Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Ob es so viel sinnvoller ist, statt der Leipziger, die schmale Französische zu nehmen, sodass man dann viel abbiegen muss, bezweifel ich...Und ob es dann, wenn alle so denken, schneller geht, als auf der Leipziger, bezweifel ich.


    Wieso sollte auf dem Schlossplatz wieder ein Kreisverkehr entstehen? Es geht doch jetzt auch ohne. Die nördliche Fahrbahn könnte man ja nur nutzen, wenn man von der Rathausstraße kommt. Und wie viele kommen schon von dort...? Man müsste nur die südliche Ecke etwas ändern, damit der Platz symmetrisch ist.

  • Natürlich nimmt der Verkehr am Schlossplatz zu, wenn Unter den Linden gesperrt ist. Das zu bestreiten ist Unsinn.

  • Die Frage ist, wer nimmt als Alternative die schmale, zugeparkte Rathausstraße, zumindest in Ost-West-Richtung, sodass man den Verkehr aus dieser Richtung nördlich um den Brunnen leiten müsste. Wer aus der Breite Straße kommt, müsste weiterhin südlich des Brunnens langfahren.

  • Zudem sind die Figuren völlig verkalkt und müssen zur Restaurierung sowieso abgebaut werden. Bei dieser Gelegenheit können sie auch gleich in ein kleineres Becken auf dem historischen Schlossplatz umziehen. Auf dem Rathausforum sollte man stattdessen einen modernen Ersatzbrunnen, das Marx-Engels-Denkmal oder passenderweise die berühmte Berolina aufstellen.


    Der Neptunbrunnen macht sich doch auf dem Rathausforum sehr gut und veranschaulicht die Geschichte Berlins nach '45. Die Umstellung des Brunnens ist insofern eine Schnapsidee, als eine gut etablierte "schwache Tradition" einer fragwürdigen "starken Tradition" geopfert wird. Wir haben heute eine völlig andere Situation am Schloßplatz als dazumalen. Daher ist eine Brunnenumsetzung auch nicht das Selbstverständlichste von der Welt, wie es einige hier zu suggerieren versuchen.


    Man sollte erst mal mindestens 10 Jahre warten und dann neu nachdenken. Ich empfinde es als ausgesprochenen Egoismus der Schloßfreunde, wenn sie ohne Sinn und Verstand ihren lieblichen "Schloßbrunnen" wiederhaben wollen. Das kann man vielleicht in 20 Jahren machen. Im Moment ist es eine Vergewaltigung eines vertrauten Stadtraumes, nämlich des Rathausforums.


    Nichts gegen Historizität, aber man kann alles übertreiben und auch auf diesem Wege Kulturfrevel anstellen.


    In 10 bis 20 Jahren sind wir schlauer. Ich würde ja für eine moderne Replik des Neptunbrunnens vor dem Schloß plädieren. Das würde die Nachkriegsgeschichte nicht negieren, eine neue Dialektik herstellen und sehr schön Geschichtsunterricht live bedeuten.


    Dann kann man unmittelbar vor Ort erfahren, wie nach dem Krieg mit dem Schloß umgegangen wurde: Schloß weg, Brunnen vor's Rathaus. Ein Portal ins Staatsrats-Gebäude. Gerade neben der langen Barockfassade am Schloßplatz würde sich ein zeitgemäßer "Kommentar" wunderbar machen. Und auch für Touristen wäre solch ein Doppelbrunnen wie das Doppelschloßportal ein typischer Berolinismus. Ungebrochene, unironische Städte können sie in Paris oder Wien bestaunen. Es bezweifelt ja kaum jemand, daß man sich in Berlin allgemein zu wenig an der Historie orientiert, aber meiner Meinung nach gibt es auch das gegenteilige Übel, wenn man sich zu sklavisch an historischen Vorgaben orientiert oder eine Pseudohistorizität herstellt wie mit einer barocken Ostfassade des Schlosses. Ähnlich morbid und nekrophil kommt es mir im Moment vor, wenn man sogleich den Neptunbrunnen vor's Schloß setzen und die totale Historizität wiederherstellen wollte. :)


    In Potsdam ginge das vielleicht, gerade in Berlin ist es aber fehl am Platze.


    Ich finde es immer jammerschade, wie plump Berlin mit seinem geschichtlichen Vermächtnis umgeht. Man sollte da eine integrative Haltung entwickeln und versuchen, Vorkriegs- und Nachkriegsgeschichte zu versöhnen.

  • Was soll denn an dem historischen Standort des Brunnen "fragwürdig" oder an einer Versetzung "nekrophil" sein? Das klingt doch wirklich nach Angst vor der eigenen Geschichte. Auf dem Schloßplatz entfaltete der Brunnen seine ursprünliche Wirkung und strahlte auch in das Viertel der Breiten und Brüderstraße ab, dass z. Zt. ja eher vernachlässigt ist.


    Am Rathausforum braucht der Brunnen nicht den ganzen 70er-Jahre-Kram, der in seiner künstlerischen Kraft schlicht zu banal ist um ohne Kontrast zu wirken, zu nobilitieren. Da wird den Zeitgenossen sicher etwas viel besseres einfallen, so ist doch stets der Anspruch der zeitgenössischen Stadtbaukunst.


    Die SED-Riege in der Stadtentwicklungsverwaltung wird das aber sicher nicht zulassen sondern eher die Sanierung und Wiederaufstellung selbst zahlen, um den Platz vor dem Fernsehturm mit Kaskaden mit DDR-Charme zu bewahren. Auch deshalb sind die Genossen ja gewählt worden. Das Geld fehlt dann an anderer Stelle, dafür wird dieser Senat wahrscheinlich die ohnehin schmalen Zuschüsse für den Verein der Opfer des Stalinismus kürzen.

  • es gehört wohl zu den Zeichen unserer Zeit, dass Themen nur noch polarisiert diskutiert werden können. Ein Preußenfan bin ich sicherlich ganz zuletzt. An den sachlichen Erwägungen, die mich zumindest letztlich zur Umsetzung tendieren lassen, ändert das aber nichts. Der Brunnen ist da, ob man den Wilhelminismus mag oder nicht, man muss sich zu ihm verhalten.


    Für die Umsetzung spricht die Reko der Schlossfassade, der Brunnen wurde dieser von Begas zur Seite gestellt und nicht als Solitär auf einer Freifläche entworfen. Zum Künstlerurheberrecht, das aus Respekt auch nach formaljuristischem Fristablauf zu achten ist, gehört ein Werk nach Möglichkeit nicht aus dem Kontext zu entfernen für das es gemacht wurde bzw nach Möglichkeit dorthin zurück zu versetzen. So nicht meine Privatmeinung, sondern der konservatorische Konsens und auch die Haltung der Weltgemeinschaft (in Gestalt der UNESCO) in solchen Fragen. Das ganze zahlt sogar der Bund.


    Mich überzeugt das. Es mag valide Sachargumente geben die dagegen sprechen. "morbid und nekrophil" sind dabei für mich genauso Chiffre ohne Gehalt wie die Einteilung in ironische und unironische Städte. Solche Gegenargumente wirken eine begrenzte Überzeugungskraft auf mich aus.

  • Das würde die Nachkriegsgeschichte nicht negieren, eine neue Dialektik herstellen und sehr schön Geschichtsunterricht live bedeuten.


    IST das jetzt ernst gemeint gewesen?:lach:


    Bin etwas verunsichert...ich denke mal, in Berlin haben wir eigentlich weiß Gott genug "Dialektik" und den "Geschichtsunterricht live" gibts auch überall gratis...z.B., wenn in ein -und derselben Straße die Häuserzeile auf der einen Straßenseite noch intakt "altertümlich" ist und die andere Seite mit meist dem diskreten Charme der 50-er bis 70er Jahre ziemlich ahistorisch neubebaut wurde.


    Noch mehr Dialektik hielte ich zumindest echt kaum aus in Berlin, wa?!:lach::lach::lach:

  • Es ist doch eigentlich ganz einfach. Es gibt eine neue Tradition des Brunnens auf dem Rathausforum.


    Will hier eigentlich jemand der Reko-Freunde die Marienkirche wieder in ihren Originalzustand versetzen - um mal polemisch zu fragen?


    Wir bewerten diese Traditionen unterschiedlich, und das soll ja auch so sein. Mein Punkt ist, daß eine sofortige Umsetzung unnötig zerstörerisch wirkt in bezug auf die neue Tradition.


    Man kann den Brunnen doch umsetzen, wenn man wirklich ein ernsthaftes Konzept für's Rathausforum hat. Alles andere ist Reko-Egozentrik.


    Bitte mehr Augenmaß. Dann fällt vielleicht auch auf, daß das Schloßumfeld nach Süden hin heute sehr anders aussieht als dazumalen. Deshalb ist eine Umsetzung nicht so selbstverständlich, wie es postuliert wird. Gerade ein neuer Brunnen könnte dort meiner Meinung nach eine ganz eigene Wirkung entfalten und mehr Potential zusammen mit dem Neptunbrunnen entwickeln.


    Es müßte doch jetzt wirklich jeder mitbekommen habe, daß ich ein regelrechter Traditionsenthusiast bin verglichen mit Lüschern und den Rotrotgrünen. Ich habe aber keine Lust auf Reko-Brutalismus bzw. auf einen Reko-Tunnelblick, der die Dialektiken Berlins ignoriert.


    Mich stören Ideologie und Dogmatismus, egal ob nun in die modernistische oder traditionelle Richtung.


    Zitat von Wilmerdorfer

    in Berlin haben wir eigentlich weiß Gott genug "Dialektik" und den "Geschichtsunterricht live" gibts auch überall gratis...z.B., wenn in ein -und derselben Straße die Häuserzeile auf der einen Straßenseite noch intakt "altertümlich" ist und die andere Seite mit meist dem diskreten Charme der 50-er bis 70er Jahre ziemlich ahistorisch neubebaut wurde.


    Es geht hier natürlich um emphatische, pointierte Dialektiken und nicht bloß um Allerweltsmerkmale einer kriegszerstörten Stadt. Das versteht sich wohl von selbst.


    Und wenn Berlin nun keine ironische und gebrochene Stadt ist, welche dann? Straßenbahnen fahren nur im Osten. Doppeldecker nur im Westen. Von Ausnahmen abgesehen. Zwei Zoos. Bald zwei Schloßportale. Bahnhöfe, die es gar nicht mehr gibt (Anhalter, Görlitzer).


    Die Unterscheidung in gebrochene und ungebrochene Städte ist selbstverständlich idealtypisch.

  • Ich wiederhole mich: Hast Du dafür irgendwelche Belege, oder hast Du Dir das einfach so aus den Fingern gesaugt [...]? Im ersten Falle wäre ich sehr dankbar für Informationen, im zweiten müsste ich Dich "Hetzer" nennen.


    Konstantin hat eine Vermutung angestellt (und das auch klar gesagt: "Das Geld fehlt dann an anderer Stelle, dafür wird dieser Senat wahrscheinlich die ohnehin schmalen Zuschüsse für den Verein der Opfer des Stalinismus kürzen.").


    Vermutungen lassen sich per definitionem nicht belegen, da können Sie noch so sehr damit drohen, Konstantin einen "Hetzer" zu nennen (das wird bei Ihnen und Klarenbach langsam etwas zwanghaft)... .

  • Ich habe meinen Beitrag gestrichen, bevor Ihrer erschienen ist, weil das Wort "Hetzer" – und sei es in Anführungsstrichen – eigentlich nicht zu meinem aktiven Wortschatz gehört. Tun Sie bitte dasselbe und streichen Sie Ihren Beitrag.


    Konstantin hat dennoch keine Vermutung an-, sondern eine Behauptung aufgestellt. Vermuten geht grammatisch anders.


    P.S. Dieser Beitrag kann weg, sobald Carlo sich korrigiert hat. Vorher bitte nicht.

  • Ich denke, dass die ganze Aufregung völlig unbegründet ist. Rot-rot-grün wird an der Schlossumfeldgestaltung nichts groß ändern, sondern genau die Gestaltung umsetzen, die schon von der rot-schwarzen Koalition beschlossen wurde. Auch in der Frage des Neptunbrunnens wird es keine Änderungen geben, sondern Frau Lompscher wird den Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 9. Juni 2016 umsetzen, nach dem der Neptunbrunnen vor dem Rathaus bleibt. Diesem Beschluss wurde übrigens von allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien, also auch der CDU, zugestimmt. Zudem wird auch künftig nicht Andrej Holm für dieses Thema zuständig sein, sondern es wird weiter in den bewährten Händen von Frau Lüscher liegen. Daher ist die Behauptung einer "SED-Riege in der Stadtentwicklungsverwaltung" (als Schweizerin konnte man nicht Mitglied der SED sein) völlig absurd. Es ist ganz einfach: In einer Demokratie entscheiden Mehrheiten und nicht irgendwelche Randgruppen, auch wenn sie noch so absurde Behauptungen aufstellen.

  • Klarenbach, einen Beschluß des Abgeordnetenhauses zum Neptunbrunnen kann ich nicht finden. Am genannten Datum hat das Parlament die "Bürgerleitlinien" zur Kenntnis genommen, in denen es u.a. heisst: "Die Diskussion um den Standort des Neptunbrunnens wurde vor allem in der ersten Dialogphase kontrovers gefuhrt, war aber insgesamt eine Nebendiskussion innerhalb der Stadtdebatte. Der Neptunbrunnen wur-de dabei überwiegend als selbstverständlicher Teil des Ortes eingeordnet. Eine kleinere Minderheit befurwortet den Umzug des Brunnens vor das Humboldtforum.." Leitest Du da einen "Beschluß" zum Verbleib des Brunnens auf dem Rathausforum ab?


    Das Parlament hat die Gesamtvorgang der "Bürgerleitlinien" zur Kenntnis genommen, sich aber dies nicht - und schon gar nicht in jedem Detail - zu eigen gemacht. Zudem fand die Befassung mit den Bürgerleitlinien in der letzten Legislaturperiode statt. Ob das derzeitige Parlament genauso gestimmt hätte bleibt abzuwarten. Beschlossen wurde nur den Dialog fortzuführen (was ja nicht darauf hindeutet, dass abschliessende Ergebnisse vorlagen).


    Also, Klarenbach, wie immer: schön bei der Wahrheit bleiben.

  • Ach, eh' ich's vergeß: bitte meine Beträge richtig lesen, wenn man sich aufregen will. Ein Satz mit "wahrscheinlich" kann keine Tatsachenbehauptung sein, wie auch immer das Architenkind seine "Vermutungen" grammatikalisch formuliert ist mir nicht bekannt.


    Die "SED-Riege" ist keine umgedrehte Nazikeule (die richtet sich in der Regel nicht gegen ehem. Mitglieder der NSDAP) sondern - zur Abwechslung mal - eine reine Tatsachenbehauptung, die von den Beteiligten (Lompscher, Holm) bestätigt wird (SED-Mitgliedschaft). Ich finde "Riege" jetzt auch nicht hetzerisch oder abwertend. Ich hätte mich ja zusätzlich noch darüber aufregen können, dass der Staatssekretär für Wohnen freiwillig hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter werden wollte und das bei der Truppe, die sich rühmt den 17. Juni 1953 blutig niedergeschlagen zu haben. Ich habe das weggelassen, weil dies - im Gegensatz zu der SED-Mitgliedschaft der Beteiligten - keine bau- und architekturpolitische Rolle spielt.


    Dass hier SED-Mitglieder den Ehrenhain ihres verflossenen Staates möglichst unverändert bewahren wollen liegt aber wohl auf der Hand. Ob Ihnen dies in der Dreierkoalition gelingt bleibt hingegen abzuwarten.

  • Ich kann bzgl Brunnen wie bei UdL sowohl mit dem jetzigen Zustand wie auch mit einer Veränderung leben. Ich kann zugleich aber auch die jeweiligen Standpunkte nachvollziehen. Nur finde ich die Themen bei weitem nicht wichtig genug, so einen Grabenkampf daraus zu machen. Da würde ich mir die Energie wohlweislich lieber etwas aufheben. Bei Holm muss man überhaupt erst noch abwarten ob er sich dort lange hält (falls ja, kann er hoffentlich im positiven Sinne liefern). Jetzt bei jeder Kleinigkeit SED-Vokabular zu bemühen oder die Zwangsverwaltung durch den Bund zu fordern, erscheint leicht übertrieben. So wird man sachlich irgendwann nicht mehr ernst genommen...

  • Macht's gut, und danke für den Fisch

    ^ SED-Kader, die Stadtplanung im Sinne der und im Gedenken an die DDR betreiben. Um dieses "Narrativ", das Konstantin hier gerade etabliert, werden sich die städtebaulichen Debatten im Berlinforum drehen, solange der neue Senat im Amt ist. Wer die Kaiserkolonnaden nicht mag oder sich dafür ausspricht, dass der Neptunbrunnen bleibt, wo er ist, wird sich als Stasi-Verharmloser rechtfertigen müssen. Wer Gentrifizierung kritisiert, wird als Plattenbau-Apologet dastehen.


    Im Sinne Friedrich Augusts III. sage ich dazu: "Macht doch Euren Dreck alleine!" Das Architektenkind ist raus.