UN-Campus
aus General-Anzeiger vom 27.5.2003:
Bund stellt UN den Langen Eugen zur Verfügung
Kabinett will am Mittwoch den Campus beschließen - Beitrag zur Stärkung des UN-Standorts Bonn
Von Bernd Leyendecker
Bonn. Das Bundeskabinett will am Mittwoch per Beschluss den Vereinten Nationen den Langen Eugen und das ehemalige Bundeshaus zur "dauerhaften Nutzung" übertragen. "Diese Liegenschaften werden zum UN-Campus hergerichtet, um eine konzentrierte Unterbringung aller bisher in Bonn angesiedelten UN-Einrichtungen sowie derjenigen, für die der Bund ein Angebot zur Ansiedlung abgegeben hat, zu ermöglichen", heißt es in der Kabinettsvorlage, die dem GA vorliegt.
Noch in dieser Woche werden Trittin und sein Kollege vom Auswärtigen Amt, Joschka Fischer, den Vereinten Nationen das Angebot unterbreiten. Ein eher protokollarischer Akt, denn die UN haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass der Lange Eugen ihr "Bonner Wunschhaus" ist.
Vom Bauministerium (BMBau) erwartet das Kabinett, dass es die Sanierung des ehemaligen Abgeordnetenhochhauses "schnellmöglichst" durchführt. Voraussichtlich wird es im Frühjahr 2005 so weit sein.
Die Entscheidung des Bundeskabinetts, den Vereinten Nationen in Bonn den Langen Eugen und das Bundeshaus zur Verfügung zur stellen, steht im engen Zusammenhang mit der am 27. Februar 2002 in Anwesenheit von UN-Generalsekretär Kofi Annan und Bundespräsident Johannes Rau zwischen Bund, Land NRW und Stadt Bonn geschlossenen "Vereinbarung über die Ansiedlung internationaler Organisationen in der Bundesstadt Bonn und das 'Internationale Kongress- und Veranstaltungszentrum Bundeshaus Bonn (IKBB)'".
Zu dem IKBB gehören neben dem ehemaligen Plenarsaal und dem Wasserwerk ein von der Stadt noch zu bauender großer Konferenzsaal, der in erster Linie den UN zur Verfügung gestellt werden soll.
Aufgrund der Schwierigkeiten, im Rahmen eines Wettbewerbs Investoren und Betreiber zu finden, will sich die Stadt nun selbst auf die Suche begeben. Mit einer Fertigstellung des IKBB ist vor 2006 nicht zu rechnen.
Gleichwohl: "Mit dem UN-Campus erhalten die Vereinten Nationen die erforderlichen hervorragenden Arbeitsbedingungen in Bonn", heißt es in der Vorlage von BMU und BMBau für das Kabinett. "Der UN-Campus und das IKBB sind sichtbarer Ausdruck des Willens aller Beteiligter zur Stärkung des UN-Standorts Bonn. Zugleich unterstreicht die Bundesregierung durch die Schaffung des UN-Campus ihre in den letzten Jahren gewachsene Verantwortung in der internationalen Zusammenarbeit."
Bereits vor drei Jahren hatte Bundesumweltminister Jürgen Trittin den Langen Eugen als Herzstück des Campus vorgeschlagen - nicht zuletzt deshalb, weil sich schon damals abzeichnete, dass das Haus Carstanjen als UN-Domizil bald nicht mehr ausreichen werde.
Doch der Lange Eugen war längst von anderen Bundeseinrichtungen "besetzt" worden; daher mussten zunächst für diese Einrichtungen neue Büros gesucht werden. In den vergangenen Monaten wurden diese gefunden.
So sollen die drei Bildungseinrichtungen, darunter das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIB), die bislang im Langen Eugen untergebracht waren und derzeit an der B_9 (ehemaliges Fleischhauer-Gelände) "geparkt" wurden, im ehemaligen Postministerium unterkommen. In Duisdorf konzentrieren sich künftig das Bundesgesundheits- und das Bundeswirtschaftsministerium, und für das Bundesversicherungsamt wird noch ein neues Gebäude gesucht.
Die Vereinten Nationen in Bonn
In Bonn befinden sich zur Zeit elf UN-Organisationen, die in vier verschiedenen Gebäuden in der Bundesstadt untergebracht sind:
UNFCCC: Sekretariat der Klimarahmenkonvention
UNV: UN-Freiwilligenprogramm
UNCCD: Sekretariat der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung
UNEP/CMS: Sekretariat des Übereinkommens zum Schutz wandernder wild lebender Tierarten (Bonner Konvention des Umweltprogramms der UN)
ASCOBANS: Abkommen für die Erhaltung der Wale und Delphine in der Nord- und Ostsee
EUROBATS: Abkommen für die Erhaltung der europäischen Fledermäuse
AEWA: Abkommen für die Erhaltung der wandernden Wasservögel im afrikanisch-eurasischen Raum
WHO-ECEH: Europäisches Zentrum für Umwelt und Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation
UNEVOC: Internationales Zentrum für Berufsbildung der UNESCO
UNIC: UN-Informationszentrum
ILO: Internationale Arbeitsorganisation
Die UN-Universität nimmt in Kürze mit einem Forschungsbereich ihre Tätigkeit in Bonn auf.
Um diese drei UN-Sekretariate - Sitz: Bonn - hat sich der Bund beworben:
PIC: Konvention zum Schutz von Mensch und Umwelt in Entwicklungsländern vor gefährlichen Chemikalien
POP: Konvention über dauerhafte organische Schadstoffe
ISDR-IATF: Frühwarnsekretariat [zw12,13](Katastrophenvorsorge) der UN
In den elf Bonner UN-Organisationen sind mehr als 600 Mitarbeiter beschäftigt. Tendenz: steigend. So ist bei der bevorstehenden Ratifizierung des Kioto-Protokolls für die nächsten Jahre mit einem personellen Zuwachs alleine schon für UNFCC von bis zu zehn Prozent pro Jahr zu rechnen.