Bahnhofsviertel auf Metaebene

  • Feldmann würde allenfalls kostenloses Mittagessen für die Fixer fordern, wie eine Leserin des FNP-81er-Artikels treffend kommentierte. Ich hoffe inständig, dass Frankfurt dieser Amateur und Traumtänzer erspart bleibt.


    Derartige Kommentare sind natürlich verständlich - wenn man denn Anhänger von Boris Rhein ist.
    Da mir beide Kandidaten nicht wirklich zusagen, erlaube ich mal diesbezüglich objektiv - soweit so etwas überhaupt möglich ist - anzumerken, dass weder Feldmann seine Wahlkampfsprüche eins zu eins umzusetzen versuchen wird, NOCH dass Rhein Fussballfans bei den Arbeitgebern anschwärzen wird. Auf Basis dessen hier Stimmung gegen einen Kandidaten zu machen, steht, sagen wir mal, auf wackeligen Fundament.


  • ... Laut diesem äußerst lesenswerten Bericht der Frankfurter Rundschau vor 2 Jahren wurden zum damaligen Zeitpunkt bereits 24 Häuser mit 200 Wohnungen gefördert.


    Interessanter Artikel, in der Tat!


    Ansonsten gehört die Gutleut 16/Weser 2 zu den Gebäuden, deren Wohnnutzung über eine WB-Ausweisung im B-Plan schon in den 80er Jahren gesichert wurde, ein Fall von Bestandssicherung also. Leider steht nicht dabei, was Herr Wisser mit der Gutleut 14 vorhat, was ein 60er Jahre Bürobau von sehr schlichter Art ist, der einst das Staatsbauamt beherbergte und lange Jahre leer stand.

  • Ich arbeite im Bahnhofsviertel und erlebe es demnach arbeitstäglich hautnah. Die Dramatik des Artikels kann ich nicht bestätigen.


    Wir wohnen mit unserer fünfköpfigen Familie seit 3 Jahren in der Wilhelm-Leuschner-Straße_IG Metall und haben dementsprechend viel Kontakt im Viertel, erledigen unsere Einkäufe dort ect. pp. Ich kann epizentrums Zusammenfassung voll unterschreiben....

  • Ich bin auch hin- und wieder im Bahnhofsviertel unterwegs und tendiere eher zu Golden Ages Auffassung. Im Übrigen möchte ich noch folgendes loswerden.


    1.) Tunnelklicks Auffassung, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen ungünstig sind, kann ich so nicht nachvollziehen. Mag sein, dass Wohnnutzung in weiten Gebieten baurechtlich grundsätzlich nicht zulässig/vorgesehen ist, doch kann man in einem gewissen Maße zunächst mit Befreiungen/Ausnahmen einen Anfang machen, zumal man hier dann auch nicht völlig unverträgliche Nutzungen (Büro/Gewerbe vs. Wohnen) nebeneinander hätte. Die Problematik wie wir sie in Offenbach (Mainviertel vs. Industriegebiet Fechenheim) haben bzw. hatten, existiert hier nicht.
    Darüber hinaus kann man gerade was das Bahnhofsviertel betrifft durchaus davon ausgehen, dass man im Römer einen breiten Konsens erreichen kann, wenn es darum geht zu Gunsten von Wohnraum die B-Pläne zu ändern oder gar neu aufzustellen. Schließlich liegt es auf der Hand, dass die Städtebaupolitik der 60er, 70er und 80er Jahren zu vielen toten Ecken mitten in der Stadt geführt hat (v.a. Mainzer Landstrasse zwischen Platz der Republik und Taunusanlage sowie die südlich liegenden Quer- und Parallelstrassen) und deren Beseitigung sicherlich eine breite Zustimmung nicht nur in der Politik finden würde.


    2.) Der Jetzt-Zustand ist immer noch unerträglich (vor allem wegen der Drogenszene), auch wenn es in den letzten Jahren etwas aufwärts gegangen ist! Ich kann mir vorstellen, dass man als echter Frankfurter das durchaus auch anders sehen kann, v.a. weil man diese Zustände gewohnt ist bzw. nicht anders kennt. Aber ich erlaube mir hier die Bemerkung, dass man als Zugezogener oder als Tourist sicherlich eine objektivere Beurteilung abgeben kann und die dürfte mMn ziemlich negativ ausfallen.
    In einem Beitrag weiter oben fiel sogar die Bemerkung, dass es in Alt-Sachs agressiver sein soll. Das ist wohl ein schlechter Witz und zeugt eher von Unkenntnis ... ein Crack-Junkie mit Entzugserscheinungen und ohne Geld für Stoff ist eine tickende Zeitbombe. Da laufe ich lieber abends/nachts durch eine dunkle Seitengasse in Altsachsenhausen als durch die Nebenstrassen zwischen Taunus- und Mainzer Ldstrasse. Ich sag' mal so: In Alt-Sachs muss du dir den Ärger suchen und finden tust du ihn nur am WE.
    Auch sollte man so langsam mal die allzu liberale Drogenpolitik hinterfragen. Deren Ergebnisse sind bei weitem nicht so gut, als dass man nicht vielleicht sich überlegen sollte andere Wege einzuschlagen (btw. ich bin kein CDU-Wähler und auch ansonsten nicht konservativ etc.).
    Oft hat man die großen Drogenszenen in FFM oder in HH v.a. damit begründet, dass es sich bei diesen Städten um internationale Handels- und Verkehrswegezentren handelt und diese Problematik nun mal damit kaum lösbar verbunden sei. Ist das wirklich so? Schließlich kann man mittlerweile München mit seinem großen Flughafen als Gegenbeispiel anführen, wo man noch nicht ein mal eine offene Drogenszene hat. Überhaupt muss man feststellen, dass die südlichen Bundesländer (also Bayern und BaWü), die deutlich rigider vorgehen (auch schon beim Cannabis-Konsum), bessere Ergebnisse liefern.


    3.) Im Zusammenhang mit dem Bahnhofsviertel wurde schon mehrmals von Gentrifizierung gesprochen. Das halte ich für verfehlt oder zumindest für übertrieben, da nun mal die KaltMieten kaum gestiegen sind und die "Alt-Einwohner" nicht durch die neuen verdrängt werden. Man kann immer noch günstige Wohnungen finden.


    Mein Fazit: Die jetzige Situation ist immer noch mehr als unbefriedigend, v.a. wenn man die ansonsten guten Rahmenbedingungen berücksichtigt, v.a. folgende:
    - Wohnraummangel
    - hoher Leerstand bei Büroimmobilien
    - zentrale Lage des Bahnhofviertels
    - Frankfurt ist eine relativ wohlhabende Stadt, die hier einfach mehr tun muss und auch kann.
    Das Potential des Bahnhofsviertels ist viel größer und bei weitem nicht ausgeschöpft! Eine Veränderung ist nicht einfach, aber durchaus möglich und nötig!

  • Drogenpolitik: Zürich auch von Rückfall betroffen

    Es fällt in der Tat auf, dass die südlichen Bundesländer deutlich größeren Erfolg haben ihre Drogenszene in den Griff zu bekommen. Man sollte recherchieren, ob das härtere Durchgreifen in einer Großstadt wie München den entscheidenden Ausschlag gegeben hat. Vielleicht sammelt die Uno-Drogenbehörde in Wien eine Art "Best Practice" Katalog?


    Übrigens gibt es mit Zürich eine weitere reiche Stadt im Süden, die z.Z. dieselben Erfahrungen wie Frankfurt macht. In den 90er Jahren hatte man ein penetrantes Problem mit der offenen Drogenszene. Zunächst erzielte man mit einem liberalen Vier-Säulen Modell große Erfolge. Es besteht aus Prävention, Repression, Schadenminderung und Therapie, ähnlich wie in Frankfurt. Besonders bei der Herstellung, Transport und Verkauf von Drogen wurde hart durchgegriffen, der Erfolg gab ihnen recht. Trotzdem ist man mittlerweile wieder am Anfang. In der Zeitung "Blick" wurde im Januar berichtet, dass auch dort am Hauptbahnhof die Szene wieder voll da ist und Erinnerungen an die überwunden geglaubten 90er Jahre wach werden.


    Das heisst konkret: Die "neue Drogenszene" schöpft die Lücken der liberalen Drogenpolitik nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Zürich derzeit voll aus. Zu viele Freiräume haben sich als idealer Nährboden für Dealer und weitere Aasgeier entpuppt. Frankfurt & Zürich müssen ihren Kurs korrigieren und aufhören sich auf den mittlerweile verdorrten Lorbeeren auszuruhen.

  • Zum Thema "Familienfreundlichkeit" und "Lebendigkeit":


    Ich denke, dass sich das weitestgehend ausschließt - wenn ich 40h+ die Woche arbeite und kleine Kinder zuhause habe, will ich kein ggf. lautes Leben auf der Straße, dann will ich meine Ruhe. Die Fähigkeit solche Umstände zu ertragen ist in westlichen Gesellschschaften nun mal keine Tugend (mehr) und damit muss man leben, Punkt!


    Zum Eindruck der Urbanität, den das BHV halt m.E. in Frankfurt schon am ehesten erzeugt, gehören aber wohl nur die Kleinteiligkeit/Vielfalt der gewerblichen Nutzung und die praktisch 24h vollen Straßen (und vielleicht auch ein bisschen der Dreck...). Beides ist halt auf einem Niveau, das ab der gehobenen Mittelschicht aufwärts wahrscheinlich kaum für Begeisterung sorgt, auch wenn sich das im ersten Punkt nun langsam zu ändern scheint. Was den zweiten Punkt angeht, würde ich ein anderes Publikum als der schon erwähnte "Jungesellenabschiedspöbel", Junkies und Zuhälter auch für inspirierender halten, aber ehrlich gesagt zweifle ich daran, dass Frankfurt in der Lage ist eine andere Szene als diese in entsprechender Größe hervorzubringen. In 5-10 Jahren werden wir's vielleicht schon sehen, ich glaube jedenfalls nicht, dass das Potential des BHV noch lange brach liegt.


    Zum Meinungsaustausch bezgl. Drogenpolitik kann ich nicht viel beitragen - ich weiß nicht, inwiefern die frankfurter Politik da für positive oder negative Ergebnisse sorgt und die meisten Kommentatoren wissen es wohl auch nicht. Da wäre m.E. etwas Zurückhaltung angesagt, bevor man Junkies nur noch zu ästhetischen Störfaktoren degradiert...

  • Offener Brief zeigt Wirkung: Stadt bittet Anwohner zum Gespräch

    Die FNP berichtet, dass die Gruppe von "84 Unterzeichnern" von der Stadt zum Dialog eingeladen wurden. Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann (Grüne) und Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) werden anwesend sein und sich die Problematik im Einzelnen anhören. Dort will man auch über die derzeitigen Programme und Initiativen aufklären, die am Laufen sind.


    Mit dieser Entwicklung zeige ich mich zufrieden. Durch Zuhören und Offenheit schafft man möglicherweise wieder mehr Vertrauen und es könnten einige Vorschläge aufgegriffen werden.


    Ein Wort zur Frankfurter Drogenpolitik: Ich bezweifle sehr, dass die Anwohner sich über Petitessen wie "Junkies als ästhetische Störfaktoren" ärgern. Wie im FNP-Bericht beschrieben, geht es hier ganz konkret um Junkies, die mit Spritzen in den Venen in den Hauseingängen der Anwohner liegen, und von Dealern (sprich Aasgeiern), die scheinbar Passanten ansprechen und Drogen verkaufen. Es geht um Überfälle/Delikte, die von Junkies begangen werden. Ich finde es auch schade, dass die Junkies in diese Lage gekommen sind, aber es gibt sicherlich bessere Wege mit den Folgen diesen Zustands umzugehen als in der Taunusanlage wieder einen "Brennpunkt" zuzulassen.


  • ...
    3.) Im Zusammenhang mit dem Bahnhofsviertel wurde schon mehrmals von Gentrifizierung gesprochen. Das halte ich für verfehlt oder zumindest für übertrieben, da nun mal die KaltMieten kaum gestiegen sind und die "Alt-Einwohner" nicht durch die neuen verdrängt werden. Man kann immer noch günstige Wohnungen finden.


    Für eine "Gentrifizierung" dürfte das Wohnungsangebot im Bahnhogsviertel zu unanttraktiv sein. Dazu noch mal ein Blick ins Statistische Jahrbuch:


    Im Bahnhofsviertel gibt es 152 Wohngebäude mit 1.471 Wohnungen. In weiteren 125 Nicht-Wohngebäuden gibt es noch mal 572 Wohnungen, zusammen also 2.043.
    Die Wohnfläche beträgt insgesamt 123.200 m². Der Wert von 1,07 Bewohnern/Wohnung ist stadtweit der mit großem Abstand geringste und dürfte für einen besonders großen Anteil an 1-Personen-Haushalten stehen. Mit einer durchschnittlichen Größe von 60,32 m²/Wohnung liegt das Bahnhofsviertel auf dem viertletzten Platz vor Riederwald (59,66 m²), Innenstadt (58,17 m²) und Gallus (56,11 m²). Alle anderen Stadtteile liegen deutlich über 60 m², der städtische Durchschnitt liegt bei 70,10 m². Dem entspricht mit 2,94 Räumen pro Wohnung ein relativ hoher Anteil an Kleinwohnungen (zum Vergleich: in den Gründerzeitvierteln Westend Süd, Nordend West und Sachsenhausen Nord liegt der Wert bei über 3,6 und im Ostend bei 3,3).


    Das Wohnungsangebot im Bahnhofsviertel ist also in der Summe nicht nur mengenmäßig, sondern auch qualitativ weit abgeschlagen.


    Quelle: Statistisches Jahrbuch Frankfurt 2011

  • Hotels verlieren Gäste wegen zunehmender Drogenszene

    In der heutigen FNP meldet sich Immobilienspezialist und Hotel-Eigner Ardi Goldman zu Wort. Die Zeitung hat die Problematik aufgegriffen und wird die Anwohner und Betroffenen des Viertels nun eine ganze Serie widmen (morgen Interview mit der Polizei). Das Goldman-Interview birgt einigen Sprengstoff. Er verfolge die Entwicklung des Bahnhofsviertels mit zunehmender Besorgnis. Besonders seit 2009 wurde es "immer schlimmer".


    Hier sind Goldman's Zitate, die zu Denken geben sollten:

    • "Die Drückerstuben ziehen die Drogenabhängigen und damit auch die Dealer an" (Stichwort Drogen-Tourismus aus ganz Europa)
    • "Die Drogenhilfe kann die derzeitige Masse an Konsumenten nicht bewältigen."
    • "Dass man einen Hauptbahnhof verlasse und sofort Heroin, Kokain oder Crack angeboten bekomme, gebe es deutschlandweit nur in Frankfurt."
    • "Vor der Bahnhofsviertelnacht werden die Junkies verscheucht und die Straßen mit Parfüm besprüht, danach ist alles wieder beim Alten." (Stichwort heile Welt für Hipster/Event-Publikum und unzureichende Arbeit der Polizei und Stadt)
    • "Die Polizei hat hier die ganze Szene auf einem Fleck und hoffen, über Kontakte zu den kleinen Fischen an die großen heranzukommen." (Stichwort Passivität der Justiz)
    • "Einige unserer Großkunden kommen inzwischen nicht mehr, weil ihnen das Bahnhofsviertel zu unsicher ist."
    • "Wenn ich vorm Haus den Schnee nicht räume und jemand stürzt, muss meine Versicherung zahlen – doch wer zahlt, wenn mich ein Junkie mit einer Spritze verletzt? Wenn es mal so kommt, werde ich die Stadt verklagen."


    Hauptkritikpunkt sind die Drückerstuben, die man umgehend schliessen sollte, da die Fixerei und Dealerei auf offener Straße stark zunehme. Goldman wörtlich: "Wenn die Stadt so eine Stube schließt, dann schließt sie auch das, was davor passiert". Sicherlich verfolgt Goldman mit seinem "25 hours" Hotel an der Niddastrasse (seit 2009) auch private Interessen, aber man sollte sein gewichtiges Wort in der Real Estate Szene ernst nehmen.


    FAZIT: Wenn Goldman über "katastrophale Auswirkungen" der Drogenszene auf die Hotellerie spricht, sollte man so langsam die rosarote Sozialromantik-Brille absetzen und hellhörig werden. Besonders die Drückerstuben sollten auf dem Prüfstand stehen damit die Drogenhilfe diese Arbeit wieder vollständig übernehmen kann.

  • Dieselbe Diskussion wird alle paar Jahre neu geführt, die Argumente sind dieselben, nur die Wortführer sind andere und die Drogenszene selbst ist eine andere. Spielte in den 80er Jahren Heroin eine bedeutende Rolle, ist das heute mitnichten der Fall. Der Dreck, der heute kursiert, wird nicht mehr gespritzt, sondern geschluckt. Folglich spielen auch die Fixerstuben nicht mehr die Rolle wie einst. Sie haben seinerzeit tatsächlich bewirkt, dass die Drückerei auf offener Straße, in den U-Bahnstationen usw. eingedämmt wurde. Ansonsten ist die Diskussion letztlich genauso hilflos wie vor 30 Jahren. Ging es damals darum, offene Treffs wie in der Taunusanlage (früher mal als Haschwiese bezeichnet) oder in der Friedberger Anlage aufzulösen und die Szene zu konzentrieren und zu kontrollieren, wünscht man sich jetzt anscheinend wieder, sie zu atomisieren. Es ist zwar schade ums Bahnhofsviertel, aber die Drogentreffs aufzulösen scheint mir eine zweischneidige Sache zu sein, kein einziges Problem wird dadurch gelöst.


    Die Vorstellung Goldmanns, mit der Schließung der Fixerstuben schlösse man auch das, was sich davor abspiele, halte ich für ausgemachten Unsinn. Schließlich waren die Drogenabhängigen auch schon da, lange bevor die Fixerstuben eröffnet wurden, was ja auch der Grund war, sie genau dort zu eröffnen. Was begründet die Annahme, das betreffende Publikum träfe sich dann andernorts? Und warum sollten sie dann das Bahnhofsviertel meiden? Und wenn, wohin werden die Leute gehen? Und was passiert dort? Goldmann ist Investor und denkt allenfalls bis 5 Meter rechts und links seines Hoteleingangs (St. Florian lässt grüßen!).

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Shoot the messenger?

    Goldmann ist vor allem ein Frankfurter Lokalpatriot, der einen großen Anteil am Ostend-Boom hat und das schon lange bevor die EZB grünes Licht gab. Ganz ähnlich verhält er sich auch mit der Diamantenbörse, die bei der ganzen Ödnis an der Stephanstrasse eine deutliche Kehrtwende einläuten wird. Er investiert vor allem in "Liebhaberprojekte", die ihm selber am Herzen liegen und auch ein Stück weit Stadtreparatur betreiben. Genau solche engagierten Leute braucht Frankfurt und hätten der Stadt besonders in der Wiederaufbauphase gut getan. Ihn als kühl kalkulierenden, herzlosen Investor anzugreifen, halte ich daher für derben Unfug.


    Es ist doch wohl unbestritten, dass ein Drogen-Tourismus nach Frankfurt stattfindet, da sich die Passivität der Justiz und die Großraum-Fixerstuben scheinbar rumgesprochen haben. Wieso gibt es diese Zustände nicht an den Bahnhöfen in München, Stuttgart oder Köln??? Die Frankfurter Polizei ist sicherlich nicht tatenlos, aber sie sollten sich mehr Anregungen von außerhalb des Tellerrandes holen. Eine verbesserte Drogenhilfe wäre ein Anfang um ein "Phase-Out" der gescheiterten Fixerstuben anzugehen.


    Die Bahnhofsviertelnacht entpuppt sich hierbei als "Potemkinsches Dorf", eine reine Fassade für die wahren abgrundtiefen Zustände des Viertels. Es ist eine wohl gemeinte Marketing-Veranstaltung um das Event-Publikum einmal im Jahr zu beweihräuchern und auf die man künftig lieber verzichten sollte. Das Geld wäre besser ausgegeben um der Drogenhilfe unter die Arme zu greifen und nicht den Hipstern in den Rachen zu werfen.


    Es ist gut, dass Goldmann bei diesem Thema aneckt. Er ist sehr eng mit Politikern, Kulturschaffenden und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern der Stadt vernetzt. Daher wird sein Wort zum Glück Gewicht haben.

  • Ich schlage nicht den Überbringer der schlechten Nachricht, aber was Herr Goldmann hierzu meint, ist Unsinn und wird nicht deshalb besser, weil Herr Goldmann andernorts Gutes tut.


    Und was die anderen Großstädte angeht, alle tragen ihr Päckchen und besonders die Münchener mit ihrer sog. harten Haltung handeln sich augenscheinlich das ein, was jeder weiß, der ein bißchen nachdenkt, dass nämlich die Drogenszene dann überall ist, so wie auch in Köln.

  • Goldmann bestätigt jedenfalls die Auffassung der 84 Anwohner und Unterzeichner des "Offenen Briefes". Ich bin schon sehr gespannt, welche Meinung die Frankfurter Polizei zum Thema hat und morgen in der FNP äußern wird.


    Die harte Haltung aus München hat zumindest dazu geführt, dass Passanten bzw. Touristen auf dem Weg vom Hauptbahnhof zum Stachus nicht Fixern und Dealern regelrecht in die Arme laufen wie am Frankfurter Kaisersack und später an der Taunusanlage. Oder sind die bösen Medien daran Schuld, dass das Frankfurter Bahnhofsviertel als Aushängeschild viel eher im Verruf steht als die dezentralen Szenen in Köln und München (und so ziemlich jeder anderen Großstadt in der Bundesrepublik)???

    Einmal editiert, zuletzt von Golden Age ()

  • Ich fand Herrn Goldmanns Mut, ein schickes Hotel im Niddasack zu eröffnen sehr beeindruckend (und ein etwas irritierend).


    Er hat offenbar gehofft, dass sein Investment aus der mit Abstand ekligsten Ecke des Viertels einen schicken Subkultur-Hotspot macht. Ich bin nicht wirklich überrascht, dass die Rechnung nicht aufgeht und finde es nicht redlich nun die Schließung der Drückerstuben in der Nachbarschaft zu fordern.


    Die Bahnhofsviertelnacht ist ein großartiges Event um das Viertel von seiner guten Seite zu präsentieren. Man kann bei dieser Gelegenheit auch einen Blick in Fixerstuben und Rolichtetablissements werfen - in einer Weise, die auch Menschen nicht schockiert, die sonst einen Bogen um das Viertel machen. Warum man das als Vortäuschung falscher Tatsachen sehen muss, verstehe ich nicht.

  • 1. Frankfurt ist eine liberale, freie, moderne, offen Stadt und
    2. das Bahnhofsviertel ist die einzige Stelle in der Stadt, wo eine solche Szene offen und kontrolliert geduldet werden kann.


    Die "Szene" besteht ja aus mehr als nur Junkies, es sind die Nutten und Kleinkriminelle, Krimskramsläden, Horden von besoffenen Junggesellen, hoher Ausländeranteil bei Bewohnern und Läden, aber auch viele sogenannte Kreative, ein paar gute Clubs und letztlich auch Banken und all das.
    Wenn die Politik das will, kriegt sie das alles weg (alles ausser den Banken). Was übrig bleibt ist ein 2tes Westend, öd und leer. Es wird schon keine Familie sich das leisten, keine soziale Mischung, kein Strassenleben. So wie das Westend auf das Nordend übergreift, Mieter vertreibt und letztlich veröden lässt. Das Gallus hat diese Angst heute vor dem Europaviertel, das Ostend vor der EZB.

  • Ist De-Gentrifizierung nicht auch eine Verdrängung?

    Les ich recht? Eine Ausweitung der Drogenhilfe bei gleichzeitiger Verdrängung der Szene aus der Taunusanlage und dem Kaisersack schafft doch nicht automatisch ein zweites Westend, das komplett polare Gegenteil. Meinst Du nicht, dass die Behauptung zumindest etwas übertrieben ist?


    Apropos Verdrängung: Das Bahnhofsviertel ist dafür ja wohl das Paradebeispiel. Im einstigen Renommierviertel fand schließlich auch eine Verdrängung statt, allerdings in die andere Richtung. Der monumentale Hauptbahnhof war zu seiner Anfangszeit einzigartig in Europa, die Kaiserstraße war Frankfurts Pracht- und Einkaufsstraße, die Münchener Straße hieß damals noch Kronprinzenstraße. Es ist seitdem eine krasse De-Gentrifizierung und "Abstimmung mit den Füßen" im Gange mit einem Ausmaß, die ihres Gleichen sucht.


    Zur Bahnhofsviertelnacht: Das Viertel wird vornehmlich für Party-Zwecke aufgeräumt, aufpoliert und besonders viel Polizei eingesetzt. Natürlich ist es löblich, dass die Fixerstuben ihre Tore öffnen, aber das Elend wird dadurch nicht besser. Es wird durch die vielen Zusatzmaßnahmen letztendlich eine Scheinwelt aufgebaut, die ein oberflächliches Zerrbild in die Welt setzt und den Eindruck erzeugt eigentlich ist es "ja gar nicht so schlimm". So kann man sich gemütlich zurücklehnen und ein Auge zudrücken. Im nächsten Jahr kommt man dann wieder um sich erneut von der künstlichen Attrappenwelt beschwichtigen zu lassen.

  • Vielleicht etwas übertrieben, aber die Projekte die hier zur Bahnhofsviertel veröffentlicht waren, sind alle sehr nett und sehr fein und sehr teuer.
    In der Ecke von Goldmanns Hotel wohnt -denke ich - kaum jemand. Alles Hotels, Büros oder was weiß ich. Das wird nicht zurückgewandelt, nur modernisiert im Sinne von Goldmann. Auch im Westend ist das Problem nicht nur die G., sondern die Umnutzung in Büroraum. Abends ist da keiner mehr auf der Strasse. Nicht mal Junkies



    um die Diskussion nicht ausufern zu lassen: Klar gibt es recht unangenehme Ecken im BHV, das will ich gar nicht verniedlichen. Und auch Ansätze die ich interressant finde, z.B. das Backpacker Moselstrasse (fiveelements), deren Gäste akzeptieren die Umgebung.

  • Zahl der Rauschgiftopfer deutschlandweit um 20% gesunken

    Laut einem FAZ-Bericht vom 27.3. ist die Zahl der Rauschgiftopfer deutschlandweit um 20% gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit 1988 (d.h. 986 Menschen) auf Basis der Messungen der Bundesregierung. Erfolgreiche Präventiv-Maßnahmen wurden als Hauptursache genannt wie z.B. die Substitutionsbehandlung mit Methadon oder Buprenorphin, oder die diamorphingestützte Behandlung. Beunruhigend sei die Zunahme bei nicht-pflanzlichen Betäubungsmitteln bzw. synthetischen Rauschgifte. Leider war nicht zu erfahren, welche Städte besonders erfolgreich bei der Drogenbekämpfung sind.

  • FNP befragt optimistischen Kriminalbeamten zur Drogenszene

    Heute kam Kriminalhauptkommissar Thomas Zosel in der FNP-Serie zur Frankfurter Drogenszene zu Wort. Er arbeitet im Rauschgiftkommissariat (K 64) seit 5 Jahren und begleitet das Programm "Ossip" – also "Offensive Sozialarbeit, Sicherheit, Intervention und Prävention" (eine enge Zusammenarbeit mit der Drogenhilfe). Im Einsatz befinden sich die Beamten des 4. Reviers sowie vier permanente Landes- und zwei Stadtpolizisten mit "Drogen-Spezialisierung".


    Er vertritt nicht die Meinung, dass sich die Problematik mit der Drogenszene immer weiter zuspitze. Zosel findet, dass eine reine Repression fehl am Platze sei. Es wäre schon richtig den "Frankfurter Weg" zu gehen, also eine Kombination aus präventiven Hilfsangeboten, eine Verfolgung von Dealern und leichter Repression. In Frankfurt lag die Zahl der Drogentoten daher bei 26 (leider wurde nicht erklärt wie hoch die Zahl der Vorjahre war und wie die Zahl im Zusammenhang mit anderen Städten einzuordnen ist).


    Hier ein paar seiner Zitate:


    • "Die Abhängigen halten sich vor allem bei gutem Wetter auf der Straße auf. Da könne die Situation im Quartier dann mitunter etwas chaotisch wirken."
    • "Wenn Beamte einen Konsumenten treffen, der Vorbereitungen zum öffentlichen Drogenkonsum trifft, beschlagnahmen sie das Rauschgift und stellen Strafanzeige wegen illegalen Drogenbesitzes".
    • "Es kann sein, dass ein festgenommener Rauschgifthändler wegen Schuldunfähigkeit freigelassen wird, es kann aber auch sein, dass er zu einer Haftstrafe verurteilt wird."
    • "Wir verdecken die Szene, so gut es geht, und schärfen dem Konsumenten ein, dass er beim nächsten Mal einen Druckraum aufsuchen soll."
    • "Dass auf der Straße konsumiert und gedealt werden, könne bei der Größe des Bahnhofsviertels schon vorkommen, da man nicht in einem Polizeistaat ist".


    FAZIT: Die Polizei sieht sich auf dem richtigen Weg, auch wenn man einräumt, dass die Situation im Quartier chaotisch wirken kann. Ich finde es in diesem Zusammenhang falsch den Erfolg eines Drogenbekämpfungs-Programms lediglich an der gesunkenen Anzahl der Drogentoten zu messen. Die "gefühlte Sicherheit" ist nämlich nicht auf einem guten Weg, gerade in Bezug auf die Taunusanlage oder Kaisersack. Morgen befragt die FNP einen Ladenbesitzer.

  • ...
    In Frankfurt lag die Zahl der Drogentoten daher bei 26 (leider wurde nicht erklärt wie hoch die Zahl der Vorjahre war und wie die Zahl im Zusammenhang mit anderen Städten einzuordnen ist).


    Dem kann abgeholfen werden; und hier.


    In der Wahrnehmung des Problems, das zeigte auch einige der Leserkommentare zum gestrigen FNP-Artikel, unterscheiden sich offenbar diejenigen, die die Situation in den 80er Jahren kannten und den status quo demgegenüber als deutliche Verbesserung empfinden, von denenjenigen, die den Bezug zur damaligen Situation nicht herstellen.