Münchner Biergartenratsch

  • Stadtsoziologie/Ökonomie


    Oft drängt sich einem folgender Gegensatz auf :


    Berlin möchte viel grösser und wichtiger werden.
    Die dortige Wirtschaftskraft lässt das nicht zu.


    München möchte viel kleiner und unwichtiger werden.
    Die hiesige Wirtschaftskraft lässt das nicht zu.


    Lösung:
    man transferiert einen grossen Teil der Wirtschaft von München nach Berlin.
    Das war (ist) eine grosse Hoffnung von Alt-OB Kronawitter .

  • Ich sehe in beiden Städten Widerstand gegen Wachstumsfolgen: Die Diskussionen um Gentrifizierung, Mieten, Bauprojekte (Mediaspree, Tempelhofer Feld usw.) und Ausbau der Infrastruktur (z.B. A100) werden in Berlin sogar noch schärfer geführt als in München.


    Und Wirtschaftskraft lässt sich nicht so einfach verlagern (Henne und Ei, Netzwerkeffekte usw.). Von einigen ausländischen wirtschaftsnahen Dienstleistungsunternehmen weiß ich, dass die Berliner Dependance nur aus Prestigegründen mitgeschleppt wird, das wirkliche Geld aber vor allem in Frankfurt, München und Düsseldorf verdient wird; einige haben deswegen dort ihre Büros auch wieder geschlossen.

  • Kann es sein, dass München chronisch unterfinanziert ist?


    Mir scheint, zunehmends wird bei öffentlichen Projekten (z.B. Stamm2) gegeizt und im Wohnungsbau geht so gut wie nichts voran. Damit meine ich nicht, die Stadt würde knausern, viel mehr sollte der Freistaat mehr investieren, damit Bayerns Motor nicht anfängt abzusaufen. Infrastruktur, Bildung und Kultur müssten viel mehr forciert werden. Bayern dürfte eines der dicksten Geldbeutel der Welt haben, ausgegeben werden soll er in Zukunft noch mehr in Regionen, welche ohnehin keine großen Chancen auf Zuwachs haben. Das ist doch Geldverschwendung.
    Zweitens sollte München verstärkt den privaten Sektor ins Boot holen. Konzertsaal, Filmpalast, Flughafen, Wohnungsbau, Museen etc. könnten wesentlich schneller umgesetzt werden. Dazu gab es vergangene Woche einen Artikel in der SZ, München ist nach London und Paris die teuerste Stadt Europas (Miete betreffend). L und P genießen riesige Investitionen aus privater Hand (vorwiegend arabischer Herkunft), ohne die beide Städte nicht mehr überleben könnten. Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren, könnte eine dritte starke Hand den katastrophalen Wohnungsmarkt, insbesondere die Unfähigkeit der Stadt, in den Griff bekommen oder führt er nur zu einer unnötigen Abhängigkeit Launen anderer?


    Ein Beispiel ist z.B. die Akademie der Wissenschaften. Ohne Investor würde das Gebäude die nächsten 30 Jahren leer stehen. Nur, wie weit sollten dann Auflagen, Vorschriften und Freiheiten für Private gehen?

  • Mehr private Investoren:
    Mit denen wird doch schon allenthalben geplant. Beim neuen Konzertsaal sollen sie den "Löwenanteil" tragen. Sie betreiben Museen oder zahlen kräftig mit. Die Partnerliste der Staatsoper ist bereits ellenlang. Auch beim Tunnel durch den Englischen Garten wird auf private Geldgeber gesetzt. Das nur als Beispiele.


    Zur Verteilung innerhalb Bayerns:
    Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Ingolstadt etwa sind in den letzten Jahren auch gewachsen. Nicht nur München hat also Wachstumschancen.
    Schon heute sind die geforderten Bildungs- und Kulturausgaben stark in München konzentriert.
    Bei den Infrastrukturvorhaben kommt der Widerstand ja gerade aus München selbst (Flughafen, Stammstrecke usw.). Würde München mit einer Stimme sprechen, sähe das wohl schon ganz anders aus.

  • Nachtrag zum Wohnungsbau: Genau hier haben der OB und sein Vorgänger ja versucht, den privaten Sektor ins Boot zu holen. Bei den großen Münchner Unternehmen gab es aber kein Interesse am Bau von Werkswohnungen.
    Ich bezweifle, dass sich die Londoner und Pariser Verhältnisse auf München übertragen lassen können. Außerdem wäre zu fragen, ob dort effektiv Wohnraum geschaffen wird und nicht nur Investitionsobjekte.

  • Hoher Begrünungsgrad und niedriger optischer Strukturgrad in München.


    Mir fällt auf, dass insbesondere im Münchner Raum die Begrünung sehr stark zunimmt und die Sichtbarkeit von künstlichen
    Strukturen immer mehr abnimmt.
    Beispiele:
    Früher konnte man von der S-Bahn von Neubiberg bis zum Ostbahnhof durchschauen.
    Stadteinfahrt auf der A-94 links und rechts waren fast alle Gebäude zu sehen
    Stadteinfahrt auf der A-96 ein ähnliches Bild. Heut sieht man teilweise nur noch die oberen Etagen von Hochhäusern.
    Eisenbahn Südring, A-99 : Ähnliche Verhältnisse.


    Wo doch alle vom Verschwinden vom Grün reden, ist doch grad in Muc momentan eher eine Zunahme zu beobachten.


    Seltsam: Ich hab eine Luftaufnahme vom Münchner Osten ( Haidhausen bis Riem ) von 1918, also ein grosser Bereich
    mit vielen Feldern aber praktisch Baumlos. ?


    Wenn ich in Salzburg oder Innsbruck in die Stadt einfahre, egal von welcher Richtung, komm ich mir vergleichsweise
    vor wie in Amerika, sogar in kleinen Dörfern wie St. Georgen, Lenzing oder Vöcklabruck ( Oberösterreich ) .


    Was habt ihr für Erfahrungen ?

  • Insgesamt ist der "Begrünungsgrad", wenn man es so nennen will, in ganz Deutschland extrem hoch. Fährt man auf den Autobahnen durch das Land, so kann man sich nicht vorstellen, dass man sich durch eines der am dichtest besiedelten Industrieländer der Welt bewegt. Ein krasses Gegenteil hierzu sind Italien und Spanien aber auch die USA, für die man eine viel viel höhere Dichte erwarten würde. Hierzulande gibt es kaum Strecken auf der Autobahn, die einen weiten Blick in besiedelte Gebiete erlauben. Das alles passt auch sehr zu einer der deutschen Grundprägungen der Untertreibung bzw. der möglichst unauffälligen Gestaltung unserer Städte und der Gestaltung des Raumes.


    Speziell für München fällt folgendes auf:


    1) Viele Stadteinfahrten von Autobahnen wirken sehr ländlich bzw. enden aprupt in dichteren Stadtteilen.
    2) Die Bebauung der Autobahnen mit Gewerbe ist extrem unterentwickelt. Meistens stehen bis dicht an die Stadt Felder an. Gerade hier kann man etwa an der A8 in beiden Richtungen im Osten und Westen noch sehr viel entwickeln. Warum dort nicht Gewerbe angesiedelt wurde, das jetzt viel weiter draußen in neuen Gewerbegebieten in kleinen Gemeinden wohnt, ist komplett unsinnig.
    3) München ist extrem gering ausgeleuchtet. Man kann die Bebauung nachts kaum erahnen. Die Ausleuchtung der Stadteinfahrten wurde ja bereits vor Jahren zurückgebaut.

  • Wo doch alle vom Verschwinden vom Grün reden


    Hab ich was verpasst? In Deutschland gibt es doch mehr als genug grün, egal ob Norden oder Süden.


    Das alles passt auch sehr zu einer der deutschen Grundprägungen der Untertreibung bzw. der möglichst unauffälligen Gestaltung unserer Städte und der Gestaltung des Raumes.


    Nur werden die Amis wahrscheinlich nicht an Begrünung entlang der Autobahnen sparen, damit ihre Städte von allen gesehen werden, so schön sind heruntergekommene Lagerhallen auch nicht, es ist einfach viel praktischer Industrie direkt am Highway zu haben als in irgendwelchen kleinen Dörfern, die sich aufgrund des hohen LKW-Verkehrs sofort aufregen würden (wie bei uns). Begrünung ist daher nicht nötig, eher hindernd. Wer braucht schon kleine Wälder im Industriegebiet?



    Beim Autofahren soll man sich auch auf die Straße konzentrieren und nicht auf die umliegenden Gebäude...:D


    Dass auf der Aufnahme von 1918 kaum Bäume zu sehen sind, liegt daran, dass der Osten Münchens vorwiegend für den Ziegelbrand genutzt wurde.

  • Wo ist das Problem?


    Wo links und rechts von Autobahnen, Schnellstraßen oder Bahn-Neubaustrecken Siedlungsstrukturen sind, verdecken heute meist Lärmschutzwände, Lärmschutzwälle, Tunnel oder eine Tieferlegung den Blick. Bei angrenzenden Bäumen und Hecken ist der Gedanke wohl: Aus den Augen, aus den Sinn. Das ist kein rein Münchner Phänomen.

  • 121.000 Euro im Schnitt. Also werden von den 6800 vielleicht geschätzte 2000 wirklich ordentlich verdienen. Der Rest wird auch nicht besser bezahlt als bei der Huber-Malerei GmbH...

  • 121.000 Euro im Schnitt. Also werden von den 6800 vielleicht geschätzte 2000 wirklich ordentlich verdienen. Der Rest wird auch nicht besser bezahlt als bei der Huber-Malerei GmbH...


    Nein, auch die administrativen Zuarbeiter müssen Abitur haben, die drei Amtssprachen beherrschen, sind von der Steuer befreit und verdienen auch ordentlich.

  • Eine Frage an die Leute im Forum, die den Zeitgeist verstehen :


    Überall werd ich bei Autowerbung, insbesondere auf Grossplakaten überschwemmt mit einem neuen Auto
    im Vordergrund und den Hintergrund bildet zumeist eine Hochhausstadt ohne grün.


    Wie passt das zur momentanen Einstellung der Bevölkerung ?
    Wenn man hier zu Lande Autos verkaufen möcht, müsste dann nicht im Hintergrund ein dichter Laubwald stehen ?

  • Die starke Nachfrage nach urbanen Lagen zeigt doch: in Deutschland gibt es nach Jahrzehnten der Suburbanisierung eine neue Art Sehnsucht nach Großstadt. Nur die Entscheidungsträger aus Politik, Verwaltung und Stadtplaner haben das noch nich wirklich verstanden. Und eine vergleichsweise kleine aber starke Gruppe an Bewahrern gerade in Städten wie München oder Hamburg schreit einfach viel viel lauter als eine große Mehrheit, die bei einem Paris Urlaub gerne Fotos von La Defence macht oder davor posiert. Wien und Berlin sind da aus historischen Gründen etwas anders aufgestellt.

  • Isek:


    Es gäb bei uns aber einen progressiven Städteplaner
    nämlich den Prof. Alain Thierstein an der TU. der scheint allerdings ein einsamer Rufer in der Wüste zu sein.


    Ausserdem hat doch Siemens seine neue Sparte Infrastruktur und Cities mit ihren top-Fachleuten in München angesiedelt.
    Weiterhin haben wir hier eine enorme Nachfrage an Wohnraum und Infrastruktur und recht gute Voraussetzungen für Investoren.


    Wenn man dann aber schaut was hier an Projekten entwickelt wird oder vielmehr nicht entwickelt wird, ist der Raum München
    nach meiner Meinung ein " TOTALAUSFALL ".

  • Wollte noch mal auf meine Kritik am Münchner Baustil konkretisieren. Weils da ja nachfragen gab. Es bezieht sich alles auf normale Bauten. Wohnbauten etc. Also keine Bürobauten etcl das haben wie ja gesondert besprochen.



    Der Stil in M gefällt mir einfach nicht. Es ist viel zu eintönig. Sicher teils hochwertig. Aber langweilig und trostlos. Z.B. diese Betonsiedlung über dem potentiellen Südring an der Radlkoferstrasse. Das ist das Ende jeder Architektur.


    Gute Bsp. für gelungenere normale Stadtarchitektur in Wohngebieten habe ich hier gefenden im Berlin Thread. Da gehts um die Pettenkoferstr. Netter Zufall. Die gibts ja bekanntlich bei uns auch.


    Einfach die letzten 2 3 Seiten des Threads ansehn. Die Bilder. Da sehe ich einfach viel mehr Variabilität im Stil als bei uns.


    http://www.deutsches-architekt…thread.php?t=9728&page=25



    Zustimmung?



    PS. BK ist gut weg. Dreckslanden!!

  • Die Bauten könnten aber genauso in München stehen, das ist alles irgendwie 08/15 Architektur... das eine Gebäude (Libauer Straße) erinnert mich an die Hofstatt-Fassade, das mit der verzierten/historisierenden Fassade an die Bauten rund um das Charles Hotel am alten botanischen Garten und der Bau mit den geschwungenen Balkonen sieht aus wie der "Amerikanerblock" an der Arnulfstraße Ecke Steubenplatz in Neuhausen oder alternativ der Neubau in der Urbanstraße 11.