Leipzigs Süden: großbürgerliches Leben - lebendige Szene

  • Leipzigs Süden: großbürgerliches Leben - lebendige Szene

    Mit einer Galerie über die südlichen Leipziger Stadtteile Musikviertel, Südvorstadt und Connewitz möchte ich mein Debüt in diesem Forum geben. Mein Ziel ist es, euch in erster Linie einen Überblick über die bauliche Substanz, aber auch über das vielfältige Flair dieser Stadtteile zu vermitteln.


    Die baulichen Gegebenheiten reichen vom Spätklassizismus der ersten Stadterweiterung um 1860 bis zum Historismus, Jugendstil und Reformstil Anfang des 20. Jahrhunderts. Aber auch die „Goldenen Zwanziger“ sind hier und da mit neuer Sachlichkeit, Expressionismus, Art Déco und Bauhaus präsent. Die Wiederaufbauphase nach 1945 hielt sich aufgrund chronischem Geldmangel und Prioritätenabsteckung der DDR-Administration angenehm zurück. Erst nach der „Wende“ verdichtete man das Viertel mit zum Teil recht ansprechender moderner Architektur.


    Als erstes zeige ich euch das Musikviertel, direkt im südwestlichen Anschluss an die Innenstadt, das aufgrund des Alten Gewandhaus (die Kriegsruine wurde 1968 beseitigt) seinen Namen bekam. Hier stehen neben dem Waldstraßenviertel in der nordwestlichen Innenstadt die prächtigsten Bürgerhäuser der Stadt. Schade, dass ausgerechnet hier ca. 60 Prozent im Krieg zerstört wurde. Heute zeichnet sich das Viertel durch viele Bildungs- und Justizgebäude aus.


    Danach zeig ich die Südvorstadt, die nahtlos an das Musikviertel angrenzt. Auch hier kennzeichnen Bürgerhäuser aus der Gründerzeit den Stadtteil, die allerdings qualitativ nicht mehr ganz so hochwertig ausfallen. Seit 1990 ist die linksalternative und freie Kultur fester Bestandteil in diesem Viertel, und schafft dort mit unendlich vielen Kneipen, Theatern und Szenetreffs ein besonders buntes Flair.


    Connewitz liegt noch weiter südlich von der Innenstadt. Die Grenzen zur Südvorstadt kann man heute nicht mehr ausmachen, da auch dieser Ort gründerzeitlich vollständig überformt ist. Ansonsten ist dort die gleiche Szene anzutreffen wie in der Südvorstadt.


    Der Rundgang zu Fuß durch diese Viertel erfolgte am Sonntag vor einer Woche, und dauerte trotz 34 Grad knapp 3 Stunden. Danach war die Luft bei mir raus, und obwohl es über 100 Bilder geworden sind, zeigen diese nur einen kleinen Ausschnitt der dort vorhandenen Gründerzeitbebauung.


    Soweit mir bekannt ist, werde ich den Bildern Daten wie Erbauungszeit, Architekt, Besonderheiten und Nutzung beifügen. Jetzt geht’s aber los...

  • Villen an der Karl-Tauchnitz-Straße, im Hintergrund die Türme des Neuen Rathaus.



    Mitte Polizeipräsidium, Hugo Licht (Neues Rathaus), 1888 - 1890, rechts angeschnitten Landgericht, Emil Anton Buschick, 1876 - 1878.



    "Italienische" Villa in der Karl-Tauchnitz-Straße.



    Galerie für zeitgenössische Kunst, Bruno Eelbo, 1893, Umbau und Sanierung von Peter Kulka.





    Hochschule für Technik und Wirtschaft, Hugo Licht, 1889 - 1896.




    Hochschule für Grafik und Buchkunst, Otto Wankel, 1887 - 1890.




    Hochschule für Musik und Theater, Daten mir unbekannt.



    Detail einer Villa ganz in der Nähe.



    Blick entlang der Grassistraße zum schönsten Wohnhaus im Viertel, der Beethovenstraße 8 mit Türmchen und Belvedere.



    Portal Beethovenstraße 8, Arwed Rossbach, 1882/83.



    Im Hausflur, Aufnahme Sommer 2006



    Gleich gegenüber, die zwischen 1992 und 2002 weitgehend rekonstruierte Universitätsbibliothek Albertina, Arwed Rossbach, 1887 - 1891.



    Foyer mit Treppenaufgang zu den 2 Lesesälen, Aufnahme Sommer 2006



    Ehemaliges Reichsgericht, heute Bundesverwaltungsgericht, Ludwig Hoffmann und Peter Dybward, 1888 - 1895. Davor der wieder freigelegte Pleißemühlgraben mit vor wenigen Wochen fertiggestelltem Mendelssohn-Ufer. Zu Ehren des Komponisten hat man 4 Stufen, die Notenlinien darstellen sollen, geschaffen, auf denen wiederum Sitzgelegenheiten die Anfangsnoten von Mendelssohn-Bartholdys Violinenkonzert in e-Moll bilden.



    Die 1947 errichtete Büste wurde an dieser Stelle neu aufgestellt. Das Menelssohn-Bartholdy-Denkmal haben die Nazis 1938 zerstört, es wird derzeit wiederhergestellt und findet zukünftig Platz vor dem Westportal der Thomaskirche.



    Auch an dieser Stelle wird man den Pleißemühlgraben wieder ans Tageslicht befördern. Ein Verein kämpft noch um dessen Finanzierung.



    Gründerzzeitlicher Straßenzug an der Simsonstraße.



    Eckhaus.



    Häuser in der Schwägrichenstraße.



    Einzelaufnahmen dieser Häuser aus dem Jahr 2005.






    Weitere Impressionen aus dem Musikviertel.





    Art-Déco-Portal (?)




    Gelungener Naubau aus den 90er-Jahren.




    Aber das hier wird grottenschlecht...







    Leider hat sich der real existierende Sozialismus hier auch ein wenig verwirklicht.




    Geisteswissenschaftliche Zentrum, Dietrich und Dietrich aus Stuttgart, 1999 - 2002. Das Gebäude hat bei seinen Kritikern auch den Beinamen "Bildungsknast" weg. Ich finde, nicht zu unrecht, zumal an dieser Stelle einst das Alte Gewandhaus stand.




    Südvorstadt / Connewitz:


    Schumannhaus, 1869






    Ehemalige Kraftstation zum Betrieb der ersten elektrischen Straßenbahn in Leipzig nebst dazugehörigem Wohngebäude, 1896.




    Die Schrift stammt vermutlich noch aus den 1920er-Jahren.





    Blick die Münzgasse rauf in Richtung Innenstadt.




    Blick die Münzgasse wieder runter mit dem KPMG-Neubau rechts, Schneider+Schneider (Frankfurt), 1995, das mir außerordentlich gut gefällt.



    Blick durch die Riemannstr. zur Peterskirche.



    Peterskirche, August Hartel und Constantin Lipsius, 1882 - 1885, französische Kathedralgotik, äußere Restaurierung nahezu abgeschlossen.






    Seit der "Wende" bemüht man sich auch, das Kircheninnere historisch zu restaurieren.







    Verband deutscher Handlungsgehilfen, Georg Wünschmann, 1914 - 1917, Reformstil mit Hang zum Monumentalen, typisch für diese Zeit, sehr eindrucksvoll.







    Sonntagnachmittagstimmung auf der Karl-Liebknecht-Straße, der Hauptmagistrale im Süden Leipzigs.




    Dieses spätklassizistische Wohnhaus war meines Wissens vor seiner Sanierung völlig heruntergekommen. Den Seitentrakt hat man abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, den Teil zur Karl-Liebknecht-Straße hin entkernt und saniert.



    Dieses "verstümmelte" Gebäude wurde vom Künstler Fischer Art dekoriert.




    Das Betriebsgelände der ehemaligen VEB Feinkost ist total heruntergekommen. Ein Investor plant nun an dieser Stelle ein Einkaufszentrum. Die auf dem Bild zu sehende Löffelfamilie, die nachts in neongrellen Farben leuchtet, ist im ganzen Viertel, ja in ganz Leipzig kult. Sie wird auf jeden Fall auch an einem Neubau weiterbestehen.




    Sonntägliche Ruhe auf dem Gelände, wo sich seit der Wende viele alternative Läden etabliert haben. Derzeit feilscht man mit dem Investor, inwieweit die Läden weiterhin bestehen können. Dafür sieht es derzeit recht gut aus.






    Yo-Go-Area in Ostdeutschland.




    Gründerzeitliches Eckhaus, leider mit kindischen Graffitis verunziert. Wenn ihr aufpasst, könnt ihr sehen, dass oft Plakate auf noch leere Wohnungen hinweisen. Das prächtige Äußere der Gebäude verspricht meist nicht zu viel, denn auch im Inneren wird sehr denkmalgerecht saniert. Davor kann sich Frankfurt ganz weit verstecken, auch was die Preise anbelangt. Die Kaltmieten für noble Altbauten in bester Lage kosten keine 8 Euro/qm.



    An der Karl-Liebknecht-Straße steht eine Kneipe oft neben der anderen. Ich glaube, 100 insgesamt wird nicht reichen für die ca. 5 km lange Straße. Aber ich weiß nicht, wieviele es wirklich sind.



    Fischer-Art auch an diesem Portal.



    Die naTo ist Szenetreff seit vielen Jahren im Viertel.



    Straßensituation an der Karl-Liebknecht-Straße Abzweig Kochstraße.



    In der Kochstraße.




    Diesen Eisladen in selbiger Straße kann ich nur wärmstens empfehlen.



    Jetzt kommen 2 ganz ausgezeichnete Jugendstilgebäude. Als erstes Kochstraße 24.





    Kochstraße 28, Moritz Lindner, 1903






    Stimmung in der Kurt-Eisner-Straße.



    ..und wieder hinauf die Kochstraße in Richtung Connewitz.





    Die August-Bebel-Straße ist unstrittig eines der schönsten und nobelsten Straßen der Stadt. Aber wie schon gesagt, auch hier liegen die Kaltmieten noch deutlich unter 8 Euro/qm (so zwischen 6 und 7 Euro würd' ich sagen), die Eigentumspreise noch unter 2500 Euro/qm.




    Verwaltungsgebäude an der Karl-Liebknecht-Straße, leider weiß ich keine weiteren Daten dazu.



    Stimmung an der Karl-Liebknecht-Straße / Richard-Lehmann-Straße.



    Am Connewitzer Kreuz befindet sich die "Südbrause". Früher war es ein ganz schön vergammelter "Saftladen" gewesen, in den 1990ern hat man das Haus saniert und nach historischen Vorbild wiederhergestellt. Seitdem ist es beliebter Treff im Viertel.



    Ein weiteres szeniges Highlight in Connewitz ist das Werk II, ehemals eine Fabrik, das mit vielen Veranstaltungen unterschiedlichster Art aufwartet.







    In Connewitz sieht man viele Punker und Aussteiger, wobei ich nicht behaupten will, dass dies nun ausgerechnet auf diese Gruppe von Leuten zutrifft.



    Hausbesetzerromantik mit städtischer Duldung in der Stockartstraße.




    Brandmauerbemalung und Brachidylle in der Arthur-Hoffmann-Straße.




    In selbiger Straße.




    Blick in die Körnerstraße.




    Katholisch-Apostolische Kirche in der Körnerstraße, bauliche Daten sind mir leider nicht bekannt.





    Stimmung am Haupteingang zur Mediacity und zum Mitteldeutschen Rundfunk.




    Direkt gegenüber 20er-Jahre-Miethäuserbebauung mit expressionistischen Zügen.



    Die MDR-Gebäude gehörten ehemals zum Leipziger Schlachthof. Jetzt befinden sich in ihnen die Produktionsstätten.




    Blick zur MDR-Zentrale.




    Mit diesem Bild des Gasometers endet mein Rundgang. In dem Gebäude findet derzeit eine Panoramausstellung des antiken Roms vom Illusionskünstler Yadegar Asisi statt. Sehr sehenswert.


    Über Kommentare, Kritiken, Anregungen würde ich mich sehr freuen.

  • Vielen Dank, ein großartiges Debüt. Die Häuser zeugen von einem historisch immensen Reichtum der Stadt, die Bauten wirken sehr großstädtisch. KPMG und MDR als Repräsentanten des modernen Leipzigs gefallen mir auch ziemlich gut. Weiter so!

  • Anerkennung

    sehr detailreiche Bilder, waren auch wunderbare Lichtverhältnisse.:)
    Wenn man hier lebt, gewöhnt man sich so daran, dass man gar nicht mehr auf die Idee kommt, es zu fotografieren ... :nono:


    In der Tat leben in diesen Vierteln fast mehrheitlich Studenten, riesige WG-Szene . Es ist aber abzusehen, dass in den nächsten Jahren die Mieten steigen werden, den die aktuellen Mieteinnahmen werden auf Dauer nicht ausreichen, um die Substanz zu erhalten. Lebe selbst in einem etwas abgelegeneren, Stadtteil in schöner Gründerzeitsubstanz zu 3 Euro / je Quadratmeter.
    Bin gespannt, ob sich wieder Hausbesetzungen & Protest entwickelt, wenn in der Südvorstadt verstärkt begonnen wird, Mietwohungen in Eigentumswohungen umzuwandeln. Bis jetzt gibt es genug Platz, um auszuweichen. Leipzig wirbt zur Zeit bei Rentern in NRW nach Leipzig zu ziehen, um sich individuell einenTeil des Solidaritätszuschlag zurückzuholen.


    Werde in nächster Zeit mal Aufnahmen zu Schleußig hinzufügen.

  • Ein Einstieg nach Maß, Cowboy (hier ohne Weltraum?), vielen Dank. Das Frankfurter Büro, das das KPMG-Gebäude geplant hat, heißt übrigens Schneider + Schumacher, hier u. a. bekannt durch Westhafen-Tower, -Haus, -Pier und -Brückengebäude.

  • Die Bausubstanz in Leipzig ist schon ziemlich beeindruckend. Da schmerzt es umso mehr, dass in Frankfurt und anderswo so vieles verloren ging und immer noch so sorglos mit dem wenigen Erhaltenen umgegangen wird (aktuelle Beispiele gibts ja zur Genüge). Man sollte den Verantwortlichen dieser Städte mal eine Woche Leipzig aufzwingen, vielleicht merken die dann was. Ist auf jeden Fall ein Unterschied wie Tag und Nacht.

  • In Leipzig gibt es auch viele Luecken und ziemlich boese Bausuenden in der Innenstadt. Ebenso auch noch mehrere ziemlich stark heruntergekommene Altbauten, die noch renoviert werden muessten. Auch wenn diese Bilderserie nun wirklich toll ist, ist Leizig nun deshalb auch nicht der Gral der tollen Stadtentwicklung.

  • Aber bei weitem nicht so extrem. War ja letztes Wochenende selbst mal wieder in Leipzig (Lindenau, Waldstraßenviertel und Innenstadt), die Stadt ist ein einziger Traum. Zwar noch ziemlich viel am verfallen, aber das meiste ist mittlerweile doch saniert, und vor allem muss man dort eben nicht (auch nicht in der Innenstadt) Ewigkeiten suchen um mal einen Straßenzug ohne unpassende Nachkriegskisten zu finden. Die Substanz ist dort noch so komplett dass mich selbst relativ harte Kontraste wie dieses KPMG-Gebäude schon wieder begeistert haben anstatt zu stören, in Frankfurt nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.

  • Armut ist ein guter Denkmalpfleger. Ein zwar abgegriffener, doch zumindest bis 1989 ebenso wahrer Ausspruch. Wenn dann noch Desinteresse der Obrigkeit hinzukommt, so wie das zu DDR-Zeiten der Fall war - umso besser. Allerdings besteht Leipzig nicht nur aus Lindenau und Waldstraßenviertel, in einigen Bereichen der Innenstadt und in anderen Stadtteilen sieht es mitunter ziemlich böse aus.

  • Vielen Dank für eure Antworten und die eine Richtigstellung. Die Bilder der gezeigten 3 Stadtteile vermitteln einen sehr repräsentativen Eindruck. Die Sanierungsquote liegt hier bei geschätzten 90 Prozent, was für Leipzig viel ist (Schnitt: ca. 75 Prozent). Aber auch in anderen Stadtteilen im allgemeinen, und in der Innenstadt im besonderen, passiert derzeit sehr viel in Sachen Sanierung, Stadtumbau, Neubau und Bausündenbeseitigung. Als ich eine Galerie über das Graphische Viertel/Ostvorstadt (siehe Galerie APH) erstellte, war ich sehr überrascht, was sich hier die letzten 3 bis 5 Jahre getan hat. Alle Prognosen gingen davor noch davon aus, dass sich dieser Stadtteil selbst entledigen werde. Heute, insbesondere auch durch das Wiederaufleben der Buchindustrie und riesige Investitionen im Bildungsbereich, in der Medizin und in der Wirtschaft, wird die Ostvorstadt allen anderen Stadtteilen davonlaufen.


    Was ich damit andeuten will: wer vor 5 Jahren das letzte Mal die Stadt besucht hat, kann sich heute im Prinzip kein Urteil mehr bilden, weil sich schon wieder soviel geändert hat. Und selbst in Straßenzügen, die noch an graue DDR-Zeiten erinnern, werden die Gebäude notgesichert, künden Bauschilder von einer bevorstehenden Sanierung an oder werden mittels Fördervereine am "Leben" gehalten.


    Meine Intention in diesem Forum zum Thema Leipzig (außerhalb dieser Galerie) soll aber weniger die Gründerzeit sein als vielmehr Neubauprojekte wie die Brühlbebauung (da wird es richtig spannend), den geplanten Gesundheitsboulevard, Universität, Stadthäuser und anderes.

  • Vielen Dank für die grandiose Fotoshow, toller Einstand! Leipzig ist wirklich wundervoll, wirkt teilweise wie eine wesentlich größere Stadt als Metropole, durch die hohe Gründerzeitbebauung. Ich muss der Stadt auf jeden Fall bei Zeiten mal einen Besuch abstatten. Die Verwandschaft dort wird's mir danken ;)


    Was mir allerdings im Herzen weh tat, war dieses Verbrechen: Tod eines großbürgerlichen Wohnhauses.


    Ist schon schlimm, wenn man sich als Verantwortlicher aus womöglich unlauteren Gründen zu solch abstrusen Schritten verleiten lassen kann :nono:

  • Kann es sein, dass dem Gebäude schon das oberste Stockwerk zu großen Teilen abhanden gekommen ist? Im ersten Bild sieht man, dass es auf der linken Seite ganz oben eine Art Fachwerk gibt, dieses rechts aber fehlt.
    Wenn es über mehrere Jahre in ein Haus hinen geregnet hat, dann kann es sein, dass man keinerlei Möglichkeit mehr hat dieses Gebäude zu retten. Vor kurzem wurde bei uns in der Gegend ein 1200Jahre alter Kirchturm abgetragen weil es keine Möglichkeit mehr gab ihn zu retten.
    Bei Leerständen von teilweise 50% in Leipzig kann auch niemand erwarten, dass Menschen Geld in die Hand nehmen um Gebäude zu sanieren. Das Geld bekommt man nie wieder.


    EDIT: Ich hab jetzt gelesen, dass der Dachstuhl abgebrannt ist. 2005. Damit waren dann wohl die Holzdecken hinnüber.

  • @erbsenzähler, der verlinkte Artikel (den übrigens ich geschrieben habe) erzählt das traurige Schicksal der Friedrich-Ebert-Straße 81, das wohl spektakulärste Gründerzeitwohnhaus in Leipzig. Leider verdichten sich aber die Fakten, dass nicht die Stadt, sondern vielmehr die jüdische Erbengemeinschaft Fein aus den USA um jeden Preis diesen Abriss herbeiführte. Besonders makaber, weil sie auf den Boden spekulierte, wo in Leipzig aber nichts zu holen ist. Das ist alles sehr traurig, aber ich weiß auch nicht, was ich von dem schwierigen Komplex halten soll. "Arisierung", Enteignung, schleifende Rückübertragungen wohl aufgrund städtischer Interessen spielen da eine Rolle.


    Dass viele Altbauten (ca. 2500 in der ganzen Stadt) noch nicht saniert sind, liegt ganz allgemein oft an ungeklärten bzw. schwierigen Eigentumsverhältnissen.

  • "Der verlinkte Artikel (den übrigens ich geschrieben habe) erzählt das traurige Schicksal der Friedrich-Ebert-Straße 81, das wohl spektakulärste Gründerzeitwohnhaus in Leipzig."


    "(...) eines der architektonisch wertvollsten Gebäude der Stadt."


    Darf man ganz ohne Wertung fragen, was an dem Gebäude so wertvoll war?

  • Wertvoll und spektakulär in der Fassadenornamentik.


    Zum KPMG-Gebäude noch ein paar Worte: Dem Architektenbüro Schneider + Schumacher ist mit diesem unkonventionellen Gebäude das gelungen, was in meinen Augen mit modernen Neubauten in historischer Bebauung viel zu selten gelingt. Der Bau fügt sich ein, ohne sich zu behaupten, einen Bruch herbeizuführen. Die schwierige Ecklage wurde bravourös gelöst, in dem man das Gebäude dem spitzwinkligem Straßenverlauf einfach folgen ließ. In der hauchdünnen Glashülle, die den urbanen Charakter des Viertels unterstreicht, spiegeln sich harmonisch die Steinbauten. Vieleicht sollte man noch ein paar Fotos vom Gebäude schießen, um dem, was ich schrieb, besser Rechnung zu tragen. Insbesondere abends und nachts beeindruckt es mit seiner dezenten Beleuchtung.

  • Tolle Dokumentation.


    Angesichts dieser Bilder muß man sich wieder einmal fragen, warum andere, eigentlich reichere Großstädte diesen Weg konsequenter Restauration nicht ebenso gegangen sind. Bestände hätte es in vielen Städten genug gegeben bzw. gibt es noch.

  • In den 50igern und 60igern gab es im Westen da wohl einfach nur sehr wenig Interesse dafuer. Und auch zu wenig Kapital.

  • ^^Die Modernisierungswelle dieser Zeit hat viele Opfer gefordert. Jene ist wegen der Kosten aber auch aus soziokulturellen Gründen am Osten vorbeigegangen. Ein Großteil der Sanierungen nach der Wende fällt natürlich unter das Projekt "blühende Landschaften".