Bahnhofsviertel auf Metaebene

  • Ein Bild als Ausdruck der Anarchie im Viertel. Direkt am Kaisersack, an einem der meist frequentierten Punkte der Stadt, muss ein Gastronom selbst darauf hinweisen, dass Drogenhandel in seinen Außenplätzen nicht gestattet ist, weil die Behörden die Gesetzeslosigkeit in keinster Weise in den Griff kriegen.


    Le-Croissant.jpg

  • Blödsinn ist jedenfalls, dass Aufenthaltsverbote erst nach einer strafrechtlichen Verurteilung ausgesprochen werden könnten.

    Offenbar setzt man diese Aufenthaltsverbote tatsächlich auch schon um. Bei den kürzlich sehr medienwirksam festgenommenen Dealern von der Ecke Hauptbahnhof / Münchener Straße wurden laut diesem Artikel 2-monatige Aufenthaltsverbote ausgesprochen.

    Auf jeden Fall ein vielversprechender Weg: die Ecke ist auch deutlich besser geworden seither, allerdings ist die Zeitspanne auch erst ein paar Tage.

  • Hui.


    Ministerpräsident Boris Rhein meldet sich zu Wort, mit einem ambitionierten Beitrag. Viele vielversprechende Maßnahmen gegen Gesetzeslosigkeit und Elend werden in Aussicht gestellt, inklusive dem sehr bemerkenswerten Satz: "Wir wollen deshalb in Frankfurt die Kausalkette brechen und das Bahnhofsviertel – so weit es geht – für suchtkranke Menschen schließen".


    Ich wüsste gerne ob das mit der Stadt so abgestimmt ist, aber es klingt erst mal sehr vielversprechend, vor allem das er da mit seinem Namen reingeht zeigt, dass er sich daran messen lassen will. Sicherlich eine große Chance für das Viertel, ich kann mich lange nicht erinnern von verantwortlicher Seite mal so etwas weitgehendes gelesen zu haben.


    Ich persönlich werde ihn vor allem daran messen, wie viele Verkaufsorte geschlossen oder "unschädlich gemacht" werden. Bisher seit dem Amtsantritt von Rhein und Josef: 0.


    Artikel


    EDIT: die Stadt begrüßt das Ganze, Artikel.

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  • Zum Anlass der Landtagsdebatte letzte Woche und als erstes Zwischenfazit des 7-Punkte-Plans, der ja vor ein paar Wochen veröffentlicht wurde, der ja aber nur die Konsequenz einer schon länger laufenden Initiative zur Verbesserung der Zustände im Viertel ist, will ich mal wieder ein Zwischenfazit des Status Quo ziehen. Die Aussagen beziehen sich natürlich primär auf den nördlichen Teil.


    Die Situation hat sich in den letzten Wochen spürbar verbessert. Es sind viel weniger Dealer im Viertel, einige Brennpunkte wurden entschärft, es gibt weniger Hektik und weniger Belagerungszustand im Viertel. Mir fallen direkt ein Duzend besonders präsente Dealer auf, die seit ein paar Wochen einfach gar nicht mehr im Viertel zu finden sind. Auch wenn ich mit Kiosk- und Gastrobetreibern spreche, spiegeln diese mir deutliche Verbesserungen.


    Ohne jeden Sarkasmus sage ich: die Situation hat sich von einer 6- auf eine 5-6 verbessert. Noch ein paar Schritte dieser Größenordnung und wir haben hier akzeptable Zustände, aber natürlich muss das Ganze auch erst einmal verstetigt werden.


    Die Situation an den Sekundär-Hotspots am Rande des Viertels (Eingang Münchener, Eingang Taunus, Nordaufgang, Düsseldorfer Strasse): hier hat sich die Zahl der Dealer massiv reduziert, teilw. Sind gar keine mehr da. Die, die noch da sind, sind weniger aufdringlich sondern verkaufen ihre Drogen meist passiv in der Ecke ohne Passanten anzusprechen.


    Kaisersack: die Szene ist weiterhin da, aber es gibt deutlich weniger Dealer.


    Karlsplatz und Eingang Nidda/Moselstrasse. Das ist der Endgegner (Schnittpunkt von drei Konsumräumen), da ist die Situation weiterhin katastrophal, aber da finde ich es auch nicht so schlimm, da es sich hierbei nicht um Hauptverkehrswege handelt.


    Mittlere Taunusstrasse (Südseite): weiterhin dramatisch, dabei ließe sich das Problem dort wohl relativ einfach lösen … Inakzeptabel.


    Wie ist die Polizei vorgegangen. Nicht unbedingt extrem systematisch, aber sehr konsequent. Systematisch würde bedeuten, man schließt die Verkaufsorte. Zwar gibt es dort auch zunehmend Razzien, aber bisher mit begrenztem Erfolg, nur ein Laden war mal temporär dicht. Aber man spürt mittlerweile auch dort die Nervosität, es wird nicht mehr so offen und sorglos gedealt. Beim Hotelhandel gab es einige Erfolge, gerade letzte Woche wurden 200 Gramm Heroin gefunden. Auch wenn das der gestreckte Brutto-Wert sein dürfte, ist das sehr respektabel.


    Was man schön sieht: sobald die Situation im Viertel besser wird, kommen direkt viel mehr Normalbürger und nutzen die Wege.


    Es muss jetzt dringend auch beim Thema Vermüllung und Wildpinkeln / Fäkalien etwas gemacht werden, die hygienischen Zustände sind weiterhin katastrophal.


    Ich will noch ein Politikerstatement zum Besten geben:


    Elke Voitl: „Wenn Ministerpräsident Boris Rhein allen Ernstes das Bahnhofsviertel für drogenkranke Menschen schließen will, muss er auch die Verantwortung dafür übernehmen, wenn in Zukunft auf jedem Kinderspielplatz in dieser Stadt Dealer stehen.“


    Dieselbe Elke Voitl, für die im Zustand des Viertels keinen Handlungsbedarf erkennt („ das größte Problem des Viertels ist der Autoverkehr“), hat aber plötzlich ein Problem damit wenn in anderen Vierteln der Stadt einzelne Dealer auftauchen? Hier gibt es auch Kinder, hier gibt es Schulen (eine/bald zwei, zugegeben im Süden) trotzdem war es für Frau Voitl nie ein Problem das Hunderte von Dealern das Viertel belagern, dass wir hier in Dreck und Fäkalien ertrinken. Aber wehe die heile Welt der Kinder der feinen Klientel wird mal durch ein paar einzelne Dealerchen gestört, dann geht die Welt unter oder was?


    Frau Voitl hat kein bisschen Respekt vor den Bewohnern hier.

  • Das Crackzentrum kommt, allerdings nicht im Bahnhofsviertel sondern auf der anderen Seite der Düsseldorfer, in der Niddastrasse 76. Pressemeldung. In der FAZ steht noch etwas mehr, nämlich das Mike Josef daran festhält, die Anzahl der Konsumenten zu reduzieren.


    Ist das die richtige Ecke dafür? Es gibt dort weniger Publikumsverkehr, das stimmt schon. Es gibt dort allerdings viele Hotels und es dürfte weitgehend Vollbelegung durch Wohnungen herrschen. Ich bin mal gespannt auf die Reaktionen, wird die Stadt zusichern, dafür zu sorgen dass die Gegend halbwegs sauber und zivilisiert bleibt?



    EDIT, eine etwas längeren, generelle Ausführung dazu:


    Das Thema soll jetzt wohl schnell und ohne große Diskussionen über die Bühne gehen. So verstehe ich das bisherige Vorgehen der Politik. Bei einem derart heiklen Thema kann das auch sinnvoll sein, sonst können auch sinnvolle Dinge zerredet werden.


    Allerdings verstehe ich das bisherige Konzept, den Nutzen und das Vorgehen dieses Zentrums überhaupt nicht. Es wird immer vom Züricher Modellprojekt gesprochen (ich nehme an, es ist das hier: Link), das so erfolgreich verläuft. Dadurch wurde wohl der Straßenkonsum komplett und -handel weitgehend beseitigt, alles spielt sich in diesem Zentrum ab: Link.


    Jedem muss klar sein, dass zumindest die Crack-Leute das nicht wollen. Die haben keine Lust eingesperrt zu sein, die wollen rumlaufen, alle 15 Minuten ihren Stein rauchen, sich unterhalten, bisschen schnorren, ticken, Leute anquatschen, pfandsammeln usw.. Wenn man den öffentlichen Raum entlasten will, muss man mit harten polizeilichen Maßnahmen durchsetzen, dass der Konsum auch tatsächlich nur in diesem Zentrum stattfindet. Freiwillig passiert das nicht.


    Soll das Züricher Modell 1:1 so in Frankfurt umgesetzt werden? Was ist das Zielbild?

    • In Zürich wird der Kleinhandel im Zentrum erlaubt, in Deutschland fehlen dafür die rechtlichen Voraussetzungen. Wie geht man damit um?
      • Hypothese: Ich denke es wird geduldet werden. Ganz gemäß Frankfurter Tradition werden alle Augen zugedrückt, der Rechtsstaat ignoriert und das Thema totgeschwiegen. Das halte ich aber für riskant, wenn das irgendwann nicht mehr geht, bricht das ganze Konzept zusammen.
    • In Zürich wird der Konsum außerhalb des Zentrums konsequent unterbunden. Will man das in Frankfurt wirklich machen? Das ginge weit über das hinaus, was im Rahmen der als aggressiv angesehenen aktuellen Innenstadtinitiative (Rheinscher 7-Punkte-Plan) passiert: Weiterhin werden aktuell Konsumentengruppen an vielen Stellen geduldet. Das setzten SPD und Grüne durch? Das können die ihren Jungendorganisationen und linken Flügeln verkaufen? Ist das mit dem Land abgestimmt? Die Polizei spielt da DAUERHAFT mit? Hier habe ich sehr wenig vertrauen in die Behörden, daran glaube ich nicht, dafür braucht es einen Paradigmenwechsel, dahinter müssten sich alle Stakeholder öffentlich und sehr klar versammeln.
    • In Zürich ist das Zentrum nur in Zürich gemeldeten zugängig. Wie regelt man das in Frankfurt? Werden dann alle hier gemeldet? Wo konsumieren die, die nicht in Frankfurt gemeldet sind?


    Fragen über Fragen. Bisher habe ich da kaum Informationen. Ich vermute das wird wieder nur eine Alibi-Aktion, die man nicht konsequent durchzieht und die nichts bringt außer die Diskussion ruhigzustellen. Paar Jobs für die Klientel springen raus, man kann sagen dass man was tut und „huch“, am Ende hat es leider nicht funktioniert, konnte ja keiner ahnen. Am Ende wird es nur ein weiterer Konsumraum, der den öffentlichen Raum kein bisschen entlastet. Im Gegenteil, vor dem Haus wird derselbe Wahnsinn ausbrechen wie vor den anderen Konsumräumen.

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  • Gegen das Crackzentrum regt sich Widerstand aus der Business Community, der Voitlsche Plan, das ganze möglichst ohne Diskussion und Information unter der Hand durchzukriegen könnte scheitern: Link und Link.


    Ich bin auch weiterhin absolut entsetzt über das Vorgehen:


    1) Von OB Mike Josef hört man dazu gar nichts mehr, er zieht sich aus diesem zentralen Vorhaben weitgehend raus und lässt Voitl im Regen stehen.


    2) Es gibt wirklich Null Komma Null Informationen seitens der Stadt, man hält komplett dicht: Was ist das Ziel des Zentrums? wie soll das Ganze werden im Vergleich zu Zürich? wie stellt man sich die Realität in der unmittelbaren Umgebung des Zentrums in Zukunft vor? Wie wird das finanziert (ursprüngliche Idee war das da was vom Bund kommt, jetzt will man was vom Land, Gespräche gab es aber wohl noch keine)? ...

  • Also den Widerstand kann ich jetzt echt nicht verstehen: Die Kreuzung Düsseldorfer und Niddastr. ist allein auf der einen Seite durch die unglückselige Überbauung so unangenehm, da macht doch absolut Sinn, durch ein Crackzentrum im Gallusteil die Frequenz an passierenden Dealern und Junkies etc. zu erhöhen! Man muss natürlich darauf achten, dass man die Fahrgäste an der Haltestelle "Platz der Republik" bestmöglich ins Geschehen miteinbezieht, und eventuell findet sich an der Ecke noch ein Plätzchen für eine Grundschule ...


    Und was soll man sonst noch sagen zu Voitls Ideen? Denn ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, ob die Pläne wie das Crackzentrum an der Stelle tatsächlich ernst meint, oder ob die Geld dafür bekommt, mit ihren Aktionen die AFD ins Kanzleramt zu regieren.


    Und Ironie und Satire bei Seite gelassen, es ist schon traurig, wie die gesamte Innenstadt immer mehr verkommt. Die Zustände an der Konsti werden auch immer unangenehmer, das richtige Wort ist "abgef_ckt". Gerade die kleinen inhabergeführten also einheimischen Frankfurter Gewerbebetreiber dürften in der Kasse merken, wenn solvente Kundschaft sich ob der Zustände den Gang in die Stadt erspart.


    Aber - um mit ein wenig Polemik zu schließen - die Interessen von Steuerzahlern sind natürlich nicht so cool wie die von Crackjunkies.


    Einmal editiert, zuletzt von *Gerald ()

  • Es gibt anscheinend eine Diskrepanz zwischen der Einrichtung einer Crack-Ambulanz an sich und der Art und Weise der Standortfindung. Niemand bestreitet anscheinend, dass so eine Einrichtung nützlich sein kann, aber in der Nachbarschaft will sie keiner. Wenn man Konsum außerhalb der Einrichtung unterbinden will (Züricher Weg), muss man erst mal eine Einrichtung haben, weshalb ich annehme, dass ein solches Vorhaben durchaus nützlich ist.


    Standortfindung in der Weise zu betreiben, dass man alle möglichen Standorte öffentlich ventiliert, führt zur augenblicklichen Zerredung aller Vorschläge, man kann davon ausgehen, dass niemand eine solche Einrichtung in seiner Nachbarschaft haben will. Wer die Art und Weise kritisiert, wie die Standortfindung kommuniziert wurde, beklagt im Grunde nur, dass er nicht früher Nein sagen durfte. Naiv anzunehmen, irgendjemand würde das Vorhaben freudig begrüßen, wenn er nur früh genug gefragt worden wäre. So läuft’s halt nicht. Deshalb ist es schon ok, wenn die Verwaltung Standorte prüft, ohne dass ihr irgendjemand sogleich reingrätscht. Die Kritik muss sie halt aushalten.


    Außer der Eignung nach Art, Größe, Lage, Zuschnitt und Ausstattung, kommt es auch auf die planungsrechtliche Zulässigkeit an; der HessVGH hat sich schon mehrfach dazu geäußert. Letztlich kommen dafür nur MI- und MK-Gebiete (Misch- und Kerngebiete) in Frage, weil nur dort solche Einrichtungen regelmäßig zulässig sind. In allen anderen Baugebietstypen, sind sie nur ausnahmeweise zulässig, was voraussetzt, dass ein B-Plan die Ausnahme ausdrücklich enthält. Unter dieser Voraussetzung wird die Standortsuche schon schwierig.

  • Absolut richtig was du sagst, auch die meisten Menschen, die ein solches Zentrum grundsätzlich begrüßen, wollen es auf keinen Fall in der eigenen Nähe. Ist in geringerem Umfang bei Flüchtlingsheimen und Windrädern (uvm) auch der Fall.


    Wenn man sich die das direkte Umfeld rund um den anderen Konsumraum auf der Nidda-, das Nachtcafe auf der Mosel- und den kleinen Konsumraum auf der Elbestraße anguckt muss man allerdings sagen: es ist schlimmstes zu befürchten. Die genannten Gegenden werden von 95% der Menschen als unbewohnbar angesehen (Beim La Strada ist es etwas besser, aber eben auch nur weil sich die Mainzer Landstrasse nicht zum abhängen eignet.). Stadt und Behörden sind die Anwohner/ Locals dort eben auch absolut scheißegal, die kümmern sich kein bisschen um Fäkalienbelastung, Vermüllung, nächtliche Verlärmung, Wegelagerei und Handel, uvm..


    Sofern die Stadt nicht einen U-Turn vollzieht und endlich beginnt ihre Kernaufgaben wahrzunehmen, werden die meisten Familien vom Crackzentrum wegziehen und auch z.B. das 7 Bello dürfte gefährdet sein. Vor ein paar Monaten hat ein indisches Restaurant gegenüber dem Nachtcafe aufgemacht, das war binnen einer Woche wieder zu und hat nie mehr aufgemacht! Niemand geht da freiwillig hin, wobei der Betreiber das hätte wissen müssen.


    Wahrscheinlich ist diese Gegend vom Widerstand der Anwohner her noch eine, in der man das leichter hinkriegt. Primär Mietwohnungen, da können die Anwohner ohne Wertverlust weg, sind auch viele Ausländer da, die dürften weniger vernetzt zu Journalisten und Politikern sein und auch nicht ganz so stark zu Bürgerinitiativen usw. neigen.


    Es bleibt die Frage: warum macht die Stadt komplett dich und gibt nicht einmal ein Mindestmaß an Informationen raus, um wenigstens ein paar Ängste zu nehmen und zu erklären was den Notwendigkeit und evtl. sogar positive Effekte des Zentrum sein könnten. Das ist die eigentliche, riesengroße Enttäuschung.


    Hinsichtlich Bahnhofsviertel ist die Stadtverwaltung einfach ein Totalausfall, die einzige Hoffnung bleibt das Land.

  • Neues vom geplanten Crackzentrum in der Niddastraße 76:


    1) Tatsächlich kommt jetzt doch eine gewisse öffentliche Diskussion in Gang, auch einige Stakeholder äußern sich öffentlich. Es klingt auch so, also sei der Standort Niddastraße 76 doch noch gar nicht so fix („Dazu gehöre auch die sorgfältige Abwägung infrage kommender Standorte. Für die Niddastraße spreche unter anderem, …“) . Vom OB Mike Josef kommt weiterhin nur dröhnendes Schweigen. Es gibt auch eine Petition gegen das Zentrum.


    2) Belastbare Zusagen dazu, wie das direkte Umfeld des neuen Zentrums zukünftig funktionieren soll, gibt es weiterhin keine. Lediglich wachsweiche Willensbekundungen („Man könne den Süchtigen „deutlich machen, dass es hier auch in der Umgebung des Zentrums klare Regeln gibt, das ist dann die Aufgabe der Mitarbeiter der Einrichtung, der Straßensozialarbeit und der Polizei“.“, ."Dazu gehöre es, den Süchtigen klarzumachen, dass die Nachbarschaft einen Anspruch darauf hat, nicht durch „szenetypische Verhaltensweisen“ gestört zu werden."). Das kann und wird natürlich niemand ernst nehmen.


    3) Falls das Crackzentrum kommt, soll der kleine Druckraum in der Elbestraße geschlossen werden. Das hatte ich mir an anderer Stelle ja gewünscht und wäre eine Entlastung für die Kaiserstraße. Der Krisenteil des nördlichen Viertels könnte dann evtl. auf die Fläche nördlich der Taunusstraße reduziert werden und das Segment zw. Kaiser- und Taunusstraße würde perspektivisch normalisiert. Amüsant daran ist, dass der Träger der Einrichtung in der Elbestraße genau der ist, der dann das neue Zentrum betreiben soll. Klingt ja fast so, als wolle die Stadt dem liebgewonnenen Träger ein neues Projekt zuschieben, wenn das alte wegfällt. Würde mich kein bisschen wundern ...

  • Wow, Full Stop. Mike Josef hat sich geäussert: und wie!

    Er supportet das Zentrum, unter der Bedingung einer Null-Toleranz-Grenze für Konsum außerhalb des Zentrums. Dazu wird es ein Konzept geben, hinter dem sich dann alle relevanten Parteien versammeln sollen.

    Das ist sehr weitreichend und klingt so, als könne man dem vertrauen. Ich bin gespannt auf die weitere Informationen und die konkreten Wortlaufe und Stakeholder.


    Wenn das der Deal ist: Crackzentrum gegen konsequent durchgesetzte Null-Toleranz-Politik, dann ist das sehr gut für Frankfurt und ein guter Ausgleich zwischen den Interessengruppen.

    Respekt an die Beteiligten, das könnte tatsächlich der Game-Changer sein. Aber abwarten, das ist ein sehr dickes Brett, eine gemeinsame Aufgabe, für die sehr viel Willen und Ausdauer der beteiligten Stellen erforderlich sein wird.


    Link zum FAZ-Artikel.

  • Heute hat der Magistrat der Einrichtung eines neuen Suchthilfezentrums in der dafür anzukaufenden Niddastraße 76 (Foto) zugestimmt. Die aktuelle PM:


    Magistrat votiert für neues Hilfezentrum

    Der Magistrat der Stadt Frankfurt hat der Vorlage von Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl zugestimmt, in der Niddastraße 76 ein neues Suchthilfezentrum zu errichten. Oberbürgermeister Mike Josef erklärte nach der Magistratssitzung am Freitag, 16. Mai: „Frankfurt kann und wird nicht dauerhaft die Suchthilfe für ganz Süddeutschland leisten. Wir vollziehen einen Paradigmenwechsel: Unsere Hilfsangebote richten sich gezielt an Menschen aus Frankfurt. Mit einer regional ausgerichteten Suchthilfe können wir das Bahnhofsviertel weiter stabilisieren und drogenkranken Frankfurterinnen und Frankfurtern eine bessere Perspektive geben. Das ist ein überfälliger Schritt – für unsere Stadt und für eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik.“

    Der Oberbürgermeister sieht nun die hessische Landesregierung in der Pflicht „endlich in ganz Hessen Hilfestrukturen durchzusetzen. Wir Frankfurter sind in den vergangenen beiden Jahren alle Schritte gegangen, die kommunalpolitisch möglich sind, es ist jetzt Aufgabe des Landes Hessen die größte hessische Kommune nicht im Stich zu lassen und endlich den Dealerbanden über Razzien hinaus dauerhaft das Handwerk zu legen.“

    „Mit dieser Entscheidung machen wir den Frankfurter Weg der Drogenpolitik zukunftsfähig. Denn das Neue Frankfurter Suchthilfezentrum hat das Potenzial, das Elend auf der Straße zu reduzieren und notleidenden Menschen zu helfen. Wir werden hier mutig Neues wagen“, sagte Voitl. „Ich freue mich, dass nach langer Suche endlich ein Haus für das Suchthilfezentrum gefunden ist. Aus ordnungspolitischer Sicht ist das absolut sinnvoll. Wir brauchen einen Ort, wo wir die Menschen hinschicken können“, sagte Ordnungsdezernentin Annette Rinn.

    Hilfesuchende, die ihren Wohnsitz außerhalb des Stadtgebiets haben, werden nach einer Notversorgung im Zentrum in ihre Heimatorte zurückvermittelt. In der Einrichtung erfolgt kein Handel mit Drogen. Neben dem Schwerpunkt, Schaden für die Menschen abzuwenden, ist das Ziel, drogenkranken Menschen einen Ausstieg aus der Sucht und einen Einstieg in die Hilfestrukturen außerhalb des Bahnhofsviertels zu vermitteln. Darüber hinaus wird die Einrichtung bundesweit erstmals auch auf die Versorgung von Menschen mit Crackabhängigkeit spezialisiert sein, so wie es unter anderem der ehemalige hessische Innenminister öffentlich forderte.

    Das Hilfezentrum ist Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets, mit dem Frankfurt die Lage im Bahnhofsviertel strukturell verbessern will. Neben Sicherheitsaspekten stehen dabei auch Sauberkeit und Versorgung im Fokus.

    Bereits umgesetzte Maßnahmen im Bahnhofsviertel:

    - Einführung und Erweiterung der Waffenverbotszone
    - Ausbau der Videoschutzanlagen
    - Erhöhte Reinigungsintervalle im öffentlichen Raum
    - Aufstellung zusätzlicher öffentlicher Toilettenanlagen
    - Verstärkte Polizeipräsenz

    Geplant ist, dass die stadtnahe Konversions- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (KEG) das Gebäude in der Niddastraße 76 ankauft, umbaut und anschließend an soziale Träger vermietet. Diese werden das Zentrum im Auftrag der Stadt betreiben. Über Details des Kaufvertrags wurde aufgrund geschäftlicher Interessen Stillschweigen vereinbart.

    Vor dem endgültigen Beschluss in der Stadtverordnetenversammlung – der in nichtöffentlicher Sitzung erfolgt – sollen die Nachbarschaft und der zuständige Ortsbeirat umfassend informiert werden. Die Standortsuche hatte über zwei Jahre gedauert.
  • OK.

    Mike Josef hatte kürzlich seine Zustimmung zu dem Zentrum von einer Null-Toleranz-Politik bzgl. öffentlichen Konsums abhängig gemacht. Davon lese ich nichts mehr, das ist sehr enttäuschend.


    Dazu lese ich auch keinerlei Zusagen an die Anwohner heraus, auch das ist enttäuschend.


    Generell fehlt dem ganzen das Konzept dazu, wie das ganze zukünftig funktionieren soll (tausende von Einzelfragen: z.B. wo wird gedealt? wie wird verhindert das Menschen mit Hausverbot den ganzen Tag vor dem Zentrum rumlungern? Wie wird verhindert, dass da ständig nachts die Polizei mit Martinshorn vorfährt und die ganze Gegend aufweckt? ...), zumindest in die Öffentlichkeit traut sich damit bisher niemand. Für mich klingt das Ganze wie ein unausgegorener Kompromiss, den man primär deshalb gefunden hat, um sich nicht Untätigkeit vorwerfen zu lassen.


    Vielleicht kommt ja noch einmal was, bis zur Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung. Bisher ist das sehr dünn.


    EDIT: hier finden sich einige Stimmen von Anwohnern / Gewerbetreibenden in der Ecke. Leider muss ich aus meiner langjährigen Erfahrung im nördlichen BHV sagen, dass ich diese Sichten sehr gut nachvollziehen kann. Dieselbe Verdrängung, die wir im nördlichen BHV im Umfeld der Konsumräume erlebt haben, droht jetzt auch bei diesem Crackzentrum.

    Schon bitter, dass sich die Stadt bisher in keinster Weise die Mühe macht den Sorgen und Ankündigungen der Anwohner etwas entgegenzusetzen.

    Einmal editiert, zuletzt von Rud ()

  • Jahrelang beschweren sich viele (zurecht), dass die Stadt nichts bzw. nicht genug tue gegen das Drogenproblem im BHV.


    Jetzt tut man endlich was und schon ist es auch nicht wieder recht.

    • Natürlich gibt es hier kein ausgeklügeltes Konzept, denn das ist alles Neuland hier. Da gibt es keine Blaupause, die man 1:1 drüberlegen könnte.
    • Natürlich sind die Anwohner dagegen. Das wäre an jeder anderen Stelle in dieser Stadt genauso.
    • Natürlich ist die CDU als Opposition dagegen. Was die CDU als Alternative vorschlägt ist allerdings peinlich. "Eine dezentrale Lösung – über das Bahnhofsviertel verteilte Konsumräume in bestehenden Einrichtungen" gäbe doch nur noch viel mehr Gegenwind und würde die Steuerung des Problems nur noch schwieriger machen.

    Man verstehe mich nicht falsch. Ich bin auch nicht überzeugt, dass das jetzt der große Wurf ist, aber immerhin passiert jetzt endlich mal was abseits von Repression.

  • Wieso abseits von Repression? Genau der Punkt kommt in Frankfurt nach wie vor so gut wie gar nicht zur Anwendung, und genau da herrscht erstmal auch der größte Nachholbedarf. Ein paar Alibi-Streifen und vielleicht mal ein paar Dealer hochnehmen, aber ansonsten werden die desaströsen Zustände im Viertel unsanktioniert hingenommen. Allein schon dass von der angekündigten Null-Toleranz-Strategie bezüglich des Crack-Zentrums jetzt schon wieder überhaupt nicht mehr die Rede ist...

  • sipaq


    Es geht hier nicht um ein Windrad, das den Horizont verschandelt, oder um ein Klärwerk, durch das es bei bestimmten Windständen zu Geruchsbelästigungen auf dem Balkon kommen kann. Es geht schlicht darum, dass es für 99% der Familien, Bürger und Gewerbetreibenden unmöglich sein wird, im direkten Umfeld des Zentrums weiterhin zu wohnen und arbeiten, wenn es dort auch nur annähernd zu Zuständen kommt, wie wir sie aus der hinteren Moselstraße kennen oder von dem anderen Konsumraum in der Niddastraße.


    Die Stadt hatte evtl, die Chance, mit einem weitreichenden, konkreten und glaubwürdigen Konzept die Anwohner zu halten oder diese ziehen eben weg. Genau wie es bei den anderen Konsumräumen in Frankfurt geschehen ist. Frankfurt hat jahrzehntelange Erfahrung mit vergleichbaren Einrichtungen und kennt die Problemstellungen in deren Umfeld ganz genau, man ist seit zwei Jahren in Vorbereitung eines solchen Zentrums, man hätte genug Zeit gehabt sich darum zu kümmern wie es denn mit dem Umfeld weitergehen soll, ein Zielbetriebsmodell zu entwickeln, das allen Seiten gerecht wird. Man hat es offenbar nicht getan und das ist einfach unprofessionell und aus Sicht der Anwohner unverzeihlich. Die Anwohner wurden geopfert und werden wegziehen.


    Um nur mal ein Beispiel zu nennen:

    Das angedachte Gebäude hat meines Wissens einen Eingang, der zukünftig sowohl durch die Yoga-Damen der dort ansässigen Yoga-Schule, als auch von den Nutzern des Crackzentrums zu verwenden wäre: die Idee, dass die Yoga-Damen dort zukünftig durch einen Eingang zur Session gehen, der auch nur im entferntesten so aussieht wie der Eingang des bestehenden Konsumraums in der Niddastraße oder des Nachtcafe in der Moselstraße spottet jeder Beschreibung. Das ist einfach absurd. Das Yoga-Zentrum hat folgerichtig auch schon seinen Wegzug angekündigt, die können ja nicht warten bis der gesamte Kundenstamm weg ist und sie insolvent sind.


    Und noch etwas:

    Nur weil der Status Quo schlecht ist, hat die Stadt also das Recht hier ein katastrophales, hoch unprofessionelles Vorgehen zu wählen? Voitl, Josef uvm. sind Führungskräfte und das freiwillig geworden, von denen kann man vernünftige Arbeit erwarten. Es gibt keine Entschuldigung für dieses Vorgehen. Jede Pommesbude bereitet Investitionsentscheidungen professioneller vor.

  • Im Moment ist die ganze Stadt ziemlich schmutzig, aber das Bahnhofsviertel ist wirklich extrem. Heute war ich in der Nähe des Baseler Platzes unterwegs und war schockiert. Der Platz ist total verdreckt: Überall liegen Flaschen herum, Müll türmt sich unter den überquellenden Mülleimern, aber auch auf den Grasflächen, überall, einfach furchtbar. Was ist nur mit den Menschen los. Ich konnte leider nur in eine Richtung fotografieren, weil (wohl Suchtkranke) Menschen auf den restlichen Bänken saßen oder im Schmutz davor lagen(!). Aber der ganze Platz sah so aus. Ein wahrer Horror, inklusive Ratten, die am helllichten Tag herumliefen. Ekelhaft (auf die Ratten bezogen). Ein Un-Ort.


    muell01.jpg



    muell02.jpg


    Bilder: Adama

  • Tja, woran liegt das? Denn es sieht ja leider in weiten Teilen des Viertels so aus, deswegen abstrahiere ich von dem Foto.

    Da gibt es Gründe im Konkreten und im Abstrakten.


    Konkret ist es oft so, dass Abhängige nach Pfand wühlen, den Mülleimer dabei komplett entleeren und den ehemaligen Inhalt dort rumliegen lassen. Ein Crackstein kostet drei Euro, 12 Plastikflaschen bringen einen schon zum nächsten Hit.


    Das erklärt aber nicht alles, im Abstrakten gibt es weitere Gründe:


    1) Ein nicht-existentes Ordnungsamt, das keine Lust hat Bußgelder zu verhängen und eine Müllanarchie dabei gerne in Kauf nimmt.

    2) Vielfach seit Jahren kaputte Mülleimer, die die Stadt aus unerfindlichen Gründen nicht ersetzen will (hier eine nette Collage: Instagram)

    3) Eine generelle Sittenverrohung im Viertel: jeder denkt er kann jedem seinen Müll vor die Füße werfen oder vor die Füße pinkeln. Das nördliche Viertel hat sich zum Sammelbecken von Asozialen aus aller Welt entwickelt - und ich meine hier bei Weitem nicht nur Drogenabhängige - , deren Verhalten sich durch die weitgehende Abwesenheit von zuständigen Ordnungskräften und die Verwahrlosung der Umgebung weiter verstärkt, siehe auch Broken-Windows-Theorie – Wikipedia



    Hier noch ein besonderes Bonbon aus der Taunusstraße:


    M-ll-Taunus.jpg

  • Mod: Mangels Architekturbezug aus dem Projektstrang zum Hauptbahnhof hierher verschoben.




    Mal ein kleiner Situation Report vom Hauptbahnhof. Wie hat sich die Situation um Gebäude während des Umbaus entwickelt, wie ist der Wohlfühlfaktor und wie ist die Hygienesituation?


    Die Probleme im Hbf waren ja jahrzehntelang die Aufgänge aus der B-Ebene, davon gab es viel zu viele und zu kleine, diese haben sich als Konsumnester und Handelsorte wunderbar geeignet und entsprechend waren sie vor dem Umbau total versifft, insb. der Nordaufgang und die Aufgänge zur Münchener Straße. Verschärft wird die Problematik durch das Kompetenzgeflecht aus Bundespolizei, regulärer Polizei, VGF- und Deutsche-Bahn-Sicherheitspersonal.


    Durch den Umbau werden Aufgänge geschlossen (z.B. der südliche Aufgang zur Münchener Straße), aber viele werden auch erhalten, was ich durchaus für eine riskante Entscheidung halte.


    Seit die Aufgänge teilweise eröffnet wurden, gab es schon viele Begegnungen, die mich an einer dauerhaften Besserung haben zweifeln lassen. Oft genug habe ich es erlebt, dass Gäste auf der Hacke kehrt gemacht haben, da es doch wieder wilde Konsumentengruppen an den Aufgängen, insb. auch an Engstellen gegeben hat.

    Mittlerweile habe ich aber schon den Eindruck, dass man sich etwas zusammenreist und die Aufgänge so gut es geht frei von Konsum und Handel hält. Das ist eine tägliche harte Arbeit, sobald man nachlässt, reißen die alten Muster wieder ein.

    Unverständlicherweise sehe ich an den neuralgischen Punkten weiterhin keine Kameras, durch die ließe sich das deutlich leichter beherrschen. Ich hoffe ein Kamerakonzept wird spätestens zur Fertigstellung des Umbaus umgesetzt.

    Aber immerhin, ich habe den Eindruck man hat den Ehrgeiz die Situation dauerhaft zu positiv zu gestalten. Ergebnis offen.


    Natürlich gibt es weiterhin Drogenabhängige im Hbf und das ist ja auch völlig in Ordnung. Es muss ja niemand ausgeschlossen werden, es geht darum Regeln konsequent durchzusetzen, die allen Seiten gerecht werden.