Ich will noch einen kleinen Bericht zum gestrigen stadtentwicklungspolitischen Gespräch der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus zum Thema "Schlossumgebung - Moderne oder Rekonstruktion?" beisteuern. Auf dem Podium saßen Regula Lüscher, Manfred Rettig von der Stiftung "Berliner Schloss - Humboldtforum", der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Evers, und der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Schlede. Die Moderation hatte Uwe Lehmann-Brauns.
Uwe Lehmann-Brauns begann die Veranstaltung mit einigen kritischen Anmerkungen zum Wettbewerbsverfahren. Die Ausschreibung wäre unklar gewesen, dementsprechend unklar wäre das Ergebnis.
In der folgenden Debatte allerdings zeigte sich, dass unter den Podiumsgästen eine erstaunlich große Einigkeit über die Qualitäten des Siegerentwurfes von bbz Landschaftsarchitekten herrschte. Regula Lüscher betonte, dass der Siegerentwurf historische Spuren sehr präzise aufgreifen würde. Die historischen Schlossterrassen am Lustgarten würden durch Staudenpflanzungen zitiert. Verlorene Gebäude, wie der Apothekerflügel oder das Rote Schloss, würden durch Baumpflanzungen nachgebildet. Der Siegerentwurf würde sich viel stärker an das historische Vorbild anlehnen als der zweitplatzierte Entwurf. Eine weitere Stärke des Siegerentwurfes würde darin bestehen, dass er die Frage nach der Rückkehr historischer Denkmäler, wie der Rossbändiger oder des Heiligen Georg, offen lassen würde. Der Entwurf sieht die Rückkehr dieser Denkmäler nicht vor, er schließt sie aber auch nicht aus.
Die Einschätzung teilte auch Manfred Rettig. Er zeigte sich "heilfroh", dass der Wettbewerb endlich vorbei ist und dass nun endlich mit der Umsetzung der Planung begonnen werden kann. Rettig führte aus, dass der Siegerentwurf die Verbindung zwischen dem Humboldtforum und dem Lustgarten exzellent gelöst hätte, dass er eine sehr attraktive Spreeuferseite geschaffen hätte und dass er die Einbindung des Einheits- und Freiheitsdenkmals sehr gut gelöst hätte. Für die weitere Überarbeitung wünschte er sich eine Konkretisierung der Schlossterrassen inklusive einer möglichen Aufstellung der Rossbändiger und eine Reduzierung der Baumpflanzungen vor dem Staatsratsgebäude, da diese im jetzigen Entwurf das Portal des Staatsratsgebäudes verdecken würden. Eine Aufstellung des Neptunbrunnens könnte er sich langfristig auch vorstellen, doch dafür müsste die gesamte Straßenführung verändert werden. Den zweitplatzierten Entwurf von WES Landschaftsarchitektur würde er dagegen nicht befürworten. Dieser würde zwar eine Aufstellung des Neptunbrunnens vorsehen. Doch dieser würde nicht an seinem originalen Standort, sondern sehr viel dichter am Schloss aufgestellt werden. Dadurch würden aber die historischen Proportionen verlorengehen. Daher hätte sich die Jury einschließlich von Manfred Rettig einstimmig für die Umsetzung des Siegerentwurfes ausgesprochen.
Stefan Evers betonte, dass er das ganze Wettbewerbsverfahren als sehr offen und konstruktiv empfunden hätte. Sowohl moderne als auch mehr historisierende Entwürfe wären sehr differenziert diskutiert worden. Auch wäre das Wettbewerbsverfahren relativ unideologisch verlaufen, da beispielsweise kein Entwurf eine Rekonstruktion der Vorkriegssituation vorgesehen hätte. Zudem bestätigte er die Aussage, dass der Siegerentwurf sich viel genauer an die historische Situation anlehnen würde als der zweitplatzierte Entwurf. Daher wäre auch die Rückführung von Denkmälern beim erstplatzierten Entwurf viel leichter realisierbar als beim zweitplatzierten Entwurf. Verbesserungsbedarf sieht er auf der Südseite des Schlosses. Insgesamt wäre er aber mit dem Wettbewerbsergebnis zufrieden, da es die Situation offenhalten würde. Er sprach sich dafür aus, jetzt keinen Grundsatzkonflikt zu führen, sondern das Beste aus dem Siegerentwurf zu machen.
Stefan Schlede zeigte sich mit dem Siegerentwurf unzufrieden. Vor allem äußerte den Wunsch nach einer Aufstellung des Neptunbrunnens auf dem Schlossplatz. Insgesamt hielt aber auch er eine Ausführung des Siegerentwurfes für sinnvoll.
In der folgenden Diskussion mit dem Publikum gab es die unterschiedlichsten Wortmeldungen. Zahlreiche Beiträge bemängelten die Verkehrssituation rund um das Humboldtforum und schlugen unterirdische Lösungen, wie zum Beispiel eine große Tiefgarage unter dem Lustgarten, vor. Diese Lösung wurde von den Podiumsteilnehmern als nicht finanzierbar abgelehnt. Dann gab es den Vorschlag eines Zeichenlehrers aus Tempelhof, den Apothekerflügel durch ein Stahlgerüst nachzuzeichnen. Ein anderer Gast machte den Vorschlag, in der Wanne des Palastes der Republik eine unterirdische Gemäldegalerie einzurichten.
Andere Besucher zeigten sich unzufrieden mit dem offenen Charakter des Siegerentwurfes. Zu diesen Wortmeldungen erklärte Stefan Evers, dass er im Vorfeld des Wettbewerbs von vielen Seiten gebeten worden wäre, für ein Offenhalten der Situation einzutreten. Dieses Ziel hätte er erreicht und daher wäre er mit der Entscheidung zufrieden. Und Regula Lüscher hatte einige Lacher auf ihrer Seite, als sie zum Schluss diesen Stimmen entgegnete: "Ich möchte nicht wissen, was in diesem Saal los wäre, wenn wir die Entscheidung nicht offengehalten hätten, sondern zugunsten einer modernen Gestaltung entschieden hätten."