen Seite, hat das zur Folge, dass viele Arbeitnehmer nicht in FFM leben, bzw am Wochenende heimpendeln und die Innenstadt dadurch (va am Wochenende) etwas leblos erscheint.

  • die we-pendler werden aber sicherlich nicht alle über einen längeren zeitraum jedes wochenende nach hause fahren. viele sind sicherlich mal als we-pendler nach frankfurt gekommen, aber fahren inzwischen deutlich seltener heim oder sind halt wieder verschwunden! aber auch aus dem umland sind natürlich abends leute in frankfurt! nicht nur zum arbeiten, auch zum weggehen, shoppen etc... da muss man einfach den grossraum sehen und sicher sind london, paris etc ne ganz andere liga, aber dass frankfurt überhaupt in so einem vergleich herangezogen wird, dürfte für deutsche verhältnisse schon besonders sein. nur berlin und eventuell hamburg dürften da ne rolle spielen, denke ich. alle anderen städte sind meinem eindruck nach mehr regional eingebunden, egal ob münchen, stuttgart, köln etc...


    dass die innenstadt abends relativ leblos wirkt, lieg daran, dass es nicht so viele angebote mitten in der city gibt! abgesehen von fressgass-festen etc, die allerdings auch meistens schon recht früh beendet sind!
    alt sachsenhausen liegt auch etwas zu sehr abseits der innenstadt. nicht, dass ich mich abends dort unbedingt rumtreiben wollte, aber garde dort ist schon mehr los und das sieht man beim nächtlichen schlendern über die zeil gar nicht!
    hier wäre natürlich ein angebot auf der konstabler, dass den brückenschlag von alt-sachsenhausen zur zeil schafft sehr gut! ob das irgendwie realisierbar ist, scheint mir allerdings fraglich! in verbindung mit der aufgewerteten altstadt vielleicht...

  • Zur Politik:


    Auf absehbare Zeit wird es keine Eingemeindung von Eschborn oder Offenbach geben. Angesichts der hohen Schulden wollte iÜ Frankfurt Offenbach gar nicht haben. Eine Eingemeindung Eschborns ist landespolitisch nicht durchzusetzen, da dann auch sehr viele andere Gemeinden in der Peripherie von Großstädten fürchten müssten, von diesen geschluckt zu werden.
    Eschborn verdankt seinen Aufstieg als Bürostandort ja neben der guten Verkehrslage vor allem dem im Vergleich zu Frankfurt niedrigen Gwerbesteuer-Hebesatz. Das Problem ist, dass eine Stadt wie Eschborn ebenso wie andere Umlandgemeinden im Rhein-Main-Gebiet ohne das kulturelle/wirtschaftliche/politische/infrasturukturelle Angebot von Frankfurt gar nicht in ihrer jetzigen Form existieren könnten, aber gleichzeitig durch Gewerbesteuerdumping Frankfurt Unternehmenszentralen und Verwaltungsstandorte abjagen, mit den entsprechenden Städtebaulichen Konsequenzen. Eschborn nimmt also in Form eines 'Trittbrettfahrers' am von der Stadt Frankfurt zur Verfügung gestellten Angebot teil, ohne dazu beizutragen. Es wäre daher politisch geboten, zu einer Angleichung der Gewerbesteuerhebesätze zu kommen, etwa indem man Gemeinden wie Eschborn dazu zwingt, sich in höherem Maße an der Finanzierung bestimmter Infrastrukturangebote in Frankfurt zu beteiligen.


    Langfristig könnte man dann eine besondere politische (Supra-)Struktur für das Rhein-Main-Gebiet anstreben, um dem Zusammenwachsen des Rhein-Main-Gebiets Rechnung zu tragen, ohne dass es dadurch zu einer Eingemeindung kommen würde, wodurch die stärker zur Finanzierung in Anspruch genommenen Gemeinden auch eine dementsprechende politische Mitsprache hätten.
    Das hier schon angeprochene London ist zB auch keine 'Stadt' im eigentlichen Sinne, vielmehr ist 'Greater London' eine föderale Struktur, die sich aus mehreren unabhängigen Gebietskörperschaften zusammensetzt. Von Mitte der 80er Jahre bis ca. 1997 gab es in London sogar gar keine zentrale Verwaltungseinheit, vielmehr waren die boroughs vollkommen selbständig und kooperierten nur auf betimmten Gebieten.
    Im einzelnen wäre das alles natürlich sehr kompliziert und auch nicht leicht durchzusetzen.


    Zum Städtebaulichen:


    Die wichtigsten Entwicklungen in Frankfurt sind mE, dass sich der 'urbane Raum' über die eigentliche Innenstadt hinaus vergrössert: im Osten durch die Aufwertung des Ostends sowohl als Wohn- und Büro wie auch als Kultur- und Nachtlebenstandort. Der Bau der EZB wird diesen Prozeß städtebaulich markant sichtbar machen. Im Südwesten könnte ein ähnlicher Prozeß durch den Bau des Europaviertels in Gang kommen, dadurch könnte auch das Gallusviertel und andere angrenzende Viertel, die die meisten Frankfurter bis vor einigen Jahren freiwillig nie betreten hätten, insgesamt aufgewertet werden. Der eigentlich grossstädtische Raum in Frankfurt könnte so in Zukunft in der subjektiven Wahrnehmung viel größer ausfallen.
    Ein sehr großes Potential hätte wie schon angesprochen das Bahnhofsviertel, als multikulturelles Ausgeh-, Künstler und Kulturviertel.
    Ansonsten ist Frankfurt schon jetzt am Wochenende bei weitem nicht so leblos wie oft angenommen, nur dass sich viel Leben eben nicht in der Innenstadt abspielt. Das ist aber in anderen Städten nicht anders, so ist etwa die eigentliche City of London an Sonntagen fast genauso tot wie Canary Wharf, außerdem Pendeln die meisten in London auch von weit ausserhalb des Stadtzentrums aus ein.