Bahnhofsviertel auf Metaebene


  • Aus meiner Sicht sollten die Öffnungszeiten der Druckräume deutlich expandiert werden.


    Dann wird dich evtl. interessieren, was der Magistrat zu diesem Thema auf eine entsprechende Anfrage der Links-Fraktion berichtet:


    Die Öffnungszeiten der Konsumräume orientieren sich an den Bedarfen. Der weitaus größte Anteil der Konsumvorgänge findet täglich zwischen 16 Uhr und 19 Uhr statt. In den frühen Morgen- und späten Abendstunden werden vergleichsweise wenige Konsumvorgänge registriert. Die gegenwärtigen Öffnungszeiten der Konsumräume tragen diesen Umständen Rechnung. Befragungen von Personen die sich nachts im Bahnhofsviertel aufhalten, durch das Personal des Shuttlebusses, ergaben im Jahr 2016, dass diese Personen in der Regel keine Hilfsangebote annehmen möchten.


    Durch die nächtliche Öffnung einer oder mehrerer Drogenkonsumräume im Bahnhofsviertel könnte ein erweitertes Szenegeschehen entstehen, inklusive größerer Ansammlungen von Personen und Drogenhandel. Es gibt bereits - wie ausgeführt - auf die Bedarfe abgestimmte Aufenthaltsangebote für die Nacht. Nächtliche Ruhezeiten sind für Abhängige wie auch Anwohner durchaus sinnvoll.


    Magistratsbericht B_9_2017

  • B-Ebene: Justiz zollt der neuen Realität Tribut

    Die Antwort des Magistrats zum Thema Druckraum Öffnungszeiten überrascht mich keinesfalls. Gezielte Umfragen von Nachtschwärmern im Bahnhofsviertel (über welchen Zeitraum und wann?) sind doch wohl hoffentlich keine alleinige Grundlage für diese Entscheidung. Eine testweise 24-Stunden Öffnung eines der Druckräume von März bis Oktober würde ich viel eher für sinnvoll erachten. Wenn dadurch mehr Abhängige aus der Taunusanlage, vom Mainufer und aus der B-Ebene in Richtung Druckraum kämen, könnte man von einem Erfolg sprechen.


    Der Fairness halber sollte an dieser Stelle aber erwähnt sein, dass sich letzte Zeit laut diesem FAZ-Artikel vom 17.01.17 und vom 09.12.16 ein paar Dinge geändert haben:


    • Die Polizei kontrolliert neuerdings täglich die B-Ebene, mit bis zu hundert Beamten und erzielt hierbei erste Erfolge (d.h. mehr als 9.530 Personen wurden durchsucht, ca. 500 von ihnen hatten Drogen dabei, rund 170 Verdächtige wurden festgenommen).
    • Ebenso scheint es in der B-Ebene eine Clean-Up Aktion gegeben zu haben (Zitat: "So sauber wie seit Jahren nicht mehr").
    • Die Dealer-Szene habe sich nun in Richtung Aufgänge an der Südseite des Hauptbahnhofs verschoben, u.a. weil dort die Überwachungskameras kaputt sind, die Beleuchtung schlecht ist und die Polizei dort nicht kontrolliert.
    • Ein wichtiges Signal gibt es auch von der Justiz bzw. Staatsanwaltschaft. Seit kurzem dürfen die Beamten einzelne Akteure längerfristig observieren (sogenannte täterorientierte Ermittlungen) um mittelfristig Zulieferketten und Lagerstätten ausfindig zu machen. Bisher hatte es nicht ausgereicht, wenn ein Verdächtiger präsentiert worden war, der fünf Telefone bei sich hatte und schon dreißig Mal mit Drogen aufgegriffen worden war, die er offenkundig nicht zum Eigenkonsum dabei hatte.
    • Somit ist es künftig möglich jedes Verfahren mit Kleinstmengen an Drogen polizeilich verfolgen zu lassen.
    • Die Bundespolizei schlug zudem vor einige Zugänge zur B-Ebene zu schließen und leistungsfähige Überwachungskameras zu installieren, die eine eindeutige Identifikation von Tatverdächtigen erlauben.


    Zum neuen Vorgehen war am 20.11.16 auch ein lesenswerter Kommentar von Matthias Alexander (FAZ) zu lesen.

  • Bedauerlicherweise ist auch die Situation in der Wallanlage an der Taunusanlage, nachdem es über Jahre wieder in Ordnung war und keine Drogennutzer dort Ihre "Bestecke" hinterließen, wieder schlimmer geworden.
    Tagsüber setzt man sich dort in aller Ruhe seinen Stoff, überall in den Büschen und auch davor liegen wieder Spritzen (mit Nadeln!). Vor allem an der Westseite (an der Marienturm Seite). Zu Fuß mag man da gar nicht mehr durchgehen.

  • Zur heutigen zehnten Bahnhofsviertelnacht, ein zweifellos gut gemachtes, authentisches Event, werden im Gegensatz zum Anwohnerbericht in der FNP die gewohnten Sonntagsreden geschwungen.


    Ganz vorne weg wieder OB Feldmann, der in einem Gastbeitrag für Journal Frankfurt in blumigen Worten von einem Viertel spricht, dass "faszinierend vielfältig, überraschend und voll von herzlichen, hilfsbereiten Menschen ist". Das ist zwar alles nicht unwahr, aber eben nur ein Teil der Wahrheit. Ein weiterer Gastbeitrag im JF sah das Bahnhofsviertel gar unter "medialem Beschuss" und warnte vor negativer Berichterstattung.


    Bei so viel rosaroter Verklärung ist es kein Wunder, dass die seit 10 Monaten bestehende Besondere Aufbauorganisation (BAO) der Polizei zum Jahresende wieder aufgelöst wird, da personal- und kostenintensiv. Sie wird abgelöst durch eine eigene dauerhafte Dienststelle im Polizeipräsidium namens Allgemeine Aufbau Organisation (AAO). Mal sehen, ob das gut geht.


    Auf der anderen Seite gibt es auch eine positive Wendung zu vermelden. Am Eingang der Kaiserstrasse am sogenannten "Kaisersack", eine denkbare schwierige Ecke des Viertels, hat die Kette "Frittenwerk" mit eine stylische Filiale eröffnet. So mutig muss man erstmal sein und das ist ein Lob wert.

  • Spiegel-Bericht: Frankfurter Bhf & steigende Kriminalität

    Der Spiegel hat gestern einen lesenswerten Bericht zur wachsenden Kriminalität rund um Deutschlands 10 größte Bahnhöfe veröffentlicht (Titel „Kriminalität an deutschen Hauptbahnhöfen steigt deutlich“). Die erfassten Deliktzahlen für die zehn meistfrequentierten Bahnhöfe wurden hier miteinander verglichen, in der folgenden Reihenfolge: HH, F, M, K, S, B-Bbf, H, D, B-Friedrichstr, B-Ostkreuz.


    Die Berichterstattung zu Frankfurts Hbf fällt hierbei desolat aus, auch in Relation zu den anderen 9 Bahnhöfen und zur Größe der Stadt:

    • 2016 registrierte die Polizei am Hbf. beinahe dreimal so viele Straftaten wie 2011.
    • Rauschgiftdelikte legten in diesen 5 Jahren um ganze 235% zu.
    • Die Zahl der erfassten Gewaltstraftaten wie Raub oder gefährliche Körperverletzung stieg um 73,3%.
    • Die Gesamtzahl von allen der Bundes- u. Landespolizei für den Hbf. gemeldete Delikte nahm in den 5 Jahren um 67% zu (ohne Verstöße gegen das Ausländer- u. Aufenthaltsrecht nahmen registrierte Straftaten allerdings nur um 39% zu).


    Gibt es an allen Bahnhöfen mehr Delikte? Nein, Düsseldorf tanzt aus der Reihe und konnte sogar weniger verzeichnen. Zunehmende Sicherheit scheint also doch kein "Luxusgut" zu sein, sondern kann tatsächlich noch vom Bürger erwartet werden.


    Mich erstaunt, dass solche Auswertungen wie die des Spiegel in der FAZ, FR, FNP oder Bild FFM keinerlei Echo finden. Aus meiner Sicht ist das Missmanagement des Frankfurter Bahnhofs und dessen Umgebung eines der prägenden Themen der Stadt. Besonders der seit Jahren sichtbare Verfall der B-Ebene ist ein jämmerliches Versagen aller beteiligten Ämter, ein regelrechtes gesamtgesellschaftliches Versagen. Man fühlt sich als rechtschaffender Bürger nicht nur im Stich gelassen, sondern die Aussicht auf Besserung ist genauso vielversprechend, wie auch schon vor 10 Jahren (Motto: Irgendwann kommt die ganz große Lösung, bis dahin bitten wir um die Inkaufnahme von postapokalyptischen Zuständen). Bei der B-Ebene lässt sich jedenfalls nur schwer erkennen, dass Frankfurt lebenswerte Gegenden wie Mainufer, Nordend, Bornheim oder Sachsenhausen zu bieten hat, sondern lässt darauf schließen, dass man es mit einer extrem strukturschwachen Stadt mit einem erheblichen Kriminalitätsproblem zu tun hat. Das muss doch wohl mittlerweile dem letzten Praktikanten im Römer aufgefallen sein???


    Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich möchte das Bahnhofsviertel nicht schlechter machen als es ist. Vieles ist ja besser geworden (siehe Busbahnhof oder die Trendmeile Münchener Str.), aber auf solche Missstände hinzuweisen, ist der Motivation geschuldet das Viertel besser und lebenswerter zu machen. Die Lage des Viertels ist viel zu zentral und die Bausubstanz zu überragend um solche Zustände, wie oben beschrieben unter den Teppich zu kehren.

  • Sofern es sich bei den von Dir angeführten "beteiligten Ämtern" um städtische handeln sollte, haben diese den Verfall der B-Ebene nicht zu verantworten. Ein informierter Betrachter könnte/sollte aus den gegebenen Umständen schließen, dass ein bekanntes deutsches Verkehrsunternehmen mit Sitz in Berlin ein sehr schlecht geführtes Unternehmen ist, das mit seinen extrem langen Entscheidungswegen der Handlungsunfähigkeit ziemlich nahe ist.

  • Sehr schöner Konter, der sogar noch etwas an Interprtationsspielraum lässt. Die Knock Outs die Berlin wegen dem "Flughafenbau" in Berlin bekommen hat, wieviel sind es, ich denke auf höchster Ebene, ausserpolitisch, mindestens 5.
    Das hält die "Datsche" nur bedingt aus. Ein mittelschwerer und weiterführender "Verschleppungszug" der aus den schweren und nicht mehr richtig genutzten Gebäuden die mit Behörden in Berlin vollgestopt sind. Ok, let it be, irgendwie wird das schon was.

  • ^^^ Die Zunahme der registrierten Straftaten scheint mir ein dämliches Argument, denn wenn die Polizei 2015 oder 2016 präsent ist und Verdächtige kontrolliert, registriert sie natürlich auch mehr Straftaten als wenn sie wie vielleicht 2010 oder 2011 nicht anwesend war. Der Anstieg der registrierten Taten ist demnäch ein signifikantes Signal für Polizeipräsenz. Mit der sofortigen Sistierung der Verdächtigen steigt natürlich die Aufklärungsquote entsprechend an; davon lesen wir aber natürlich nix.

  • ^Das deckt sich aber nicht mit den Berichten von langjährigen Anwohnern (siehe links weiter oben) die alle besagen, dass es noch nie so Schlimm war.


    Ausserdem ist es ein trauriges Argument, wenn man sagt, es war schon immer sehr Schlimm und aktuell ist es genauso Schlimm wie früher - das ist ja nicht gerade zielführend.


    Ich bin viel unterwegs, und das Frankfurter Bahnhofsviertel ist mit Abstand die problematischste Ecke, die ich bis jetzt in Europas Innenstädten gesehen habe. Deutschlands Hbf's sind sowieso alle in ähnlichen bedauernswerten Zuständen (und ich frage mich warum. Ich war letztens zB kürzlich in Rom, dort ist es nicht so, in Marseille auch nicht - alles Städte, die auch einige Probleme haben), aber Frankfurt toppt nochmal alles. Ich habe einige Freunde und Bekannte, die mir geschockt von ihren Reisen nach Frankfurt berichten, und dass sie eben deswegen nie wieder nach Frankfurt fahren wollen...

  • Either you're part of the solution or you're part of the problem

    Ich kann die etwas zu beschwichtigenden Reaktionen nicht recht nachvollziehen. Die B-Ebene ist eine schallende Backpfeife für jeden Frankfurt-Besucher, der die schöneren Ecken der Stadt nicht kennt. Geschäftreisende aus aller Herren Länder werden sicher nicht zuerst an die Versäumnisse der Bahn denken, wenn sie den verheerenden Zustand des Bahnhofsumfelds sehen. Ich schlage mal vor die Pendler zu fragen, die die B-Ebene täglich nutzen was sie von dem jetzigen Zustand halten und ob es ihr Frankfurt-Bild entscheidend prägt. Diesen Leuten ist es egal wer die Lösung des Problems verhindert, sie sehen nur, dass sich nichts Entscheidendes verändert hat und der Römer scheinbar nicht Teil der Lösung ist.


    Zum Bahn-Argument:
    Das ominöse "Staatsunternehmen aus Berlin" hat seinen mit großen Abstand wichtigsten Standort außerhalb Berlins in Frankfurt. Die Wege wären also durchaus kurz für die Stadt mehr zu tun als nur zu hoffen, dass die Bahn irgendwann mal aus dem Tiefschlaf aufwacht. Übrigens werden Tausende von Bahn-Angestellten, die im Silber-Turm arbeiten, täglich mit den Konsequenzen konfrontiert, die das Nichtstun ihres Unternehmens auslöst. Es ist also keinesfalls so, als sei die Bahn völlig unbetroffen von ihrer eigenen Inkompetenz. Der Römer macht eindeutig zu wenig um die Bahn zum Handeln aufzufordern, denn bei manchen Bahn-Angestellten rennt man da wohl langsam offene Türen ein.


    Zu den Ämtern, die keine Verantwortung tragen:
    Im Spiegel-Artikel wird ziemlich genau beschrieben, dass es eine krasse Unterbesetzung der Polizei gibt. Das ist sicherlich teilweise Sache des Bundes, aber auch Wiesbadens und Frankfurts. Ein Jahrzehnt der Austerität, welches von erzkonservativen US-Rating Agenturen und Harvard Professoren (und den Apologeten der Bundesbank) verordnet wurde, hat sich hier sehr bemerkbar gemacht. Wie kann man die EU ewig weiter ausbauen und gleichzeitig massenhaft Personal im Sicherheitsapparat abbauen? Man bettelte quasi um die Zustände, die wir jetzt an den 10 größten Bahnhöfen Deutschlands vorfinden.


    Übrigens halte ich die U-Bahn-Station der VGF (Verkehrsgesellschaft Frankfurt), also die U4/U5 im Hauptbahnhof für ein Paradebeispiel für einen dreckigen, herunter gekommenen Aufenthaltsort. Der Uringestank ist teilweise abartig und die Station sieht aus als ob sie zum letzten Mal im Jahr 1983 richtig gereinigt bzw. modenisiert wurde. Kann man diese völlig indiskutable Station ebenso der DB AG zum Vorwurf machen oder liegt es vielleicht doch an dem Verkehrsdezernat im Römer?

  • @ Golden Age: Sehr richtig!


    Aber der Bahnhof ist auch insofern ein Spiegelbild für unser Land. Irgendwie scheint hier alles in einer geradezu trotzigen Lethargie zu verharren.


    Uns scheint der Pragmatismus und eine wirkliche Problemlösungskompetenz abhanden gekommen sein. Das sieht man an vielen Stellen, im Kleinen wie im Großen. Mir fallen viele Beispiele ein, gerade was Infrastrukturprojekte angeht aber bei großen politischen Weichenstellungen. Man verliert sich in endlosen Diskussionen und dem Abwägen von noch so abstrusen Argumenten auf der Suche nach einem Konsens. Bedenkenträger und Besserwisser bestimmen die Debatte, Fakten und Inhalte rücken in den Hintergrund. Missstände werden beschönigt und nivelliert... Und die Autosuggestion hilft auch: Irgendwie könnte es ja auch noch viel schlimmer sein. Traurig.

  • ^Ich stimme zu. Das hat viel mit dem Amateurismus und Kleingeistum in unserem Land zu tun. Mittelmaß in allen Bereichen ist der neue Maßstab, denn Erfolg und Spitzenqualität ist nur was für Eliten und/oder Betrüger...nur ein Durchschnittsmensch ist ein Guter Mensch/Mitarbeiter... und das spiegelt sich dann tatsächlich auch teilweise in solchen Bereichen wieder. Hinzu kommt dann noch der Vandalismus, der gerade in Frankfurt auch noch sozialpolitisch motiviert ist, und basiert auch teilweise auf diesen Gründen.


    Frankfurt ist eine Kompakte Stadt und wenn ein Stadtviertel in der City Probleme hat, dann kann das auch schnell Auswirkungen auf die anderen Stadtviertel haben... von daher sollte das Bahnhofsviertel eine höhere Priorität genießen.

  • @ Golden Age:


    Es stimmt, dass die Quote "Polizisten je Einwohner" in Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern (schlecht) niedrig ist. Mein Kenntnisstand ist aber auch, dass es in Hessen soviele Polizisten wie noch nie zuvor gibt.


    Dass nicht mehr Polizisten eingestellt wurden, liegt sicher nicht an US-amerikanischen Rating-Agenturen oder Harvard-Professoren.


    Zum einen geht Hessen viel Geld durch den Länderfinanzausgleich verloren, das dann andere (ärmere) Länder auch dazu nutzen um Polizisten einzustellen. Zum anderen waren die Verbrechensraten in Deutschland bis zum Jahr 2015 tendenziell rückläufig.

  • @ frank353


    Es mag sicherlich sein, dass es so viele Polizisten in Hessen gibt wie nie zuvor, aber was nützen in diesem Zusammenhang die zusätzlichen Polizisten in Fulda, Wetzlar und Bensheim? Entscheidend ist doch, wie viele dieser Polizisten am Hauptbahnhof mit der zweitgrößten Frequentierung der Republik (460.000 Personen täglich) eingesetzt werden. Es scheint ja, positiv formuliert, nicht genügend Manpower vor Ort zu sein.


    Der Länder-Finanzausgleich ist mir auch ein etwas zu oft bemühtes Argument. München schafft es trotz des LFA eine hochmoderne B-Ebene unter ihrem Hauptbahnhof zu errichten, an dem man sich gerne aufhält (dasselbe gilt für den "Stachus"). In Stuttgart wird gerade S-21 unter größten politischen Anstrengungen aus dem Boden gestampft. Düsseldorf ist im selben Zeitraum wie der Frankfurter Hbf sogar sicherer geworden. Ich wäre sehr überrascht, wenn das daran liegt, dass dort weniger kontrolliert wurde als in Frankfurt.


    Zu guter Letzt: Woher nimmst Du die Gewissheit, dass Austerität nichts mit dem Staatsversagen am Frankfurter Hauptbahnhof zu tun hat? Die US-Rating Agenturen (Moody’s, S&P, Fitch) haben es in den letzten 10 Jahren auf beeindruckende Weise geschafft die europäischen sozialen Marktwirtschaften vor sich her zu treiben und die hart erarbeiten Sozialleistungen ordentlich zusammen zu schrumpfen. Das kann man gerne dementieren und von sich weisen, aber der Trend in Schweden, Dänemark, Österreich, Holland und Deutschland ist im letzten Jahrzehnt überall der gleiche. Die Staatsausgaben werden erheblich verkleinert damit die höchste Bontitäts-Bewertung gesichert werden kann, denn nichts ist „wichtiger“ als Anleihen-Investoren zu beglücken. Ähnlich läuft es bei Aktiengesellschaften, wo jede neue Entlassungswelle von Investoren mit neuen Kursfeuerwerken gefeiert wird. Zudem ist das Buch „This Time Is Different“ der beiden Harvard-Professoren und „Reagonomics-Cheerleader“ Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff als Anleitung der OECD-Staaten verstanden worden, die Finanzkrise als Vorwand zu nehmen um die Schrumpfung der öffentlichen Ausgaben zu rechtfertigen. In England wurden beispielsweise seit der Finanzkrise die Studiengebühren verdreifacht, da der Staat die angeblich „zu hohen Ausgaben“ nicht mehr tragen wollte/konnte/durfte. In Deutschland ist der Investitionsstau in die eigene Infrastruktur an allen Ecken und Enden sichtbar und die ausgehöhlte, von allen guten Geistern verlassene Deutsche Bahn AG ist nur noch ein Schatten von dem was sie mal war.

  • Ich stimme dir zu, dass die Zustände in Frankfurt nach wie vor katastrophal sind. Neben Kuscheljustiz und dem offensichtlichen Scheitern des "Frankfurter Wegs" liegt das sicher auch an zu wenig Sicherheitspersonal.
    Auch dass die Verweise auf den LFA nicht wirklich taugen, ist korrekt. Bestes Beispiel Bayern, das derzeit deutlich mehr einzuzahlen hat, und trotzdem nicht nur mehr investiert, deutlich sicherer ist, sondern trotzdem dabei noch Schulden abbaut.
    Aber dein ständiges Rumgenöle wegen angeblicher Austerität kann ich nicht mehr hören, und wird auch bei noch so vielen Wiederholungen nicht wahrer. Die Ratingagenturen an denen man sicherlich einiges kritisieren kann, treiben niemanden vor sich her. Im Gegenteil sind ihre Bewertingen oftmals viel zu positiv (siehe vor Allem die Bewertungen für CDOs kurz vor der Finanzkrise). Und die öffentlichen Haushalte in Deutschland sind die letzten Jahre nur vergrößert worden, sehr zum Leidwesen der besonders geschröpften Mittelschicht, in der Regel deutlich stärker als die Wirtschaftsleistung.
    Problem ist nicht dass zu wenig ausgegebene würde. Im Gegenteil Deutschland lebt wieder zunehmend über seinen Verhältnissen, kümmert sich trotz guter Wirtschaftslage überhaupt nicht um Schuldentilgung (was selbst ein Keynes als nötig erachtete). Wenn dem nicht bald ein Riegel vorgeschoben wird, bricht uns das in absehbarer Zeit das Genick - spätestens wenn die Babyboomer in Rente gehen und Rente von ihren nicht geborenen Kindern erwirtschaftet bekommen wollen. Ganz abgesehen von den enormen Haushaltsrisiken im Zuge der völlig falschen Euro-Rettung inklusive der in dem Ausmaß hochkriminellen griechischen Insolvenzverschleppung (allein Deutschlands nicht besicherte Target-Forderungen - praktisch Kredite an die südlichen Notenbanken - sind deutlich größer als der jährliche Bundeshaushalt).
    Nein, das Problem hierzulande ist einzig die völlig falsche Prioritätensetzung (hier wieder der schon vorgebrachte Verweis auf Bayern, wo es deutlich besser läuft als in Hessen und im Bund). Für soziale Wohltaten, insbesondere ineffiziente Sozialsysteme und ohne Not verursachte Ausgaben wegen des unkontrollierten Zustroms an illegalen Einwanderern wird munter konsumiert, wohingegen deutlich zu wenig Investitionen in Bildung, Verkehr, Verteidigung und eben Sicherheit getätigt werden. Beim Verkehr hat sichs die letzten zwei Jahre zumindest auf Bundesebene entspannt, da liegt das Problem jetzt bei den zu geringen Planungskapazitäten.

  • Aber dein ständiges Rumgenöle wegen angeblicher Austerität kann ich nicht mehr hören, und wird auch bei noch so vielen Wiederholungen nicht wahrer.


    Der Ton macht die Musik und "Death Rock" war hier wohl gerade nicht angebracht. Wie die Ratingagenturen CDOs bewerten (tendenziell zu positiv, da sie vom Inhalt keine Ahnung hatten) und wie sie Staatsanleihen bewerten (tendenziell zu negativ, da man so Stimmung gegen die Regierungen machen kann) bewerten, sind zwei komplett andere paar Schuhe. Die Masche ist immer dieselbe. Regierung X will die Staatsausgaben erhöhen um die Wirtschaft anzukurbeln und sofort droht das ungewählte Rating Agency Oligopol damit die Bonitäts-Bewertung abzustufen, wenn diese nicht durch eine Gegenfinanzierung getragen wird. Also macht Regierung X einen Rückzieher und investiert doch nicht in mehr Straßen, Schulen, Polizisten oder Freibäder. Sowas kann man auch Erpressung, Blackmailing oder Stockholm-Syndrom nennen. Dieses ständige Bedrohungs-Szenario ist vor allem seit den 00er Jahren in Mode gekommen und ich empfinde es als zutiefst undemokratisch. Die Globalisierung steckt in einer tiefen Krise (Trump & Brexit beweisen es) und das Ratingagentur-Oligopol ist für mich eines der krassesten Anzeichen dafür, dass man nicht alle öffentlichen Aspekte unserer Gesellschaft "schrumpfen" oder "privatisieren" muss, wie es sich die (nicht uneigennützigen) angelsächsischen Länder wünschen.

  • Wo wird denn gespart?

    Zur Wahrheit gehört auch, dass die öffentliche Hand (Bund, Länder und Kommunen) in 2017 rund 22 Mrd. Euro für die Flüchtlinge in Deutschland zahlen.


    Wenn man sich schon über die Austerität oder den LFA aufregt, sollte man diese Kosten nicht vergessen. Der LFA ist dagegen Peanuts und mit Austerität hat die Merkel'sche Flüchtlingspolitik nun gleich gar nichts zu tun.


    Einige dieser Schutzbedürftigen tragen übrigens nicht unwesentlich zur verschärften Sicherheitslage am Hbf bei - aber das ist ein anderes Thema. ;)

  • Wenn man sich schon über die Austerität oder den LFA aufregt, sollte man diese Kosten nicht vergessen.


    Ja, aber die Entscheidungen zum flächendeckenden Personalabbau bei Grenzschutz, Polizei, Zoll oder Bahn kamen deutlich vor der 2015-Welle. Man kann von Glück reden, dass das Thema Austerität zu Zeiten der Wiedervereinigung noch kein so großes Thema war, da man ja nach heutigen Standards gegen sämtliche Verschuldungs-Prinzipien des globalen Austeritäts-Diktats verstoßen hätte (ganz zu schweigen vom Entschuldungsprogramm des Marshall-Plans, der nach heutigen Standards wohl auch illegal wäre). Wie man heute ernsthaft behaupten kann, dass man sich volkswirtschaftlich zu Wachstum schrumpfen kann, ist mehr als fragwürdig.


    Um nicht zu sehr abzudriften:
    Laut der eigenen Bahn-Webseite zum Umbau des Frankfurter Hauptbahnhofs wird die B-Ebene ab voraussichtlich 2019 umgebaut und bis 2022 abgeschlossen sein, also maximal unverbindlich. Ebenso wird in blumigsten Worten die Historie des Bahnhofs beschrieben, natürlich ohne jegliches Eingeständnis, dass der eklatante Ist-Zustand bis zum Umbau fortbesteht. Der DB Station&Service AG kann man an dieser Stelle übrigens eine Mail schreiben: marketing-bahnhoefe@deutschebahn.com. Auch einen Kundendialog DB Regio gibt es. Wer Anregungen, Kritik oder Lob für die Bahn hat, kann an der Stelle versuchen bei der Bahn weiter zu kommen. Da die Bahn scheinbar nur auf Druck reagiert, ist das m.E. eine valide Vorgehensweise.

  • Wäre wahrscheinlich besser diese durchaus valide Diskussion in einen separaten Thread auszulagern. Da gibt es ja wohl noch sehr viel Gesprächsbedarf zu, allein schon weil viele Leute da gern von linken Umverteilungsapologeten propagierten Halbwahrheiten auf den Leim gehen.
    In wirtschaftlich sehr guten Jahren einen Schuldenberg von weit über 50% des BIP nicht abzubauen sondern gerade mal eine schwarze Null zu schreiben oder gar weiter zu erhöhen ist das genaue Gegenteil von Austerität, sondern unverantwortliches Verschleudern von Steuergeld, das sogar ein Keynes völlig zu Recht verurteilt hat. Wer denkt er könnte durch endloses Schuldenmachen aus seiner Situation quasi herauswachsen, befindet sich auf dem Holzweg. Die Schuldenkrise in den nicht mehr wettbewerbsfähigen Mittelmeeranrainern und zunehmend auch Frankreich ist das beste Beispiel.
    Dass lange Zeit zu wenig investiert wurde (und bei manchen Einzelplänen immer noch wird), liegt nicht an angeblichem Gespare sondern an falschen Prioritäten mit deutlich zu hohen Sozial- und auch Personalausgaben.