Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Im Tagesspiegel von heute kritisiert Bernhard Schulz in die von Stella überarbeiteten Pläne. Hauptkritikpunkt ist die Ostseite die er als funktionslos ansieht. Zudem missfällt ihm die Rationalität der vorgeblendete Fassade und die Ausweitung des Eosanderhofs zu einem gewaltigen Auditorium.
    Dessen Rasterarchitektur sieht er der klassischen Herrschaftsarchitektur entnommen und zieht sogar Parallelen zur Rationalität der im italienischen Faschismus vorherrschenden Architektur.


    Das poetische Moment, das Stellas Siegerentwurf auszeichnete, sei zugunsten der Nutzungsanforderungen verloren gegangen. Der Kontrast zwischen der barocken Inszenierung und der rationalistischnüchternen Modernität der Rasterstrukturen erhalte jetzt eine durch nichts gemilderte Schärfe. Der Abschluss der Barockfassade nach Osten hin zerläppere in einer glatten Putzfront.


    Die Überarbeitung des Entwurfs zugunsten der Raumanforderungen des künftigen Humboldt-Forums würde nun entgültig zu der Fassadengaukelei führen die von den Gegnern des Schlossbaus seit jeher erwartet wurde.


    Artikel Tagesspiegel

  • Also langsam wird es echt bizarr, was die Kritiker so an Argumenten zu Felde führen. Ich hätte nicht gedacht, dass es jemandem in einer renommierten Berliner Tageszeitung tatsächlich gelingt, selbst in Architekturfragen die Nazikeule hervorzuholen... Wenn schon Stellas Entwürfe an Mussolini erinnern, was ist dann mit all jenen, die sich in geradezu inflationärer Art und Weise überall in der Stadt mit kubistischer Säulengeometrie verewigen?

  • ... mit kubistischer Säulengeometrie ...


    Du meinst wahrscheinlich "Pfeiler"? ;)


    Ja, es ist wirklich abstrus, mit welchen Argumenten gegen das Schloss vorgegangen wird.
    Es war schon immer meine Sorge, daß aus kleinlichen Kostengründen, die woanders (z.B. BND-Zentrale) keine Rolle spielen, das Projekt so sehr heruntergespart wird, daß der Vorwurf der Attrappe wieder greift.


    Der Vorwurf der zu strengen Rasterarchitektur gegen Ostseite und Eosanderhof (Agora) ist zwar gerechtfertigt, aber mit dieser Begründung kann man die Mehrheit der Nachwende-Architektur verdammen.

  • Es wird hier doch nicht Die Nazikeule geschwungen! Mussolini war zwar Faschist aber kein Nazi! Die Architektur der italienischen Moderne hat rein gar nichts mit dem zu tun, was Hitler gefiel. Es gibt sicherlich Parallelen zur Architektur des italienischen Faschismus, das könnte man vielen neuen Berliner Bauwerken vorwerfen, welche streng gerastert sind und mit Naturstein verblendet sind. Nur weil hier ein Italiener den Plan gemacht hat, wird dieses Totschlagargument ins Felde geführt, wenn auch nicht zum ersten mal.

  • Schade wird nur sein, dass die gerasterte Rückseite nicht mit Sandstein verkleidet wird, sondern ne Putzfassade ist! Wie schäbig das nach kurzer Zeit aussieht kann sich wohl jeder vorstellen. Und dieser Übergang von historisierender Schlossfassade zum Neubau durch nahtloses "ineinander übergehen" ist hässlich, unpassend und muss unbedingt geändert werden!

  • Also dieses 'ineinander übergehen' fände ich nun wieder garnicht so verkehrt, dann wirkt die Spreeseite nicht ganz so als angebauter Fremdkörper, wie es in den Visualisierungen rüberkommt. Obwohl natürlich dieser ganze primitive Klotz nicht gerade ein großer Wurf von Stella war... Zumindest was diesen Teil betrifft, gab es doch deutlich gefälligere Entwürfe.

  • ich kann mit Stellas Entwurf bis jetzt ganz gut leben. wenn die schönen alten barocken fassaden und innenhöfe teilweise rekonstruiert werden und man aber auch moderne raumnutzung einbringt ist das für mich interessant. der moderne teil sollte allerdings zurückhaltend sein und dem alten vorrang gewähren und ihm auch die "show" lassen. das sehe ich bisher als gegeben an. nüchterne aber trotzdem stilvolle moderne neben barocken fassaden ist doch ein schöner gegensatz, der zudem harmonieren kann. außerdem wirft das gebäude damit bei touristen immer fragen auf...nämlich warum ist das schloss so anders als die anderen die man so kennt. das ist doch gut. so wird die geschichte um dieses gebäude immer wachgehalten. eine völlige reko fände ich zwar auch interessant aber an dieser stelle nicht unbedingt attraktiver.

  • Also ich kann bei allem was ich gesehen habe mit Stellas Entwurf auch gut leben. Allerdings muss auch ich gestehen, dass ich Kopfschermzen bei dem Übergang der Barockfassade in den Stella-Flügel auf der Lustgartenseite habe. Die Visualisierungen lassen mich da wirklich etwas den Angstschweiss auf der Stirn spüren . . . .


    Ohne genaue Detailplanungen und wirklich abschließende Entwürfe und Visualisierungen kann jedoch kein endgültiges Urteil fallen.


    Zur Kuppel : Auch hier muss ich gestehen, dass ich sehr für die Rekonstruktion der historischen Kuppel bin. Es ist zwar kein wirkliches stichhaltiges Argument, aber mit dem Reichstag und seiner wirklich sehr gelungenen Kombination aus Alt und Neu inkl. der Fosterschen Kuppel haben wir bereits ein Beispiel zeitgenössischer Architektur in unmittelbarer Nähe. Diesen genialen Wurf wiederholen zu können, so dass er neben dem Reichstag besteht halte ich für riskant und ein wirkliches Wagnis. Zudem sollte das Schloss ja immer in äußerer Form historisch wiedererstehen.


    Mit der Agora ist zudem ein wirklich spektakulärer Entwurf gelungen, der seinesgleichen sucht und nicht in direkte Konkurrenz zu anderen Bauten tritt. Nach Außen aber sollte die Wiederherstellung historisch korrekt sein ( gem. des Stella-Entwurfes ) mit originaler Kuppel.


    Eine zunächst als "Gerippe" ausgestaltete Kuppel, die zu späterer Zeit dann der Rekonstruktion dient wäre eine Option mit der man leben kann. Doch es gilt hier den Fuß in der Tür zu behalten und aus einer Zwischenlösung keinen Bestand zu machen !


    Holzauge sei wachsam . . .das hat dem Schlossprojekt ohnehin ja noch nie geschadet.

  • Ein paar Bilder vom Schlossplatz - noch tut sich ja nix, aber damit wir auf dem laufenden bleiben: :)



    Zur Rechten Zeit am Rechten Ort




    Bilder von Golli43 (einem Freund aus Berlin),
    darf ich verwenden, copyright by Golli43

  • Gutes Stichwort - was ist denn nun mit der Rathausbrücke? Demoliert hat man das Ganze ja nun endgültig, aber irgendwelche Bautätigkeit ist auch nicht mehr zu erkennen... Zumal es ja ohnehin nur irgendein 0815 Betonteil wird und eben nicht die alte Kurfürstenbrücke.

  • ^^ Genau deswegen habe ich letztes Bild auch gepostet. Dachte es würde vll. jemand was neues Wissen.


    Ist mir ehrlich gesagt undverständlich wie man hier, wo man ein Ensemble Europäischen Ranges schaffen könnte (in weiten Teilen schon hat) auf eine so moderne Brücke zurückgreifen muss... :mad:

  • Ja im Grunde hätte man auch den alten Behelfsbau sanieren können. Wäre wahrscheinlich billiger als die jetzt veranschlagten 10 Mio (!) gekommen. Das Problem ist eben, dass die Entscheidung für den Neubau schon vor 10 Jahren getroffen wurde - da stand eben noch der wundervolle Palast der Republik und das ganze Schlossareal war ein schmucker Park-/Rummelplatz...

  • Das Hauptproblem (abgesehen vom Willen) ist ja aber, dass die Kurfürstenbrücke mit ihren 3 Bögen - angeblich - die Schifffahrt beeinträchtigt hätte...Die 10 Jahre sieht man dem Entwurf auch an! Hätte man die Entscheidung aufgrund neuer Umstände nicht rückgängig machen können (vorausgesetzt, man hätte es gewollt)?

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Kleinere Meldung der Morgenpost zum Thema Schloss:
    http://www.morgenpost.de/berli…s-Plaene-durchsetzen.html
    Der neue Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) habe sich in einem Interview der "BZ am Sonntag" entschieden dafür ausgesprochen, das Humboldt-Forum/Stadtschloss wie geplant zu erbauen - meines Wissens die erste öffentliche Äußerung des aus Bayern kommenden Ministers zum Thema Stadtschloss.
    Der Berliner Architekten- und Ingenieurs-Verein (AIV) habe sich weiterhin heute für die originalgetreue Wiedererrichtung der Kuppel ausgesprochen, für die allerdings noch die Finanzmittel-Zusage des Bundes fehle - eigenartig, wie ich finde, dass nun dieses wichtige Element des Baues auch noch in Frage gestellt wird (aber es muss wohl halt gestänkert werden wo es nur geht).
    Übrigens steht am Mittwoch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf über die hinreichend bekannte Kollhoffsche Beschwerde zur Auftragsvergabe an. Dann dürfte - wie auch immer das Ergebnis sein wird - wieder Bewegung in die Bauplanung kommen.

  • EILMELDUNG


    Laut einer Meldung auf Spiegel Online hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass der Vertrag mit Stella zwar unwirksam sei, aber nachgebessert werden könne. Die Schlossbefürworter können daher aufatmen. Offensichtlich wurde die Entscheidung der Vergabekammer beim Bundeskartellamt nicht bestätigt.

  • Stellas Entwurf darf gebaut werden!

    Ja uhima, auch laut FAZ kann das Gerichtsurteil so gedeutet werden, dass zwar der jetzige Vertrag wegen Verletzung der Vorinformationspflicht rechtsunwirksam ist, eine Vertrags-Nachbesserung aber möglich ist. Das Vergabeverfahren sei nicht zu beanstanden.


    Fazit: Außer Spesen nix gewesen, Stellas Entwurf wird kommen!

  • Gott sei dank. Eine Neuausrichtung des Wettbewerbs hätte wieder viel Zeit ins Land streichen lassen. Und ob dann etwas besseres dabei rausgekommen wäre wage ich zu bezweifeln. Hoffentlich ändert sich jetzt nur nichts mehr am geplanten Baubeginn im Frühjahr 2011.

  • Zum Düsseldorfer Urteil i.S. Franco Stella:

    Das Schloss - gesprengt
    Die Kunst - versengt
    Der Platz - planiert
    Das Volk - marschiert.


    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück:
    Das Schloss kommt zurück!


    Reinhard R. :lach: